Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Bundesarchivgesetz, Fassung vom 14.02.2025

§ 0

Langtitel

Bundesgesetz über die Sicherung, Aufbewahrung und Nutzung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz)
StF: BGBl. I Nr. 162/1999 (NR: GP XX RV 1897 AB 2030 S. 179. BR: 6012 AB 6040 S. 657.)

Änderung

§ 1

Text

1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

Paragraph eins,

Dieses Gesetz regelt die Archivierung und die Nutzung von Archivgut des Bundes.

§ 2

Text

Begriffsbestimmungen

Paragraph 2,

Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten:

  1. Ziffer eins
    Archivalien:
    Archivalien gemäß Paragraph 25, Absatz eins, des Denkmalschutzgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 533 aus 1923,.
  2. Ziffer 2
    Schriftgut:
    Schriftgut gemäß Paragraph 25, Absatz 2, des Denkmalschutzgesetzes, ausgenommen persönliche Unterlagen wie beispielsweise Aufzeichnungen und Notizen.
  3. Ziffer 3
    Archivgut:
    Archivalien, die nach dem Denkmalschutzgesetz unter Schutz stehen.
  4. Ziffer 4
    Archivgut des Bundes:
    Archivgut, das bei folgenden Einrichtungen in Wahrnehmung der Aufgaben anfällt:
    1. Litera a
      Bundesdienststellen;
    2. Litera b
      bei juristischen Personen öffentlichen Rechts, die durch einfaches Bundesgesetz eingerichtet sind;
    3. Litera c
      Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 vH des Grund-, Stamm- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht und die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art erfüllen;
    4. Litera d
      Stiftungen und Fonds, wenn der Bund überwiegend das Stiftungs- oder Fondsvermögen bereitgestellt hat;
    5. Litera e
      Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Organen des Bundes oder von Personen verwaltet werden, die hierzu von Organen des Bundes bestellt sind.
  5. Ziffer 5
    Archivieren:
    Erfassen, Übernehmen, Verwahren, Erhalten, Instandsetzen, Ordnen, Erschließen, Verwerten und Nutzbarmachen von Archivgut des Bundes für die Erforschung der Geschichte und Gegenwart, für sonstige Forschung und Wissenschaft, für die Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltung sowie für berechtigte Belange der Bürger.
  6. Ziffer 6
    Archiv:
    Einrichtung, welche ausschließlich oder überwiegend Tätigkeiten gemäß Ziffer 5, wahrnimmt.
  7. Ziffer 7
    Archive des Bundes:
    Das Österreichische Staatsarchiv, die Archive der Bundesdienststellen und der Einrichtungen, denen nach diesem Gesetz die Archivierung von Archivgut des Bundes obliegt.

§ 3

Text

Zuständigkeit zur Archivierung

Paragraph 3,
  1. Absatz einsDas Archivieren von Archivgut der Bundesdienststellen obliegt grundsätzlich dem Österreichischen Staatsarchiv.
  2. Absatz 2Abweichend von Absatz eins, können folgende Bundesdienststellen für das in ihrem Bereich anfallende Archivgut eigene Archive führen:
    1. Ziffer eins
      die Parlamentsdirektion;
    2. Ziffer 2
      der Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof und Oberste Gerichtshof;
    3. Ziffer 3
      die Universitäten;
    4. Ziffer 4
      das Bundesdenkmalamt, die Österreichische Nationalbibliothek, die Bundesmuseen, die Österreichische Phonothek und Hofmusikkapelle;
    5. Ziffer 5
      das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen.
  3. Absatz 3Die Einrichtungen gemäß Paragraph 2, Ziffer 4, Litera b bis Litera e, haben das in ihrem Bereich anfallende Archivgut selbst zu archivieren oder für dessen Archivierung zu sorgen. Sie können aber auch das Archivgut dem Österreichischen Staatsarchiv zur Archivierung übergeben. In diesem Fall geht das Archivgut in das Eigentum des Bundes über. Die durch Bundesgesetz eingerichteten Kammern können das in ihrem Bereich angefallene Schriftgut mittels Vertrag auch den Landesarchiven zur Archivierung übertragen, wenn die Wahrung der Rechte gemäß Paragraphen 7 und 9 sichergestellt und für die Nutzung dieses Archivgutes eine Benutzungsordnung entsprechend Paragraph 10, festgelegt ist.
  4. Absatz 4Der Bundeskanzler kann, wenn es im Interesse einer fachgerechten Archivierung gelegen ist, durch Vertrag geeignete Einrichtungen zur Archivierung von Archivgut des Bundes heranziehen, das in Form von Bild-, Film-, Video- und Tonmaterial angefallen und nach diesem Gesetz oder auf Grund einer Vereinbarung vom Österreichischen Staatsarchiv zu archivieren ist.
  5. Absatz 5Das Österreichische Staatsarchiv hat auf Verlangen die Bundesdienststellen gemäß Absatz 2 und die Einrichtungen gemäß Absatz 3, in Fragen der Archivierung zu beraten.
  6. Absatz 6Der Bundeskanzler ist im Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister ermächtigt, Archivgut, das bei Dienststellen des Bundes in den Ländern anfällt, dem Archiv des jeweiligen Landes ins Eigentum zu übertragen,
    1. Ziffer eins
      soweit das Archivgut überwiegend von regionaler Bedeutung ist und
    2. Ziffer 2
      das Land dieser Übertragung ohne Anspruch auf Kostenersatz zustimmt und die Wahrung der Rechte gemäß Paragraphen 7 und 9 sichergestellt und für die Nutzung dieses Archivgutes eine Benutzungsordnung entsprechend Paragraph 10, festgelegt ist.

§ 4

Text

Archivregister

Paragraph 4,
  1. Absatz einsDas Österreichische Staatsarchiv hat zur Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten von Archivgut ein öffentliches Archivregister zu führen.
  2. Absatz 2Das Register hat, soweit das Österreichische Staatsarchiv hiervon Kenntnis hat, insbesondere zu enthalten:
    1. Ziffer eins
      die in Österreich eingerichteten Archive samt Anschrift, gegliedert nach Bundes-, Landes-, Kommunal- und Privatarchiven;
    2. Ziffer 2
      eine allgemeine Übersicht über die in den Archiven gelagerten Unterlagen;
    3. Ziffer 3
      die Benützungsbedingungen der Archive.
  3. Absatz 3Die Archive des Bundes sind verpflichtet, dem Österreichischen Staatsarchiv für die Einrichtung und Führung des Registers die erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Das Österreichische Staatsarchiv hat mit den anderen Archiven die Zusammenarbeit zum Aufbau und zum Führen des Archivregisters zu suchen.
  4. Absatz 4Jedermann kann unentgeltlich Einsicht in dieses Register nehmen. Das Österreichische Staatsarchiv hat das Register über das Internet zur Einsicht anzubieten.

§ 5

Text

Aussonderung, Anbietung und Skartierung

Paragraph 5,
  1. Absatz einsDie Bundesdienststellen, die gemäß Paragraph 3, Absatz 2, kein eigenes Archiv führen, haben, soweit völkerrechtliche Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen, das gesamte Schriftgut, das bei der Erfüllung ihrer Aufgaben oder der ihrer Rechtsvorgänger angefallen ist und zur Erfüllung ihrer laufenden Aufgaben nicht mehr benötigt wird, auszusondern und dem Österreichischen Staatsarchiv grundsätzlich zusammen mit den für die Benützung notwendigen Behelfen (zB Register) zur Übernahme anzubieten.
  2. Absatz 2Das Schriftgut, das keine personenbezogenen Daten enthält, ist spätestens 30 Jahre nach der letzten inhaltlichen Bearbeitung anzubieten, wenn nicht der besondere Inhalt des Schriftgutes oder gesetzliche Regelungen eine längere Aufbewahrung bei der betreffenden Stelle erfordern. Ist das Schriftgut aktenmäßig zusammengefaßt, so bestimmt sich dieser Zeitraum nach dem Datum des jüngsten Schriftstückes der Akte. Das Datum der inhaltlich letzten Bearbeitung ist gleichzeitig der Beginn der Schutzfristen gemäß Paragraph 8,
  3. Absatz 3Schriftgut, das personenbezogene Daten enthält, die zu löschen wären, weil sie zur Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, nicht mehr erforderlich sind, ist vor seiner Löschung bzw. Vernichtung auf seine Eigenschaft als Archivgut zu überprüfen. Wird diese Eigenschaft festgestellt, ist das Schriftgut unter Verschluß dem Österreichischen Staatsarchiv zu übergeben, wobei das Datum des Ablaufs der Schutzfrist anzugeben ist. Die Archivierung und die Verarbeitung dieses Schriftgutes mit den darin enthaltenen personenbezogenen Daten liegt im öffentlichen Interesse für Archiv- und historische Forschungszwecke. Bis zur Übernahme des Schriftgutes sind die gemäß Absatz eins, übergebenden Bundesdienststellen und ab der Übernahme das Österreichische Staatsarchiv Verantwortliche gemäß Artikel 4, Ziffer 7, der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 Sitzung 1.
  4. Absatz 4Die Bundesregierung ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welchen Arten von Schriftgut die Eigenschaft eines Archivgutes offenkundig nicht zukommt oder zukommen wird. Bei Schriftgut auf elektronischen Datenträgern kann in der Verordnung geregelt werden, in welchen Fällen aus Gründen der technischen Möglichkeit oder der wirtschaftlichen Vertretbarkeit von der Verpflichtung gemäß Absatz 2, oder 3 abgesehen werden darf.
  5. Absatz 5Schriftgut ist grundsätzlich im Original, Schriftgut auf elektronischen Informationsträgern, in einer Form zur Übernahme anzubieten, die zum Zeitpunkt des Anbietens den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht.
  6. Absatz 6Der Bundesminister für Justiz hat mit Verordnung für Schriftgut von gerichtlichen Verfahren die näheren Vorschriften über die Aussonderung, die Anbietung sowie die Skartierung zu erlassen. In dieser Verordnung ist im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler vorzusehen, welches Schriftgut zunächst dem Österreichischen Staatsarchiv anzubieten ist. Für derartiges Schriftgut und für Schriftgut, das beim Verfassungsgerichtshof, beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Obersten Gerichtshof anfällt, beträgt die Anbietungsfrist 50 Jahre.
  7. Absatz 7Schriftgut, das im Zuge des Anbietens vom Österreichischen Staatsarchiv nicht als Archivgut gewertet wird, ist zu skartieren; Schriftgut auf elektronischen Informationsträgern ist zu löschen. Ausgenommen davon ist das Schriftgut gemäß Absatz 6,, sofern es nicht unter Absatz 3, fällt.
  8. Absatz 8Archivgut in Form von Bild-, Film-, Video- und Tonmaterial ist spätestens 30 Jahre nach der Herstellung anzubieten; es kann anstelle des Originals in Form einer Kopie angeboten werden.
  9. Absatz 9Vor Skartierung gemäß Absatz 7, ist das Schriftgut, das bei Dienststellen des Bundes in den Ländern angefallen ist, dem zuständigen Landesarchiv zur Übernahme anzubieten, sofern nicht datenschutzrechtliche Bestimmungen dem entgegenstehen.

§ 6

Text

Ermittlung und Übernahme des Archivgutes des Bundes

Paragraph 6,
  1. Absatz einsDie Bundesdienststellen haben, soweit sie gemäß Paragraph 3, Absatz 2, kein eigenes Archiv unterhalten, dem Österreichischen Staatsarchiv anzuzeigen, welches Schriftgut gemäß Paragraph 5, ausgesondert und angeboten wird. Im Zuge des Anbietens haben die Bundesdienststellen am Schriftgut, bei dem die Voraussetzungen gemäß Paragraph 8, Absatz 2, vorliegen, einen entsprechenden Vermerk anzubringen.
  2. Absatz 2Das Österreichische Staatsarchiv stellt innerhalb eines Jahres endgültig fest, welches Schriftgut als Archivgut gilt. Hierzu hat die anbietende Stelle dem Österreichischen Staatsarchiv vollständigen Einblick in das betreffende Schriftgut zu gewähren. Entscheidet das Österreichische Staatsarchiv nicht innerhalb dieser Frist, so gilt das betreffende Schriftgut nicht als Archivgut. Das Archivgut ist vom Österreichischen Staatsarchiv zu übernehmen.
  3. Absatz 3Das Schriftgut, das unmittelbar beim Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Vizekanzler, bei einem Bundesminister oder Staatssekretär in Ausübung ihrer Funktion oder in deren Büros anfällt und nicht beim Nachfolger verbleiben soll, ist unverzüglich nach dem Ausscheiden aus der Funktion dem Österreichischen Staatsarchiv zu übergeben. Dieses Schriftgut ist vom Österreichischen Staatsarchiv bis zum Ablauf von 25 Jahren nach dem Ausscheiden aus der Funktion gesondert unter Verschluß und versiegelt aufzubewahren. In dieses Schriftgut darf, sofern bundesgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur mit Zustimmung des seinerzeitigen Funktionsinhabers oder einer von ihm bestimmten Person Einsicht genommen werden. Ist keine Person bestimmt worden, so bedarf es im Falle des Ablebens des Funktionsinhabers der Zustimmung der unmittelbaren Nachkommen. Über jede Einsicht während dieser Frist sind genaue Aufzeichnungen zu führen.
  4. Absatz 4Das Österreichische Staatsarchiv hat anläßlich der Übernahme von Archivgut jeweils den Beginn des Laufes der Schutzfrist gemäß Paragraph 5, Absatz 2, festzustellen.

§ 7

Text

Recht auf Auskunft und Gegendarstellung

Paragraph 7,
  1. Absatz einsArchive des Bundes haben betroffenen natürlichen Personen auf Antrag Auskunft über die sie betreffenden personenbezogenen Daten zu erteilen, soweit
    1. Ziffer eins
      das Archivgut erschlossen ist,
    2. Ziffer 2
      die betroffenen natürlichen Personen Angaben machen, die das Auffinden der personenbezogenen Daten ermöglichen, und
    3. Ziffer 3
      der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand im Verhältnis zu dem geltend gemachten Informationsinteresse steht.
  2. Absatz 2Die Auskunft nach Absatz eins, kann auch durch Einsicht in das Archivgut gewährt werden, wenn der Erhaltungszustand des Archivgutes dies erlaubt.
  3. Absatz 3Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit überwiegende berechtigte Interessen eines anderen oder überwiegende öffentliche Interessen der Auskunftserteilung entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit
    1. Ziffer eins
      des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder
    2. Ziffer 2
      der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder
    3. Ziffer 3
      der Sicherstellung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder
    4. Ziffer 4
      des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder
    5. Ziffer 5
      der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten
    ergeben.
  4. Absatz 4Machen betroffene Personen glaubhaft, dass das Archivgut eine falsche Tatsachenbehauptung enthält, die sie erheblich in ihren Rechten beeinträchtigt, so können sie verlangen, dass dem betreffenden Archivgut eine von der betroffenen Person verfasste Gegendarstellung beigefügt wird. Die Gegendarstellung hat sich auf die Tatsachenbehauptung zu beschränken und die entsprechenden Beweismittel anzuführen, auf die die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung gestützt wird. Dies gilt nicht für Schriftgut von gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren.
  5. Absatz 5Zur Entscheidung in den Fällen gemäß Absatz 3 und 4 ist jene Stelle zuständig, bei der die Unterlagen entstanden sind.
  6. Absatz 6Zur Erschließung gemäß Paragraph 2, Ziffer 5, dürfen die Archive des Bundes das Archivgut mittels elektronischer Informationsträger erfassen und speichern.

§ 8

Text

Freigabe von Archivgut zur Nutzung, Schutzfristen

Paragraph 8,
  1. Absatz einsArchivgut ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, erst nach Ablauf von 30 Jahren nach Beginn der Schutzfrist gemäß Paragraph 5, Absatz 2, letzter Satz zur Nutzung gemäß Paragraph 9, freizugeben.
  2. Absatz 2Würde durch die Freigabe gemäß Absatz eins, die öffentliche Sicherheit, die umfassende Landesverteidigung oder auswärtige Beziehungen oder wichtige Interessen der Einrichtungen gemäß Paragraph 2, Ziffer 4, Litera b bis e gefährdet werden, ist das betreffende Archivgut erst nach Wegfall dieser Gründe, spätestens jedoch nach Ablauf von 50 Jahren ab Beginn der Schutzfrist, zur Nutzung freizugeben.
  3. Absatz 3Archivgut gemäß Paragraph 5, Absatz 3, darf ebenfalls erst nach Ablauf der Schutzfrist von 50 Jahren zur Nutzung freigegeben werden.
  4. Absatz 4Die Schutzfristen gemäß Absatz eins und 2 können von der abgebenden Stelle im Einzelfall bis auf 20 Jahre für wissenschaftliche Forschungen durch Personen mit einschlägigen Fachkenntnissen und Forschungserfahrungen verkürzt werden. Dabei können Auflagen im Interesse der Geheimhaltung gemäß Absatz 2, festgelegt werden. Ein Anspruch auf Verkürzung der Schutzfrist besteht nicht.
  5. Absatz 5Vor Ablauf der Schutzfrist gemäß Absatz 3, darf personenbezogenes Archivgut, außer im Fall der Einwilligung der betroffenen Personen, nur nach Ablauf von 20 Jahren ab Beginn der Schutzfrist im Einzelfall zur Nutzung freigegeben werden, wenn
    1. Ziffer eins
      die Nutzung für die Durchführung eines bestimmten Forschungsvorhabens einer Person gemäß Absatz 4, erforderlich ist und schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen nicht beeinträchtigt werden oder
    2. Ziffer 2
      die öffentlichen Interessen an der Durchführung des Forschungsvorhabens gegenüber den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen überwiegen.
  6. Absatz 6Die Schutzfristen gelten nicht für solches Archivgut, das bereits bei seiner Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt oder der Öffentlichkeit bereits zugänglich war.

§ 9

Text

Nutzung des Archivgutes

Paragraph 9,
  1. Absatz einsJedermann ist berechtigt, gemäß Paragraph 8, freigegebenes Archivgut nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes und im Rahmen der Benutzungsordnung (Paragraph 10,) des betreffenden Archivs des Bundes zu amtlichen, wissenschaftlichen oder publizistischen Zwecken sowie zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange zu nutzen. Besondere Vereinbarungen mit den Eigentümern und testamentarische Verfügungen von sonstigem in Archiven des Bundes befindlichen Archivgut bleiben unberührt.
  2. Absatz 2Das gemäß Paragraph 8, Absatz 4 und 5 vorzeitig freigegebene Archivgut darf nur für wissenschaftliche Zwecke oder nur für Zwecke, für die die Einwilligung erteilt worden ist, verwendet werden.
  3. Absatz 3Das betreffende Archiv kann Personen, die gegen Absatz 2, oder wiederholt oder schwerwiegend gegen die Benutzungsordnung verstoßen, die Nutzung von Archivgut untersagen.
  4. Absatz 4Die Nutzung von Archivgut ist einzuschränken oder zu versagen, soweit
    1. Ziffer eins
      das Archivgut dadurch gefährdet wird,
    2. Ziffer 2
      ein nicht vertretbarer Verwaltungsaufwand verursacht wird,
    3. Ziffer 3
      die Aufgaben des Archivs des Bundes in einem unvertretbaren Maße erschwert werden,
    4. Ziffer 4
      eine Vereinbarung mit dem Eigentümer des betreffenden Archivgutes oder eine testamentarische Verfügung oder Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes entgegenstehen,
    5. Ziffer 5
      der Benutzungszweck anderweitig, insbesondere durch Einsichtnahme in Druckwerke oder Reproduktionen hinlänglich erreicht werden kann oder
    6. Ziffer 6
      das Archivgut wegen gleichzeitiger anderweitiger Nutzung nicht verfügbar ist.
  5. Absatz 5Die Nutzung des Archivgutes erfolgt in der Regel durch persönliche Einsicht. Schriftliche Auskunft ist dann zu erteilen, wenn damit ein vertretbarer Arbeitsaufwand nicht überschritten wird.

§ 10

Text

Benutzungsordnungen

Paragraph 10,
  1. Absatz einsJedes Archiv des Bundes hat eine Benutzungsordnung zu erlassen, die im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und im jeweiligen Archiv durch Anschlag zu veröffentlichen ist.
  2. Absatz 2Die Benutzungsordnung hat insbesondere zu regeln:
    1. Ziffer eins
      die Vorgangsweise und die Sorgfaltspflichten bei der Nutzung von Archivgut;
    2. Ziffer 2
      die Herstellung von Kopien und Reproduktionen;
    3. Ziffer 3
      die Haftung der Benutzer für Schäden am Archivgut und die Haftung des Archivs gegenüber den Nutzern;
    4. Ziffer 4
      die Nutzung des Archivgutes durch die abgebende Stelle;
    5. Ziffer 5
      die Entgelte für die Nutzung von Archivgut und den Kostenersatz für die Herstellung von Kopien und Reproduktionen;
    6. Ziffer 6
      die sonstigen Vertragsbedingungen für die Nutzung des Archivgutes.
  3. Absatz 3Die Entgelte gemäß Absatz 2, Ziffer 5, sind unter Berücksichtigung des Benutzungszweckes nach dem Personal- und Sachaufwand, den die Benutzung dem Archiv des Bundes verursacht, zu bestimmen. Vom Entgelt kann aus besonderen persönlichen berücksichtigungswürdigen Gründen des Nutzers, aus besonderem wissenschaftlichen Interesse oder öffentlichen Interesse abgesehen werden.

§ 11

Text

Veröffentlichung von Werken

Paragraph 11,
  1. Absatz einsIn Werken dürfen personenbezogene Daten erst zehn Jahre nach dem Tode der betroffenen natürlichen Personen oder Untergang der juristischen Personen veröffentlicht werden, es sei denn, diese haben ausdrücklich die Einwilligung zur Veröffentlichung erteilt. Ist das Todesjahr nicht feststellbar, endet die Schutzfrist 110 Jahre nach der Geburt der betroffenen Personen.
  2. Absatz 2Die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten ist jedoch vor Ablauf der Frist gemäß Absatz eins, zulässig, wenn an deren Veröffentlichung wegen der Stellung der betroffenen Person im öffentlichen Leben oder wegen eines sonstigen Zusammenhanges mit dem öffentlichen Leben ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit besteht. Dies gilt nicht für Daten des höchstpersönlichen Lebensbereiches.
  3. Absatz 3Die Medieninhaber (Verleger) sind verpflichtet, von veröffentlichten Werken, die unter wesentlicher Verwendung von Archivgut des Bundes verfaßt wurden, kostenlos ein Belegexemplar dem betreffenden Archiv des Bundes abzuliefern.

§ 12

Text

2. Abschnitt
Österreichisches Staatsarchiv

Organisation

Paragraph 12,
  1. Absatz einsDas Österreichische Staatsarchiv ist eine Dienststelle des Bundes. Es untersteht unmittelbar dem Bundeskanzler.
  2. Absatz 2Mit der Leitung des Österreichischen Staatsarchivs ist der Generaldirektor betraut. Die innere Organisation des Österreichischen Staatsarchivs legt der Bundeskanzler fest. Das Österreichische Staatsarchiv hat das ihm übergebene Archivgut zu archivieren und nach Maßgabe vorhandener personeller Ressourcen auch wissenschaftlich zu bearbeiten.

§ 13

Text

Übernahme von sonstigem Archivgut

Paragraph 13,
  1. Absatz einsDas Österreichische Staatsarchiv kann Archivgut, das ihm nach diesem Gesetz nicht anzubieten ist, auf vertraglicher Grundlage oder durch letztwillige Verfügung für den Bund erwerben oder in Verwahrung nehmen, soweit daran ein öffentliches Interesse besteht.
  2. Absatz 2Das gemäß Absatz eins, erworbene oder in Verwahrung genommene Archivgut unterliegt, wenn nicht ausdrücklich anderes vereinbart ist, den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

§ 14

Text

Zuwendungen an das Österreichische Staatsarchiv

Paragraph 14,
  1. Absatz einsDas Österreichische Staatsarchiv kann für den Bund durch Schenkungen und letztwillige Verfügungen Vermögen erwerben. Für einen derartigen Erwerb von beweglichem und unbeweglichem Vermögen bedarf es der Zustimmung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen.
  2. Absatz 2Das Österreichische Staatsarchiv darf das Vermögen gemäß Absatz eins, für seine Zwecke verwenden, sofern keine andere Zweckwidmung vom Schenker oder Erblasser bestimmt worden ist.

§ 15

Text

3. Abschnitt
Schluß- und Übergangsbestimmungen

Abgrenzung zu sonstigen Bundesgesetzen

Paragraph 15,

Andere gesetzliche Bestimmungen, die Einsichts-, Mitteilungs- und Vorlagerechte und -pflichten sowie Auskunftspflichten regeln, bleiben unberührt; ebenso die Bestimmungen des Personenstandsgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 60 aus 1983,, über die Aufbewahrung von Büchern und Akten sowie die Rechte nach dem Urheberrechtsgesetz.

§ 16

Text

Vor dem 1. Jänner 2000 angefallenes Archiv- und Schriftgut, Archivregister, Einrichtung von Archiven

Paragraph 16,
  1. Absatz einsAuf Unterlagen, die nach diesem Bundesgesetz als Schriftgut gelten und vor dem 1. Jänner 2000 bei einer Bundesdienststelle oder bei einem ihrer Rechtsvorgänger angefallen sind, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden, es sei denn, sie befinden sich zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig nicht mehr bei einer Bundesdienststelle.
  2. Absatz 2Auf Unterlagen, die nach diesem Bundesgesetz als Archivgut gelten und vor dem 1. Jänner 2000 bei einer Einrichtung gemäß Paragraph 2, Ziffer 4, oder bei einem ihrer Rechtsvorgänger angefallen sind, sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden, soweit sich diese Unterlagen zu diesem Zeitpunkt bei einer solchen Einrichtung oder in einem Archiv des Bundes befinden.
  3. Absatz 3Ist zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei Unterlagen gemäß Absatz eins, der Zeitraum gemäß Paragraph 5, bereits abgelaufen, so sind die Unterlagen innerhalb eines Jahres dem nach diesem Bundesgesetz zuständigen Archiv des Bundes anzubieten.
  4. Absatz 4Das Archivregister gemäß Paragraph 4, ist bis 31. Dezember 2002 einzurichten.
  5. Absatz 5Die Einrichtungen gemäß Paragraph 2, Ziffer 4, Litera b bis e haben nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes unverzüglich mit dem Erfassen, Ordnen, Erschließen und der Nutzbarmachung ihres Archivguts zu beginnen und diese Tätigkeiten bezüglich des nach diesem Bundesgesetz frei zugänglichen Archivguts so bald als möglich abzuschließen.
  6. Absatz 6Auf Archivgut, das bis 31. März 1967 bei Unternehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 vH des Grund-, Stamm- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die der Bund durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen beherrscht, oder bei Einrichtungen der Staatswirtschaft oder deren Rechtsvorgänger angefallen ist, findet dieses Gesetz Anwendung, wenn diese Beteiligung oder Beherrschung des Bundes oder die Eigenschaft der Einrichtung der Staatswirtschaft bis zum 31. Dezember 1999 noch gegeben sind.

§ 17

Text

Personenbezogene Bezeichnungen

Paragraph 17,

Bei den in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

§ 18

Text

Verweisungen

Paragraph 18,

Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

§ 19

Text

Inkrafttreten, Außerkrafttreten von Vorschriften

Paragraph 19,
  1. Absatz einsDieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2000 in Kraft.
  2. Absatz 2Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt
    1. Ziffer eins
      Paragraph 10, Absatz 3, Behörden-Überleitungsgesetz, StGBl. Nr. 94/1945, und
    2. Ziffer 2
      die Verordnung Bundesgesetzblatt Nr. 56 aus 1931, außer Kraft.
  3. Absatz 3Paragraph 5, Absatz 2 und 3, Paragraph 7, Absatz eins und 4, Paragraph 8, Absatz 5, sowie Paragraph 11, Absatz eins, in der Fassung des Materien-Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 32 aus 2018,, treten mit 25. Mai 2018 in Kraft.

§ 20

Text

Vollziehung

Paragraph 20,

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

  1. Ziffer eins
    hinsichtlich des Paragraph 3, Absatz eins,, 3 bis 5, der Paragraphen 4,, 6 Absatz 2,, 12, 13 Absatz 2 und Paragraph 14, Absatz 2, der Bundeskanzler;
  2. Ziffer 2
    hinsichtlich des Paragraph 5, Absatz 6, in bezug auf die Zivil- und Strafgerichte der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler, im übrigen der Bundeskanzler;
  3. Ziffer 3
    hinsichtlich des Paragraph 3, Absatz 6, der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem zuständigen Bundesminister und dem Bundesminister für Finanzen;
  4. Ziffer 4
    hinsichtlich der Paragraphen 10, Absatz 3,, 13 Absatz eins und 14 Absatz eins, der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen;
  5. Ziffer 5
    hinsichtlich des Paragraph 5, Absatz 4, die Bundesregierung;
  6. Ziffer 6
    im übrigen der zuständige Bundesminister.