Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

Rechtssatz für 95/02/0145

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Rechtssatz

Sammlungsnummer

VwSlg 14298 A/1995

Rechtssatznummer

1

Geschäftszahl

95/02/0145

Entscheidungsdatum

28.07.1995

Index

60/03 Kollektives Arbeitsrecht

Beachte

Besprechung in: DRdA 1996/3 S 215-218;

Rechtssatz

Ein Fußballverein kann seine Tätigkeit (der Teilnahme von Fußballbewerben) weiter ausführen, ohne gezwungen zu sein, der Fußball-Bundesliga beizutreten; daß die Ausübung dieser Tätigkeit im Rahmen der ersten und zweiten Divsion den Beitritt zur Fußball-Bundesliga voraussetzt, ändert nichts an der Freiwilligkeit des Beitrittes, hat es der Fußballverein doch in der Hand, sich freiwillig für die Teilnahme in den Bewerben der ersten und zweiten Division zu entscheiden. Damit sind aber die Voraussetzungen für die Kollektivvertragsfähigkeit iSd Paragraph 4, Absatz 2, ArbVG der Fußball-Bundesliga gegeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995020145.X01

Im RIS seit

29.01.2002

Dokumentnummer

JWR_1995020145_19950728X01

Entscheidungstext 95/02/0145

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Sammlungsnummer

VwSlg 14298 A/1995

Geschäftszahl

95/02/0145

Entscheidungsdatum

28.07.1995

Index

60/03 Kollektives Arbeitsrecht;

Beachte

Besprechung in: DRdA 1996/3 S 215-218;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der Österreichischen Fußball-Bundesliga in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundeseinigungsamtes beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 8. Februar 1995, Zl. 12/BEA/1995-4, betreffend Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundeseinigungsamtes beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 8. Februar 1995 wurde der Antrag der "Österreichischen Fußball-Bundesliga" auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß Paragraph 4, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 5, Absatz eins, Arbeitsverfassungsgesetz - ArbVG, Bundesgesetzblatt Nr. 22 aus 1974,, abgewiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, mit Schreiben vom 4. Februar 1994 habe die Antragstellerin die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit nach Paragraph 4, Absatz 2, ArbVG beantragt. Die Antragstellerin sei ein Verein nach dem Vereinsgesetz. Gemäß Paragraph eins, Absatz 4, Litera c, der Statuten sei Aufgabe dieses Vereines die Regelung der Arbeitsbedingungen für die bei den Mitgliedern beschäftigten Arbeitnehmer, insbesondere auch durch Abschluß von Kollektivverträgen. Die Antragstellerin sei für die Durchführung von Fußballbewerben der obersten österreichischen Spielklasse, die sich in eine 1. und 2. Division gliedere, verantwortlich. Die Antragstellerin "bestehe" zur Zeit aus zehn (Fußball-)Vereinen in der

1. Division und aus 16 in der 2. Division. Insgesamt seien bei diesen (Fußball-)Vereinen 400 Spieler und 120 sonstige Arbeitnehmer wie Trainer, Sekretäre und Zeugwarte beschäftigt. Im Durchschnitt würden pro Jahr drei Vereine aus der

2. Division absteigen und drei andere Vereine aufgenommen, wenn sie die erforderlichen Ergebnisse erzielt hätten. Paragraph 3, Absatz eins, der Statuten der Antragstellerin laute: "Ordentliche Mitglieder sind alle in den Bewerben der Bundesliga tätigen Vereine. Die Zugehörigkeit ergibt sich aus den vom Österreichischen Fußballbund und der Bundesliga gemeinsam festgelegten Bestimmungen über den Auf- und Abstieg der Bundesliga-Vereine."

Paragraph 6, Absatz eins, der Statuten des Österreichischen Fußballbundes laute: "Den Landesverbänden und der Bundesliga obliegt ..., die Bestimmung der Klasseneinteilung ... nach den vom Österreichischen Fußballbund festgesetzten Vorschriften."

Die gemäß Paragraph 5, Absatz eins, ArbVG anzuhörenden gesetzlichen Interessenvertretungen hätten - so die Bescheidbegründung weiter - gegen die Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit keine Einwände erhoben. Die getroffenen Feststellungen gründeten sich auf die Regelungen in den Statuten der Antragstellerin und des Österreichischen Fußballbundes und die Angaben der Antragstellerin in ihrem Antrag. In rechtlicher Hinsicht sei zu der beantragten Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit folgendes zu bemerken:

Das Bundeseinigungsamt habe die Kollektivvertragsfähigkeit zuzuerkennen, wenn die Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, ArbVG vorlägen. Kollektivvertragsfähig seien demgemäß die auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Berufsvereinigungen, wenn sie die in den in Ziffer eins bis 4 geforderten Voraussetzungen erfüllten. Ohne diese speziellen Voraussetzungen im einzelnen zu prüfen, habe die Behörde die Voraussetzung der freiwilligen Mitgliedschaft in der Berufsvereinigung "Österreichische Fußball-Bundesliga" in Zweifel gezogen. Nach dem festgestellten Sachverhalt liege es nicht im Belieben eines (Fußball-)Vereines, der Antragstellerin beizutreten. Die Mitgliedschaft richte sich nicht nach dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit des Beitritts zur Berufsvereinigung, sondern nach den Spielergebnissen und den Beschlüssen der beiden "Verbände" "Österreichischer Fußballbund" und "Österreichische Fußball-Bundesliga" (der Antragstellerin). Ein Fußballverein, der die Voraussetzungen erfülle, werde damit zum Pflichtmitglied der Antragstellerin. Eine Möglichkeit, in den beiden obersten Spielklassen mitzuspielen, ohne Mitglied der Antragstellerin zu sein, bestehe daher nicht. Jedem anderen Fußballverein bleibe die Aufnahme verwehrt. Da somit das Grundkriterium der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft bei der Berufsvereinigung nicht erfüllt sei, sei der Antrag auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit ohne Prüfung der weiteren Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, Ziffer eins bis 4 ArbVG abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Soweit nicht das Kriterium der "Freiwilligkeit" der Mitgliedschaft im Paragraph 4, Absatz 2, ArbVG ohnedies nur als Gegensatz zu den im Paragraph 4, Absatz eins, leg. cit. genannten "gesetzlichen Interessenvertretungen" aufzufassen sein sollte, ist im Hinblick auf die Ausführungen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens folgendes auszuführen:

Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, richtig sei zwar, daß sämtliche in der "Bundesliga (1. und 2. Division)" tätigen Fußballvereine Mitglieder der Beschwerdeführerin seien und daß eine Mitgliedschaft nur dann möglich sei, wenn die Fußballvereine die Voraussetzungen zum Aufstieg (Spielberechtigung etc.) erfüllten. Richtig sei auch, daß sie dem beschwerdeführenden Verein beitreten müßten. Nachdem bloß die Beschwerdeführerin Fußballmeisterschaften in den obersten Spielklassen ausrichte, ergebe sich durch diese "quasi Monopolstellung" von selbst, daß Fußballvereine, die die Voraussetzungen erfüllten und an den Bewerben der obersten Spielklassen teilnehmen wollten, dem beschwerdeführenden Verein beiträten. Gäbe es - wie z.B. im Boxsport - mehrere Verbände, die derartige Meisterschaften ausrichten würden, gäbe es auch für die (Boxsport)-Vereine mehrere Varianten. Es habe auch in der Vergangenheit mehrfach Beispiele gegeben, daß Fußballvereine, die an sich die Voraussetzungen, an den Bewerben der 1. und 2. Division teilzunehmen, erfüllten, darauf verzichtet hätten und auch der Beschwerdeführerin als Mitglied nicht beigetreten seien. Es habe andererseits auch Beispiele gegeben, daß Fußballvereine aus wirtschaftlichen Gründen freiwillig auf eine weitere Teilnahme an den Bewerben verzichtet hätten (und damit "abgestiegen" seien) und somit ebenfalls aus der Beschwerdeführerin "ausgeschieden" seien. Trotzdem sei es diesen Fußballvereinen natürlich möglich gewesen, an anderen Bewerben teilzunehmen und den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Der Umstand, daß nur die Beschwerdeführerin Fußballbewerbe ausrichte, an denen Fußballvereine mit Berufsspielern teilnähmen, könne nicht dazu führen, daß die Freiwilligkeit der Teilnahme in Frage gestellt werde. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde liege es sehr wohl im Belieben eines Fußballvereines, der Beschwerdeführerin als Mitglied beizutreten, sofern er die Voraussetzungen hier erfülle und in den Bewerben der 1. und 2. Division mitspielen möchte. Ein Fußballverein, der die Voraussetzungen erfülle, werde damit nicht zum Pflichtmitglied der Beschwerdeführerin, sondern liege es an seiner Entscheidung, ob er an diesen Bewerben teilnehmen wolle und der Beschwerdeführerin beitreten möchte oder nicht.

Diesen Überlegungen der Beschwerdeführerin pflichtet der Verwaltungsgerichtshof bei.

Hingegen vermag die belangte Behörde in der Gegenschrift dem nichts Stichhältiges entgegenzusetzen: Die belangte Behörde führt dort unter anderem aus, die zwingende Verbindung zwischen der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit und der Mitgliedschaft zu einer Berufsvereinigung sei gerade ein Wesensmerkmal der gesetzlichen Interessenvertretungen mit dem System der Zwangsmitgliedschaft vergleiche etwa Paragraph 10, Absatz eins, Arbeiterkammergesetz oder Paragraph 3, Absatz 2, Handelskammergesetz). Auch der Arbeitnehmer oder Unternehmer habe in einem solchen Fall die Möglichkeit, nicht als solcher tätig zu werden und damit nicht der Berufsvereinigung angehören zu müssen; wolle er aber in derartiger Weise tätig werden, so gehöre er - wie bei der Beschwerdeführerin - der jeweiligen Interessenvertretung zwingend an. Wesentlich sei, ob die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit automatisch die Mitgliedschaft bei der betreffenden Berufsvereinigung bedinge oder nicht. Sei dies - wie bei der Beschwerdeführerin - der Fall, so sei eine Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ArbVG nicht möglich.

Damit verkennt die belangte Behörde, daß ein Fußballverein sehr wohl weiterhin seine "Tätigkeit" (der Teilnahme an Fußballbewerben) weiter ausüben kann, ohne daß er "gezwungen ist", der Beschwerdeführerin beizutreten. Daß die Ausübung dieser Tätigkeit im Rahmen der 1. und 2. Division den Beitritt zur Beschwerdeführerin voraussetzt, ändert an der "Freiwilligkeit" des Beitrittes nichts, hat es der Fußballverein doch in der Hand, sich (freiwillig) für die Teilnahme an den Bewerben der 1. und 2. Division zu entscheiden. Daß solches in der Vergangenheit - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - auch durchaus der Fall war, wird von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt.

Da die belangte Behörde sohin das Kriterium der "freiwilligen Mitgliedschaft" im Paragraph 4, Absatz 2, ArbVG im Beschwerdefall verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, was gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG zu seiner Aufhebung führt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung Bundesgesetzblatt Nr. 416 aus 1994,. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz an Stempelgebühren war mangels Erforderlichkeit des Aufwandes (die Beschwerde war nur in dreifacher Ausfertigung einzubringen) abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995020145.X00

Im RIS seit

29.01.2002

Dokumentnummer

JWT_1995020145_19950728X00