Begleitende Dokumente
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Hauptdokument
Kurztitel
Schutz der Opfer bewaffneter Konflikte (Protokoll I)
Typ
Vertrag - Multilateral
§/Artikel/Anlage
Art. 75
Inkrafttretensdatum
13.02.1983
Außerkrafttretensdatum
Index
19/11 Kriegsrecht, Kriegsfolgen
Beachte
Vorbehalt Österreichs zu Art. 75 und Vorbehalt Dänemarks und Finnlands: siehe Titeldokument,
BGBl. Nr. 527/1982.
Text
Artikel 75
Grundlegende Garantien
(1)Absatz einsSoweit Personen von einer in Artikel 1 genannten Situation betroffen sind, werden sie, wenn sie sich in der Gewalt einer am Konflikt beteiligten Partei befinden und nicht auf Grund der Abkommen oder dieses Protokolls eine günstigere Behandlung genießen, unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt und genießen zumindest den in diesem Artikel vorgesehenen Schutz, ohne jede nachteilige Unterscheidung auf Grund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion oder Glauben, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder einer sonstigen Stellung oder anderer ähnlicher Unterscheidungsmerkmale. Jede Partei achtet die Person, die Ehre, die Überzeugungen und die religiösen Gepflogenheiten aller dieser Personen. (2)Absatz 2Folgende Handlungen sind und bleiben jederzeit und überall verboten, gleichviel ob sie durch zivile Bedienstete oder durch Militärpersonen begangen werden:
Angriffe auf das Leben,
die Gesundheit oder das körperliche oder geistige Wohlbefinden von Personen, insbesondere
Folter jeder Art, gleichviel ob körperlich oder seelisch,
körperliche Züchtigung und
Beeinträchtigung der persönlichen Würde, insbesondere entwürdigende und erniedrigende Behandlung, Nötigung zur Prostitution und unzüchtige Handlungen jeder Art,
die Androhung einer dieser Handlungen.
(3)Absatz 3Jede wegen Handlungen im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt festgenommene, in Haft gehaltene oder internierte Person wird unverzüglich in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe dieser Maßnahmen unterrichtet. Außer bei Festnahme oder Haft wegen einer Straftat wird eine solche Person so schnell wie irgend möglich, auf jeden Fall aber dann freigelassen, sobald die Umstände, welche die Festnahme, Haft oder Internierung rechtfertigen, nicht mehr gegeben sind. (4)Absatz 4Gegen eine Person, die für schuldig befunden wurde, im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt eine Straftat begangen zu haben, darf eine Verurteilung nur in einem Urteil ausgesprochen und nur auf Grund eines Urteils eine Strafe vollstreckt werden; dieses Urteil muß von einem unparteiischen, ordnungsgemäß zusammengesetzten Gericht gefällt werden, welches die allgemein anerkannten Grundsätze eines ordentlichen Gerichtsverfahrens beachtet; dazu gehören folgende Garantien: Das Verfahren sieht vor, daß der Beschuldigte unverzüglich über
die Einzelheiten der ihm zur Last gelegten Straftat unterrichtet werden muß, und gewährt ihm während der Hauptverhandlung und davor alle zu seiner Verteidigung erforderlichen Rechte und Mittel;
niemand darf wegen einer Straftat verurteilt werden, für
die er nicht selbst strafrechtlich verantwortlich ist;
niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung angeklagt oder verurteilt werden,
die nach dem zur Zeit ihrer Begehung für ihn geltenden innerstaatlichen oder internationalen Recht nicht strafbar war; ebenso darf keine schwerere Strafe als
die im Zeitpunkt der Begehung der Straftat angedrohte verhängt werden; wird nach Begehung der Straftat durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so kommt dies dem Täter zugute;
bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer Straftat Angeklagte unschuldig ist;
jeder wegen einer Straftat Angeklagte hat das Recht, bei der Hauptverhandlung anwesend zu sein;
niemand darf gezwungen werden,
gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen;
jeder wegen einer Straftat Angeklagte hat das Recht, Fragen an
die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und das Erscheinen und
die Vernehmung von Entlastungszeugen unter den für
die Belastungszeugen geltenden Bedingungen zu erwirken;
niemand darf wegen einer Straftat, derentwegen er bereits nach demselben Recht und demselben Verfahren rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt worden ist, erneut von derselben Partei verfolgt oder bestraft werden;
jeder wegen einer Straftat Angeklagte hat das Recht auf öffentliche Urteilsverkündung;
jeder Verurteilte wird bei seiner Verurteilung über sein Recht, gerichtliche und andere Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe einzulegen sowie über
die hierfür festgesetzten Fristen unterrichtet.
(5)Absatz 5Frauen, denen aus Gründen im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt die Freiheit entzogen ist, werden in Räumlichkeiten untergebracht, die von denen der Männer getrennt sind. Sie unterstehen der unmittelbaren Überwachung durch Frauen. Werden jedoch Familien festgenommen, in Haft gehalten oder interniert, so bleibt die Einheit der Familien bei ihrer Unterbringung nach Möglichkeit erhalten. (6)Absatz 6Personen, die aus Gründen im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt festgenommen, in Haft gehalten oder interniert werden, wird auch nach Beendigung des Konflikts bis zu ihrer endgültigen Freilassung, ihrer Heimschaffung oder Niederlassung der in diesem Artikel vorgesehene Schutz gewährt. (8)Absatz 8Die Bestimmungen dieses Artikels sind nicht so auszulegen, als beschränkten oder beeinträchtigten sie eine andere günstigere Bestimmung, die auf Grund der Regeln des anwendbaren Völkerrechts den unter Absatz 1 fallenden Personen größeren Schutz gewährt.
Anmerkung
Siehe dazu auch:
Art. 2 Abs. 1, 9 Abs. 2 und 3, 14 und 15 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte,
BGBl. Nr. 591/1978;
§§ 235, 250, 352 bis 363 und 380 der Strafprozeßordnung 1975,
BGBl. Nr. 631/1975;
Art. 15 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten mit Zusatzprotokoll,
BGBl. Nr. 210/1958;
Art. 76 des Genfer Abkommens über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten,
BGBl. Nr. 155/1953.
Zuletzt aktualisiert am
20.09.2012
Gesetzesnummer
10000747
Dokumentnummer
NOR12010415
Alte Dokumentnummer
N1198221053S