Rechtssatz für 6Ob570/94 4Ob27/99w 5Ob...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0052720

Geschäftszahl

6Ob570/94; 4Ob27/99w; 5Ob74/05a

Entscheidungsdatum

20.09.2005

Norm

ABGB §1295 IIf6
GmbHG §2
  1. ABGB § 1295 heute
  2. ABGB § 1295 gültig ab 01.01.1917 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916
  1. GmbHG § 2 heute
  2. GmbHG § 2 gültig ab 01.01.1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/1991

Rechtssatz

Im Innenverhältnis entstehen durch den Abschluß des Gesellschaftsvertrages zwischen den Gründern besondere Schutzpflichten und Treuepflichten, deren Verletzung zum Schadenersatz verpflichtet. Die wesentlichste Gründerpflicht ist die Mitwirkung bei den zur Entstehung der GmbH erforderlichen Handlungen. Die Gründer sind daher vor allem zur Erbringung der vor der Anmeldung der Gesellschaft zu leistenden Einlagen an die Vorgesellschaft zu Handen ihrer Geschäftsführer verpflichtet und müssen an der Vollendung der juristischen Person durch Beseitigung etwaiger Eintragungshindernisse mitwirken.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 570/94
    Entscheidungstext OGH 13.07.1995 6 Ob 570/94
    Veröff: SZ 68/129
  • 4 Ob 27/99w
    Entscheidungstext OGH 23.02.1999 4 Ob 27/99w
    Auch; nur: Im Innenverhältnis entstehen durch den Abschluß des Gesellschaftsvertrages zwischen den Gründern besondere Schutzpflichten und Treuepflichten. (T1); Veröff: SZ 72/32
  • 5 Ob 74/05a
    Entscheidungstext OGH 20.09.2005 5 Ob 74/05a
    Beisatz: Bei der Verletzung dieser Verpflichtung greift bereits die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB. (T2)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1995:RS0052720

Dokumentnummer

JJR_19950713_OGH0002_0060OB00570_9400000_001

Rechtssatz für 4Ob27/99w 4Ob123/07b

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0111527

Geschäftszahl

4Ob27/99w; 4Ob123/07b

Entscheidungsdatum

10.07.2007

Norm

GmbHG §61
GmbHG §24 Abs1
  1. GmbHG § 61 heute
  2. GmbHG § 61 gültig ab 01.01.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2005
  3. GmbHG § 61 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/1991
  1. GmbHG § 24 heute
  2. GmbHG § 24 gültig ab 01.01.1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/1991

Rechtssatz

Hat sich ein Gesellschafter - wenn auch nur als Minderheitsgesellschafter - in zwischen der GmbH und Dritte bestehende laufende Geschäftsbeziehungen hineingedrängt, indem er diese Geschäftsbeziehungen (für Folgegeschäfte) auf sich selbst oder eine unter seinem beherrschenden Einfluß stehende Konkurrenzgesellschaft überleitet, und damit besondere Handlungsmöglichkeiten ausgenützt, die ihm, wenngleich nicht allein aufgrund seiner Gesellschafterstellung, bekannt geworden sind, ist sein Vorgehen treuwidrig.

Entscheidungstexte

  • 4 Ob 27/99w
    Entscheidungstext OGH 23.02.1999 4 Ob 27/99w
    Veröff: SZ 72/32
  • 4 Ob 123/07b
    Entscheidungstext OGH 10.07.2007 4 Ob 123/07b
    Vgl; Beisatz: Hier: Keine aktive Kundenabwerbung unter Ausnutzung von Kenntnissen, die der Beklagte während seiner Tätigkeit für die Klägerin erlangt hatte. (T1)

Schlagworte

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:RS0111527

Dokumentnummer

JJR_19990223_OGH0002_0040OB00027_99W0000_001

Rechtssatz für 5Ob626/88 4Ob27/99w 2Ob...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0026106

Geschäftszahl

5Ob626/88; 4Ob27/99w; 2Ob264/00p; 9Ob64/03g; 1Ob19/04g; 4Ob123/06b; 6Ob190/08x; 6Ob100/12t; 6Ob17/13p; 7Ob26/13v; 6Ob169/16w; 6Ob215/16k; 8ObA50/20s; 6Ob49/22g

Entscheidungsdatum

06.04.2022

Norm

ABGB §1295 III
AktG §114
GmbHG §61
  1. ABGB § 1295 heute
  2. ABGB § 1295 gültig ab 01.01.1917 zuletzt geändert durch RGBl. Nr. 69/1916
  1. AktG § 114 heute
  2. AktG § 114 gültig ab 01.08.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 53/2011
  3. AktG § 114 gültig von 01.08.2009 bis 31.07.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2009
  4. AktG § 114 gültig von 01.01.2007 bis 31.07.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2005
  5. AktG § 114 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 125/1998
  6. AktG § 114 gültig von 01.07.1996 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 304/1996
  7. AktG § 114 gültig von 01.01.1994 bis 30.06.1996 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 532/1993
  8. AktG § 114 gültig von 01.01.1966 bis 31.12.1993
  1. GmbHG § 61 heute
  2. GmbHG § 61 gültig ab 01.01.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2005
  3. GmbHG § 61 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2006 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/1991

Rechtssatz

Auch der Gesellschafter einer GmbH unterliegt der Treuepflicht, und zwar nicht nur der Gesellschaft, sondern auch den Mitgesellschaftern gegenüber. Sie orientiert sich an den Grundsätzen von Treu und Glauben sowie des redlichen Verkehrs und am Gebot der guten Sitten.

Entscheidungstexte

  • 5 Ob 626/88
    Entscheidungstext OGH 22.11.1988 5 Ob 626/88
    Veröff: JBl 1989,254 = NZ 1990,35
  • 4 Ob 27/99w
    Entscheidungstext OGH 23.02.1999 4 Ob 27/99w
    Auch; Veröff: SZ 72/32
  • 2 Ob 264/00p
    Entscheidungstext OGH 19.10.2000 2 Ob 264/00p
    Vgl auch; Beisatz: Hier: Zwei miteinander verheiratete Gesellschafter. (T1)
  • 9 Ob 64/03g
    Entscheidungstext OGH 25.06.2003 9 Ob 64/03g
    Vgl auch; Beisatz: Ein Aktionär ist nicht verpflichtet, sein Stimmrecht allein zum Wohl der Gesellschaft auszuüben, sondern darf vielmehr im Rahmen der Grundsätze von Treu und Glauben und der guten Sitten eigene Interessen verfolgen (vergleiche auch 5 Ob 626/88, 4 Ob 2147/96f). Dass der Mehrheitsaktionär eine ihm genehme Person - oder auch sich selbst - in den Aufsichtsrat beruft, erscheint für sich keineswegs bedenklich oder gar sittenwidrig, zumal ein Schaden für die Gesellschaft, aufgrund gleichartiger Interessenslagen regelmäßig nicht zu erwarten ist. (T2)
    Veröff: SZ 2003/74
  • 1 Ob 19/04g
    Entscheidungstext OGH 17.05.2004 1 Ob 19/04g
    Auch; Beis wie T1
  • 4 Ob 123/06b
    Entscheidungstext OGH 10.07.2007 4 Ob 123/06b
    Auch; nur: Auch der Gesellschafter einer GmbH unterliegt der Treuepflicht. (T3)
  • 6 Ob 190/08x
    Entscheidungstext OGH 01.10.2008 6 Ob 190/08x
    Beisatz: Ob die gesellschaftliche Treuepflicht eine bestimmte Handlungsweise gebietet, kann im Einzelfall nur aufgrund einer Interessensabwägung ermittelt werden (6 Ob 26/97k). (T4)
    Beisatz: Der Inhalt der Treuebindung unter den Gesellschaftern besteht darin, dass auf gesellschaftliche Interessen anderer Mitbeteiligter Rücksicht genommen werden muss. (T5)
    Beisatz: Hier: GmbH in Liquidation. (T6)
    Beisatz: Aus der - im Liquidationsstadium der Gesellschaft abgeschwächten - allgemeinen Treuepflicht unter Gesellschaftern ist nicht abzuleiten, diese müssten im Interesse der übrigen Gesellschafter besondere Sorgfalt und Rücksichtnahme bei der Verfolgung ihres Anteils am Liquidationserlös walten lassen. (T7)
  • 6 Ob 100/12t
    Entscheidungstext OGH 31.01.2013 6 Ob 100/12t
    Beisatz: Die Treuepflicht gebietet es einem Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich nicht, die Interessen der Gesellschaft über seine eigenen zu stellen und ‑ sofern nicht gesellschaftsvertragliche Bestimmungen entgegenstehen ‑ immer schon dann gegen die Ausschüttung des Bilanzgewinnes zu stimmen, wenn die Thesaurierung für die Gesellschaft günstiger als die Ausschüttung ist. Für die Ausschüttung des Bilanzgewinnes zu stimmen, kann jedoch im jeweils zu prüfenden Einzelfall dann treuwidrig sein, wenn die Interessen der Gesellschaft an der Thesaurierung die Interessen des Gesellschafters an der Ausschüttung massiv überwiegen oder wenn der Gesellschafter vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs 5 GmbHG weiß. (T8)
    Veröff: SZ 2013/15
  • 6 Ob 17/13p
    Entscheidungstext OGH 27.02.2013 6 Ob 17/13p
    Vgl; Beis wie T8
  • 7 Ob 26/13v
    Entscheidungstext OGH 27.03.2013 7 Ob 26/13v
  • 6 Ob 169/16w
    Entscheidungstext OGH 24.10.2016 6 Ob 169/16w
    Vgl; Beis wie T2 nur: Ein Aktionär ist nicht verpflichtet, sein Stimmrecht allein zum Wohl der Gesellschaft auszuüben, sondern darf vielmehr im Rahmen der Grundsätze von Treu und Glauben und der guten Sitten eigene Interessen verfolgen. (T9)
    Beisatz: Dass eine Vollausschüttung des Gewinns für die Gesellschaft wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, ist den Fällen der Treuepflicht, in denen gewissermaßen „die Existenz des Unternehmens auf dem Spiel steht“ nicht gleichzuhalten. (T10)
    Beisatz: Soweit vertreten wird, dass in „Familien‑AGs“ erhöhte Pflichtenbindungen bestünden, kann dies dann nicht gelten, wenn einzelne Aktien auch Außenstehenden zum Erwerb offenstehen. In diesem Fall müssen die Aktionäre in Anbetracht des Fehlens einer Vinkulierung gemäß § 62 Abs 2 AktienG stets damit rechnen, dass Fremde Aktien erwerben und dann ihre Interessen geltend machen. (T11)
    Veröff: SZ 2016/109
  • 6 Ob 215/16k
    Entscheidungstext OGH 26.09.2017 6 Ob 215/16k
    Auch; Ähnlich wie T4; Beisatz: Hier: Zu einer Klagsführung einer Minderheitsgesellschafterin gegen die Gesellschaft in den USA. (T12)
  • 8 ObA 50/20s
    Entscheidungstext OGH 29.06.2020 8 ObA 50/20s
  • 6 Ob 49/22g
    Entscheidungstext OGH 06.04.2022 6 Ob 49/22g
    Vgl; Beis wie T4; Beisatz: Regelmäßig handelt es sich dabei um keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. (T13)

Schlagworte

Schadenersatz, Rechtsmissbrauch, gesellschaftsrechtliche Treuepflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:RS0026106

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

01.06.2022

Dokumentnummer

JJR_19881122_OGH0002_0050OB00626_8800000_001

Entscheidungstext 4Ob27/99w

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

4Ob27/99w

Entscheidungsdatum

23.02.1999

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf und Dr. Pimmer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Rudolf Z***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerald Holzwarth, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Hermann L*****, vertreten durch Dr. Georg Vetter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien als Rekursgericht vom 1. Dezember 1998, GZ 1 R 765/98s-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 12. Oktober 1998, GZ 4 C 2026/98i-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagende Gesellschaft mbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 9. 9. 1993 gegründet; ihre Gesellschafter sind der Beklagte mit einer Stammeinlage von 100.000 S und Adelheid Z***** mit einer Stammeinlage von 400.000 S; einziger Geschäftsführer ist Ing. Rudolf Z*****. Der Beklagte ist seit 16. 10. 1996 Prokurist der Klägerin. Mit Gesellschaftsvertrag vom 19. 12. 1997 wurde die HGW ***** GmbH (in der Folge: HGW) mit einem Stammkapital von 750.000 S gegründet; der Beklagte ist einer der beiden allein vertretungsbefugten Geschäftsführer und zugleich Gesellschafter mit einer Stammeinlage von 300.000 S. Beide Gesellschaften treiben unter anderem den Handel mit für den Betrieb von Wasseraufbereitungsanlagen erforderlichen Chemikalien.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung des Abschlusses oder der Durchführung von Geschäften jeder Art für eigene oder fremde Rechnung im Geschäftszweig der Klägerin, auf Rechnungslegung und Zahlung von 50.000 S mit dem Vorbringen in Anspruch, der Beklagte nutze seine Stellung als Gesellschafter der Klägerin und seine dabei erworbenen Kenntnisse der Kundenstruktur der Klägerin dazu aus, seinem erst jüngst gegründeten Konkurrenzunternehmen Kunden systematisch zuzuführen. Die Klägerin habe durch diese Vorgangsweise bisher einen Schaden von 80.000 S erlitten. Zur Sicherung des Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Das Erstgericht verbot dem Beklagten - ohne dessen vorherige Anhörung - mit einstweiliger Verfügung, geschäftlichen Kontakt zu Kunden der Klägerin herzustellen, diese zu besuchen oder durch Vertreter besuchen zu lassen und zu "bewerben", sowie fernmündlich Kontakt zu Kunden der Klägerin herzustellen und die ihm bekannten Kunden durch Vertreter der HGW besuchen zu lassen, um Abwerbehandlungen zu setzen. Die Wirksamkeit dieses Verbotes machte das Erstgericht vom Erlag einer Sicherheitsleistung von 75.000 S abhängig. Es hielt folgenden weiteren Sachverhalt für bescheinigt:

In der Branche der Wasseraufbereitung sind in Wien, Niederösterreich und Burgenland rund 15 Unternehmen tätig. Die Klägerin beliefert im Rahmen ihres Unternehmens insbesondere Stammkunden in regelmäßigen Intervallen mit den für Wasseraufbereitungsanlagen benötigten Chemikalien. Der Beklagte war bis November 1997 bei der Klägerin angestellt und erklärte sodann, zu seinem früheren Arbeitgeber (einem Waffelmaschinenerzeuger) zurückzukehren. Aus seiner Tätigkeit für die Klägerin sind ihm die Daten von Kunden der Klägerin sowie die von der Klägerin angebotenen Preise bekannt; er besitzt auch nach wie vor eine Diskette mit Kundendaten der Klägerin. Seit etwa Mitte September 1998 hat sich der Beklagte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der HGW auch an sechs Kunden der Klägerin gewendet und unterbietet in seinen Offerten die ihm bekannten Preise der Klägerin; dies führt dazu, daß diese Kunden die regelmäßigen Chemikalieneinkäufe nunmehr bei der HGW und nicht mehr bei der Klägerin machen. Die Klägerin hat dadurch bereits einen Gewinnentgang von 150.000 S erlitten.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, zwar treffe den Gesellschafter einer GmbH ohne besondere Vereinbarung kein Wettbewerbsverbot; aus der - jedenfalls bei einer Gesellschaft mit nur zwei Gesellschaftern - anzunehmenden Treuepflicht des Gesellschafters sei jedoch abzuleiten, daß dieser im Wettbewerb zur Gesellschaft nicht spezielle Kenntnisse oder Verbindungen aus dem Bereich der Gesellschaft verwerten dürfe. Der Beklagte handle sittenwidrig im Sinne des Paragraph 1295, Absatz 2, ABGB, wenn er ihm bekannte Kunden- und Preisdaten der Klägerin als Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens verwerte. Der Klägerin stehe deshalb ein Unterlassungsanspruch zu, der - ebenso wie ihr im drohenden Kundenverlust liegender unwiederbringlicher Schaden - auch ausreichend bescheinigt sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, daß es im Spruch anstatt "Kunden" und "ihm bekannten Kunden" zu lauten hat: "...ihr (= der beklagten Partei) aus ihrer für die klagende und gefährdete Partei ausgeübten Tätigkeit bekannt gewordenen Kunden...". Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 52.000 S, aber weniger als 260.000 S und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Treuepflicht gebiete dem Gesellschafter einer GmbH, Geschäftschancen der Gesellschaft nicht zu ihrem Nachteil für sich selbst auszunutzen, vor allem, wenn er von ihnen als Mitglied Kenntnis erlangt habe, sie an ihn in dieser Eigenschaft herangetragen worden oder sie für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung seien. Verfestigte Geschäftschancen der Gesellschaft sollten nicht für eigene Zwecke des Gesellschafters usurpiert werden. Es sei der vom Obersten Gerichtshof für den Kommanditisten vertretenen Auffassung beizutreten, daß es nach dem Grundsatz über die Gesellschaftstreue zu beantworten sei, ob und in welchem Umfang konkurrenzierende Tätigkeit gestattet sei. Im konkreten Fall verbiete es dem Beklagten die Wahrung der Treuepflicht aus dem Gesellschaftsverhältnis, aus seiner früheren Tätigkeit für die Klägerin gewonnene Daten von Kunden und Kenntnisse von Preisen der Klägerin dafür zu nutzen, sich oder ein Unternehmen, in dem er Organfunktion ausübe, zwischen die Klägerin und ihre Kunden zu drängen, wodurch der Klägerin Geschäfte entgingen. Drohender Kundenverlust lasse einen unwiederbringlichen Schaden befürchten.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eines Minderheitsgesellschafters einer GmbH könne nicht so weit gehen, ihn auch noch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zur Gesellschaft einem Konkurrenzverbot zu unterwerfen. Es sei jedenfalls dann unbillig, ein (gesetzlich nicht bestehendes) Konkurrenzverbot für den Gesellschafter einer GmbH aus der gesellschaftsrechtlichen Treueverpflichtung ableiten zu wollen, wenn die angeblich zum Schaden der Gesellschaft eingesetzten Kenntnisse des Gesellschafters gar nicht aus dessen Gesellschafterstellung heraus (etwa durch Auskunftserteilung in der Generalversammlung) erlangt worden seien. Jedes Modell einer Mitarbeiterbeteiligung wäre andernfalls zwingend mit einem Arbeitsverbot verbunden. Für den Gesellschafter einer GmbH bestehe keine Pflicht, seinen Geschäftsanteil nach Beendigung eines Dienstverhältnisses zur Gesellschaft zu verkaufen; ein solcher Verkauf könne auch nicht Voraussetzung dafür sein, daß der Gesellschafter in derselben Branche wie die Gesellschaft seinem Broterwerb nachgehen dürfe. Die Kunden der Klägerin wären jedem anderen Marktteilnehmer entweder schon a priori bekannt oder würden ihm sehr bald bekannt werden; eine Wettbewerbsimmunisierung einzelner Kunden sei daher sachlich nicht gerechtfertigt. Stehe der Beklagte der Klägerin nicht im mitgliedschaftlichen Bereich, sondern wie ein unbeteiligter Dritter gegenüber, sei er - mangels gegenteiliger Vereinbarung mit der Gesellschaft - grundsätzlich nicht gehindert, seine eigenen Interessen zu verfolgen. Der Senat hat dazu erwogen:

Lehre und Rechtsprechung in Österreich werden in gesellschaftsrechtlichen Streitfragen maßgeblich durch die deutsche Praxis beeinflußt, soweit die gesetzlichen Grundlagen in beiden Staaten einander ähnlich sind. Das ist auch im Anlaßfall von Bedeutung, weshalb zunächst auf die deutsche Rechtslage einzugehen ist.

In der Bundesrepublik Deutschland unterliegt nach ganz einhelliger Meinung auch ohne ausdrückliche Regelung in Satzung oder Dienstvertrag nur der Geschäftsführer einer GmbH einem Wettbewerbsverbot, während der Gesellschafter, der nicht zugleich Geschäftsführer ist, grundsätzlich nicht gehindert ist, der Gesellschaft Wettbewerb zu machen. Die Wettbewerbsfreiheit des Gesellschafters ist also die Regel; beim Hinzutreten besonderer Umstände kann sich allerdings nach überwiegender Ansicht im Einzelfall ausnahmsweise ein Wettbewerbsverbot aus der gesellschaftlichen Treuepflicht ergeben (Schiessl in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts römisch III, Rz 2 zu Paragraph 34, mwN; Rowedder, GmbHG3 Rz 109 zu Paragraph 29 ;, BGHZ 89, 162, 166; ein Wettbewerbsverbot grundsätzlich verneinend Meyer-Landrut in Meyer-Landrut/Miller/Niehus, GmbHG Rz 28 zu Paragraph 14,). Die Voraussetzungen eines auf die Treuepflicht gestützten Wettbewerbsverbots sind noch nicht abschließend geklärt; in der Diskussion werden insbesondere eine betont personalistische Struktur der GmbH und der bestimmende Einfluß des betreffenden Gesellschafters genannt (Lutter/Hommelhoff, GmbHG14 Rz 20 zu Paragraph 14, mwN); teilweise wird auch verlangt, daß die genannten Faktoren kumulativ vorliegen müssen (Schiessl aaO Rz 4 zu Paragraph 34, mwN). Einen besonderen Typus der Treuepflichtverletzung bilden jene, die nicht nur durch Konkurrenz im Geschäftszweig der Gesellschaft, sondern auch durch Vereitelung sogenannter Geschäftschancen ("corporate opportunities") begangen werden: Nach verbreiteter Auffassung kann nicht nur ein Leitungsorgan der Gesellschaft, sondern jeder Mitgesellschafter pflichtwidrig handeln, wenn er sich eigenmächtig und treuwidrig eine Geschäftschance der Gesellschaft für eigene Zwecke zunutze macht, vor allem wenn er davon als Mitglied Kenntnis erlangt hat, diese Chance an ihn in dieser Eigenschaft herangetragen worden oder sie für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung ist (Schmidt, Gesellschaftsrecht3 601 mwN; Scholz, GmbHG8 Rz 59 zu Paragraph 60, mwN aus Lehre und Rsp). So handelt ein Gesellschafter treuwidrig, wenn er sich in einen zwischen der GmbH und einem Dritten abgeschlossenen Vertrag hineindrängt, indem er das Geschäft auf sich selbst überleitet oder den Dritten zum Vertragsbruch veranlaßt (Raiser in Hachenburg, GmbHG8 Rz 64 zu Paragraph 14, mwN aus der Rsp).

In Österreich unterliegt der Geschäftsführer einer GmbH einem gesetzlichen Konkurrenzverbot (Paragraph 24, Absatz eins, GmbHG). Die Frage, ob und inwieweit der Gesellschafter einer GmbH - als bloßer Kapitalgeber - einer über Paragraph 1295, Absatz 2, ABGB hinausgehenden Treuepflicht unterliegt, ist im Schrifttum nicht eindeutig geklärt; im Gegensatz zu Deutschland steht die wissenschaftliche Diskussion auf diesem Gebiet erst in den Anfängen (Thöni, Zur Verantwortlichkeit des GmbH-Gesellschafters, GesRZ 1987, 82ff, 89 mwN). Daß Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft zur Treue verpflichtet sind, ist zwar nicht mehr umstritten (Koppensteiner, GmbHG Rz 9 zu Paragraph 61, mwN); sumsumptionsfähige allgemeine Aussagen über Inhalt und Grenzen dieser allgemeinen Treuepflicht werden allerdings nicht für möglich gehalten (Koppensteiner aaO Rz 32 zu Paragraph 41 ;, Rz 10 zu Paragraph 61,). In Anlehnung an deutsche Lehrmeinungen wird vertreten, es sei den Gesellschaftern einer GmbH grundsätzlich untersagt, verfestigte Geschäftschancen der GmbH für sich selbst auszunutzen. Unzulässig sei daher, sich in Verträge der GmbH hineinzudrängen, namentlich deren Partner zum Vertragsbruch zu verleiten und Handlungsmöglichkeiten, die sich erst aus der Gesellschafterstellung ergäben, für private Zwecke auszunützen. Dies gelte auch für nicht offenkundige Informationen der Gesellschaft (Koppensteiner aaO Rz 10 zu Paragraph 61,); solche dürften weder zum eigenen Sondervorteil, noch zum Nachteil einzelner (Minderheits-)Gesellschafter oder der GmbH verwertet werden (Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht I**2 1/410; ders., FS Frotz, 394).

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes anerkennt, daß ein

gesetzliches Wettbewerbsverbot im Bereich der GmbH nur für deren

Geschäftsführer gilt (zu dessen Umfang vgl SZ 68/178), hat aber auch

schon ausgesprochen, daß bereits durch den Abschluß eines

Gesellschaftsvertrages zwischen den Gründern einer GmbH besondere

Schutz- und Treuepflichten entstehen (SZ 68/129). Diese über § 1295

Abs 2 ABGB hinausgehenden Treuepflichten der Gesellschafter bestehen

sowohl gegenüber der Gesellschaft, als auch gegenüber den

Mitgesellschaftern und haben sich an den Grundsätzen von Treu und

Glauben sowie des redlichen Verkehrs und am Gebot der guten Sitten zu

orientieren, wobei die personalistische Struktur der Gesellschaft

ihren Umfang und ihre Intensität beeinflußt (JBl 1989, 253 = NZ 1990,

35). Gegenstand der Entscheidungen waren Treuepflichtverletzungen im

Zusammenhang mit der Verletzung der Einlagepflicht (SZ 68/129), der

Einberufung einer Generalversammlung (EvBl 1989/132 = WBl 1989, 222

[Thiery]), der Ausübung des Stimmrechtes (JBl 1989, 253 = NZ 1990,

35) oder der Verletzung eines Stimmbindungsvertrages (WBl 1996, 125 =

RdW 1996, 165 = ecolex 1996, 271 = NZ 1997, 294). In der Entscheidung

SZ 70/157 wurde ausgesprochen, daß der Antrag eines GmbH-Gesellschafters auf Bucheinsicht dann rechtsmißbräuchlich ist, wenn der Gesellschafter die Erlangung von Geschäftsinformationen anstrebt, die er für ein (sein) Konkurrenzunternehmen benötigt und verwenden will; im konkreten Fall wurde behauptet, der Antragsteller habe unter Verstoß gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft Geschäftsbeziehungen zu zwei Kunden der Gesellschaft angebahnt und beliefere nunmehr diese Kunden allein für sein Konkurrenzunternehmen. Auch wurde schon judiziert, daß ein in einer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht begründetes Unterlassungsgebot im Falle eines drohenden unwiederbringlichen Schadens mittels einstweiliger Verfügung gesichert werden kann (SZ 55/78).

Die Besonderheit des vorliegenden Sachverhaltes liegt darin, daß der Beklagte in seiner Eigenschaft als angestellter Prokurist jener GmbH, an der er mit einem Minderheitsanteil beteiligt ist, Kenntnis von Kundendaten der Gesellschaft sowie den von der Gesellschaft angebotenen Preisen erlangt hat und diese Daten nach Beendigung des Angestelltenverhältnisses dazu ausnützt, seinem in derselben Branche tätigen Konkurrenzunternehmen, dessen Geschäftsführer und Gesellschafter er ist, durch Preisunterbietung planmäßig Kunden zuzuführen. Der erkennende Senat hält die Beurteilung dieses Verhaltens durch die Vorinstanzen als treuwidrig im Anschluß an die in Deutschland und Österreich mehrheitlich vertretene Meinung zum Wettbewerbsverbot eines GmbH-Gesellschafters in Verbindung mit der Geschäftschancenlehre für zutreffend. Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung kann nämlich keine Rede davon sein, daß er der Klägerin auf dem maßgeblichen Markt wie ein unbeteiligter Dritter gegenüberstehe, sind ihm doch die für die beanstandete Kundenabwerbung erforderlichen Daten gerade aus seiner Tätigkeit für die Klägerin bekannt geworden. Hat sich der Beklagte demnach - wenn auch nur als Minderheitsgesellschafter - in zwischen der GmbH und Dritte bestehende laufende Geschäftsbeziehungen hineingedrängt, indem er diese Geschäftsbeziehungen (für Folgegeschäfte) auf sich selbst oder eine unter seinem beherrschenden Einfluß stehende Konkurrenzgesellschaft überleitet, und damit besondere Handlungsmöglichkeiten ausgenützt, die ihm, wenngleich nicht allein aufgrund seiner Gesellschafterstellung, bekannt geworden sind, ist sein Vorgehen treuwidrig. Einem nur auf seine Eigenschaft als Mitgesellschafter der Klägerin zurückzuführenden allgemeinen Wettbewerbs- und damit Berufsverbot unterliegt der Beklagte hingegen nicht.

Dem Revisionsrekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin gründet sich auf Paragraph 393, Absatz eins, EO, derjenige über die Kosten des Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 40,, 50 Absatz eins,, Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E53112 04A00279

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00027.99W.0223.000

Dokumentnummer

JJT_19990223_OGH0002_0040OB00027_99W0000_000