Rechtssatz für 7Os194/61 10Os85/70 11O...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht, Strafrecht

Rechtssatznummer

RS0088975

Geschäftszahl

7Os194/61; 10Os85/70; 11Os212/70; 1Ob3/72; 11Os29/72; 13Os83/72; 13Os126/78; 12Os106/81; 13Os28/84; 12Os173/84; 13Os108/85; 13Os168/85; 10Os124/86; 13Os23/87; 13Os163/86; 13Os159/87; 15Os27/89

Entscheidungsdatum

18.04.1989

Rechtssatz

Es ist unentscheidend, ob der Täter von vornherein einem Angriff des Gegners hätte ausweichen können, weil niemand verpflichtet werden kann, vor einem Gewalttäter zu fliehen oder ihm auch nur aus dem Wege zu gehen.

Entscheidungstexte

  • 7 Os 194/61
    Entscheidungstext OGH 03.11.1961 7 Os 194/61
  • 10 Os 85/70
    Entscheidungstext OGH 03.07.1970 10 Os 85/70
    Veröff: EvBl 1971/81 S 128
  • 11 Os 212/70
    Entscheidungstext OGH 28.01.1971 11 Os 212/70
  • 1 Ob 3/72
    Entscheidungstext OGH 19.01.1972 1 Ob 3/72
    Veröff: EvBl 1972/219 S 433
  • 11 Os 29/72
    Entscheidungstext OGH 14.04.1972 11 Os 29/72
  • 13 Os 83/72
    Entscheidungstext OGH 23.11.1972 13 Os 83/72
    Vgl aber; Beisatz: Bei der Beurteilung der Berechtigung einer Notwehrhandlung ist nicht von einer Art übergesetzlichem Ehrenkodex, der Flucht verbietet, auszugehen. Ein Ausweichen vor einem rechtswidrigen Angriff ist insbesondere auch bei Betrunkenen geboten und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Trunkenheit verschuldet ist. (T1) Veröff: EvBl 1973/137 S 298 = JBl 1973,273 (kritisch Liebscher) = RZ 1973/78 S 53
  • 13 Os 126/78
    Entscheidungstext OGH 30.11.1978 13 Os 126/78
    Vgl aber; Beisatz: Mögliches und zumutbares Ausweichen hat Vorrang. (T2)
  • 12 Os 106/81
    Entscheidungstext OGH 29.10.1981 12 Os 106/81
    Vgl; Beisatz: Gegen eine Pflicht zum Ausweichen vor Angriffen Betrunkener oder Volltrunkener. (T3) Veröff: ÖJZ-LSK 1982/20
  • 13 Os 28/84
    Entscheidungstext OGH 22.03.1984 13 Os 28/84
    Vgl; Beisatz: Zum Ausweichen vor Angriffen Betrunkener. (T4)
  • 12 Os 173/84
    Entscheidungstext OGH 18.04.1985 12 Os 173/84
    Vgl auch; Veröff: EvBl 1986/15 S 51 = SSt 56/28 = ÖJZ-LSK 1985/57
  • 13 Os 108/85
    Entscheidungstext OGH 12.09.1985 13 Os 108/85
    Vgl; Beis wie T3; Beisatz: Gegenüber Angriffen Betrunkener besteht das Interesse der Rechtsbewährung in vollem Umfang; Betrunkene genießen grundsätzlich nicht den besonderen Schutz des Gesetzes (anders als Kinder, Unreife oder Geisteskranke). (T5) Veröff: EvBl 1986/42 S 147
  • 13 Os 168/85
    Entscheidungstext OGH 28.11.1985 13 Os 168/85
    Vgl auch; Beisatz: Daß der Notwehrparagraph den Angegriffenen verpflichte, dem rechtswidrigen Angriff auszuweichen und sich solcherart dem Unrecht zu beugen, ist eine überholte Rechtsansicht (ÖJZ-LSK 1982/20, 1985/57, 13 Os 108/85, 13 Os 114/85 ua). Ausnahme: § 3 Abs 1, zweiter Satz, StGB. (T6)
  • 10 Os 124/86
    Entscheidungstext OGH 30.09.1986 10 Os 124/86
    Vgl; Beis wie T3; Veröff: RZ 1989/57 S 141 (Kienapfel)
  • 13 Os 23/87
    Entscheidungstext OGH 19.03.1987 13 Os 23/87
    Vgl auch; Beis wie T5; Beis wie T6; Beisatz: Nach der herrschenden Judikatur braucht das Recht dem Unrecht nicht zu weichen, weshalb der rechtswidrig Angegriffene dem Angriff nicht ausweichen oder gar flüchten muß. (T7) Veröff: EvBl 1987/158 S 562 = SSt 58/15
  • 13 Os 163/86
    Entscheidungstext OGH 07.05.1987 13 Os 163/86
    Vgl auch; Beis wie T3; Beis wie T5
  • 13 Os 159/87
    Entscheidungstext OGH 19.11.1987 13 Os 159/87
    Vgl auch; Beis wie T7
  • 15 Os 27/89
    Entscheidungstext OGH 18.04.1989 15 Os 27/89
    Vgl auch; Veröff: JBl 1990,388 = SSt 60/28

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:RS0088975

Dokumentnummer

JJR_19611103_OGH0002_0070OS00194_6100000_001

Rechtssatz für 13Os83/72 12Os15/76 12O...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Strafrecht

Rechtssatznummer

RS0089005

Geschäftszahl

13Os83/72; 12Os15/76; 12Os18/80; 12Os106/81; 11Os181/83 (11Os196/83); 13Os28/74; 12Os173/84; 13Os108/85; 13Os168/85; 10Os124/86; 13Os23/87; 13Os163/86; 15Os107/87; 15Os27/89

Entscheidungsdatum

18.04.1989

Rechtssatz

Aus dem Hinweis des Gesetzes auf die "nötige" Verteidigung (nunmehr : "Verteidigung, die notwendig ist") ist abzuleiten, daß die Notwehrhandlung das letzte Mittel zur Verteidigung der genannten Rechtsgüter sein müsse. Stehen andere Möglichkeiten zu deren Erhaltung zur Verfügung, so liegt grundsätzlich eine Notwehrsituation nicht vor. Bei Annahme gerechter Notwehr steht das Selbstschutzprinzip, nicht aber das Rechtsbewährungsprinzip im Vordergrund. Ein Ausweichen vor einem rechtswidrigen Angriff ist insbesondere gegenüber Unreifen, Geisteskranken, Betrunkenen (ohne Rücksicht auf verschuldete Trunkenheit) geboten, da es hier einer Bewährung der Rechtsordnung nicht bedarf. vergleiche Jescheck, Allgemeiner Teil 2.Auflage, 257, Roxin, Kriminalpolitik und Strafrechtssystem 32, Anmerkung 68).

Entscheidungstexte

  • 13 Os 83/72
    Entscheidungstext OGH 23.11.1972 13 Os 83/72
    Veröff: EvBl 1973/137 S 298 = JBl 1973,273 (zustimmend Liebscher) = RZ 1973/78 S 53 = SSt 43/50
  • 12 Os 15/76
    Entscheidungstext OGH 20.04.1976 12 Os 15/76
  • 12 Os 18/80
    Entscheidungstext OGH 21.02.1980 12 Os 18/80
    nur: Aus dem Hinweis des Gesetzes auf die "nötige" Verteidigung (nunmehr : "Verteidigung, die notwendig ist") ist abzuleiten, daß die Notwehrhandlung das letzte Mittel zur Verteidigung der genannten Rechtsgüter sein müsse. Stehen andere Möglichkeiten zu deren Erhaltung zur Verfügung, so liegt grundsätzlich eine Notwehrsituation nicht vor. (T1)
  • 12 Os 106/81
    Entscheidungstext OGH 29.10.1981 12 Os 106/81
    Vgl; Beisatz: Gegen eine Pflicht zum Ausweichen vor Angriffen Betrunkener oder Volltrunkener. (T2) Veröff: ÖJZ-LSK 1982/20
  • 11 Os 181/83
    Entscheidungstext OGH 21.12.1983 11 Os 181/83
    Vgl; Beisatz: Voraussetzung einer allfälligen Pflicht zum Ausweichen ist jedenfalls die Erkennbarkeit einer Trunkenheit (etc) des Angreifers (Burgstaller in ÖJZ 1980,241). (T3)
  • 13 Os 28/74
    Entscheidungstext OGH 22.03.1984 13 Os 28/74
    Vgl
  • 12 Os 173/84
    Entscheidungstext OGH 18.04.1985 12 Os 173/84
    Vgl; Veröff: EvBl 1986/15 S 51 = SSt 56/28 = ÖJZ-LSK 1985/57
  • 13 Os 108/85
    Entscheidungstext OGH 12.09.1985 13 Os 108/85
    Vgl; Beis wie T2; Beisatz: Gegenüber Angriffen Betrunkener besteht das Interesse der Rechtsbewährung in vollem Umfang; Betrunkene genießen grundsätzlich nicht den besonderen Schutz des Gesetzes (anders als Kinder, Unreife oder Geisteskranke). (T4) Veröff: EvBl 1986/42 S 147
  • 13 Os 168/85
    Entscheidungstext OGH 28.11.1985 13 Os 168/85
    Vgl aber; Beisatz: Daß der Notwehrparagraph den Angegriffenen verpflichte, dem rechtswidrigen Angriff auszuweichen und sich solcherart dem Unrecht zu beugen, ist eine überholte Rechtsansicht (ÖJZ-LSK 1982/20, 1985/57, 13 Os 108/85, 13 Os 114/85 ua). Ausnahme: § 3 Abs 1, zweiter Satz, StGB. (T5)
  • 10 Os 124/86
    Entscheidungstext OGH 30.09.1986 10 Os 124/86
    Vgl; Beis wie T2; Veröff: RZ 1989/57 S 141 (Kienapfel)
  • 13 Os 23/87
    Entscheidungstext OGH 19.03.1987 13 Os 23/87
    Vgl aber; Beis wie T2; Beis wie T4; Veröff: EvBl 1987/158 S 562 = SSt 58/15
  • 13 Os 163/86
    Entscheidungstext OGH 07.05.1987 13 Os 163/86
    Vgl aber; Beis wie T2; Beis wie T4
  • 15 Os 107/87
    Entscheidungstext OGH 05.08.1987 15 Os 107/87
    Vgl aber; Beis wie T3; Beis wie T4
  • 15 Os 27/89
    Entscheidungstext OGH 18.04.1989 15 Os 27/89
    Vgl; Beis wie T2; Beis wie T4; Veröff: JBl 1990,388 = SSt 60/28

Schlagworte

Anmerkung: Siehe nunmehr auch § 3 Abs 1 zweiter Satz StGB: "Die Handlung ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn es offensichtlich ist, daß dem Angegriffenen bloß ein geringer Nachteil droht und die Verteidigung, insbesondere wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen Beeinträchtigung des Angreifers, unangemessen ist".

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1972:RS0089005

Dokumentnummer

JJR_19721123_OGH0002_0130OS00083_7200000_005

Rechtssatz für 13Os62/73 10Os72/75 12O...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Strafrecht

Rechtssatznummer

RS0089020

Geschäftszahl

13Os62/73; 10Os72/75; 12Os134/75; 12Os15/76; 11Os154/76; 11Os140/77; 9Os109/77; 12Os141/77; 9Os159/77; 10Os114/78; 13Os126/78; 13Os29/79; 12Os173/84; 13Os168/85; 13Os23/87; 15Os27/89

Entscheidungsdatum

18.04.1989

Rechtssatz

Im Rahmen des zumutbaren muß sich jedermann - darüber hinaus aber jedenfalls beim herausgeforderten Angriff der angegriffene Herausforderer - mit den begrenzten Mitteln gefahrloser Abwehr begnügen und darf den Angreifer nur dann verletzen, wenn er dem Angriff nicht ausweichen konnte vergleiche Jescheck 2.Auflage 257 f, Roxin ZStW 1963,541 ff).

Entscheidungstexte

  • 13 Os 62/73
    Entscheidungstext OGH 23.10.1973 13 Os 62/73
    Veröff: EvBl 1974/103 S 217 = SSt 44/26
  • 10 Os 72/75
    Entscheidungstext OGH 07.10.1975 10 Os 72/75
    Vgl auch; Beisatz: Keine Berechtigung zum Gebrauch eines Messers im Rahmen eines waffenlos ausgetragenen, nicht unangemessen eskalierenden Raufhandels. (T1)
  • 12 Os 134/75
    Entscheidungstext OGH 06.11.1975 12 Os 134/75
    Vgl auch; Beisatz: Eine Notwehrsituation ist von vornherein dann nicht gegeben, wenn der Täter es unterlassen hat, der Konfrontation mit seinem Widersacher rechtzeitig auszuweichen, obwohl ihm ein solches Ausweichen nach Lage des Falles zumutbar war, dies insbesondere bei Vorliegen eines Angriffs eines Betrunkenen. (T2) Veröff: JBl 1976,441
  • 12 Os 15/76
    Entscheidungstext OGH 20.04.1976 12 Os 15/76
    Vgl; Beis wie T1; Beis wie T2
  • 11 Os 154/76
    Entscheidungstext OGH 03.12.1976 11 Os 154/76
    Vgl auch; Beis wie T1
  • 11 Os 140/77
    Entscheidungstext OGH 25.10.1977 11 Os 140/77
    Beis wie T2
  • 9 Os 109/77
    Entscheidungstext OGH 28.10.1977 9 Os 109/77
    Veröff: EvBl 1978/106 S 303
  • 12 Os 141/77
    Entscheidungstext OGH 24.11.1977 12 Os 141/77
    Beis wie T2
  • 9 Os 159/77
    Entscheidungstext OGH 14.03.1978 9 Os 159/77
    Vgl; Beis wie T2
  • 10 Os 114/78
    Entscheidungstext OGH 26.07.1978 10 Os 114/78
    Vgl; Beis wie T1; Beis wie T2
  • 13 Os 126/78
    Entscheidungstext OGH 30.11.1978 13 Os 126/78
  • 13 Os 29/79
    Entscheidungstext OGH 19.04.1979 13 Os 29/79
    Beis wie T2
  • 12 Os 173/84
    Entscheidungstext OGH 18.04.1985 12 Os 173/84
    Vgl aber; Beisatz: Verteidigung ist Gegenwehr, nicht Verzicht auf Gegenwehr. (T3) Veröff: EvBl 1986/15 S 51 = SSt 56/28 = ÖJZ-LSK 1985/57
  • 13 Os 168/85
    Entscheidungstext OGH 28.11.1985 13 Os 168/85
    Vgl aber; Beisatz: Daß der Notwehrparagraph den Angegriffenen verpflichte, dem rechtswidrigen Angriff auszuweichen und sich solcherart dem Unrecht zu beugen, ist eine überholte Rechtsansicht (ÖJZ-LSK 1982/20, 1985/57, 13 Os 108/85, 13 Os 114/85 ua). Ausnahme: § 3 Abs 1, zweiter Satz, StGB. (T4)
  • 13 Os 23/87
    Entscheidungstext OGH 19.03.1987 13 Os 23/87
    Vgl aber; Beisatz: Nach der herrschenden Judikatur braucht das Recht dem Unrecht nicht zu weichen, weshalb der rechtswidrig Angegriffene dem Angriff nicht ausweichen oder gar flüchten muß. (T5) Beis wie T4; Beis wie T3; Veröff: EvBl 1987/158 S 562 = SSt 58/15
  • 15 Os 27/89
    Entscheidungstext OGH 18.04.1989 15 Os 27/89
    Vgl aber; Beis wie T5; Veröff: JBl 1990,388 = SSt 60/28

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1973:RS0089020

Dokumentnummer

JJR_19731023_OGH0002_0130OS00062_7300000_003

Rechtssatz für 13Os158/77 9Os177/80 11...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Strafrecht

Rechtssatznummer

RS0088966

Geschäftszahl

13Os158/77; 9Os177/80; 11Os163/81; 12Os173/84; 12Os74/86; 13Os23/87; 15Os27/89; 13Os102/91

Entscheidungsdatum

20.11.1991

Rechtssatz

Nur Absichtsprovokation vergleiche Bertel: ZStW 1972 H1,11 ff) schließt Notwehr auch über mehrere Tatphasen hinweg aus.

Entscheidungstexte

  • 13 Os 158/77
    Entscheidungstext OGH 10.11.1977 13 Os 158/77
    Veröff: EvBl 1978/45 S 130 = SSt 48/82
  • 9 Os 177/80
    Entscheidungstext OGH 16.12.1980 9 Os 177/80
    Vgl auch; Beisatz: Absichtsprovokation schließt Berufung auf Notwehr grundsätzlich aus. (T1) Veröff: SSt 51/58
  • 11 Os 163/81
    Entscheidungstext OGH 27.01.1982 11 Os 163/81
    Vgl auch
  • 12 Os 173/84
    Entscheidungstext OGH 18.04.1985 12 Os 173/84
    Vgl auch; Veröff: EvBl 1986/15 S 51 = SSt 56/28
  • 12 Os 74/86
    Entscheidungstext OGH 11.09.1986 12 Os 74/86
    Vgl auch
  • 13 Os 23/87
    Entscheidungstext OGH 19.03.1987 13 Os 23/87
    Vgl auch; Beisatz: Wenn der Täter einen Angriff nur um der Abwehr willen herausfordert. (T2) Veröff: EvBl 1987/158 S 562 = SSt 58/15
  • 15 Os 27/89
    Entscheidungstext OGH 18.04.1989 15 Os 27/89
    Vgl auch; Beis wie T2; Veröff: JBl 1990,388 = SSt 60/28
  • 13 Os 102/91
    Entscheidungstext OGH 20.11.1991 13 Os 102/91

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1977:RS0088966

Dokumentnummer

JJR_19771110_OGH0002_0130OS00158_7700000_002

Rechtssatz für 12Os173/84 13Os168/85 1...

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Strafrecht

Rechtssatznummer

RS0089061

Geschäftszahl

12Os173/84; 13Os168/85; 13Os23/87; 13Os163/86; 13Os159/87; 15Os27/89; 11Os91/90 (11Os92/90); 14Os180/95

Entscheidungsdatum

19.03.1996

Rechtssatz

Die Ausübung des Notwehrrechts setzt nicht voraus, daß der Angegriffene stets zunächst alles unternehmen müßte, um einem drohenden rechtswidrigen Angriff auszuweichen; denn Verteidigung ist Gegenwehr, nicht Verzicht auf Gegenwehr (mit Nachweisen). Nur bei bestimmten (vorliegend nicht aktuellen) Fallkonstellationen können Einschränkungen bei der Ausübung des Notwehrrechtes sachgerecht sein:

Neben der sogenannten Unfugabwehr (Paragraph 3, Absatz eins, zweiter Satz StGB) etwa im Fall einer Absichtsprovokation oder bei Angriffen Strafunmündiger, Unreifer oder Geisteskranker, welche Personen dem besonderen Schutz des Gesetzes unterliegen.

Entscheidungstexte

  • 12 Os 173/84
    Entscheidungstext OGH 18.04.1985 12 Os 173/84
    Veröff: EvBl 1986/15 S 51 = SSt 56/28 = ÖJZ-LSK 1985/57
  • 13 Os 168/85
    Entscheidungstext OGH 28.11.1985 13 Os 168/85
    Vgl auch; Beisatz: Daß der Notwehrparagraph den Angegriffenen verpflichte, dem rechtswidrigen Angriff auszuweichen und sich solcherart dem Unrecht zu beugen, ist eine überholte Rechtsansicht (ÖJZ-LSK 1982/20, 1985/57, 13 Os 108/85, 13 Os 114/85 ua). Ausnahme: § 3 Abs 1, zweiter Satz, StGB. (T1)
  • 13 Os 23/87
    Entscheidungstext OGH 19.03.1987 13 Os 23/87
    Beisatz: Nach der herrschenden Judikatur braucht das Recht dem Unrecht nicht zu weichen, weshalb der rechtswidrig Angegriffene dem Angriff nicht ausweichen oder gar flüchten muß. (T2) Beis wie T1; Veröff: EvBl 1987/158 S 562 = SSt 58/15
  • 13 Os 163/86
    Entscheidungstext OGH 07.05.1987 13 Os 163/86
    Vgl auch
  • 13 Os 159/87
    Entscheidungstext OGH 19.11.1987 13 Os 159/87
    Vgl auch; Beis wie T2; Beisatz: Dies ist ebenso auf einen in Putativnotwehr handelnden Täter zu übertragen. (T3)
  • 15 Os 27/89
    Entscheidungstext OGH 18.04.1989 15 Os 27/89
    Vgl auch; Veröff: JBl 1990,388 = SSt 60/28
  • 11 Os 91/90
    Entscheidungstext OGH 24.10.1990 11 Os 91/90
    Vgl auch; Beis wie T2
  • 14 Os 180/95
    Entscheidungstext OGH 19.03.1996 14 Os 180/95
    Vgl auch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:RS0089061

Dokumentnummer

JJR_19850418_OGH0002_0120OS00173_8400000_001

Entscheidungstext 12Os173/84

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Strafrecht

Geschäftszahl

12Os173/84

Entscheidungsdatum

18.04.1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.April 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Loidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach Paragraphen 83, Absatz eins,, 84 Absatz eins und 2, 87 Absatz eins und 2 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Josef A gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 14.Juni 1984, GZ. 19 römisch fünf r 948/83-32, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach Paragraph 87, Absatz eins und 2 StGB. schuldig gesprochen, weil er am 31.Juli 1983 in Amstetten Franz B dadurch, daß er ihn mit einem Revolver der Marke 'Smith & Wesson', Kaliber 38

spez. aus einer Entfernung von 2,6 m in den Hals schoß, eine schweren Körperverletzung (Paragraph 84, Absatz eins, StGB.), nämlich einen Halssteckschuß mit Eröffnung der großen Halsschlagader im Bereiche der oberen rechten Brusthöhle absichtlich zugefügt hat, wobei die Tat den Tod des Franz B zur Folge hatte.

Das Erstgericht traf folgende wesentliche Feststellungen:

Der Angeklagte wohnt mit seiner Familie im selben Haus wie sein Schwiegervater Franz B. Zwischen dem Angeklagten und Franz B, einem sehr unverträglichen, nörgelnden, rechthaberischen und streitsüchtigen Menschen - den das Erstgericht aber trotz zweier einschlägiger Vorverurteilungen keineswegs als gewalttätig oder gefährlich bezeichnet - kam es zu wiederholten Streitigkeiten. Bei einer solchen Auseinandersetzung am 31.Juli 1983 versetzte B dem Angeklagten einen leichten Stoß mit der Hand gegen die Brust, wodurch dieser etwa 1 m zurücktaumelte. Darauf gab der Angeklagte seinem Schwiegervater einen Stoß, der jedoch so heftig ausfiel, daß der Schwiegervater in sein Schlafzimmer hineintaumelte und sich dort auf einer Eckbank abstützen mußte. Dadurch geriet B in starke Erregung. Er begann sehr aufgebracht zu schreien und äußerte auch:

'Ich bringe dich um, du Krüppel'. Der Angeklagte, dem bekannt war, daß sein Schwiegervater Faustfeuerwaffen besaß, vermutete aufgrund der starken Erregung des Franz B, daß dieser seine Drohung wahrmachen werde. Er war bereit, sich dem Schwiegervater zu stellen und die Auseinandersetzung auch unter Verwendung von Waffen fortzusetzen. Er eilte in sein Schlafzimmer und nahm aus seinem Nachtkästchen den stets geladenen Revolver an sich und begab sich wieder in den Vorraum zum Treppenaufgang, um dort ohne Deckung auf das Erscheinen BS zu warten. Als dieser im Halbstock um die Ecke der Mauer kam und bereits die zweite oder dritte Stufe des Stiegenaufgangs betrat, schoß der Angeklagte aus etwa 2,6 m Entfernung gezielt in Richtung des Kopfes und Oberkörpers des Schwiegervaters, wobei es ihm geradezu darauf ankam, diesen zumindest schwer zu verletzen und zwar so schwer, daß dieser nicht mehr in der Lage war, selbst einen Schuß gegen ihn abzufeuern. Der Schuß traf Franz B an der rechten Halsvorderseite. Durch die ausgedehnten Verletzungen großer Schlagadern trat eine rasche innere Verblutung ein, die zu seinem Tod führte.

Das Erstgericht hatte gegen die Notwehrversion des Angeklagten Bedenken und erwog auch in seinen breit angelegten Ausführungen, ob der Angeklagte nicht nachträglich versucht hatte, eine Bewaffnung des Getöteten und die Verwendung einer Waffe nur vorzutäuschen, kam aber dann (im Zweifel zugunsten des Angeklagten) zu der Feststellung, daß Franz B, als er ins Obergeschoß ging, mit einer Pistole bewaffnet war. Es folgte aber nicht der Verantwortung des Angeklagten vor der Gendarmerie, er habe den Schwiegervater nur durch einen Schreckschuß aufhalten wollen und nahm auch nicht seine Darstellung in der Hauptverhandlung als der Wahrheit entsprechend an, daß er es (nur) in Kauf genommen habe, den Schwiegervater zu erwischen. Denn, so argumentierte das Erstgericht, die einzig sinnvolle Überlegung bei Gegenübertreten zweier bewaffneter Personen ohne jedwede Deckung bei einer Entfernung von bloß 1 bis 2 m könne nur sein, den Gegner, wenn schon nicht zu töten, so doch absichtlich schwer zu treffen und zwar so schwer, daß er sofort außer Gefecht gesetzt wird und so nicht selbst noch zurückschießen kann. Eine Notwehrsituation verneinte das Erstgericht aus der Erwägung, daß der Angeklagte die Möglichkeit gehabt hätte, die Lage ohne Heraufbeschwörung einer großen Gefahr zu bereinigen. So hätte er nach der Morddrohung das Haus verlassen und von einem Nachbarn über Telefon die Gendarmerie zu Hilfe rufen bzw. überhaupt die erwartete Bewaffnung des Franz B durch unmittelbar nachfolgende überwachung verhindern können. Denn B, von dem er allerdings nicht wußte, wo dieser die Waffe verwahrte, hatte keinesfalls gleich die Waffe bei der Hand, und auch der Körper- und Kräfteunterschied - der Angeklagte war seinem Schwiegervater körperlich weit überlegen - hätte dies durchaus zugelassen. In Anbetracht der zu erwartenden Schwere der nötigen Beeinträchtigung des Angreifers hätte der Angeklagte auch versuchen müssen, durch Absperren bzw. Verbarrikadieren seiner Wohnung eine weitere Hemmschwelle beim Vorgehen des Franz B einzubauen. Es vermeinte auch, daß nach kurzer Zeit die Erregtheit des Franz B wieder abgeflaut wäre, sich die Situation somit beruhigt hätte, und der Angeklagte daher bei der Gefahr einer schweren Beeinträchtigung des Gegners im Fall einer Konfrontation verpflichtet gewesen wäre, vorher alles zu tun, um eine unmittelbare Konfrontation zu vermeiden. Dadurch, daß er, obwohl er noch gar nicht unmittelbar und gefährlich bedroht wurde, sich entfernte und dadurch seinem Schwiegervater erst Gelegenheit gab, sich zu bewaffnen, sich dann selbst bewaffnete und in diesem Zustand B gegenüber trat, war nach Ansicht des Erstgerichtes das Vorliegen einer Notwehrsituation auszuschließen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 4,, 5 und 9 Litera b, StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Schon die Rechtsrüge ist berechtigt.

Der Schuldspruch erfolgte aus der Erwägung, daß dem Angeklagten Notwehr nicht zugute komme, weil er es unterlassen hat, durch Flucht (aus dem Haus) oder andere zumutbare Handlungen (wie etwa Absperren oder Verbarrikadieren seiner Wohnung) einer bewaffneten Auseinandersetzung auszuweichen.

Eine derartige allgemeine Einschränkung des Notwehrrechts kann indes - wie die Nichtigkeitsbeschwerde im Ergebnis zutreffend geltend macht - dem Gesetz nicht entnommen werden. Abgesehen von der Frage, ob dem Angeklagten in der konkreten Situation ein Ausweichen vor der Auseinandersetzung möglich und zumutbar war, besteht darnach (Paragraph 3, Absatz eins, erster Satz StGB.) grundsätzlich das Recht, einen unmittelbar drohenden rechtswidrigen Angriff auf notwehrfähige Güter, insbesonders auf Leben und Gesundheit, durch notwendige Verteidigung abzuwehren. Die Ausübung dieses Rechtes auf Selbstverteidigung setzt aber nicht voraus, daß der Angegriffene stets zunächst alles unternehmen müßte, um dem drohenden Angriff auszuweichen; denn Verteidigung ist Gegenwehr, nicht Verzicht auf Gegenwehr vergleiche Steininger, Die Notwehr in der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, ÖJZ. 1980, S. 225 ff., Leukauf-Steininger, Komm. 2 Paragraph 3,, RN. 87, Nowakowski im Wiener Kommentar, Paragraph 3, Rz. 10; Liebscher, JBl. 1973, 276, Fuchs, Probleme der Notwehr in Strafrechtliche Probleme der Gegenwart, 8-1980, S. 1 ff., insbes. S. 29, 30; 12 Os 106/81, teilweise veröffentlicht in ÖJZ-LSK. 1982/20). Zwar können bei bestimmten Fallkonstellationen Einschränkungen bei der Ausübung des Notwehrrechtes sachgerecht sein. Die sogenannte Unfugabwehr (Paragraph 3, Absatz eins, zweiter Satz StGB.) kann im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des Schöffengerichtes außer Betracht bleiben. Auch die Voraussetzungen einer Absichtsprovokation vergleiche Steininger a. a.O. S. 231 f., Nowakowski a.a.O., Paragraph 3, Rz. 27, 28) sind nach den Urteilskonstatierungen - die der bewaffneten Konfrontation vorausgegangene tätliche Auseinandersetzung wurde nicht vom Angeklagten sondern von B provoziert - nicht gegeben. Ebensowenig hat es sich bei B um einen Strafunmündigen, Unreifen oder Geisteskranken gehandelt, der dem besonderen Schutz des Gesetzes (Paragraph 21, Absatz eins, StGB.) unterläge.

Mithin kann vorliegend der Beurteilung des Erstgerichtes, daß schon deswegen eine Notwehrsituation auszuschließen sei, weil der Angeklagte nicht geflohen oder sonst einem Angriff ausgewichen ist - falls dies überhaupt möglich und zumutbar gewesen sein sollte -, nicht gefolgt werden. Infolge seiner unrichtigen Rechtsansicht hat das Schöffengericht aber jene Feststellungen nicht getroffen, die erforderlich sind, um beurteilen zu können, ob überhaupt ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff drohte, ob also eine Notwehrsituation vorlag. Es hat sich ferner überhaupt nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Angeklagte irrtümlich einen solchen rechtfertigenden Sachverhalt annahm, ob somit die Voraussetzungen der Putativnotwehr (Paragraph 8, StGB., vergleiche Leukauf-Steininger a.a.O. Paragraph 8,, RN. 5) gegeben waren. Mangels der erforderlichen Feststellungen tatsächlicher Art, die eine sofortige Entscheidung in der Sache selbst durch den Obersten Gerichtshof zetassen, war daher der Rechtsrüge des Angeklagten bereits in einer nichtöffentlichen Beratung gemäß Paragraph 285, e StPO. sofort Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuweisen, ohne daß auf die weiteren geltend gemachten Nichtigkeitsgründe eingegangen werden muß.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E05696

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0120OS00173.84.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19850418_OGH0002_0120OS00173_8400000_000