Datenschutzbehörde

Rechtssätze

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Entscheidungstext K120.888/001-DSK/2004

Entscheidende Behörde

Datenschutzkommission

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Bescheid Beschwerde

Geschäftszahl

K120.888/001-DSK/2004

Entscheidungsdatum

20.01.2004

Norm

DSG 1978 §1;
DSG 2000 §1 Abs1;
DSG 2000 §4 Z1;
DSG 2000 §8;
DSG 2000 §8 Abs1 Z4;
DSG 2000 §8 Abs3 Z1;
DSG 2000 §31 Abs2;

Text

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. MAIER und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. DUSCHANEK, Mag. HUTTERER, Mag. PREISS, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER und Dr. STAUDIGL, sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 20. Jänner 2004 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Über die Beschwerde des F. in Wien (in der Folge: Beschwerdeführer) gegen die Bundespolizeidirektion Wien (in der Folge auch: BPD Wien, Beschwerdegegner) wegen Verletzung des Rechtes auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 1 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I Nr. 165/1999 idF BGBl I Nr. 136/2001 (DSG 2000) durch Anführung des Geburtsdatums des Beschwerdeführers im Sichtfenster einer von der Bundespolizeidirektion Wien dem Beschwerdeführer zugestellten Ladung wird gemäß § 31 Abs. 2 iVm § 1 Abs. 1 DSG 2000 wie folgt entschieden:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Sachverhalt:

Im Juni 2003 wurde dem Beschwerdeführer seitens der Bundespolizeidirektion Wien eine Ladung zugestellt. In dieser wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am 16. Juni 2003 um 19.00 Uhr zur Vernehmung in der Angelegenheit 'Sachbeschädigung von Erdbeerpflanzen' in einem näher bezeichneten Wachzimmer in Wien vorzusprechen.

Diese Ladung wurde dem Beschwerdeführer in einem Kuvert der BPD Wien mit Sichtfenster zugestellt. In diesem Sichtfenster waren nicht nur der Name des Beschwerdeführers und seine Anschrift, sondern auch das Geburtsdatum des Beschwerdeführers ersichtlich.

Der Beschwerdeführer hielt die Ersichtlichmachung des Geburtsdatums von außen für unnötig und erachtete sich durch die Vorgangsweise der Bundespolizeidirektion Wien in seinem Grundrecht auf Datenschutz verletzt.

Er erhob daher Beschwerde vor der Datenschutzkommission.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf das Vorbringen des Beschwerdeführers sowie auf die von diesem vorgelegten Unterlagen.

Daraus folgt in rechtlicher Hinsicht:

Gemäß § 1 Abs. 1 hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht.

Auch das Geburtsdatum eines Menschen fällt nach herrschender Auffassung bzw. ständiger Spruchpraxis der Datenschutzkommission unter den Begriff der personenbezogenen Daten im Sinn des § 4 Z 1 DSG 2000 und es ist grundsätzlich auch von einem subjektiven Interesse des jeweiligen Betroffenen an der Geheimhaltung dieses Datums auszugehen (vgl. DSK 16.10.1985, 120.070 = ZfVBDat 1987/10).

Fraglich könnte im vorliegenden Fall allerdings die Schutzwürdigkeit des subjektiven Geheimhaltungsinteresses sein. Die Schutzwürdigkeit dieses Interesses ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen (Matzka/Kotschy, Kommentar zu § 1 DSG 1978 nach Anmerkung 15).

Wegen der automationsunterstützten Verarbeitung der bezüglichen Daten ist im vorliegenden Fall zudem auf § 8 DSG 2000 Bedacht zu nehmen, welcher bestimmte Fälle auflistet, in denen die Verwendung nicht-sensibler Daten die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen jedenfalls nicht verletzt.

Von Relevanz ist hier der Fall des § 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000, nämlich das Vorliegen eines überwiegenden berechtigten Interesses auf Seiten des Auftraggebers oder eines Dritten, welches die Verwendung bestimmter Daten erfordert.

Überwiegende berechtigte Interessen eines öffentlichen Auftraggebers im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 4 DSG 2000 liegen immer dann vor, wenn die Datenverwendung eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung gesetzlich übertragener Aufgaben des betreffenden Auftraggebers darstellt (vgl. § 8 Abs. 3 Z. 1 DSG 2000).

Der Gesetzesbegriff der 'wesentlichen Voraussetzungen' für die Wahrnehmung einschlägiger Vollzugsaufgaben ist ein unbestimmter Begriff, welcher auslegungsbedürftig ist.

Im vorliegenden Kontext erhebt sich nun die Frage, wie weit die Durchführung von Ermittlungen in einem Strafverfahren bei einem Verzicht auf die Angabe des Geburtsdatums des Adressaten auf dem Adressfeld vereitelt würde.

Begründet wird die Heranziehung des Geburtsdatums grundsätzlich mit der Vermeidung von Verwechslungen bei Namensgleichheit mehrerer Personen an ein und derselben Abgabestelle, da Personen gleichen Namens, welche in einem Haushalt wohnen, in der Regel unterschiedlichen Generationen angehören.

Im vorliegenden Fall wurde die Ladung zu einer Einvernahme bezüglich eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes postalisch versendet und das Geburtsdatum des Empfängers deshalb auf dem Adressfeld abgedruckt um zu verhindern, dass der Inhalt der Postsendung nicht berechtigten Dritten gleichen Namens zur Kenntnis kommen kann.

In diesem Fall hatte der Beschwerdegegner eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse an der Geheimhaltung des Geburtsdatums des Empfängers und dem Interesse an der Geheimhaltung des Inhalts der Postsendung gegenüber nicht befugten Dritten vorzunehmen.

Die Datenschutzkommission hat in einer einschlägigen Entscheidung ausdrücklich festgehalten, dass eine Offenbarung des Geburtsdatums immer dann zulässig ist, wenn dadurch die Geheimhaltung von 'sensibleren Daten' (= Inhalt einer Briefsendung) gesichert wird (vgl. DSK 16.10.1985, 120.070 = ZfVBDat 1987/10).

Gerade im vorliegenden Fall des Versandes einer Ladung zu einer Einvernahme in einem Strafverfahren kommt der Heranziehung des Geburtsdatums zu Adressierungszwecken die Funktion der Gewährleistung der Geheimhaltung 'sensibleren' Daten –nämlich des Verdachtes der Begehung einer Straftat- als dem Geburtsdatum des Empfängers zu.

Soweit der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 3.11.2003 meint, dass es einen Unterschied mache, ob wie im gegenständlichen Fall, die Ladung bloß im Hausbrieffach hinterlegt oder mit Rückschein zugestellt wird, dann ist dieser Einwand nicht zutreffend. Die beschriebene Verwechslungsmöglichkeit ist sowohl bei Zustellungen mittels Rückschein wie auch bei bloßer Hinterlegung im Hausbrieffach gegeben. Insofern schützt die Angabe des Geburtsdatums sehr wohl vor Verwechslungen des Adressaten.

Hinzu kommt, dass die Angabe des Geburtsdatums im Fensterkuvert nicht öffentlich erfolgte, wie der Beschwerdeführer irrigerweise meint. Es war nur den mit der Zustellung betrauten Organen der Post in dem für die konkrete Identifizierung des Adressaten notwendigem Umfang und den Personen, die Zugang zum Hausbrieffach des Beschwerdeführers haben, eine Kenntnisnahme des Geburtsdatums möglich.

Insgesamt zeigt sich somit, dass im gegenständlichen Beschwerdefall für die Anführung des Geburtsdatums des Empfängers im Adressfeld ein überwiegendes Interesse des Beschwerdegegners bestand.

Der dadurch erfolgte Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz des Beschwerdeführers stellt sich daher als nicht unverhältnismäßig im Sinne des § 1 Abs. 1 DSG 2000 dar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Dokumentnummer

DSKTE_20040120_K120888_001_DSK_2004_00