Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion, Fassung vom 24.03.2023

§ 0

Langtitel

Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland und dem Königreich Schweden
StF: BGBl. III Nr. 17/2013 (NR: GP XXIV RV 1725 AB 1881 S. 164. BR: AB 8758 S. 811.)

Änderung

BGBl. III Nr. 29/2013 (K – Geltungsbereich)

BGBl. III Nr. 140/2013 (K – Geltungsbereich)

BGBl. III Nr. 190/2013 (K – Geltungsbereich)

BGBl. III Nr. 248/2013 (K – Geltungsbereich)

BGBl. III Nr. 293/2013 (K – Geltungsbereich)

BGBl. III Nr. 35/2014 (K - Geltungsbereich)

BGBl. III Nr. 80/2018 (K – Geltungsbereich)

BGBl. III Nr. 107/2019 (K – Geltungsbereich)

Vertragsparteien

*Belgien III 80/2018 *Bulgarien III 35/2014 *Dänemark III 17/2013 *Deutschland III 17/2013 *Estland III 17/2013 *Finnland III 17/2013 *Frankreich III 17/2013 *Griechenland III 17/2013 *Irland III 17/2013 *Italien III 17/2013 *Kroatien III 80/2018 *Lettland III 17/2013 *Litauen III 17/2013 *Luxemburg III 140/2013 *Malta III 190/2013 *Niederlande III 293/2013 *Polen III 248/2013 *Portugal III 17/2013 *Rumänien III 17/2013 *Schweden III 140/2013 *Slowakei III 29/2013 *Slowenien III 17/2013 *Spanien III 17/2013 *Tschechische R III 107/2019 *Ungarn III 190/2013 *Zypern III 17/2013

Sonstige Textteile

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. 1.
    Der Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.
  2. 2.
    Die bulgarische, dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, irische, italienische, lettische, litauische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, rumänische, schwedische, slowakische, slowenische, spanische und ungarische Sprachfassung dieses Staatsvertrages sind gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegen.

Ratifikationstext

(Anm.: letzte Anpassung durch Kundmachung BGBl. III Nr. 35/2014)

Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete und vom Bundeskanzler gegengezeichnete Ratifikationsurkunde wurde am 30. Juli 2012 beim Generalsekretär des Rates der Europäischen Union hinterlegt; der Vertrag ist gemäß seinem Art. 14 Abs. 2 mit 1. Jänner 2013 in Kraft getreten.

Nach Mitteilung des Generalsekretärs des Rates der Europäischen Union haben folgende weitere Staaten den Vertrag ratifiziert:

Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien, Zypern.

Anlässlich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde haben folgende Staaten nachstehende Erklärungen abgegeben:

Bulgarien:

Erklärung zu Art. 14 Abs. 5 des Vertrags:

Die Republik Bulgarien erklärt, dass sie alle Bestimmungen von Titel III des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion zwischen dem Königreich Belgien, der Republik Bulgarien, dem Königreich Dänemark, der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Estland, Irland, der Hellenischen Republik, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, dem Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, Malta, dem Königreich der Niederlande, der Republik Österreich, der Republik Polen, der Portugiesischen Republik, Rumänien, der Republik Slowenien, der Slowakischen Republik, der Republik Finnland und dem Königreich Schweden, deren Inhalt ganz oder teilweise auf die Vertragsparteien anwendbar ist, deren Währung nicht der Euro ist, ab dem 1. Januar 2014 anwenden wird. Die Republik Bulgarien erklärt ferner, dass ihre Teilnahme an dem Vertrag weder zu finanziellen Verpflichtungen noch zu einer Verpflichtung zur Harmonisierung ihrer Steuerpolitik gegenüber den Vertragsparteien führen wird.

Dänemark:

In Bezug auf Art. 14 Abs. 5 des Vertrags erklärt Dänemark, dass es ab dem Zeitpunkt seiner Ratifikation des Vertrags, jedoch nicht vor dessen Inkrafttreten an alle Bestimmungen der Titel III und IV dieses Vertrags gebunden sein will, die inhaltlich ganz oder teilweise auf Vertragsparteien Anwendung finden können, deren Währung nicht der Euro ist. Dänemark wird infolge seiner Verpflichtungen aus diesem Vertrag nicht an eine EU-rechtliche Regelung gebunden sein, die eine anschließende Umsetzung der Titel III und IV des Vertrags darstellt und auf der Grundlage von Bestimmungen des Vertrags über die Europäische Union angenommen wird, die nur auf die Mitgliedstaaten Anwendung finden, deren Währung der Euro ist.

Rumänien:

In Bezug auf Art. 14 Abs. 5 des Vertrags erklärt Rumänien seine Absicht, alle Bestimmungen der Titel III und IV dieses Vertrags ab dem 1. Jänner 2013, sofern zwölf Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt haben, oder ab dem ersten Tag des Monats, der auf die Hinterlegung der zwölften Ratifikationsurkunde durch eine Vertragspartei, deren Währung der Euro ist, anwenden wird, je nachdem, welches Datum früher liegt.

Präambel/Promulgationsklausel

DAS KÖNIGREICH BELGIEN, DIE REPUBLIK BULGARIEN, DAS KÖNIGREICH DÄNEMARK, DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, DIE REPUBLIK ESTLAND, IRLAND, DIE HELLENISCHE REPUBLIK, DAS KÖNIGREICH SPANIEN, DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK, DIE ITALIENISCHE REPUBLIK, DIE REPUBLIK ZYPERN, DIE REPUBLIK LETTLAND, DIE REPUBLIK LITAUEN, DAS GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG, UNGARN, MALTA, DAS KÖNIGREICH DER NIEDERLANDE, DIE REPUBLIK ÖSTERREICH, DIE REPUBLIK POLEN, DIE PORTUGIESISCHE REPUBLIK, RUMÄNIEN, DIE REPUBLIK SLOWENIEN, DIE SLOWAKISCHE REPUBLIK, DIE REPUBLIK FINNLAND UND DAS KÖNIGREICH SCHWEDEN,

im Folgenden "Vertragsparteien" –

IN DEM BEWUSSTSEIN ihrer Verpflichtung, als Mitgliedstaaten der Europäischen Union ihre Wirtschaftspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse zu betrachten,

IN DEM WUNSCH, die Voraussetzungen für ein stärkeres Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union zu verbessern und zu diesem Zweck eine immer engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet zu erreichen,

EINGEDENK DESSEN, dass die Regierungen für gesunde und auf Dauer tragfähige öffentliche Finanzen sorgen und das Entstehen eines übermäßigen öffentlichen Defizits verhindern müssen, da dies für die Erhaltung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt von zentraler Bedeutung ist, und zu diesem Zweck spezifische Vorschriften eingeführt werden müssen, einschließlich einer Regel des ausgeglichenen Haushalts und eines automatischen Mechanismus zur Einleitung von Korrekturmaßnahmen,

IN DEM BEWUSSTSEIN, dass sichergestellt werden muss, dass ihr gesamtstaatliches Haushaltsdefizit 3 % ihres Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen nicht überschreitet und dass der öffentliche Schuldenstand 60 % ihres Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen nicht überschreitet oder sich in ausreichendem Maße auf diesen Wert hin verringert,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Vertragsparteien als Mitgliedstaaten der Europäischen Union alle Maßnahmen zu unterlassen haben, die die Verwirklichung der Ziele der Union im Rahmen der Wirtschaftsunion gefährden könnten, insbesondere die Praxis, Schulden nicht im gesamtstaatlichen Haushalt auszuweisen,

EINGEDENK DESSEN, dass sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets am 9. Dezember 2011 auf eine verstärkte Architektur für die Wirtschafts- und Währungsunion verständigt haben, die auf den Verträgen aufbaut, auf denen die Europäische Union beruht, und die Durchführung von Maßnahmen erleichtert, die auf der Grundlage der Artikel 121, 126 und 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergriffen werden,

EINGEDENK DESSEN, dass es das Ziel der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist, die Bestimmungen dieses Vertrags so bald wie möglich in die Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, zu überführen,

UNTER BEGRÜSSUNG der Gesetzgebungsvorschläge über den Ausbau der wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachung von Mitgliedstaaten, die von gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität betroffen oder bedroht sind, und über gemeinsame Bestimmun-gen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die gesamtstaatliche Haushalts-planung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten, die die Europäische Kommission am 23. November 2011 im Rahmen der Verträge, auf denen die Europä-ische Union beruht, für das Euro-Währungsgebiet vorgelegt hat, und IN KENNTNISNAHME der Absicht der Europäischen Kommission, weitere Gesetzgebungsvorschläge für das Euro-Währungs-gebiet vorzulegen, die insbesondere Folgendes betreffen: die Vorabberichterstattung über die Begebung von Staatsschuldtiteln, Wirtschaftspartnerschaftsprogramme mit genauer Beschreibung der Strukturreformen für die Mitgliedstaaten, die Gegenstand eines Defizitverfahrens sind, und die Koordinierung größerer Pläne von Mitgliedstaaten für wirtschaftspolitische Reformen,

UNTER BEKUNDUNG ihrer Bereitschaft zur Unterstützung von Vorschlägen, die die Europäische Kommission zur weiteren Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts vorlegen könnte und die darin bestehen, in Übereinstimmung mit den in diesem Vertrag gesetzten Grenzen eine neue Spanne für mittelfristige Ziele für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, einzuführen,

IN DER FESTSTELLUNG, dass die Europäische Kommission bei der Überprüfung und Überwa-chung der durch diesen Vertrag begründeten haushaltspolitischen Verpflichtungen im Rahmen der Befugnisse handeln wird, die ihr durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere die Artikel 121, 126 und 136, übertragen wurden,

insbesondere IN DER FESTSTELLUNG, dass diese Überwachung, was die Anwendung der in Artikel 3 dieses Vertrags beschriebenen Regel des ausgeglichenen Haushalts anbelangt, für die einzelnen Vertragsparteien angemessen durch Festlegung von länderspezifischen mittelfristigen Zielen und von Konvergenzzeitplänen durchgeführt werden wird,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass die mittelfristigen Ziele regelmäßig nach einer gemeinsam vereinbarten Methode aktualisiert werden sollten, deren Hauptparameter ebenfalls regelmäßig zu überprüfen sind, wobei die Risiken expliziter und impliziter Verbindlichkeiten für die öffentlichen Finanzen den im Stabilitäts- und Wachstumspakt formulierten Zielen entsprechend zu berück-sichtigen sind,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass in Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Rechts der Europäischen Union, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 (im Folgenden "geänderter Stabilitäts- und Wachstumspakt") das Ausreichen der Fortschritte in Richtung auf die mittelfristigen Ziele auf der Grundlage einer Gesamtbewertung evaluiert werden sollte, bei der der strukturelle Haushaltssaldo als Referenz dient und die eine Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmen-seitiger Maßnahmen einschließt,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass der von den Vertragsparteien einzuführende Korrektur-mechanismus darauf abzielen sollte, Abweichungen vom mittelfristigen Ziel oder vom Anpassungs-pfad samt ihrer kumulierten Auswirkungen auf die Dynamik der Staatsverschuldung zu korrigieren,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass für die Einhaltung der Verpflichtung der Vertragsparteien, die Regel des ausgeglichenen Haushalts durch verbindliche und dauerhafte Bestimmungen, die vorzugsweise Verfassungsrang besitzen, in ihren einzelstaatlichen Rechtsordnungen zu verankern, gemäß Artikel 273 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union der Gerichtshof der Europäischen Union zuständig sein sollte,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass Artikel 260 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union den Gerichtshof der Europäischen Union dazu ermächtigt, die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgelds gegen einen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu verhängen, der einem seiner Urteile nicht nachgekommen ist, und UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Europäische Kommission Kriterien für die Festsetzung des im Rahmen dieses Artikels zu verhängenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds festgelegt hat,

UNTER HINWEIS darauf, dass für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist und deren geplantes oder tatsächliches Verhältnis zwischen öffentlichem Haushaltsdefizit und Bruttoinlands-produkt 3 % des Bruttoinlandsprodukts überschreitet, die Festlegung von Maßnahmen im Rahmen des Defizitverfahrens der Europäischen Union erleichtert werden muss, während gleichzeitig dem Ziel dieses Verfahrens, nämlich einen Mitgliedstaat zu veranlassen und wenn nötig zu zwingen, ein etwa festgestelltes Defizit abzubauen, deutlich mehr Gewicht verliehen werden muss,

UNTER HINWEIS auf die Verpflichtung der Vertragsparteien, deren öffentlicher Schuldenstand über dem Referenzwert von 60 % liegt, diesen als Richtwert um durchschnittlich ein Zwanzigstel pro Jahr zu verringern,

EINGEDENK der Notwendigkeit, bei der Umsetzung dieses Vertrags die im Recht und den nationalen Systemen der einzelnen Vertragsparteien anerkannte besondere Rolle der Sozialpartner zu achten,

UNTER BETONUNG der Tatsache, dass keine Bestimmung dieses Vertrags so auszulegen ist, dass dadurch die wirtschaftspolitischen Auflagen, unter denen einer Vertragspartei im Rahmen eines Stabilisierungsprogramms der Europäischen Union, ihrer Mitgliedstaaten oder des Internationalen Währungsfonds finanzieller Beistand gewährt wurde, in irgendeiner Weise geändert werden,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Vertragsparteien für das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gemeinsam auf eine Wirtschaftspolitik hinarbeiten müssen, bei der sie gestützt auf die in den Verträgen, auf denen die Europäische Union beruht, festgelegten Mechanismen der wirtschaftspolitischen Koordinierung in allen für das reibungslose Funktionieren des Euro-Währungsgebiets wesentlichen Bereichen die notwendigen Schritte und Maßnahmen einleiten,

Insbesondere UNTER HINWEIS auf den Wunsch der Vertragsparteien, konsequenter auf die in Artikel 20 des Vertrags über die Europäische Union und in den Artikeln 326 bis 334 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehene Verstärkte Zusammenarbeit zurückzugreifen, ohne den Binnenmarkt zu beeinträchtigen, und in vollem Umfang auf die in Artikel 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union genannten Maßnahmen für die Mitglied-staaten, deren Währung der Euro ist, sowie auf ein Verfahren zurückzugreifen, das es den Vertrags-parteien, deren Währung der Euro ist, ermöglicht, alle größeren von ihnen geplanten wirtschafts-politischen Reformen vorab zu erörtern und zu koordinieren, um Benchmarks für vorbildliche Vorgehensweisen festzulegen,

UNTER HINWEIS auf die Vereinbarung der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets vom 26. Oktober 2011, die Steuerungsstrukturen des Euro-Währungsgebiets zu verbessern und zu diesem Zweck unter anderem alljährlich mindestens zwei Euro-Gipfel abzuhalten, die, außer wenn anderes durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt ist, unmittelbar nach den Tagungen des Europäischen Rates oder unmittelbar nach Tagungen, an denen alle Vertragsparteien teilnehmen, die diesen Vertrag ratifiziert haben, anberaumt werden,

UNTER HINWEIS auf die Billigung des Euro-Plus-Pakts durch die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union am 25. März 2011, in dem die für die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Währungs-gebiet wesentlichen Punkte ermittelt werden,

UNTER BETONUNG der Bedeutung, die dem Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus als Element der globalen Strategie zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion zukommt, und UNTER HINWEIS DARAUF, dass bei neuen Programmen im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus die Gewährung von Finanzhilfe ab dem 1. März 2013 von der Ratifizierung des vorliegenden Vertrags durch die betreffende Vertragspartei und nach Ablauf der in Artikel 3 Absatz 2 dieses Vertrags genannten Umsetzungsfrist von der Erfüllung der in dem genannten Artikel festgelegten Pflichten abhängen wird,

UNTER HINWEIS DARAUF, dass das Königreich Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, Irland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Zypern, das Großherzogtum Luxemburg, Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Portugiesische Republik, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik und die Republik Finnland Vertragsparteien sind, deren Währung der Euro ist, und diese als solche ab dem ersten Tag des Monats nach Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde an diesen Vertrag gebunden sind, sofern er zu diesem Zeitpunkt in Kraft ist,

SOWIE UNTER HINWEIS DARAUF, dass die Republik Bulgarien, das Königreich Dänemark, die Republik Lettland, die Republik Litauen, Ungarn, die Republik Polen, Rumänien und das König-reich Schweden Vertragsparteien sind, für die als Mitgliedstaaten der Europäischen Union zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Vertrags eine Ausnahmeregelung gilt oder sie von der Teilnahme an der gemeinsamen Währung freigestellt sind, und dass sie – solange diese Ausnahme-regelung oder Freistellung nicht aufgehoben ist – ausschließlich an die Bestimmungen der Titel III und IV dieses Vertrags gebunden sind, an die sie sich bei Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde oder zu einem späteren Zeitpunkt gebunden zu sein erklären –

SIND ÜBER FOLGENDE BESTIMMUNGEN ÜBEREINGEKOMMEN:

Art. 1

Text

TITEL I

ZWECK UND ANWENDUNGSBEREICH

ARTIKEL 1

(1) Mit diesem Vertrag kommen die Vertragsparteien als Mitgliedstaaten der Europäischen Union überein, die wirtschaftliche Säule der Wirtschafts- und Währungsunion durch Verabschiedung einer Reihe von Vorschriften zu stärken, die die Haushaltsdisziplin durch einen fiskalpolitischen Pakt fördern, die Koordinierung ihrer Wirtschaftspolitiken verstärken und die Steuerung des Euro-Währungsgebiets verbessern sollen und dadurch zur Erreichung der Ziele der Europäischen Union für nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt beitragen.

(2) Auf die Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, findet dieser Vertrag in vollem Umfang Anwendung. Für die anderen Vertragsparteien gilt er in dem in Artikel 14 festgelegten Umfang und unter den dort genannten Voraussetzungen.

Art. 2

Text

TITEL II

KOHÄRENZ MIT DEM UNIONSRECHT UND VERHÄLTNIS ZUM UNIONSRECHT

ARTIKEL 2

(1) Dieser Vertrag wird von den Vertragsparteien in Übereinstimmung mit den Verträgen, auf denen die Europäische Union beruht, insbesondere mit Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union, und mit dem Recht der Europäischen Union, einschließlich dem Verfahrens-recht, wann immer der Erlass von Sekundärgesetzgebung erforderlich ist, angewandt und ausgelegt.

(2) Dieser Vertrag gilt insoweit, wie er mit den Verträgen, auf denen die Europäische Union beruht, und mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist. Er lässt die Handlungsbefugnisse der Union auf dem Gebiet der Wirtschaftsunion unberührt.

Art. 3

Text

TITEL III

FISKALPOLITISCHER PAKT

ARTIKEL 3

(1) Die Vertragsparteien wenden zusätzlich zu ihren sich aus dem Recht der Europäischen Union ergebenden Verpflichtungen und unbeschadet dieser Verpflichtungen die in diesem Absatz festge-legten Vorschriften an:

  1. a)
    Der gesamtstaatliche Haushalt einer Vertragspartei ist ausgeglichen oder weist einen Überschuss auf.

  1. b)
    Die Regel unter Buchstabe a gilt als eingehalten, wenn der jährliche strukturelle Saldo des Gesamtstaats dem länderspezifischen mittelfristigen Ziel im Sinne des geänderten Stabilitäts- und Wachstumspakts, mit einer Untergrenze von einem strukturellen Defizit von 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen, entspricht. Die Vertragsparteien stellen eine rasche Annäherung an ihr jeweiliges mittelfristiges Ziel sicher. Der zeitliche Rahmen für diese Annäherung wird von der Europäischen Kommission unter Berücksichtigung der länderspezifischen Risiken für die langfristige Tragfähigkeit vorgeschlagen werden. Die Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Ziel und dessen Einhaltung werden dem geänderten Stabilitäts- und Wachstumspakt entsprechend auf der Grundlage einer Gesamt-bewertung evaluiert, bei der der strukturelle Haushaltssaldo als Referenz dient und die eine Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen einschließt.

  1. c)
    Die Vertragsparteien dürfen nur unter den in Absatz 3 Buchstabe b festgelegten außergewöhnlichen Umständen vorübergehend von ihrem jeweiligen mittelfristigen Ziel oder dem dorthin führenden Anpassungspfad abweichen.

  1. d)
    Liegt das Verhältnis zwischen öffentlichem Schuldenstand und Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen erheblich unter 60 % und sind die Risiken für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gering, so kann die Untergrenze des in Buchstabe b angegebenen mittelfristigen Ziels ein strukturelles Defizit von maximal 1,0 % des Bruttoinlandsprodukts zu Marktpreisen erreichen.

  1. e)
    Erhebliche Abweichungen vom mittelfristigen Ziel oder dem dorthin führenden Anpassungs-pfad lösen automatisch einen Korrekturmechanismus aus. Dieser Mechanismus schließt die Verpflichtung der betreffenden Vertragspartei ein, zur Korrektur der Abweichungen innerhalb eines festgelegten Zeitraums Maßnahmen zu treffen.

(2) Die Regelungen nach Absatz 1 werden im einzelstaatlichen Recht der Vertragsparteien in Form von Bestimmungen, die verbindlicher und dauerhafter Art sind, vorzugsweise mit Verfassungsrang, oder deren vollständige Einhaltung und Befolgung im gesamten nationalen Haushaltsverfahren auf andere Weise garantiert ist, spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrags wirksam. Die Vertragsparteien richten auf nationaler Ebene den in Absatz 1 Buchstabe e genannten Korrekturmechanismus ein und stützen sich dabei auf gemeinsame, von der Europäischen Kommission vorzuschlagende Grundsätze, die insbesondere die Art, den Umfang und den zeitlichen Rahmen der – auch unter außergewöhnlichen Umständen – zu treffenden Korrekturmaßnahmen sowie die Rolle und Unabhängigkeit der auf nationaler Ebene für die Überwachung der Einhaltung der in Absatz 1 genannten Regelungen zuständigen Institutionen betreffen. Dieser Korrekturmechanismus wahrt uneingeschränkt die Vorrechte der nationalen Parlamente.

(3) Für die Zwecke dieses Artikels gelten die Begriffsbestimmungen, die in Artikel 2 des den Verträgen zur Europäischen Union beigefügten Protokolls (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit festgelegt sind.

Zusätzlich dazu gelten für die Zwecke dieses Artikels die folgenden Begriffsbestimmungen:

  1. a)
    "Jährlicher struktureller Saldo des Gesamtstaats" ist der konjunkturbereinigte jährliche Saldo ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen.

  1. b)
    "Außergewöhnliche Umstände" sind ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle der betreffenden Vertragspartei entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen hat, oder ein schwerer Konjunkturabschwung im Sinne des geänderten Stabilitäts- und Wachstumspakts, vorausgesetzt, die vorübergehende Abweichung der betreffenden Vertragspartei gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

Art. 4

Text

ARTIKEL 4

Geht das Verhältnis zwischen dem gesamtstaatlichen Schuldenstand einer Vertragspartei und dem Bruttoinlandsprodukt über den in Artikel 1 des den Verträgen zur Europäischen Union beigefügten Protokolls (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit genannten Referenzwert von 60 % hinaus, so verringert diese Vertragspartei es gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit in der durch die Verordnung (EU) Nr. 1177/2011 des Rates vom 8. November 2011 geänderten Fassung als Richtwert um durchschnittlich ein Zwanzigstel jährlich. Das Bestehen eines übermäßigen Defizits durch die Verletzung des Schuldenkriteriums wird vom Rat nach dem Verfahren des Artikels 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgestellt werden.

Art. 5

Text

ARTIKEL 5

(1) Eine Vertragspartei, die gemäß den Verträgen, auf denen die Europäische Union beruht, Gegenstand eines Defizitverfahrens ist, legt ein Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramm auf, das eine detaillierte Beschreibung der Strukturreformen enthält, die zur Gewährleistung einer wirksamen und dauerhaften Korrektur ihres übermäßigen Defizits zu beschließen und umzusetzen sind. Inhalt und Form dieser Programme werden im Recht der Europäischen Union festgelegt. Sie werden dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission im Rahmen der bestehenden Überwachungsverfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts zur Genehmigung vorgelegt werden und auch innerhalb dieses Rahmens überwacht werden.

(2) Die Umsetzung des Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramms und die mit diesem Programm in Einklang stehenden jährlichen Haushaltspläne werden vom Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission überwacht werden.

Art. 6

Text

ARTIKEL 6

Zur besseren Koordinierung der Planung für die Begebung von Staatsschuldtiteln erstatten die Vertragsparteien dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission im Voraus über ihre entsprechenden Planungen Bericht.

Art. 7

Text

ARTIKEL 7

Die Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, verpflichten sich unter uneingeschränkter Einhaltung der Verfahrensvorschriften der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, zur Unterstützung der Vorschläge oder Empfehlungen der Europäischen Kommission, in denen diese die Auffassung vertritt, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union, dessen Währung der Euro ist, im Rahmen eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit gegen das Defizit-Kriterium verstößt. Diese Verpflichtung entfällt, wenn zwischen den Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, feststeht, dass eine analog zu den einschlägigen Bestimmungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, unter Auslassung des Standpunkts der betroffenen Vertragspartei ermittelte qualifizierte Mehrheit von ihnen gegen den vorgeschlagenen oder empfohlenen Beschluss ist.

Art. 8

Text

ARTIKEL 8

(1) Die Europäische Kommission wird aufgefordert, den Vertragsparteien zu gegebener Zeit einen Bericht über die Bestimmungen vorzulegen, die jede von ihnen gemäß Artikel 3 Absatz 2 erlassen hat. Gelangt die Europäische Kommission, nachdem sie der betreffenden Vertragspartei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, in ihrem Bericht zu dem Schluss, dass diese Vertragspartei Artikel 3 Absatz 2 nicht nachgekommen ist, wird der Gerichtshof der Europäischen Union von einer oder mehreren Vertragsparteien mit der Angelegenheit befasst werden. Ist eine Vertragspartei unabhängig vom Bericht der Kommission der Auffassung, dass eine andere Vertragspartei Artikel 3 Absatz 2 nicht nachgekommen ist, so kann sie den Gerichtshof mit der Angelegenheit befassen. In beiden Fällen ist das Urteil des Gerichtshofs für die Verfahrensbeteiligten verbindlich, und diese müssen innerhalb einer vom Gerichtshof festgelegten Frist die erforderlichen Maßnahmen treffen, um dem Urteil nachzukommen.

(2) Ist eine Vertragspartei nach eigener Einschätzung oder aufgrund der Bewertung der Europä-ischen Kommission der Auffassung, dass eine andere Vertragspartei nicht die in Absatz 1 genann-ten erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um dem Urteil des Gerichtshofs nachzukommen, so kann sie den Gerichtshof mit der Sache befassen und die Verhängung finanzieller Sanktionen gemäß den von der Europäischen Kommission im Rahmen von Artikel 260 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegten Kriterien verlangen. Stellt der Gerichtshof fest, dass die betreffende Vertragspartei seinem Urteil nicht nachgekommen ist, so kann er gegen diese Vertragspartei einen Pauschalbetrag oder ein Zwangsgeld verhängen, der/das den Umständen angemessen ist und nicht über 0,1 % ihres Bruttoinlandsprodukts hinausgeht. Die gegen eine Vertragspartei, deren Währung der Euro ist, verhängten Beträge sind an den Europäischen Stabilitätsmechanismus zu entrichten. Anderenfalls werden die Zahlungen an den Gesamthaushalts-plan der Europäischen Union entrichtet.

(3) Dieser Artikel stellt einen Schiedsvertrag zwischen den Vertragsparteien im Sinne des Artikels 273 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Art. 9

Text

TITEL IV

WIRTSCHAFTSPOLITISCHE KOORDINIERUNG UND KONVERGENZ

ARTIKEL 9

Gestützt auf die wirtschaftspolitische Koordinierung im Sinne des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verpflichten sich die Vertragsparteien, gemeinsam auf eine Wirtschafts-politik hinzuarbeiten, die durch erhöhte Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion sowie das Wirtschaftswachstum fördert. Zu diesem Zweck leiten die Vertragsparteien in Verfolgung des Ziels, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu fördern, weiter zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen und die Finanzstabilität zu stärken, in allen für das reibungslose Funktionieren des Euro-Währungsgebiets wesentlichen Bereichen die notwendigen Schritte und Maßnahmen ein.

Art. 10

Text

ARTIKEL 10

Den Anforderungen der Verträge, auf denen die Europäische Union beruht, entsprechend sind die Vertragsparteien bereit, in Angelegenheiten, die für das reibungslose Funktionieren des Euro-Währungsgebiets wesentlich sind, wann immer dies angemessen und notwendig ist, von den in Artikel 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehenen Maßnahmen für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, und – ohne dabei den Binnenmarkt zu beeinträchtigen – von der in Artikel 20 des Vertrags über die Europäische Union und in den Artikeln 326 bis 334 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgesehenen Verstärkten Zusammenarbeit aktiven Gebrauch zu machen.

Art. 11

Text

ARTIKEL 11

Um Benchmarks für vorbildliche Vorgehensweisen festzulegen und auf eine enger koordinierte Wirtschaftspolitik hinzuarbeiten, stellen die Vertragsparteien sicher, dass alle von ihnen geplanten größeren wirtschaftspolitischen Reformen vorab zwischen ihnen erörtert und gegebenenfalls koordiniert werden. In diese Koordinierung werden die Organe der Europäischen Union gemäß den Erfordernissen des Rechts der Europäischen Union einbezogen.

Art. 12

Text

TITEL V

STEUERUNG DES EURO-WÄHRUNGSGEBIETS

ARTIKEL 12

(1) Die Staats- und Regierungschefs der Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, und der Präsident der Europäischen Kommission treten informell zu Tagungen des Euro-Gipfels zusammen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank wird zur Teilnahme an diesen Tagungen eingeladen.

Der Präsident des Euro-Gipfels wird von den Staats- und Regierungschefs der Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, mit einfacher Mehrheit zu dem gleichen Zeitpunkt ernannt, zu dem der Europäische Rat seinen Präsidenten wählt; die Amtszeit entspricht der des Präsidenten des Europäischen Rates.

(2) Euro-Gipfel werden bei Bedarf – mindestens jedoch zweimal jährlich – einberufen, damit die Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, Fragen im Zusammenhang mit ihrer spezifischen gemeinsamen Verantwortung für die einheitliche Währung, weitere die Steuerung des Euro-Währungsgebiets betreffende Fragen und die dafür geltenden Vorschriften sowie strategische Orientierungen für die Steuerung der Wirtschaftspolitik und größere Konvergenz im Euro-Währungsgebiet erörtern.

(3) Die Staats- und Regierungschefs der Vertragsparteien, deren Währung nicht der Euro ist und die diesen Vertrag ratifiziert haben, nehmen an den Beratungen der Tagungen der Euro-Gipfel teil, die für die Vertragsparteien die Wettbewerbsfähigkeit, die Änderung der allgemeinen Architektur des Euroraums und der grundlegenden Regelungen, die für diesen in Zukunft gelten werden, betreffen, sowie, wenn dies sachgerecht ist und mindestens einmal im Jahr, an Beratungen zu bestimmten Fragen der Durchführung dieses Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion.

(4) Der Präsident des Euro-Gipfels gewährleistet in enger Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission die Vorbereitung und Kontinuität der Tagungen des Euro-Gipfels. Das mit der Vorbereitung und Nachbereitung der Tagungen des Euro-Gipfels betraute Gremium ist die Euro-Gruppe, deren Präsident zu diesem Zweck zur Teilnahme an diesen Tagungen eingeladen werden kann.

(5) Der Präsident des Europäischen Parlaments kann eingeladen werden, um gehört zu werden. Der Präsident des Euro-Gipfels legt dem Europäischen Parlament nach jeder Tagung des Euro-Gipfels einen Bericht vor.

(6) Der Präsident des Euro-Gipfels unterrichtet die anderen Vertragsparteien als die, deren Währung der Euro ist, und die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union laufend und eingehend über die Vorbereitungen und die Ergebnisse der Tagungen des Euro-Gipfels.

Art. 13

Text

ARTIKEL 13

Wie in Titel II des den Verträgen zur Europäischen Union beigefügten Protokolls (Nr. 1) über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union vorgesehen, bestimmen das Europä-ische Parlament und die nationalen Parlamente der Vertragsparteien gemeinsam über die Organisation und Förderung einer Konferenz von Vertretern der zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments und von Vertretern der zuständigen Ausschüsse der nationalen Parlamente, um die Haushaltspolitik und andere von diesem Vertrag erfasste Angelegenheiten zu diskutieren.

Art. 14

Text

TITEL VI

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

ARTIKEL 14

(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation durch die Vertragsparteien gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die Ratifikationsurkunden werden beim Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union (im Folgenden "Verwahrer") hinterlegt.

(2) Dieser Vertrag tritt am 1. Januar 2013 in Kraft, sofern zwölf Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, ihre Ratifikationsurkunde hinterlegt haben, oder am ersten Tag des Monats, der auf die Hinterlegung der zwölften Ratifikationsurkunde durch eine Vertragspartei, deren Währung der Euro ist, folgt, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.

(3) Dieser Vertrag gilt ab dem Tag des Inkrafttretens zwischen den Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, die ihn ratifiziert haben. Er gilt für die anderen Vertragsparteien, deren Währung der Euro ist, ab dem ersten Tag des auf die Hinterlegung ihrer jeweiligen Ratifikations-urkunde folgenden Monats.

(4) Abweichend von den Absätzen 3 und 5 gilt Titel V für alle betroffenen Vertragsparteien ab dem Tag des Inkrafttretens dieses Vertrags.

(5) Auf die Vertragsparteien, für die eine Ausnahmeregelung im Sinne von Artikel 139 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder eine Freistellung gemäß dem den Verträgen zur Europäischen Union beigefügten Protokolls (Nr. 16) über einige Bestimmungen betreffend Dänemark gilt und die den vorliegenden Vertrag ratifiziert haben, findet dieser Vertrag ab dem Tag Anwendung, an dem der Beschluss zur Aufhebung der Ausnahmeregelung bzw. Freistellung wirksam wird, es sei denn, die betreffende Vertragspartei erklärt, dass sie zu einem früheren Zeitpunkt an alle oder einige Bestimmungen der Titel III und IV dieses Vertrags gebunden sein will.

Art. 15

Text

ARTIKEL 15

Dieser Vertrag steht den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die keine Vertragspartei sind, zum Beitritt offen. Der Beitritt wird mit der Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Verwahrer wirksam, der die anderen Vertragsparteien davon in Kenntnis setzt. Nach Authentifizierung durch die Vertragsparteien wird der Wortlaut dieses Vertrags in der Amtssprache des beitretenden Mitgliedstaats, die auch eine Amtssprache und eine Arbeitssprache der Organe der Union ist, im Archiv des Verwahrers als verbindlicher Wortlaut dieses Vertrags hinterlegt.

Art. 16

Text

ARTIKEL 16

Binnen höchstens fünf Jahren ab dem Inkrafttreten dieses Vertrags werden auf der Grundlage einer Bewertung der Erfahrungen mit der Umsetzung des Vertrags gemäß dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union die notwendigen Schritte mit dem Ziel unternommen, den Inhalt dieses Vertrags in den Rechtsrahmen der Europäischen Union zu überführen.

Geschehen zu Brüssel am zweiten März zweitausendundzwölf.

Dieses Abkommen ist in bulgarischer, dänischer, niederländischer, englischer, estnischer, finnischer, französischer, deutscher, griechischer, ungarischer, irischer, italienischer, lettischer, litauischer, maltesischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, slowakischer, slowenischer, spanischer und schwedischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Verwahrers hinterlegt wird; dieser übermittelt den Vertragsparteien je eine beglaubigte Abschrift.