Begleitende Dokumente
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Hauptdokument
Entscheidungsart
Erkenntnis
Rechtssatznummer
6
Geschäftszahl
2004/07/0135
Entscheidungsdatum
15.09.2005
Index
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
40/01 Verwaltungsverfahren
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 93/16/0020 E 17. Februar 1994 RS 1
(Hier: Die Gattin des Bf hat ihm die Rechtsbelehrung hinsichtlich
der Folgen des § 42 Abs. 1 AVG nicht vorgelesen. Somit kam dem Bf
die Rechtsbelehrung nicht zur Kenntnis. Im Nichtvorlesen der
Rechtsbelehrung liegt daher im vorliegenden Fall ein "Ereignis"
iSd § 42 Abs. 3 AVG. Die Ehegattin liest dem Bf regelmäßig alle
Schriftstücke, auch behördliche Schriftstücke, vor; er ist auf sie
als Übermittlerin des Inhaltes schriftlicher Informationen
angewiesen. Der Bf hatte keinen Anlass, an der Gewissenhaftigkeit
seiner Gattin im Umgang mit behördlichen Schriftstücken zu
zweifeln. Ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden kann ihm daher
nicht zur Last gelegt werden. Der Bf hat das "Ereignis" (des nicht
vollständigen Vorlesens) tatsächlich nicht miteinberechnet und
konnte seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare
Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten. Dass er sich bei
seiner Gattin nicht nochmals über den genauen Inhalt der
Kundmachung informiert hat bzw. dass er keine weiteren
Erkundigungen bei anderen dritten Personen eingeholt hat, stellt
daher kein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes
Verschulden des Bf dar. Es ist daher das Vorliegen eines
unvorhergesehenen und vom Bf unverschuldeten Ereignisses zu
bejahen. Der Bf hat durchaus dafür Sorge getragen, dass ihm der
Inhalt der Kundmachung zur Kenntnis gelangte. Er ließ sich die
Kundmachung ja von seiner Gattin vorlesen. Damit, dass ihm diese
die Kundmachung nur unvollständig zur Kenntnis bringen würde,
konnte der Bf aber nicht rechnen. Da ein Wiedereinsetzungsgrund
nach § 42 Abs. 3 AVG vorliegt, war die Berufung gegen den
wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid nicht wegen fehlender
Parteistellung des Bf zurückzuweisen.)
Stammrechtssatz
Ein Ereignis ist dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte. Es ist als unvorhergesehen zu werten, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Anders als das Tatbestandsmerkmal des "unabwendbaren" erfaßt jenes des "unvorhergesehenen" Ereignisses die subjektiven Verhältnisse der Partei, sodaß nicht der objektive Durchschnittsablauf, sondern der konkrete Ablauf der Ereignisse maßgebend ist (Hinweis E 27.6.1985, 85/16/0032; E 24.11.1986, 86/10/0169 bis 0171). Von einem minderen Grad des Versehens kann nicht mehr gesprochen werden, wenn der Wiedereinsetzungswerber die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht läßt (Hinweis E 25.9.1991, 91/16/0046).
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004070135.X06
Dokumentnummer
JWR_2004070135_20050915X06