Unabhängiger Bundesasylsenat

Rechtssätze

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Entscheidungstext 227.679/0-V/13/02

Entscheidende Behörde

Unabhängiger Bundesasylsenat

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Bescheid

Geschäftszahl

227.679/0-V/13/02

Entscheidungsdatum

07.03.2003

Verfasser

Mag. Benda

Norm

AsylG 1997 §7 AsylG 1997 §8

Spruch

BESCHEID

SPRUCH

Der Unabhängige Bundesasylsenat hat durch das Mitglied Mag. Benda gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG in Verbindung mit mit Paragraph 38, Absatz eins, des Asylgesetzes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, (AsylG) entschieden:

römisch eins. Die Berufung von O. P. vom 26.03.2002 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.03.2002, Zahl: 01 26.004-BAT, wird gemäß Paragraph 7, AsylG abgewiesen.

römisch II. Gemäß Paragraph 8, des AsylG in Verbindung mit Paragraph 57, des Fremdengesetzes, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 75 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, (FrG), wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von O. P. nach Nigeria zulässig ist.

Text

BEGRÜNDUNG

Die am 00.00.1977 geborene Antragstellerin, eine Staatsangehörige Nigerias, reiste am 08.11.2001 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und beantragte sie am selben Tag die Asylgewährung. Am 24.01.2002 wurde die Antragstellerin vor der Erstbehörde einvernommen.

Vor der Behörde erster Instanz brachte die Antragstellerin zentral vor, dass ihre Mutter in ihrer Heimatstadt Benin City eine "Prinzessin" gewesen sei und in einem Palast gewohnt habe. Nach deren Tod sei die Antragstellerin von Angehörigen einer privaten Sekte aufgefordert worden, ihrer Mutter in deren Amt als Götzendienerin nachzufolgen, was die Antragstellerin jedoch ablehnte.

Die detaillierten Angaben der Antragstellerin zu ihren Fluchtgründen wurden bereits im Bescheid der Behörde erster Instanz dargestellt und werden die bezughabenden Passagen des Erstbescheides zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erklärt.

Das Bundesasylamt hat den Antrag der Asylwerberin mit Bescheid vom 04.03.2002, Zl. 01 26.004-BAT, abgewiesen. Gleichzeitig stellte die Erstbehörde fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Antragstellerin nach Nigeria gemäß Paragraph 8, AsylG zulässig ist. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht berufen.

Der Unabhängige Bundesasylsenat hat im Zuge einer am 05.03.2003 durchgeführten Berufungsverhandlung Beweis erhoben durch Einvernahme der Berufungswerberin als Partei sowie durch Verlesung bzw. Erörterung folgender Berichte zur Situation in Nigeria:

? Zusammenfassung über die politische Situation in Nigeria;

? Fax von UNHCR vom 16.2.1999;

? Fax der Österreichischen Botschaft in Lagos vom 3.3.1999;

? Bericht des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Stand April 1999;

? Bericht des auswärtigen Amtes Bonn, Stand 20.4.1999

(Beilage E);

? Artikel der NZZ vom 7.6.1999;

? Artikel der NZZ vom 11.6.1999;

? Artikel der NZZ vom 12.7.1999;

? Bericht vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer

Flüchtlinge, Stand August 1999;

? Stellungnahme von Accord vom 10.11.1999;

? Fax der ÖB Lagos vom 3.1.2000;

? Bericht des Country Assessment, Nigeria September 1999;

? Auszug aus dem Weltalmanach 1999 Nigeria betreffend;

? Stellungnahme der ÖB in Lagos vom 28.2.2000;

? Telefax von UNHCR vom 14.8.2000;

? Auskunft der ÖB in Lagos vom 8.5.2002 samt Schreiben des Vertrauensanwaltes vom 19.4.2002 betreffend die Azigidi-Sekte in Nigeria;

? Auskunft des UNHCR vom 26.4.2002 betreffend innerstaatliche Fluchtalternative in Nigeria;

? Bericht des Britischen Homeoffice mit dem Titel "Nigeria - Country Assessment" vom April 2002.

Festgestellt wird, dass die Antragstellerin Staatsangehörige von Nigeria ist.

Die von der Antragstellerin im Rahmen des durchgeführten Ermittlungsverfahrens vorgebrachten Fluchtgründe können nicht mit hinlänglicher Gewissheit festgestellt und der Entscheidung positiv zugrundegelegt werden.

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Unabhängigen Bundesasylsenates die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

Dies im Hinblick darauf, dass die Berufungswerberin die behaupteten, auf ihre Person bezogenen Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte. Im Übrigen wären die Voraussetzungen für die Asylgewährung selbst unter hypothetischer Zugrundelegung der von der Berufungswerberin behaupteten Fluchtgründe nicht erfüllt.

Die Antragstellerin präsentierte sowohl vor der Behörde erster Instanz als auch im Berufungsrechtsgespräch eine von nigerianischen Asylwerbern in den letzten Jahren hundertfach vorgebrachte "Sektennachfolggeschichte", der letztlich keine Glaubhaftigkeit bzw. Übereinstimmung mit realen Tatsachen und Ereignissen beigemessen werden konnte.

Einerseits war es der Antragstellerin zwar durchaus möglich, vor beiden Instanzen des Verfahrens die Eckpunkte ihrer Fluchtgeschichte bzw. der zugrundeliegenden Ereignisse im wesentlichen gleichbleibend wiederzugeben; andererseits war die Antragstellerin jedoch nicht in der Lage, die einzelnen Handlungsabläufe bzw. Umstände in einer nachvollziehbaren und daher glaubhaften Art zu schildern. Im gegenständlichen Verfahren reicht es nicht hin, lediglich die Umrisse einer Fluchtgeschichte darzulegen, sondern vielmehr stellt es den Kern des asylrechtlichen Ermittlungsverfahrens dar, dass der Antragsteller seine "Lebensgeschichte" bzw. die zentralen Punkte jener Ereignisse, welche ihn verhalten haben sein Heimatland zu verlassen, in einer nach allgemeinen Grundsätzen glaubhaften Art wiedergibt.

So muss die Aussage des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen - um als glaubhaft qualifiziert zu werden - hinreichend substantiiert sein; d.h. er muss in der Lage sein, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. seine Erlebnisse zu machen.

Im Verfahren ist es sohin unabdingbare Vorraussetzung für die Bewertung des Vorbringens eines Asylwerbers zu seinen Fluchtgründen als glaubhaft, dass der Antragsteller nicht bloß eine "leere" Rahmengeschichte präsentiert, ohne diese durch das Vorbringen von Details, Interaktionen, Emotionen etc. zu substantiieren bzw. mit Leben zu erfüllen. Insbesondere kann vom Antragsteller gefordert werden, bei der Darlegung von persönlich erlebten Umständen - insbesondere dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder den gesamten Lebensweg verändert haben - sich selbst in die Rahmengeschichte im Zuge der Erzählung dergestalt einzubauen, dass auch für eine dritte Person der Eindruck entsteht, dass der Antragsteller die Ereignisse und Umstände selbst durch- bzw. erlebt hat.

Typische Realkennzeichen bestehen in der Darlegung von persönlichen Emotionen, Gesprächswiedergaben, Interaktionen zwischen handelnden Personen, genaue Beschreibung der Szenerie etc.; dies alles jeweils unter allenfalls spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder nebensächliche Handlungskreise.

Vor diesem Hintergrund präsentiert sich die "Fluchtgeschichte" der Antragstellerin tatsächlich als blasse Aneinanderreihung simpler Sachverhalte bzw. Umstände. Der Antragstellerin ist es jedenfalls im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht gelungen, die von ihr präsentierten Umstände bzw. Ereignisse durch eine lebendige detailreiche und lebensnahe Schilderung dergestalt mit Leben zu erfüllen, dass sie glaubhaft erschienen.

Die Antragstellerin war zu keinem Zeitpunkt der Einvernahme vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat in der Lage, der Behörde gegenüber eine gewisse Innensicht ihrer eigenen Erlebniswahrnehmung zu bieten.

Hinzutritt, dass die Antragstellerin u.a. auch hinsichtlich eines zentralen Details ihrer Fluchtgeschichte vor beiden Instanzen widersprüchliche Aussagen tätigte:

Befragt nach dem Namen des Anführers oder Vorstehers der von ihr ins Treffen geführten Azigidi-Sekte oder dem König der selben antwortete die Berufungswerberin im Rahmen des Berufungsrechtsgespräches dies nicht zu wissen. Vor dem Bundesasylamt war die Antragstellerin jedoch durchaus in der Lage die Person, die diese Funktion bekleidet, namentlich zu benennen.

In Abweichung ihrer Erstangaben, wobei die Antragstellerin konkret ein bestimmtes Idol oder einen bestimmten Götzen benannte bzw. beschrieb, gab die Antragstellerin vor der Berufungsinstanz zu Protokoll, es habe im in Rede stehenden Palast viele Idole und Götzen gegeben und könne sie nicht angeben welches "Idol" sie hätte anbeten sollen. Sie habe vor dem Bundesasylamt jedoch von einem geschnitzten Idol, aber ganz allgemein, erzählt.

Vor dem Bundesasylamt stellte die Antragstellerin den Inhalt der an sie gerichteten Forderung dergestalt dar, dass sie eine bestimmte "gegossene oder geschnitzte Figur" hätte anbeten sollen und sei diese Figur mit einem roten Tuch bekleidet gewesen. Im Rahmen des Berufungsrechtsgespräches antwortete die Antragstellerin auf analoge Fragestellung, dass diese Idolfigur nackt gewesen sei.

Allein diese Auffälligkeiten und Widersprüchlichkeiten in zwei zentralen Punkten des Vorbringens bestärkten die Berufungsbehörde in der Einschätzung, dass die Antragstellerin tatsächlich nicht über selbst erlebte Sachverhalte berichtete.

Die Angaben der Antragstellerin zu ihren Fluchtgründen waren daher als nicht glaubhaft zu qualifizieren bzw. konnten diese nicht positiv der Entscheidung zugrundegelegt werden.

Rechtlich wird ausgeführt:

Gemäß § 7 leg.cit. hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit

Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im

Herkunftsstaat Verfolgung                        (Art. 1

Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und

keiner der in           Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer

Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder

Ausschlussgründe vorliegt.

Gemäß Paragraph 8, leg.cit. hat die Behörde im Falle einer Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

ad römisch eins.

Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen vergleiche VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.09.1998, 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte, vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist vergleiche zur der Asylentscheidung immanenten Prognose VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bedeutet. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine sogenannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt vergleiche VwGH 24.03.1999, 98/01/0352).

Da im gegenständlichen Verfahren jedoch die Glaubhaftmachung tauglicher Asylgründe ein Essentiale darstellt, was -wie oben dargestellt - in casu nicht gelungen ist, war die Gewährung von Asyl nicht statthaft.

Eventualiter, d.h. unter Zugrundelegung der Kernaussagen der Antragstellerin zu ihren Erlebnissen bzw. zu ihrer Fluchgeschichte als den Tatsachen entsprechend, wäre die Asylgewährung nicht geboten: Eventualiter wäre als Sachverhalt zugrundezulegen, dass die Antragstellerin in ihrer Heimat von Angehörigen einer privaten Sekte ihrer Heimatstadt genötigt worden wäre, nach dem Tode ihrer Mutter an deren Stelle zu treten und bestimmte Götzen anzubeten.

Zur sogenannten Azigidi-Gesellschaft werden folgende Feststellungen getroffen:

Die Azigidi-Gesellschaft existiert im Edo State und insbesondere in Benin City. Sie hat viele einflussreiche Mitglieder, wie den Monarchen von Benin, der volkstümlich "Oba von Benin" genannt wird. Diese Gesellschaft bringt keine Menschenopfer dar und begeht keine Ritualmorde.

Die Azigidi-Gesellschaft ist ein okkulter Geheimbund, der in Benin City, Edo State, entstand und nur dort und vorwiegend unter den Angehörige der Volkgruppe der "Bini" existiert. Ihm gehören auch Personen an, die nicht Edo sind. Die Mehrheit seiner Mitglieder beten Götzen an und behaupten, dass diese zur Kultur gehören, und glauben von ihren Vorfahren, dass diese auch Götzenanbeter gewesen sind. Der Geheimbund wird vom Oba von Benin gutgeheißen und anerkannt, dieser ist auch oberster Schutzherr der Gesellschaft. Die Gesellschaft huldigt ihm.

Das Ziel dieses okkulten Geheimbundes ist im Fetischglauben seiner Mitglieder begründet, dass die Gesellschaft übernatürliche Schutzkräfte besitzt. Es wird auch geglaubt, dass dadurch spirituelle und metaphysische Angriffe auf die Mitglieder abgewehrt werden können, und auch ihre Lebensqualität aufrechterhalten und verbessert werden kann.

Dem Bund gehören insbesondere Mitglieder der Volksgruppe "Bini" aus Benin und einige Nicht-Edo an. Die Zahl der Mitglieder ist groß, der Bund besteht aus Erwachsenen, sowohl Männern wie Frauen. Es ist schwierig festzustellen, wie viele Leute Mitglieder dieser okkulten Gesellschaft sind.

Oft besänftigt dieser Geheimbund die Götzen, von denen seine Mitgliede ihre Kräfte ableiten, und veranstaltet periodisch Feste. Wenn ein Mitglied stirbt, werden Opfer dargebracht und werden die Götzen besänftigt, um sie der Seele des Verstorbenen geneigt zu machen. Das beinhaltet die Durchführung vieler Begräbnisopfer- und Rituale.

Dieser Geheimbund wird vom Volk der Benin (Bini) sehr verehrt und gefürchtet, und zwar nicht deshalb, weil er sehr gefährlich ist, wie behauptet wird, sondern weil der Geheimbund vom Monarchen von Benin, "dem Oba von Benin", anerkannt wird, und dieser ihm auch angehört.

Es gibt den Glauben, dass ein Mitglied, wenn es austritt, spirituell (metaphysisch) - und nicht physisch (!) - angegriffen wird. Es handelt sich nicht um einen gewalttätigen Geheimbund, und es wird von ihm kein Mitglied angegriffen, wenn es aus dem einen oder anderen Grund die Entscheidung trifft, sich von dem Geheimbund zurückzuziehen.

Zu den in Nigeria existierenden Sekten und Geheimgesellschaften wird weiters Folgendes festgestellt:

Traditionelle religiöse Glaubensrichtungen sind in Nigeria verbreitet. Manche von diesen Glaubensrichtungen werden als Zauberei oder Juju bezeichnet. Der nigerianischen Bevölkerung steht es im Allgemeinen frei, diesen traditionellen Glaubensrichtungen zu folgen, doch hat die nigerianische Polizei Untersuchungen durchgeführt, sofern diese Praktiken zu kriminellen Aktivitäten geführt haben. Da die Praktiken verschiedene Formen annehmen, ist es oft schwierig, verlässliche Information über die Art der Glaubensrichtungen zu erhalten. Es gab in der nigerianischen Presse Berichte über Ritualmorde, die allerdings nicht in Zusammenhang mit organisierten traditionellen religiösen Praktiken stehen dürften. Wenn solche seltenen Ereignisse eintreten, so werden diese Vorfälle als Verbrechen untersucht und werden Maßnahmen gegen die Übeltäter ergriffen. Es scheint in der Bevölkerung keine verbreitete Unterstützung für diese Praktiken oder die Übeltäter zu geben. Solche Handlungen werden von der Gesellschaft als kriminelle Taten angesehen, untersucht und in geeigneter Weise untersucht.

An den nigerianischen Universitäten kam es zu zahlreichen, von sogenannten Studentenkulten verübten Verbrechen. Als Reaktion auf einen Mord im Juli 1999 setzten die nigerianischen Behörden Maßnahmen, um diese Kulte zu unterdrücken. Im August 1999 wurden die Universitätsverwaltungen von der nigerianischen Regierung angewiesen, die Kulte an ihren Universitäten auszurotten. Die Regierung erklärte, dass sie die Universitätsverwaltungen zur Verantwortung ziehen würde, sofern es ihnen nicht gelingen würde, die Ordnung unter den Studenten aufrecht zu erhalten. Die Universitäten hatten seither bestimmte Erfolge, indem sie die Studenten ermunterten, die Kultmitgliedschaft zu verweigern. Seitens des Staatspräsidenten wurde mehrmals bekräftigt, dass die Studentenkulte ausgerottet werden müssten.

Die Situation in Nigeria ist grundsätzlich ruhig, die Staatsgewalt funktionsfähig. Anzumerken ist jedoch, dass die nigerianische Bundespolizei in personeller Hinsicht im Vergleich zu westlichen Staaten relativ schlecht ausgestattet und verschiedentlich auch mangelhaft ausgebildet ist, was auf fehlende Investitionen und Vernachlässigung während der Militärherrschaft zurückzuführen ist. Es wurde bisher keine durchgreifende Verbesserung der Situation erreicht, doch haben in einzelnen Bundesstaaten sogenannte Bürgerwehren polizeiliche Aufgaben übernommen.

In bestimmten nördlichen Bundesstaaten Nigerias (insbesondere Kaduna und Sokoto State) kommt es zu religiös motivierten Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Christen. Weiters kommt es insbesondere im Niger-Delta zu Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Volksgruppen (z.B. Ijaw und Itsekiri). Abgesehen von diesen lokal begrenzten Auseinandersetzungen ist die Situation in Nigeria jedoch ruhig.

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Azigidi-Gesellschaft gründen sich auf den dem Schreiben angeschlossenen Bericht des Vertrauensanwaltes des Österreichischen Botschaft in Lagos vom 19.4.2002.

Angemerkt wird, dass es sich um die einzig verfügbare Information zur Azigidi-Sekte handelt, zumal die sonstigen von der erkennenden Behörde herangezogenen umfangreichen Berichte (siehe weitere Beilagen) keine Informationen zur Azigidi-Sekte enthalten, eine Internet-Recherche ergebnislos blieb und auch keine sonstigen Erkenntnisquellen ersichtlich sind, dies auch im Hinblick auf eine Mitteilung des UNHCR vom 28.8.2002, wonach UNHCR in Nigeria derzeit keine aufwendigen Recherchen durchführen kann, weil das Büro in Lagos nur mit einer Person besetzt ist, die zudem nur vorläufig dort ihren Dienst versieht.

Die weiteren Feststellungen zu Sekten und Geheimgesellschaften in Nigeria gründen sich auf folgende Abschnitte des Berichts des British Home Office, Country Assessment April 2002 (ähnlich Oktober 2002).

Hinsichtlich der Studentenkulte und des Vorgehens der nigerianischen Behörden gegen diese auf die Abschnitte 4.41 bis 4.44 (Seite 15) und 8.39 bis 8.41 (Seite 35), hinsichtlich der Geheimgesellschaften und der Bekämpfung von Ritualmorden auf die Abschnitte 7.34 (Seite 27) und 5.25 (Seite 41), hinsichtlich der Ausstattung der Polizeikräfte auf die Abschnitte 4.21 bis 4.23 (Seite 11), hinsichtlich der auf einzelne Landesteile beschränkten religiösen bzw. ethnischen Auseinandersetzungen auf die Abschnitte 7.37 bis 7.48 (Seiten 27 bis 29).

Zur allgemeinen Situation in Nigeria werden folgende Feststellungen getroffen:

Nach dem Tod des Militärdiktators Abacha (8.6.1998) wurde in Nigeria eine weitestgehend freie Parteienbildung ermöglicht und nahmen die neu gegründeten Parteien an Wahlen zu den Parlamenten der einzelnen Bundesstaaten (Jänner 1999) und an Wahlen zum Bundesparlament (Februar 1999) teil. In der im März 1999 durchgeführten Präsidentschaftswahl wurde der ehemalige General Olosegun Obasanjo zum Präsidenten gewählt. Sowohl Obasanjo als auch sein Gegenkandidat Olu Falae hatten sich unter General Abacha aus politischen Gründen in Haft befunden. Die bezeichneten Wahlen liefen fair und ohne größere Ausschreitungen ab und kam es in Nigeria bereits vor dem Amtsantritt des nunmehrigen Präsidenten Obasanjo zu einer wesentlichen Verbesserung der Menschenrechtssituation und zur Freilassung der politischen Häftlinge. Es liegen laut Auskunft des UN-Flüchtlingskommissariats seit Amtsantritt der demokratisch gewählten Regierung unter dem nunmehrigen Präsidenten Obasanjo keinerlei Berichte darüber vor, dass spezifische Organisationen oder ethnische Gruppierungen von den nigerianischen Behörden verfolgt oder schikaniert werden. Etwa die Hälfte der nigerianischen Bevölkerung ist muslimischen Glaubens, ca. 40 % sind Christen, ca. 10 % gehören einer traditionellen oder gar keiner Religion an.

Abgesehen von den angeführten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen in bestimmten Landesteilen, insbesondere im Niger-Delta, und den religiösen Auseinandersetzungen in bestimmten nördlichen Bundesstaaten, ist die Lage in Nigeria grundsätzlich ruhig und ist die Staatsgewalt funktionsfähig.

Weiters geht einem Bericht des U.K. Home Office Oct. 2002, hervor, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative bei Personen, die von nichtstaatlichen Akteuren bedroht werden, schon allein wegen der Größe Nigerias möglich bzw. wahrscheinlich ist.

Den aufgezeigten, detailliert recherchierten Feststellungen zur Azigidi-Sekte sowie zum Sektenwesen in Nigeria insgesamt und den Rahmenbedingungen der Allgemeinsituation in Nigeria ist entnehmbar, dass einerseits nicht gewaltsam gegen abtrünnige Personen, die sich weigern den Ritualen Folge zu leisten, vorgehen bzw. dass andererseits der nigerianische Staat in aktiver und effizienter Art und Weise gegen die Untriebe der Sekten und nicht kirchlichen Glaubensgemeinschaften vorgeht.

Letztlich ist davon auszugehen, dass selbst bei Vorliegen einer tatsächlichen Bedrohungssituation für die Berufungswerberin seitens der Angehörigen der Azigidi-Sekte aus der Stadt Benin City ihr jedenfalls innerhalb der Grenzen des Staates Nigeria eine sogenannte innerstaatliche Fluchtalternative offen steht. Auf die diesbezüglich eindeutigen Aussagen von UNHCR, des Deutschen Außenamtes sowie des British Home Office wird verwiesen.

Es erscheint somit auch bei einer Eventualbetrachtung nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass die Antragstellerin einerseits tatsächlich von Angehörigen der Azigidi-Sekte überhaupt gewaltsam verfolgt würde bzw. andernfalls stünde der Antragstellerin jedenfalls eine innerstaatliche Ausweichmöglichkeit offen bzw. kann nicht erkannt werden, dass die Antragstellerin von Angehörigen dieses Kultes unter einer Gesamtbevölkerung von über 120 Millionen Einwohnern in dem riesigen Flächenstaat Nigeria an anderem Orte de facto aufgefunden werden könnte.

Dass seitens der Anhänger dieser privaten Sekte überhaupt ein Interesse an einer landesweiten Verfolgung bestünde, erscheint überdies ebenfalls nicht maßgeblich wahrscheinlich; dies auch unter dem Gesichtspunkt einer allenfalls irrationalen Handlungsweise von Kultmitgliedern.

Die Antragstellerin hat somit auch eventualiter nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit eingriffsintensiver Verfolgung ihrer Person von Seiten privater Kultangehöriger unter Verletzung der staatlichen Garantenstellung zu rechnen bzw. kann sie sich dem Zugriff dieser örtlich agierenden Kultgemeinschaft durch dauernde Wohnsitzverlegung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit endgültig entziehen.

Eine Asylgewährung wäre sohin auch bei einer Eventualbetrachtung nicht statthaft.

ad römisch II.

Zum Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers ist Folgendes auszuführen:

Paragraph 8, AsylG 1997 verweist auf Paragraph 57, Fremdengesetz (FrG), BGBl römisch eins 1997/75, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

Überdies ist nach Paragraph 57, Absatz 2, FrG die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1974/78).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in Paragraph 57, Absatz eins, FrG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre vergleiche VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter "außergewöhnlichen Umständen" (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Artikel 3, EMRK in Verbindung mit Paragraph 57, Absatz eins, FrG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997).

Auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen liegt nach Ansicht der erkennenden Behörde keine aktuelle Bedrohung im Sinne von Paragraph 8, AsylG in Verbindung mit Paragraph 57, Absatz eins und 2 FrG vor.

Gemäß Paragraph 8, AsylG hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Nigeria eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Glaubwürdigkeit, Sektenwesen, private Verfolgung, gesamte Staatsgebiet, non refoulement

Dokumentnummer

UBAST_20030307_227_679_0_V_13_02_00