Rechtssatz für 18ONc6/14y 18ONc7/14w 1...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0130016

Geschäftszahl

18ONc6/14y; 18ONc7/14w; 18ONc1/15i; 18ONc2/18s

Entscheidungsdatum

30.11.2018

Norm

ZPO §581 f
AußStrG 2005 §25 Abs1 Z4
IO §6 Abs1
IO §7 Abs1
  1. IO § 6 heute
  2. IO § 6 gültig ab 27.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 147/2021
  3. IO § 6 gültig von 01.07.2010 bis 26.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2010
  4. IO § 6 gültig von 01.01.1983 bis 30.06.2010 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 370/1982
  1. IO § 7 heute
  2. IO § 7 gültig ab 27.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 147/2021
  3. IO § 7 gültig von 01.07.2010 bis 26.07.2021 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2010
  4. IO § 7 gültig von 01.01.1983 bis 30.06.2010 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 370/1982

Rechtssatz

Ein die Masse betreffendes Schiedsverfahren wird durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen. Maßgeblich ist nicht die Schiedshängigkeit, sondern der erste schiedsverfahrensrechtliche Schritt zur Anspruchsverfolgung. Liegt dieser in der Aufforderung des Schiedsklägers an den Schiedsbeklagten, einen Schiedsrichter zu benennen, unterbricht die nachfolgende Insolvenzeröffnung das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters.

Entscheidungstexte

  • 18 ONc 6/14y
    Entscheidungstext OGH 17.03.2015 18 ONc 6/14y
    Veröff: SZ 2015/18
  • 18 ONc 7/14w
    Entscheidungstext OGH 17.03.2015 18 ONc 7/14w
  • 18 ONc 1/15i
    Entscheidungstext OGH 17.03.2015 18 ONc 1/15i
    Beisatz: Wird der Antrag auf Schiedsrichterbestellung nach bereits eingetretener Unterbrechung gestellt, ist er zurückzuweisen. (T1)
  • 18 ONc 2/18s
    Entscheidungstext OGH 30.11.2018 18 ONc 2/18s
    Auch; Veröff: SZ 2018/103

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2015:RS0130016

Im RIS seit

02.06.2015

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2020

Dokumentnummer

JJR_20150317_OGH0002_018ONC00006_14Y0000_001

Entscheidungstext 18ONc7/14w

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

ecolex 2015/231 S 564 (Fremuth‑Wolf) - ecolex 2015,564 (Fremuth‑Wolf)

Geschäftszahl

18ONc7/14w

Entscheidungsdatum

17.03.2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Neumayr, Dr. Veith, Dr. Musger und die Hofrätin Dr. Dehn in der Rechtssache der Antragstellerin S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Antragsgegnerin W***** GmbH, *****, wegen Bestellung eines Schiedsrichters gemäß Paragraph 587, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren ist gemäß Paragraph 7, IO unterbrochen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin beantragte am 10. 11. 2014 die Bestellung eines Schiedsrichters gemäß Paragraph 587, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO. Die Antragsgegnerin schulde ihr für Werkleistungen (Trockenbauarbeiten) einen Betrag von 115.245,40 EUR. Trotz der vereinbarten Schiedsklausel sei sie der Aufforderung, einen Schiedsrichter namhaft zu machen, nicht nachgekommen.

Am 29. 1. 2015 gab der Antragsteller die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bekannt.

Aus der Insolvenzdatei geht hervor, dass mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 11. 11. 2014, 40 S 104/14p, über das Vermögen der Antragsgegnerin der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Heimo Hofstätter zum Masseverwalter bestellt wurde.

Rechtliche Beurteilung

1. Das bereits anhängig gewordene Schiedsverfahren ist nach Paragraph 7, IO unterbrochen.

1.1. Nach Paragraph 6, Absatz eins, IO können Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen bezwecken, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner weder anhängig gemacht noch fortgesetzt werden. Diese Bestimmung steht auch der Einleitung eines Schiedsverfahrens entgegen; ein bereits eingeleitetes Schiedsverfahren wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Paragraph 7, Absatz eins, IO unterbrochen (Buchegger in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 römisch eins [2000] Paragraph 7, Rz 10; Koller, Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf ein anhängiges Schiedsverfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat, ZIK 2009, 52 [54]; Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze Paragraph 7, KO Rz 10; Schumacher/Köchl, Insolvenzeröffnung unterbricht Schiedsverfahren: Fortsetzung als Prüfungsprozess? RdW 2012, 388 [389]; Zeiler, Schiedsverfahren2 [2014] Paragraph 581, Rz 120).

1.2. Anhängig - und bei Insolvenzeröffnung unterbrochen - ist ein bei staatlichen Gerichten geführtes Verfahren schon mit Gerichtshängigkeit; auf Streitanhängigkeit iSv Paragraph 232, ZPO kommt es nicht an (Buchegger in Buchegger, Insolvenzrecht4 Paragraph 7, Rz 3; Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze Paragraph 7, KO Rz 3). Maßgebend ist daher der erste prozessuale Schritt, den der Kläger zur Verfolgung seines Anspruchs setzen muss (idS für Artikel 15, EuInsVO auch Koller, ZIK 2009, 53).

1.3. In Schiedsverfahren ergibt sich dieser erste Schritt aus dem Inhalt der Schiedsklausel, allenfalls ergänzt durch Regelungen in anwendbaren Schiedsordnungen oder im (insofern dispositiven) Zivilverfahrensrecht; er könnte etwa im Einbringen der Schiedsklage bei einer Schiedsinstitution oder einem bereits in der Schiedsklausel bestimmten Schiedsrichter liegen. Im vorliegenden Fall ist demgegenüber zunächst die Bildung des Schiedsgerichts erforderlich. Zu diesem Zweck hat jede Partei einen Schiedsrichter nach der Schiedsklausel zu benennen, weitere Regelungen fehlen. Das führt zur Anwendung von Paragraph 587, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO, wonach der Schiedskläger den Schiedsbeklagten zur Benennung eines Schiedsrichters aufzufordern hat. Diese Aufforderung ist im konkreten Fall der erste (schieds-)verfahrensrechtliche Schritt zur Anspruchsverfolgung, sie ist daher der „Anhängigkeit“ iSv Paragraph 7, IO gleichzuhalten.

1.4. Dass für den Eintritt der Schiedshängigkeit, die der Streitanhängigkeit im Verfahren vor staatlichen Gerichten entspricht, in unterschiedlichen Konstellationen weitere Verfahrenshandlungen erforderlich sein können (Hausmaninger in Fasching/Konecny2 Paragraph 584, ZPO Rz 35; Koller, Eintritt und Sperrwirkung der Schiedshängigkeit, ecolex 2014, 1056 [1057 ff]; Rechberger in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht römisch eins [2012] Rz 6/7; alle mwN), ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil es auch in Paragraph 7, IO nicht auf die Streitanhängigkeit ankommt (ebenso für Artikel 15, EuInsVO Koller, ZIK 2009, 53).

1.5. Durch die Insolvenzeröffnung wurde das Schiedsverfahren nach Paragraph 7, Absatz eins, IO unterbrochen. Der Schiedskläger wird seine Forderung anzumelden haben; ob er bei einer Bestreitung die Prüfungsklage beim Insolvenzgericht einzubringen oder das Schiedsverfahren nach Paragraph 113, IO fortzusetzen hätte, ist hier nicht zu entscheiden (gegen die Fortsetzung die ältere Lehre, Fremuth, Schiedsverfahren und Konkurs, ÖJZ 1998, 848 [849]; Konecny in Konecny/Schubert Paragraph 110, Rz 6, Paragraph 113, Rz 7; Schubert in Konecny/Schubert Paragraph 7, Rz 10; weitere Nachweise bei Zeiler, Schiedsverfahren2 Paragraph 581, Rz 120; für die Fortsetzung hingegen Koller in Liebscher/Oberhammer/Rechberger, Schiedsverfahrensrecht römisch eins Rz 3/308; Schumacher/Köchl, RdW 2012, 388 [389 ff]; tendenziell auch Kodek in Buchegger, Insolvenzrecht4 Paragraph 110, Rz 7; ebenso die Rechtslage in Deutschland, BGH römisch III ZB 88/07, NJW 2009, 1747; Longrée/Gantenbrink, Insolvenz des Beklagten im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2014, 21 mwN).

2. Die Unterbrechung erfasst auch das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters.

2.1. Zwar betrifft der - im Außerstreitverfahren zu behandelnde (Paragraph 616, ZPO) - Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters iSd Paragraph 587, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO als solcher keinen Anspruch vermögensrechtlicher Natur. Er zielt vielmehr auf die Bildung eines Schiedsgerichts ab, vor dem die Antragstellerin ihren - nun die Insolvenzmasse betreffenden - Anspruch auf Werklohn geltend machen will. Da die Bildung des Schiedsgerichts aber nur der Herstellung der unmittelbaren prozessualen Voraussetzungen für die Durchführung des Schiedsverfahrens dient, ist das vorliegende Verfahren zur Bestellung eines Schiedsrichters derart eng mit dem vermögensrechtlichen Anspruch verknüpft, dass für die Frage der Unterbrechungswirkung eine von Paragraph 7, Absatz eins, IO abweichende Beurteilung nicht in Betracht kommt. Das Verfahren ist insofern nicht anders zu behandeln als ein Delegationsverfahren iSv Paragraph 31, JN, das - als Zwischenverfahren - ebenfalls dazu dient, die prozessualen Voraussetzungen für die (weitere) Durchführung des Anlassverfahrens zu schaffen. Auch dieses Verfahren wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen, wenn das Anlassverfahren keine Streitigkeit nach Paragraph 6, Absatz 3, IO betrifft (2 Nc 15/14z).

2.2. Ein Fall des Paragraph 163, Absatz 2, ZPO (Paragraph 26, Absatz 2, AußStrG) liegt nicht vor. Danach sind Parteihandlungen, die während aufrechter Unterbrechung vorgenommen werden, dem Gegner gegenüber ohne rechtliche Wirkung; sie sind daher zurückzuweisen (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG Paragraph 26, Rz 20; Fink in Fasching/Konecny2 Paragraph 163, ZPO Rz 29; Gitschthaler in Rechberger, ZPO4 Paragraph 163, Rz 2; RIS-Justiz RS0036967, RS0037093). Das träfe im gegebenen Zusammenhang zu, wenn der Antrag auf Schiedsrichterbestellung nach der Insolvenzeröffnung - und damit nach der Ex-lege-Unterbrechung des Schiedsverfahrens - gestellt worden wäre (18 ONc 1/15i). Hier wurde dieser Antrag allerdings vor der Insolvenzeröffnung gestellt, was eine mit der Unterbrechungswirkung begründete Zurückweisung ausschließt.

3. Das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters ist daher gemäß Paragraph 7, Absatz eins, IO in Verbindung mit Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, AußStrG unterbrochen.

Schlagworte

Gruppe: Konkursrecht,Ausgleichsrecht,Zivilverfahrensrecht,Schiedsverfahren

Textnummer

E110485

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2015:018ONC00007.14W.0317.000

Im RIS seit

27.04.2015

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2015

Dokumentnummer

JJT_20150317_OGH0002_018ONC00007_14W0000_000