Rechtssatz für US 7B/2012/3-22

Entscheidende Behörde

Umweltsenat

Dokumenttyp

Rechtssatz

Entscheidungsart

Bescheid

Geschäftszahl

US 7B/2012/3-22

Entscheidungsdatum

27.06.2012

Kurzbezeichnung

Kals/Großglockner

Bezug

US 05/1995/1 (Untere Ybbs)
US 8A/2001/5-25 (Twimberg)
US 7A/2011/2-9 (Aigen/Ennstal)
US 7B/2011/10-16 (Fußach)
US 7B/2011/24-11 (Villach/Finkenstein)
US 7A/2012/11-16 (Ötz/Umhausen)

Index

83/01

Norm

UVP-G 2000 §17
UVP-G 2000 §19
AVG §44b
AVG §53
AVG §63 Abs3
AVG §66 Abs2
QuZV Chemie OG
Stmk ArtenschutzV
Stmk NSchG 1976 §6
Stmk NSchG 1976 §13b
Stmk NSchG 1976 §13d
Stmk NSchG 1976 §13e
Stmk V Landschaftsschutzgebiet Murauen Graz-Werndorf
WRG 1959 §30a
WRG 1959 §30b
WRG 1959 §63
WRG 1959 §104a
WRG 1959 §105
FFH-RL 92/43/EWG
VogelschutzRL 40/409/EWG
WRRL 2000/60/EG
  1. UVP-G 2000 § 17 heute
  2. UVP-G 2000 § 17 gültig ab 23.03.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2023
  3. UVP-G 2000 § 17 gültig von 01.12.2018 bis 22.03.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2018
  4. UVP-G 2000 § 17 gültig von 26.04.2017 bis 30.11.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2017
  5. UVP-G 2000 § 17 gültig von 03.08.2012 bis 25.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 77/2012
  6. UVP-G 2000 § 17 gültig von 19.08.2009 bis 02.08.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2009
  7. UVP-G 2000 § 17 gültig von 12.08.2006 bis 18.08.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 149/2006
  8. UVP-G 2000 § 17 gültig von 01.01.2005 bis 11.08.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2004
  9. UVP-G 2000 § 17 gültig von 11.08.2000 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2000
  10. UVP-G 2000 § 17 gültig von 01.01.1997 bis 10.08.2000 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 773/1996
  11. UVP-G 2000 § 17 gültig von 01.07.1994 bis 31.12.1996
  1. UVP-G 2000 § 19 heute
  2. UVP-G 2000 § 19 gültig ab 23.03.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 26/2023
  3. UVP-G 2000 § 19 gültig von 01.12.2018 bis 22.03.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 80/2018
  4. UVP-G 2000 § 19 gültig von 26.04.2017 bis 30.11.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2017
  5. UVP-G 2000 § 19 gültig von 01.01.2014 bis 25.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 95/2013
  6. UVP-G 2000 § 19 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. UVP-G 2000 § 19 gültig von 19.08.2009 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2009
  8. UVP-G 2000 § 19 gültig von 01.01.2008 bis 18.08.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  9. UVP-G 2000 § 19 gültig von 01.06.2006 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2004
  10. UVP-G 2000 § 19 gültig von 01.01.2005 bis 31.05.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2004
  11. UVP-G 2000 § 19 gültig von 31.12.2004 bis 31.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 153/2004
  12. UVP-G 2000 § 19 gültig von 11.08.2000 bis 30.12.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2000
  13. UVP-G 2000 § 19 gültig von 01.07.1994 bis 10.08.2000
  1. AVG § 44b heute
  2. AVG § 44b gültig ab 26.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  3. AVG § 44b gültig von 01.01.2008 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  4. AVG § 44b gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  1. AVG § 63 heute
  2. AVG § 63 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. AVG § 63 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  4. AVG § 63 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  5. AVG § 63 gültig von 01.07.1995 bis 30.06.1995 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 686/1994
  6. AVG § 63 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. WRG 1959 § 30a heute
  2. WRG 1959 § 30a gültig ab 31.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2011
  3. WRG 1959 § 30a gültig von 27.07.2006 bis 30.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2006
  4. WRG 1959 § 30a gültig von 22.12.2003 bis 26.07.2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2003
  1. WRG 1959 § 30b heute
  2. WRG 1959 § 30b gültig ab 22.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2003
  1. WRG 1959 § 63 heute
  2. WRG 1959 § 63 gültig ab 01.01.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2000
  3. WRG 1959 § 63 gültig von 01.10.1997 bis 31.12.2000 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/1997
  4. WRG 1959 § 63 gültig von 01.07.1990 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 252/1990
  1. WRG 1959 § 104a heute
  2. WRG 1959 § 104a gültig von 01.01.2014 bis 18.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2013
  3. WRG 1959 § 104a gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2013
  4. WRG 1959 § 104a gültig von 19.06.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2013
  5. WRG 1959 § 104a gültig von 31.03.2011 bis 18.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2011
  6. WRG 1959 § 104a gültig von 22.12.2003 bis 30.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2003
  7. WRG 1959 § 104a gültig von 01.07.1990 bis 30.09.1997 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 74/1997
  1. WRG 1959 § 105 heute
  2. WRG 1959 § 105 gültig ab 31.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2011
  3. WRG 1959 § 105 gültig von 22.12.2003 bis 30.03.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2003
  4. WRG 1959 § 105 gültig von 01.01.2000 bis 21.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/1999
  5. WRG 1959 § 105 gültig von 01.10.1997 bis 31.12.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 74/1997
  6. WRG 1959 § 105 gültig von 01.07.1990 bis 30.09.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 252/1990

Rechtssatz

1. Das Mitspracherecht der Parteien mit Ausnahme des Umweltanwalts ist im UVP-Verfahren davon abhängig, dass sie rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, also nicht präkludiert sind.

2. Paragraph 30 a, WRG 1959 verbietet eine Verschlechterung des „jeweiligen Zustandes“, wobei sich dieses Verschlechterungsverbot auf „Zustandsklassen“ bezieht. Während eine Verschlechterung, die zu einer Änderung der Zustandsklasse (z.B. von „gut“ auf „mäßig“) führt, gegen das Verschlechterungsverbot verstößt, trifft dies auf eine Verschlechterung innerhalb einer Zustandsklasse nicht zu. Der ökologische Zustand und der chemische Zustand sind jeweils getrennt festzulegen. Für die Einstufung in die jeweilige Zustandsklasse ist die jeweils schlechteste Komponente jener Kriterien maßgeblich, die für die Zustandsbewertung heranzuziehen sind.

3. Eine richtlinienkonforme Auslegung des WRG 1959 gebietet die Berücksichtigung des im Artikel 4, WRRL normierten Verschlechterungsverbotes, auch wenn entsprechende Verordnungen dafür noch nicht erlassen sind. Voraussetzung dafür ist, dass auch ohne Vorliegen aller Verordnungen eine Einstufung von Gewässern in die einzelnen Zustandsklassen möglich ist. Dabei sind für die Einstufung des ökologischen Zustandes die Vorgaben insbesondere des Anhangs C des WRG 1959 beziehungsweise des Anhangs römisch fünf der WRRL zu berücksichtigen.

4. Würde erst durch die Verwirklichung eines Vorhabens der betreffende Wasserkörper zu einem „erheblich veränderten“ und wäre davon auszugehen, dass bei Nichtverwirklichung des Vorhabens der gute ökologische Zustand erreicht werden könnte, so läge jedenfalls ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot vor.

5. Die Ausweisung eines Oberflächengewässers als „erheblich verändert“ bedarf gem. Paragraph 30 b, WRG einer Verordnung des BMLFUW.

6. Unter „praktikablen Vorkehrungen“ i.S. des Paragraph 104 a, Absatz 2, Ziffer eins, WRG 1959 sind Auflagen und Übereinkommen, aber auch Begleit- und Ausgleichsmaßnahmen, die Projektsbestandteil sind, zu verstehen.

7. Die Bestimmung des Paragraph 104 a, Absatz 2, Ziffer 2, WRG 1959 lässt wasserbezogen sachfremde höherwertige Zielsetzungen als Rechtfertigung einer Ausnahme vom Verschlechterungsverbot gelten. So kann i.S. dieser Bestimmung der Nutzen eines Vorhabens für die nachhaltige Entwicklung und die menschliche Gesundheit den potentiellen aus der Verwirklichung der Umweltziele iSd. Paragraph 30 a, WRG 1959 resultierenden Nutzen übersteigen.

8. Die von einer Verfahrenspartei vorgebrachte Kritik am weit verbreiteten Paradigma, den Stromverbrauchszuwachs als unabänderliches Naturgesetz zu begreifen, oder die Forderung nach einer Limitierung von Kraftwerks- bzw. Leitungskapazitäten, sprechen allgemeine gesellschafts- bzw. energiepolitische Fragen an, die in einem Genehmigungsverfahren für ein konkretes Vorhaben nicht gelöst werden können. Auch die Berücksichtigung anderer, alternativer Energiegewinnungsformen würde den Rahmen eines UVP-Verfahrens zu einem ganz konkreten Vorhaben (hier: Wasserkraftwerk) und die gesetzliche Grundlage des Paragraph 104, Absatz 2, Ziffer 3, WRG 1959 überschreiten.

9. Aus der Judikatur zu Artikel 4, Absatz eins und 2 Vogelschutzrichtlinie folgt nicht, dass sämtliche Landschaftsräume unter Schutz gestellt werden müssen, in denen vom Aussterben oder sonst bedrohte Vogelarten vorkommen. Vielmehr haben die Mitgliedstaaten die Gebiete auszuwählen, die im Verhältnis zu anderen Landschaftsteilen am besten die Gewähr für die Verwirklichung der Richtlinienziele bieten. Schutzmaßnahmen sind zu ergreifen, soweit sie erforderlich sind, um das Überleben und die Vermehrung der im Anhang römisch eins aufgeführten Vogelarten und der in Artikel 4, Absatz 2, der Vogelschutz-Richtlinie angesprochenen Zugvogelarten sicherzustellen. Die Auswahlentscheidung hat sich ausschließlich an diesen ornithologischen Erhaltungszielen zu orientieren. Unter Schutz zu stellen sind die Landschaftsräume, die sich nach ihrer Anzahl und Fläche am ehesten zur Arterhaltung eignen.

10. Im Zusammenhang mit der Qualifikation eines Gebiets als „potentielles FFH-Gebiet“ haben die Mitgliedstaaten nach der Judikatur bei der Gebietsauswahl keine freie Hand. Welche Gebiete, in denen natürliche Lebensraumtypen im Sinne des Anhangs römisch eins oder einheimische Arten im Sinne des Anhangs römisch II vorkommen, zu melden sind, ist nach Artikel 4, Absatz eins, der FFH-Richtlinie anhand der in Anhang römisch III (Phase 1) festgelegten Kriterien zu bestimmen. Für die Beurteilung der Bedeutung eines Gebiets für einen Lebensraumtyp des Anhangs römisch eins kommt es unter anderem auf den Repräsentativitätsgrad, auf die Fläche im Vergleich zur Gesamtfläche des betreffenden Lebensraumtyps im gesamten Hoheitsgebiet des Staates und auf den Erhaltungsgrad bzw. die Wiederherstellungsmöglichkeit an. Für die Beurteilung der Bedeutung für eine der im Anhang römisch II genannten Arten ist unter anderem die Populationsgröße und -dichte im Gebiet im Vergleich zu den Populationen im ganzen Land, der Erhaltungsgrad der für die betreffende Art wichtigen Habitatselemente bzw. die Wiederherstellungsmöglichkeit und der Isolierungsgrad der im Gebiet vorkommenden Population im Vergleich zum natürlichen Verbreitungsgebiet der jeweiligen Art maßgebend. Politische oder wirtschaftliche Gesichtspunkte haben bei der Auswahl ebenso außer Betracht zu bleiben wie sonstige Zweckmäßigkeitserwägungen.

11. Nur ein absichtliches Töten, Fangen oder Stören und eine absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Eiern oder Nestern erfüllt die Verbotsnorm des Artikel 5, Vogelschutzrichtlinie und der entsprechenden nationalen Umsetzungsbestimmungen.

12. Die Artenschutzbestimmung des Artikel 12, Absatz eins, Litera d, FFH-Richtlinie und die entsprechenden nationalen Umsetzungsnormen untersagen jede Beschädigung oder Vernichtung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten, wobei dieses Verbot nicht auf absichtliche Handlungen beschränkt ist. Erfüllt ein Vorhaben diesen Tatbestand, so ist eine Interessenabwägung durchzuführen (Artikel 16, Absatz eins, FFH-Richtlinie in Verbindung mit nationalen Umsetzungsbestimmungen, hier: Paragraph 13 d, Stmk. NSchG 1976).

13. Der Abweisungstatbestand des Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 soll insbesondere jene Auswirkungen, die durch Wechselwirkungen, Kumulations- oder Verlagerungseffekte verursacht werden, aber bei Anwendung der einzelnen Materiengesetzte nicht vollständig erfasst werden können, abdecken. Werden schwerwiegende Umweltbelastungen identifiziert, deren Eintreten mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und können diese auch durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen oder sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektsmodifikationen nicht auf ein erträgliches Maß reduziert werden, ist der Antrag zwingend abzuweisen. Negative Auswirkungen auf die Umwelt, die nicht nur geringfügig, sondern auch merklich nachteilig sein können, werden vom Gesetzgeber aber aufgrund des klaren Wortlauts des Absatz 5, akzeptiert und bieten keine Rechtsgrundlage für eine Abweisung des Genehmigungsantrags. Die theoretische Möglichkeit schwerwiegender Umweltbelastungen reicht für eine Abweisung nicht aus, sondern es muss das Eintreten sehr wahrscheinlich („zu erwarten“) sein.

Schlagworte

Einzelfallprüfung, erhebliche Umweltauswirkungen, Kumulierung; Einzelfallprüfung, erhebliche Umweltauswirkungen, Prognose; Kraftwerkskette; Kumulationsbestimmung, Anwendbarkeit auf Wasserkraftanlagen; Kumulationsbestimmung, Berücksichtigung bestehender Vorhaben

Zuletzt aktualisiert am

18.06.2013

Dokumentnummer

UMSER_20120627_US_7B_2012_3_22_01