Artikel 25b
Amtshilfe bei der Vollstreckung von Steuern
1) Die Vertragsstaaten leisten sich gegenseitige Amtshilfe bei der Vollstreckung von Steueransprüchen. Diese Amtshilfe ist durch Artikel 1 und 2 nicht eingeschränkt. Die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten können in gegenseitigem Einvernehmen regeln, wie dieser Artikel durchzuführen ist.
2) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck „Steueranspruch“ bedeutet einen Betrag, der auf Grund von Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung der Vertragsstaaten oder einer ihrer Gebietskörperschaften erhoben werden, geschuldet wird, soweit die Besteuerung diesem Abkommen oder anderen völkerrechtlichen Übereinkünften, denen die Vertragsstaaten beigetreten sind, nicht widerspricht, sowie mit diesem Betrag zusammenhängende Zinsen, verwaltungsbehördliche Geldstrafen und Kosten der Vollstreckung oder Sicherung.
3) Ist der Steueranspruch eines Vertragsstaates nach dem Recht dieses Staates vollstreckbar und wird er von einer Person geschuldet, die zu diesem Zeitpunkt nach dem Recht dieses Staates die Vollstreckung nicht verhindern kann, wird dieser Steueranspruch auf Ersuchen der zuständigen Behörde dieses Staates für die Zwecke der Vollstreckung von der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaates anerkannt. Der Steueranspruch wird vom anderen Staat nach dessen Rechtsvorschriften über die Einbringung und Vollstreckung seiner eigenen Steuern vollstreckt, als handele es sich bei dem Steueranspruch um einen Steueranspruch des anderen Staates.
4) Handelt es sich bei dem Steueranspruch eines Vertragsstaates um einen Anspruch, bei dem dieser Staat nach seinem Recht Maßnahmen zur Sicherung der Vollstreckung einleiten kann, wird dieser Steueranspruch auf Ersuchen der zuständigen Behörde dieses Staates zum Zwecke der Einleitung von Sicherungsmaßnahmen von der zuständigen Behörde des anderen Vertragsstaates anerkannt. Der andere Staat leitet nach seinen Rechtsvorschriften Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf diesen Steueranspruch ein, als wäre der Steueranspruch ein Steueranspruch dieses anderen Staates, selbst wenn der Steueranspruch im Zeitpunkt der Einleitung dieser Maßnahmen im erstgenannten Staat nicht vollstreckbar ist oder von einer Person geschuldet wird, die berechtigt ist, die Vollstreckung zu verhindern.
5) Ungeachtet der Absätze 3 und 4 unterliegt ein von einem Vertragsstaat für Zwecke der Absätze 3 oder 4 anerkannter Steueranspruch als solcher in diesem Staat nicht den Verjährungsfristen oder den Vorschriften über die vorrangige Behandlung eines Steueranspruchs nach dem Recht dieses Staates. Ferner hat ein Steueranspruch, der von einem Vertragsstaat für Zwecke der Absätze 3 oder 4 anerkannt wurde, in diesem Staat nicht den Vorrang, den dieser Steueranspruch nach dem Recht des anderen Vertragsstaates hat.
6) Verfahren im Zusammenhang mit dem Bestehen, der Gültigkeit oder der Höhe des Steueranspruchs eines Vertragsstaates können nicht bei den Gerichten oder Verwaltungsbehörden des anderen Vertragsstaates eingeleitet werden.
7) Verliert der betreffende Steueranspruch nachdem das Ersuchen eines Vertragsstaates nach den Absätzen 3 oder 4 gestellt wurde und bevor der andere Vertragsstaat den betreffenden Steueranspruch erhoben und an den erstgenannten Staat ausgezahlt hat,
im Falle eines Ersuchens nach Absatz 3 seine Eigenschaft als Steueranspruch des erstgenannten Staates, der nach dem Recht dieses Staates vollstreckbar ist und von einer Person geschuldet wird, die zu diesem Zeitpunkt nach dem Recht dieses Staates die Vollstreckung nicht verhindern kann, oder
im Falle eines Ersuchens nach Absatz 4 seine Eigenschaft als Steueranspruch des erstgenannten Staates, für den dieser Staat nach seinem Recht Maßnahmen zur Sicherung der Vollstreckung einleiten kann,
teilt die zuständige Behörde des erstgenannten Staates dies der zuständigen Behörde des anderen Staates unverzüglich mit, und nach Wahl des anderen Staates setzt der erstgenannte Staat das Ersuchen entweder aus oder nimmt es zurück.
8) Dieser Artikel ist nicht so auszulegen, als verpflichte er einen Vertragsstaat
Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen und der Verwaltungspraxis dieses oder des anderen Vertragsstaates abweichen;
Maßnahmen durchzuführen, die der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprächen;
Amtshilfe zu leisten, wenn der andere Vertragsstaat nicht alle angemeßenen Maßnahmen zur Vollstreckung oder Sicherung, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis möglich sind, ausgeschöpft hat;
Amtshilfe in Fällen zu leisten, in denen der Verwaltungsaufwand für diesen Staat in einem eindeutigen Mißverhältnis zu dem Nutzen steht, den der andere Vertragsstaat dadurch erlangt.