Rechtssatz für 6Ob56/16b 5Ob207/18d

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0130867

Geschäftszahl

6Ob56/16b; 5Ob207/18d

Entscheidungsdatum

17.01.2019

Norm

ABGB §933 Abs1
WEG 2002 §37 Abs4
  1. ABGB § 933 heute
  2. ABGB § 933 gültig ab 01.01.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 175/2021
  3. ABGB § 933 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 48/2001
  4. ABGB § 933 gültig von 01.01.1917 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916

Rechtssatz

Da sich die Notwendigkeit größerer Erhaltungsarbeiten unter Umständen erst mit einer deutlichen Verzögerung manifestiert, beginnt im Fall des Paragraph 37, Absatz 4, WEG die dreijährige Gewährleistungsfrist erst zu dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem - innerhalb von zehn Jahren - für den Erwerber die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens bzw die Erforderlichkeit von „größeren“ Erhaltungsarbeiten zweifelsfrei feststeht.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 56/16b
    Entscheidungstext OGH 26.04.2016 6 Ob 56/16b
    Veröff: SZ 2016/47
  • 5 Ob 207/18d
    Entscheidungstext OGH 17.01.2019 5 Ob 207/18d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2016:RS0130867

Im RIS seit

30.08.2016

Zuletzt aktualisiert am

12.03.2019

Dokumentnummer

JJR_20160426_OGH0002_0060OB00056_16B0000_003

Rechtssatz für 6Ob56/16b; ...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0130865

Geschäftszahl

6Ob56/16b; 6Ob141/16b; 6Ob101/18y; 5Ob207/18d; 5Ob99/23d

Entscheidungsdatum

13.11.2023

Rechtssatz

Der Inhalt von Satz 3 des Paragraph 37, Absatz 4, WEG 2002 ist als gesetzlich typisierte Gewährleistungspflicht zu betrachten. Der Wohnungseigentumsbewerber soll vor der nicht ausreichenden Berücksichtigung der anstehenden Kosten für Erhaltungsmaßnahmen bewahrt werden.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 56/16b
    Entscheidungstext OGH 26.04.2016 6 Ob 56/16b
    Veröff: SZ 2016/47
  • 6 Ob 141/16b
    Entscheidungstext OGH 30.08.2016 6 Ob 141/16b
    Vgl; Beisatz: Der Terminus „Erhaltungsarbeit“ in § 37 Abs 4 WEG ist im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG und damit im Einklang mit § 3 Abs 1 und 2 MRG auszulegen. Der Begriff der „absehbaren Zeit“ wird mit zehn Jahren konkretisiert. Damit ist der notwendige Inhalt eines Gutachtens nach § 37 Abs 4 WEG im Wesentlichen vorgegeben. (T1)
  • 6 Ob 101/18y
    Entscheidungstext OGH 28.06.2018 6 Ob 101/18y
    Beisatz wie T1 nur: Der Terminus „Erhaltungsarbeit“ in § 37 Abs 4 WEG ist im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG und damit im Einklang mit § 3 Abs 1 und 2 MRG auszulegen. (T2)
  • 5 Ob 207/18d
    Entscheidungstext OGH 17.01.2019 5 Ob 207/18d
  • 5 Ob 99/23d
    Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 13.11.2023 5 Ob 99/23d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2016:RS0130865

Im RIS seit

30.08.2016

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2023

Dokumentnummer

JJR_20160426_OGH0002_0060OB00056_16B0000_001

Entscheidungstext 5Ob207/18d

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

immolex‑LS 2019/26 = Zak 2019/246 S 137 - Zak 2019,137 = bbl 2019,113/115 - bbl 2019/115 = immolex 2019/72 S 255 (Räth) - immolex 2019,255 (Räth) = MietSlg 71.186 = MietSlg 71.467

Geschäftszahl

5Ob207/18d

Entscheidungsdatum

17.01.2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Pansi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*, vertreten durch die Bollmann & Bollmann Rechtsanwaltspartnerschaft, Wien, gegen die beklagte Partei H* GmbH, *, vertreten durch Dr. Peter Karlberger und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 5.350,80 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 19. Juli 2018, GZ 1 R 18/18v-15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 13. November 2017, GZ 3 C 158/17g-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 626,52 EUR (darin enthalten 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Beklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der Wohnungseigentumsorganisatorin. Mit den Miteigentumsanteilen der Klägerin ist Wohnungseigentum am Objekt W5 verbunden. Sie hat ihre Miteigentumsanteile nicht unmittelbar von der Wohnungseigentumsorganisatorin, sondern mit Kaufvertrag vom 18. 10. 2013 von einer nicht am Verfahren beteiligten Gesellschaft erworben. Ein Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbauwesen im Sinne des Paragraph 37, Absatz 4, WEG wurde dieser Gesellschaft weder übergeben noch in den zwischen ihr und der Wohnungseigentumsorganisatorin am 15. 10. 2012 abgeschlossenen Kaufvertrag einbezogen. Bereits vor Abschluss dieses Vertrags war der Keller im Haus schadhaft.

Die Klägerin begehrt den Ersatz der auf sie anteilig entfallenden Kosten für die Sanierung des Kellers sowie die Feststellung, dass die Beklagte ihr gegenüber anteilig für zukünftige Kosten im Zusammenhang mit der Sanierung des Kellers hafte. Ihre Rechtsvorgängerin habe ihr die aus dem Kaufvertrag mit der Wohnungseigentumsorganisatorin zustehenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abgetreten.

Das Berufungsgericht bestätigte das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichts. Die dem Wohnungseigentumsbewerber gegenüber dem Wohnungseigentumsorganisator gemäß Paragraph 37, Absatz 4, WEG zustehenden Ansprüche seien der Klägerin wirksam übertragen worden. Für diese Ansprüche gelte die Frist des Paragraph 933, ABGB; sie seien nicht verfristet, weil weder die Klägerin noch ihre Rechtsvorgängerin vor dem 12. 11. 2014 Kenntnis von der Schadhaftigkeit des Kellers erlangt hätten. Die Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Übertragung von Rechten gemäß Paragraph 37, Absatz 4, WEG bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Klägerin beantwortete Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) nicht zulässig. Das ist gemäß Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO zu begründen:

1.1 Nach Paragraph 37, Absatz 4, WEG haben die Wohnungseigentumsorganisatoren dem Wohnungseigentumsbewerber vor oder mit der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums an Teilen eines Hauses, dessen Baubewilligung zum Zeitpunkt der Zusage älter als 20 Jahre ist, ein Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Hochbauwesen über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insbesondere über in absehbarer Zeit notwendig werdende Erhaltungsarbeiten, zu übergeben. Das Gutachten darf zum Zeitpunkt der Zusage nicht älter als ein Jahr sein und ist in den Kaufvertrag über den Liegenschaftsanteil, an dem Wohnungseigentum erworben werden soll, einzubeziehen; mit seiner Einbeziehung gilt der darin beschriebene Bauzustand als bedungene Eigenschaft (Paragraph 922, Absatz eins, ABGB). Wird in den Kaufvertrag kein solches Gutachten einbezogen, so gilt ein Erhaltungszustand des Hauses als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert. Diese Regelung kann zufolge Paragraph 37, Absatz 6, WEG 2002 nicht vertraglich abbedungen werden.

1.2 Paragraph 37, Absatz 4, Satz 3 WEG 2002 ist als gesetzlich typisierte Gewährleistungspflicht zu betrachten (RIS-Justiz RS0130865; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 Paragraph 37, WEG Rz 41; Kulka, Rechtsfragen bei der Anwendung des Paragraph 37, Absatz 4, WEG, wobl 2012, 374; Gartner in Illedits/Reich-Rohrwig Wohnrecht3 Paragraph 37, WEG 2002 Rz 20). Paragraph 37, Absatz 4, WEG übernimmt damit den mit der Novelle BGBl 1997/7 in Paragraph 23, Absatz 3, Ziffer 4, WEG 1975 eingeführten speziellen Schutzmechanismus, der bei Wohnungseigentumsbegründung im „Althaus“ den Wohnungseigentumsbewerber vor der nicht ausreichenden Berücksichtigung der anstehenden Kosten für Erhaltungsmaßnahmen bewahren soll (Vonkilch aaO Paragraph 37, WEG Rz 5).

1.3 Bereits in der das selbe Haus betreffenden Entscheidung zu 5 Ob 218/16v bejahte der Oberste Gerichtshof die Anwendbarkeit der Schutzbestimmung des Paragraph 37, Absatz 4, WEG für den Fall eines sukzessiven Abverkaufs von Wohnungen durch den Wohnungseigentumsorganisator auch dann, wenn die erstmalige Begründung des Wohnungseigentums ohne Einsatz eines Gründungshelfers im Sinn des Paragraph 49, Absatz 2, WEG 2002 erfolgte oder kein vorläufiges Wohnungseigentum des Alleineigentümers begründet wurde vergleiche zu diesen Voraussetzungen: Vonkilch aaO Paragraph 37, WEG 2002 Rz 38). Die Beklagte räumt in ihrem Rechtsmittel auch ausdrücklich ein, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin vom Schutzzweck dieser Bestimmung erfasst war.

2. Die Klägerin beruft sich auf eine Abtretung von Gewährleistungs- sowie Schadenersatzansprüchen durch ihre Rechtsvorgängerin und macht damit keinen eigenständigen, sondern von dieser abgeleiteten Anspruch geltend. Die Frage, ob die Klägerin vom Schutzzweck dieser Bestimmung unmittelbar erfasst ist, stellt sich damit nicht. Eine Erstreckung des Schutzzwecks dieser Bestimmung auf die Klägerin haben die Vorinstanzen ihren Entscheidungen auch nicht zugrunde gelegt.

3. Die Abtretung (Zession) ist ein formloser Konsensualvertrag, dessen Zustandekommen die Erklärung der Forderungsübertragung durch den Altgläubiger und deren Annahme durch den Neugläubiger erfordert vergleiche RIS-Justiz RS0032570; Lukas in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 Paragraph 1392, Rz 2). Allgemein anerkannt ist, dass auch Gestaltungsrechte, wie etwa das Gewährleistungsrecht, übertragen werden können, und zwar auch für sich allein, wenn am Erhalt des Rechtes bzw dessen Übertragung und Ausübung durch den Erwerber ein gerechtfertigtes Interesse besteht (RIS-Justiz RS0032642; Neumayr in KBB5 Paragraph 1393, ABGB Rz 8; Ertl in Rummel, ABGB³ Paragraph 1393, Rz 5; Heidinger in Schwimann/Kodek, ABGB4 Paragraph 1393, Rz 19). Eine Begründung, warum eine Abtretung eines solchen Rechts in der spezifischen Ausprägung des Paragraph 37, Absatz 4, WEG nicht möglich sein soll, enthält die Revision nicht und greift damit die vom Berufungsgericht für die Zulassung der Revision als erheblich erachtete Rechtsfrage nicht auf vergleiche RIS-Justiz RS0102059 [T6]). Erörterungen, dass zwar dem Wohnungseigentumsbewerber ein Gutachten gemäß Paragraph 37, Absatz 4, WEG übergeben wird, das dieser einem späteren Erwerber aber nicht ausfolgt, stehen mit dem zu beurteilenden Fall in keinem Zusammenhang.

4. Der Oberste Gerichtshof hat unter Verweis auf Lehrmeinungen bereits festgehalten, dass nach dem Zweck des Paragraph 37, Absatz 4, WEG die dreijährige Gewährleistungsfrist erst zu dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, zu dem sich – innerhalb von zehn Jahren – für den Erwerber die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens bzw die Erforderlichkeit von „größeren“ Erhaltungsarbeiten zweifelsfrei manifestiert (6 Ob 56/16b = RIS-Justiz RS0130867; Kulka aaO 378; Vonkilch aaO Paragraph 37, Rz 46a; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht²³ Paragraph 37, WEG Rz 16). Mit dem bloßen Hinweis, Gewährleistungsansprüche seien verjährt, spricht die Beklagte daher ebenfalls keine Rechtsfrage von der Bedeutung des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO an vergleiche RIS-Justiz RS0103384).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, die damit der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung diente (RIS-Justiz RS0112296).

Textnummer

E124231

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:E124231

Im RIS seit

12.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2023

Dokumentnummer

JJT_20190117_OGH0002_0050OB00207_18D0000_000