1 Mit Bescheid vom 9. Jänner 2018 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer des Revisionswerbers für das Jahr 2014 mit 35.028,46 € fest, woraus sich eine Nachforderung iHv € 8.544 € ergab.
2 In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber u.a. vor, die Nichtberücksichtigung der von ihm für den Betrieb seiner Arbeitgeberin getätigten Aufwendungen (Reisekosten, freiwillige Versicherungen, Pensionsvorsorge etc) als Werbungskosten sei nicht nachvollziehbar.
3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 5. Juni 2019 wies das Finanzamt die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab, weil dieser der Aufforderung, die beantragten Aufwendungen belegmäßig nachzuweisen, trotz Fristerstreckung nicht nachgekommen sei.
4 Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte vor, die Aushebung der angeforderten Belege sei problematisch, weil sich die Buchhaltungsunterlagen seiner Dienstgeberin bei dem vom Landesgericht für Strafsachen W bestellten Sachverständigen befänden, der mit der Prüfung der Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung der Arbeitgeberin beauftragt sei.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
6 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht - nach Wiedergabe des Verfahrensgangs - aus, der Revisionswerber sei im Jahr 2014 allein zeichnungsberechtigter angestellter Geschäftsführer einer GmbH gewesen. In dieser Funktion habe er für die GmbH Anfang des Jahres 2014 Auslagen getätigt, die Reisekosten iHv 5.587,46 € und Nächtigungskosten von Geschäftsfreunden der GmbH iHv 16.758 € umfassten. Diese Zahlungen iHv insgesamt 22.345,46 € seien der Kreditkarte des Revisionswerbers angelastet worden und bis zum Ende des Jahres 2014 weder vom Bankkonto des Revisionswerbers abgebucht noch sonst beglichen worden. Die vom Revisionswerber getätigten Ausgaben seien auch bei seiner Arbeitgeberin, der GmbH, aufwandswirksam erfasst und als Verbindlichkeit gegenüber dem Revisionswerber eingebucht worden. Weitere Ausgaben habe der Revisionswerber nicht getätigt. Da der von der Arbeitgeberin zu leistende Auslagenersatz nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zähle, könnten auch die vom Revisionswerber getätigten Auslagen keine Werbungskosten darstellen. Aber selbst wenn den begehrten Aufwendungen Werbungskostencharakter zukäme, könnten sie nicht bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2014 berücksichtigt werden. Ausgaben seien gemäß § 19 Abs. 2 EStG 1988 für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden seien. Mit dem Belasten der Kreditkarte sei dem Revisionswerber im Jahr 2014 lediglich eine Verbindlichkeit erwachsen. Der tatsächliche Abfluss durch Zahlung dieser Verbindlichkeit habe jedoch nicht im Streitjahr stattgefunden. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Zuflusszeitpunkt bei Kreditkartenzahlungen fehle.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof - nach Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch das Finanzamt - erwogen hat:
8 Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
9 Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten liegen vor, wenn dem Steuerpflichtigen - wie sich in Umkehrung aus § 15 leg. cit. ergibt - Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der außerbetrieblichen Einkunftsarten abfließen (vgl. etwa VwGH 29.1.2014, 2009/13/0209, mwN).
10 Nach § 19 Abs. 2 EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
11 Für den Zeitpunkt des Abfließens ist maßgebend, wann der geleistete Betrag aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen ausgeschieden ist und dieser die wirtschaftliche Verfügungsmacht darüber verloren hat (vgl. etwa VwGH 2.5.2022, Ro 2021/13/0014; 22.1.2004, 98/14/0025).
12 Nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts wurden im Jahr 2014 Zahlungen iHv insgesamt 22.345,46 € der Kreditkarte des Revisionswerbers angelastet, jedoch bis zum Ende des Jahres 2014 weder vom Bankkonto des Revisionswerbers abgebucht noch sonst beglichen. Strittig ist, ob, wie der Revisionswerber vorbringt, dennoch bereits im Jahr 2014 von einem Abfluss der geleisteten Beträge iSd § 19 Abs. 2 EStG 1988 auszugehen ist.
13 Das Kreditkartengeschäft ist ein mehrpersonales Verhältnis, bei dem die Kreditkartengesellschaft dem Kreditkarteninhaber eine Kreditkarte zur Verfügung stellt, die diesen berechtigt, unter Vorlage dieser Karte bei einem Vertragsunternehmen Leistungen ohne sofortige Bezahlung in Anspruch zu nehmen. Die Kreditkartengesellschaft befriedigt zunächst die Forderung des Vertragsunternehmens, welches dafür eine vom Entgelt abhängige Gebühr an die Kreditkartengesellschaft zu bezahlen hat (Disagio). Nachdem das Kreditkartenunternehmen die Forderung des Vertragsunternehmens beglichen hat, nimmt es beim Inhaber der Kreditkarte Rückgriff (vgl. etwa OGH 19.6.2006, 8 Ob 38/06f; sowie Hueber in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4, § 1400 Rz 42).
14 Geld und Geldwerte sind bei einem Steuerpflichtigen ab dem Zeitpunkt abgeflossen, ab dem die Geldwerte aus dem Verfügungsbereich des Steuerpflichtigen - aus seiner Steuersubjektsphäre - tatsächlich ausgeschieden sind und dadurch ein wirtschaftlicher Vermögensabgang eingetreten ist. In der Regel ist dies jener Zeitpunkt, in dem die Leistungshandlung vollzogen ist, das vom Steuerpflichtigen obligationsgemäße Verhalten gesetzt wurde, wobei die Leistungshandlung dann als vollzogen anzusehen ist, wenn der Steuerpflichtige alles von seiner Seite Erforderliche getan hat, um den Leistungserfolg herbeizuführen, wobei der Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs selbst irrelevant ist (vgl. Taucher, Das Zufluß-Abfluß-Prinzip im Einkommensteuerrecht, 1983, 46 f). Das vom steuerpflichtigen Karteninhaber vertragsgemäße Verhalten (im Deckungsverhältnis), welches sich im Verlust der tatsächlichen Verfügungsmöglichkeit und in einer Minderung seines Vermögens niederschlägt, ist - neben der Zahlung einer allfälligen Kartengebühr - der Ausgleich des von der Kreditkartengesellschaft zunächst getragenen Aufwands (vgl. Neumayr in P. Bydlinksi/Perner/Spitzer, KBB7, § 1400 Rz 6; sowie näher Bichler, Rechtliche Aspekte des Kreditkartengeschäfts, ÖBA 1986, 595 (599)).
15 Entscheidend für den tatsächlichen Verlust der wirtschaftlichen Verfügungsmacht und einer Vermögensminderung beim Steuerpflichtigen und somit für den Zeitpunkt des steuerlichen Abflusses ist daher - wie bei Überweisungsaufträgen (vgl. dazu VwGH 22.1.2004, 98/14/0025; 19.5.1992, 92/14/0011) - die Abbuchung vom Girokonto des Steuerpflichtigen (vgl. Mayr/Hayden in Doralt et al, EStG18, § 19 Tz 40, mwN; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 19 Tz 29). Bis zum Zeitpunkt des Einzugs befinden sich die eingezogenen Beträge noch im Verfügungsbereich des Steuerpflichtigen. Erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Einzugs scheiden sie aus dem Dispositionsbereich des Steuerpflichtigen aus und tritt ein wirtschaftlicher Vermögensabgang bei diesem ein (vgl. nochmals Taucher, aaO, 49). Dementsprechend liegt im Zeitpunkt der Kreditkartenzahlung durch den Karteninhaber noch keine Vermögensminderung und damit kein steuerlicher Abfluss bei diesem vor (vgl. Hayden/Hayden, Kreditkartenzahlung: Der Zeitpunkt des steuerlichen Zu- und Abflusses, RdW 2016 (361) 363).
16 In der Revision wird vorgebracht, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es im Fall der Zahlung mit einem (gedeckten) Scheck für die zeitliche Zuordnung der Zahlung nicht auf das Datum der Belastung des Ausstellers durch die bezogene Bank, sondern auf den Zeitpunkt der Hingabe des Schecks an. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso dies nicht auch für die Kreditkartenzahlung gelten solle. Aus dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für den revisionsgegenständlichen Fall schon deshalb nichts zu gewinnen, weil der Verwaltungsgerichtshof die Hingabe des Schecks als Abflusszeitpunkt explizit nur bei Vorliegen eines „gedeckten“ Schecks angenommen hat (vgl. VwGH 19.12.1990, 87/13/0147). Im revisionsgegenständlichen Fall war aber, wie sich aus dem vom Revisionswerber im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Schriftsatz des Kreditkartenunternehmens vom 9. Februar 2015 ergibt, die Einziehung des aushaftenden Betrags mangels ausreichender Deckung des Bankkontos des Revisionswerbers im Jahr 2014 nicht möglich.
17 Soweit der Revisionswerber eine Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, weil das Bundesfinanzgericht es unterlassen habe, die Feststellung zu treffen, dass die Kreditkartenabrechnung dem Revisionswerber übermittelt und die darin ausgewiesenen Umsätze iHv 22.345,46 € spätestens im März 2014 fällig gewesen seien, genügt es auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Fälligkeit einer Verbindlichkeit für den Zeitpunkt des Abfließens nicht von Bedeutung ist (vgl. VwGH 19.5.1992, 92/14/0011).
18 Die vorliegende Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
19 Damit erübrigt sich auch eine nähere Prüfung der vom Revisionswerber für seine Arbeitgeberin getätigten Aufwendungen; diese könnten zwar - entgegen der vom Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Ansicht - mangels tatsächlichem Auslagenersatz durch die Arbeitgeberin zu Werbungskosten beim Arbeitnehmer führen, unterlägen aber, wenn es sich um Repräsentationsaufwendungen handelt, dem Abzugsverbot nach § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 (vgl. dazu VwGH 18.10.2012, 2012/15/0100 bis 102, mwN).
20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. März 2025