Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

Rechtssatz für 2012/15/0147

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Rechtssatz

Sammlungsnummer

VwSlg 8770 F/2012

Rechtssatznummer

1

Geschäftszahl

2012/15/0147

Entscheidungsdatum

22.11.2012

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §303 Abs1 litb;
  1. BAO § 303 heute
  2. BAO § 303 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  3. BAO § 303 gültig von 26.06.2002 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  4. BAO § 303 gültig von 15.07.1999 bis 25.06.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/1999
  5. BAO § 303 gültig von 19.04.1980 bis 14.07.1999 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980

Rechtssatz

Dem hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, 2004/13/0083, ist in keiner Weise zu entnehmen, dass durch das Ergehen oder die Änderung von Erlässen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Paragraph 303, Absatz eins, Litera b, BAO erfüllt würden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2012:2012150147.X01

Im RIS seit

17.12.2012

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2016

Dokumentnummer

JWR_2012150147_20121122X01

Rechtssatz für 2012/15/0147

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Rechtssatz

Sammlungsnummer

VwSlg 8770 F/2012

Rechtssatznummer

2

Geschäftszahl

2012/15/0147

Entscheidungsdatum

22.11.2012

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §303 Abs1 litb;
BAO §303 Abs4;
  1. BAO § 303 heute
  2. BAO § 303 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  3. BAO § 303 gültig von 26.06.2002 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  4. BAO § 303 gültig von 15.07.1999 bis 25.06.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/1999
  5. BAO § 303 gültig von 19.04.1980 bis 14.07.1999 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 303 heute
  2. BAO § 303 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  3. BAO § 303 gültig von 26.06.2002 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  4. BAO § 303 gültig von 15.07.1999 bis 25.06.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/1999
  5. BAO § 303 gültig von 19.04.1980 bis 14.07.1999 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980

Rechtssatz

Das gegenständliche Verwaltungsverfahren ist durch den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Paragraph 303, Absatz eins, Litera b, BAO in Gang gesetzt worden. Gegen den diesen Antrag abweisenden Bescheid des Finanzamtes hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über diese Berufung des Beschwerdeführers abgesprochen. Sache des Berufungsverfahrens ist lediglich die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag. In diesem Verfahren kommt der belangten Behörde in keiner Weise die Zuständigkeit zu, über die Frage einer amtswegigen Wiederaufnahme nach Paragraph 303, Absatz 4, BAO abzusprechen. Der Beschwerdeführer kann sohin nicht dadurch in Rechten verletzt sein, dass mit dem angefochtenen Bescheid keine amtswegige Wiederaufnahme verfügt worden ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2012:2012150147.X02

Im RIS seit

17.12.2012

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2016

Dokumentnummer

JWR_2012150147_20121122X02

Entscheidungstext 2012/15/0147

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Sammlungsnummer

VwSlg 8770 F/2012

Geschäftszahl

2012/15/0147

Entscheidungsdatum

22.11.2012

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §303 Abs1 litb;
BAO §303 Abs4;
  1. BAO § 303 heute
  2. BAO § 303 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  3. BAO § 303 gültig von 26.06.2002 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  4. BAO § 303 gültig von 15.07.1999 bis 25.06.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/1999
  5. BAO § 303 gültig von 19.04.1980 bis 14.07.1999 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 303 heute
  2. BAO § 303 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  3. BAO § 303 gültig von 26.06.2002 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  4. BAO § 303 gültig von 15.07.1999 bis 25.06.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/1999
  5. BAO § 303 gültig von 19.04.1980 bis 14.07.1999 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des J A in A, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 19. Jänner 2012, Zl. RV/0880-L/09, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (Einkommensteuer 2007), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der Beschwerdeergänzung und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der als Arzt in einem Krankenhaus tätige Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 zur Einkommensteuer 2007 veranlagt.

Mit Eingabe vom 2. März 2009 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens nach Paragraph 303, Absatz eins, BAO und begehrte die Berücksichtigung des bisher nicht in Anspruch genommenen Betriebsausgabenpauschales nach Paragraph 17, Absatz eins, EStG 1988 bei den aus den Sonderklassegebühren resultierenden Einkünften.

Begründend wurde ausgeführt, die Einkommensteuererklärung 2007 sei entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erstellt worden. Der Beschwerdeführer verwies dabei auf das Erkenntnis vom 22. Februar 2007, 2002/14/0019, in welchem der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hatte, für die Einkommensermittlung sei zunächst der noch nicht um den "Hausrücklass" gekürzte Betrag an Sonderklassegebühren maßgebend, der "Hausrücklass" sei sodann als Betriebsausgabe abzuziehen, was aber zur Folge habe, dass nicht weitere Betriebsausgaben im Wege eines Durchschnittssatzes iSd Paragraph 17, Absatz eins, EStG 1988 geltend gemacht werden könnten.

Nachträglich habe - so der Beschwerdeführer in seinem Antrag weiter - das Bundesministerium für Finanzen bekannt gegeben, dass auf Fälle wie dem gegenständlichen - abweichend von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - pauschale Betriebsausgaben nach Paragraph 17, EStG 1988 bis zur Veranlagung 2008 abgesetzt werden könnten (BMF-Erlass vom 12. Jänner 2009, BMF-010203/0016-VI/6/2009, betreffend Neufassung von Rz 4111b und 4116b EStR). Daher habe der Beschwerdeführer nunmehr seine Einkommensteuererklärung dahingehend berichtigt.

Das Finanzamt wies den Wiederaufnahmeantrag ab. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen seien keine neuen Tatsachen iSd Paragraph 303, Absatz eins, Litera b, BAO, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung gewonnen würden.

In der Berufung vom 18. Juni 2009 ergänzte der Beschwerdeführer, er habe erst im Zuge der Erstellung des Antrags auf Wiederaufnahme gemäß Paragraph 303, BAO vom 2. März 2009 festgestellt, dass er neben dem Betriebsausgabenpauschale auch GSVG-Beiträge von 370,68 EUR nicht berücksichtigt habe. Es solle Ermessen dahingehend geübt werden, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer habe die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Paragraph 303, Absatz eins, Litera b, BAO beantragt. Voraussetzung für die Anwendung des Neuerungstatbestandes sei das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel. Es gehe um im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorgekommen seien.

Im gegenständlichen Fall seien die Einkommensteuerrichtlinien nach dem rechtskräftigen Abschluss der Einkommensteuerveranlagung 2007 geändert worden. Darin erblicke der Beschwerdeführer die "neue Tatsache".

Das Bundesministerium für Finanzen habe mit der Änderung der Rz 4116b der Einkommensteuerrichtlinien für einen begrenzten Zeitraum - bis einschließlich Veranlagungsjahr 2007 - seine Verwaltungspraxis geändert. Die Änderung der Verwaltungspraxis stelle jedoch keinen Wiederaufnahmegrund dar.

Aber selbst wenn die Änderung der Verwaltungspraxis in den Einkommensteuerrichtlinien für die Abgabenbehörde erster Instanz von Bedeutung wäre, könnte der Berufung vor der belangten Behörde kein Erfolg beschieden sein. Der unabhängige Finanzsenat sei nämlich weder an Einzelauskünfte noch an Erlassregelungen gebunden. Die Einkommensteuerrichtlinien 2000 seien nicht verbindlich.

Auch die nachträgliche Geltendmachung von GSVG-Beiträgen in Höhe von 370,68 EUR führe die Berufung nicht zum Erfolg. In diesem Zusammenhang habe der Beschwerdeführer eine Wiederaufnahme von Amts wegen angeregt. Die steuerliche Auswirkung sei aber immer anhand des konkreten Wiederaufnahmegrundes (hier die bisher nicht berücksichtigten GSVG-Beiträge) zu beurteilen. Eine Verringerung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit von 165.997,04 EUR um die bisher nicht berücksichtigten GSVG-Beiträge von 370,68 EUR würde zu einer bloß geringfügigen Verringerung der Einkommensteuer 2007 führen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 20. Juni 2012, B 242/12, abgelehnt. In der Folge hat er die Beschwerde gemäß Artikel 144, Absatz 3, B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Paragraph 303, Absatz eins, BAO lautet auszugsweise:

"Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

  1. Litera a
  2. Litera b
    Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
              c)       …
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Ansicht der belangten Behörde, wonach beim gegebenen Sachverhalt die Voraussetzungen einer beantragten Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Paragraph 303, BAO nicht gegeben seien, erweise sich als unzutreffend. Wenn in einem Erlass des Bundesministers für Finanzen genaue Regelungen getroffen bzw. geändert würden, müsse dies nach Ansicht des Beschwerdeführers zu einer Wiederaufnahme nach Paragraph 303, BAO führen. Der Beschwerdeführer verweist hiezu auf das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, 2004/13/0083.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Tatsachen im Sinne des Paragraph 303, BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung solcher Sachverhaltselemente - auch wenn diese späteren rechtlichen Erkenntnisse (neuen Beurteilungskriterien) durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder der Rechtsprechung gewonnen werden - sind keine derartigen Tatsachen vergleiche die hg. Erkenntnisse vom 19. Mai 1993, 91/13/0224, und vom 19. November 1998, 96/15/0148). Schon deshalb kann der nach Ergehen des das Einkommensteuerverfahren abschließenden Abgabenbescheides eingetretene Umstand, dass die Einkommensteuerrichtlinien eine Änderung erfahren haben, keine neu hervorgekommene Tatsache iSd Paragraph 303, BAO darstellen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist dem hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2009, 2004/13/0083, in keiner Weise zu entnehmen, dass durch das Ergehen oder die Änderung von Erlässen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach Paragraph 303, Absatz eins, Litera b, BAO erfüllt würden.
Die Beschwerde bringt im Weiteren vor, bei einer amtswegigen Wiederaufnahme komme der Behörde ein Ermessensspielraum zu. Im gegenständlichen Fall hätte die Behörde das Ermessen ordnungsgemäß üben und das Verfahren wieder aufnehmen müssen.
Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten: Das gegenständliche Verwaltungsverfahren ist durch den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Paragraph 303, Absatz eins, Litera b, BAO in Gang gesetzt worden. Gegen den diesen Antrag abweisenden Bescheid des Finanzamtes hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über diese Berufung des Beschwerdeführers abgesprochen. Sache des Berufungsverfahrens ist lediglich die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag. In diesem Verfahren kommt der belangten Behörde in keiner Weise die Zuständigkeit zu, über die Frage einer amtswegigen Wiederaufnahme nach Paragraph 303, Absatz 4, BAO abzusprechen. Der Beschwerdeführer kann sohin nicht dadurch in Rechten verletzt sein, dass mit dem angefochtenen Bescheid keine amtswegige Wiederaufnahme verfügt worden ist.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß Paragraph 35, Absatz eins, VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. November 2012

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2012:2012150147.X00

Im RIS seit

17.12.2012

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2016

Dokumentnummer

JWT_2012150147_20121122X00