Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Übereinkommen betreffend archivalische Fragen, Fassung vom 16.04.2024

§ 0

Langtitel

(Übersetzung.) Übereinkommen zwischen Österreich, Ungarn, Italien, Polen, Rumänien, dem Königreiche der Serben, Kroaten und Slowenen und der Tschecho-Slowakei, betreffend archivalische Fragen.
StF: BGBl. Nr. 159/1924

Vertragsparteien

*Italien 159/1924 *Jugoslawien 159/1924 *Polen 159/1924 *Rumänien 159/1924 *Tschechoslowakei 310/1924

Sonstige Textteile

Der Bundespräsident erklärt das am 6. April 1922 in Rom abgeschlossene Übereinkommen zwischen Österreich, Ungarn, Italien, Polen, Rumänien, dem Königreiche der Serben, Kroaten und Slowenen und der Tschecho-Slowakei, betreffend archivalische Fragen, welches also lautet:

für ratifiziert und verspricht im Namen der Republik Österreich seine gewissenhafte Erfüllung.

Zu Urkund dessen ist die vorliegende Ratifikation vom Bundespräsidenten unterfertigt, vom Bundeskanzler und vom Bundesminister für die Auswärtigen Angelegenheiten gegengezeichnet und mit dem Staatssiegel der Republik Österreich versehen worden.

Geschehen zu Wien, den 12. Oktober 1923.

Ratifikationstext

Erklärung der polnischen Abordnung.

Die polnische Abordnung hat die Ehre zu erklären, daß sie, von dem Wunsche beseelt, die Annahme des gegenwärtigen Übereinkommens durch alle hohen vertragschließenden Teile zu fördern, nicht auf den am 7. Juni 1921 vorgebrachten Vorbehalten besteht, jedoch gleichzeitig den Wunsch ausspricht, daß bei den einzuleitenden Verhandlungen zwischen Polen und Österreich den von der polnischen Regierung hinsichtlich der archivalischen Fragen vertretenen Gesichtspunkten voll und ganz Rechnung getragen werde; überdies hat die polnische Abordnung die Ehre zu erklären, daß die Unterzeichnung der gegenwärtigen Übereinkunft nicht als Annahme der in der vom österreichischen Bundesministerium für Äußeres im Jänner dieses Jahres der polnischen Gesandtschaft in Wien übermittelten Note enthaltenen Anträge in Archivangelegenheiten durch die polnische Regierung angesehen werden darf.

Geschehen zu Rom, den sechsten April Eintausendneunhundertzweiundzwanzig.

Erklärung der tschecho-slowakischen Abordnung.

Die tschecho-slowakische Abordnung erklärt, daß sie die gegenwärtige Übereinkunft, betreffend die Archive in der vorliegenden Fassung nur unter folgenden Vorbehalten unterzeichnet: In Artikel römisch eins, lit. A, Ziffer 1 und 4, und lit. B, Ziffer 1 und 4, hält sie den Wortlaut der betreffenden Friedensverträge: „Alle Akten usw.“ aufrecht; in Artikel römisch II, Absatz 2, stellt sie ausdrücklich fest, daß der für Österreich und Ungarn gemachte Vorbehalt in gleicher Weise auch für die Tschecho-Slowakei gilt und daß dieser Vorbehalt in keinem Falle den freien Zutritt zu den in Absatz römisch eins desselben Artikels vorgesehenen öffentlichen Verwahrungsstätten hindern darf.

Die in Artikel römisch III, Ziffer 2, enthaltene Klausel „wenn es dazu kommen sollte“ bezieht sie auf den Fall der Einigung zwischen dem anfordernden und dem verwahrenden Staat und lehnt eine Bezugnahme auf den Fall einer Meinungsverschiedenheit ab.

Geschehen zu Rom, den sechsten April Eintausendneunhundertzweiundzwanzig.

Die österreichische Ratifikationsurkunde wurde am 8. März 1924, die italienische am 10. März 1924, die polnische am 15. Dezember 1923, die rumänische am 12. Dezember 1923 und die Ratifikationsurkunde des Königreiches der Serben, Kroaten und Slowenen am 22. Februar 1924 hinterlegt. Das vorstehende Übereinkommen ist daher im Sinne seines Artikels 7, Absatz 4, am 10. März 1924 zwischen Österreich und Italien und am 8. März 1924 zwischen Österreich, Polen, Rumänien und dem Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen in Geltung getreten.

Präambel/Promulgationsklausel

Übereinkommen.

Österreich, Ungarn, Italien, Polen, Rumänien, das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen und die Tschecho-Slowakei haben, von dem Wunsche beseelt, die archivalischen Fragen zu regeln und zu diesem Zweck ein Übereinkommen zu schließen, zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Anmerkung, es folgen die Namen der Bevollmächtigten)

welche nach Hinterlegung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten,

folgendes vereinbart haben:

Art. 1

Text

Artikel 1.

Österreich und Ungarn einerseits und die übrigen Staaten, welche die gegenwärtige Übereinkunft unterzeichnet haben, andererseits, sowie die letztgenannten Staaten untereinander, verpflichten sich, die Rückstellung und die Abgabe aller Akten, Archive, Urkunden und Gegenstände jeder Art, wie sie in den Staatsverträgen von Saint-Germain und Trianon bezeichnet sind, mit allen Mitteln gemäß der gegenwärtigen Übereinkunft zu fördern.

Für die Rückstellung, beziehungsweise für die Abgabe kommen in Betracht:

A. Für Österreich:

Ziffer eins Nach dem Staatsvertrage von Saint-Germain, Artikel 191, in Anwendung der Bestimmungen des Artikels 184 die Akten, Urkunden, Altertümer und Kunstgegenstände sowie alle wissenschaftlichen und bibliographischen Materialien, die aus besetzten Gebieten weggebracht wurden und dem Staate, den Provinz- oder Gemeindeverwaltungen, den Spitälern, der Kirche oder anderen öffentlichen oder privaten Anstalten gehören.

Ziffer 2 Nach Artikel 192: Die Gegenstände der im vorigen Absatz bezeichneten Art, die nach dem 1. Juni 1914 aus den abgetretenen Gebieten weggebracht worden sind, ausgenommen jedoch die von privaten Eigentümern gekauften Gegenstände.

Ziffer 3 Nach Artikel 93: Die Archive, Register, Pläne, Verschreibungen und Urkunden jeder Art, die den Zivil-, Militär-, Finanz-, Gerichts- oder sonstigen Verwaltungen gehören, alle etwa fortgeschafften inbegriffen; unter Vorbehalt des Absatzes 2 dieses Artikels.

Ziffer 4 Nach Artikel 193: Die im Besitz öffentlicher Anstalten befindlichen Akten, Urkunden und historischen Aufzeichnungen, die in unmittelbarem Zusammenhange mit der Geschichte der abgetretenen Gebiete stehen und während der letzten zehn Jahre von dort entfernt wurden; diese Frist reicht, soweit Italien in Betracht kommt, bis zum Zeitpunkte der Erklärung zum Königreiche (1861) zurück. Die Akten, Urkunden und Aufzeichnungen, die nicht mehr als zwanzig Jahre zurückreichen und in unmittelbarem Zusammenhange mit der Geschichte oder der Verwaltung des österreichischen Gebietes stehen und etwa in den abgetretenen Gebieten sich vorfinden sollten, werden der österreichischen Regierung von den anderen Signatarstaaten des gegenwärtigen Übereinkommens zurückgegeben werden.

Ziffer 5 Nach den Paragraphen 10 und 13 des Anhanges zu den Artikeln 249 und 250: Alle Akten, Archive, Rechnungen oder Rechnungsbelege, Urkunden und Nachweisungen jeglicher Art, Verträge, Bescheinigungen, andere Eigentumsverschreibungen, welche in diesen Paragraphen vorgesehen sind und in der Verwahrung staatlicher Behörden oder vom Staat kontrollierter oder garantierter Anstalten sich befinden.

Hinsichtlich der in den Händen Privater befindlichen Akten und Urkunden derselben Art wird nach den Bestimmungen des Staatsvertrages von Saint-Germain vorgegangen werden.

B. Für Ungarn:

Ziffer eins Nach dem Staatsvertrage von Trianon, Artikel 175: In Anwendung der Bestimmungen des Artikels 168 die Akten, Urkunden, Altertümer und Kunstgegenstände sowie alle wissenschaftlichen und bibliographischen Materialien, die aus besetzten Gebieten weggebracht wurden und dem Staat, den Provinz- oder Gemeindeverwaltungen, den Spitälern, der Kirche oder anderen öffentlichen oder privaten Anstalten gehören.

Ziffer 2 Nach Artikel 176: Die Gegenstände der im vorigen Punkte bezeichneten Art, die nach dem 1. Juni 1914 aus den abgetretenen Gebieten weggebracht worden sind, ausgenommen jedoch die von privaten Eigentümern gekauften Gegenstände.

Ziffer 3 Nach Artikel 77: Die Archive, Register, Pläne, Verschreibungen und Urkunden jeder Art, die den Zivil-, Militär-, Finanz-, Gerichts- oder sonstigen Verwaltungen gehören, alle etwa fortgeschafften inbegriffen; unter Vorbehalt des Absatzes 2 dieses Artikels.

Ziffer 4 Nach Artikel 177, Absatz 1, und Artikel 178: Die im Besitz öffentlicher Anstalten befindlichen Akten, Urkunden und historischen Aufzeichnungen, die in unmittelbarem Zusammenhange mit der Geschichte der abgetretenen Gebiete stehen und seit 1. Jänner 1868 von dort entfernt wurden; diese Frist reicht, soweit Italien in Betracht kommt, bis zum Zeitpunkte der Erklärung zum Königreiche (1861) zurück. Die Akten, Urkunden und Aufzeichnungen, die nicht mehr als zwanzig Jahre zurückreichen und in unmittelbarem Zusammenhange mit der Geschichte oder der Verwaltung des ungarischen Gebietes stehen und etwa in den abgetretenen Gebieten sich vorfinden sollten, werden der ungarischen Regierung von den anderen Signatarstaaten des gegenwärtigen Übereinkommens zurückgegeben werden.

Ziffer 5 Nach den Paragraphen 10 und 13 des Anhanges zu den Artikeln 232 und 233: Alle Akten, Archive, Rechnungen oder Rechnungsbelege, Urkunden und Nachweisungen jeglicher Art, Verträge, Bescheinigungen, andere Eigentumsverschreibungen, welche in diesen Paragraphen vorgesehen sind und in der Verwahrung staatlicher Behörden oder vom Staate kontrollierter oder garantierter Anstalten sich befinden. Hinsichtlich der in den Händen Privater befindlichen Akten und Urkunden derselben Art wird nach den Bestimmungen des Vertrages von Trianon vorgegangen werden.

Art. 2

Text

Artikel 2.

Das gegenwärtige Übereinkommen bezieht sich in gleicher Weise auf alle Fragen, die mit der in Artikel 93, Absatz 2, des Staatsvertrages von Saint-Germain, beziehungsweise Artikel 77, Absatz 2, des Staatsvertrages von Trianon vorgesehenen Einsichtsgewährung zusammenhängen. Soweit die bereits geschlossenen oder noch abzuschließenden besonderen Übereinkommen zwischen den beteiligten Staaten nichts Näheres bestimmen, fallen unter der Bedingung der Gegenseitigkeit zwischen den beteiligten Staaten und ohne Schädigung des laufenden Dienstes, in den Rahmen der Einsichtsgewährung hinsichtlich der Archive, Register, Pläne, Urkunden und Verschreibungen vor allem der freie Zutritt zu den in den angeführten Artikeln der genannten Staatsverträge bezeichneten Archiven, Registraturen und anderen öffentlichen Verwahrungsstellen, die Besichtigung, die Durchforschung, die Herstellung von Abschriften, Auszügen, Lichtbildern oder Nachbildungen jeglicher Art und in besonderen Fällen auch die befristete Entlehnung, sowie die Verpflichtung, die in Frage stehenden Archive und Urkunden in gutem Stande zu erhalten und nicht beiseite zu schaffen.

Dabei wird einvernehmlich festgestellt, daß dieser Artikel auf jene Schriftstücke nicht anzuwenden ist, die ausschließlich die Verwaltung der heute österreichischen und ungarischen Gebiete betreffen.

Das gegenwärtige Übereinkommen bezieht sich nicht nur auf die auf dem Boden Österreichs, beziehungsweise Ungarns befindlichen Akten, Archive usw., betreffend die ehemaligen österreichischen, ungarischen und österreichisch-ungarischen Verwaltungen, sondern auch auf jene, die sich in den übrigen, den anderen vertragschließenden Staaten abgetretenen Gebietsteilen der ehemaligen Monarchie befinden.

Art. 3

Text

Artikel 3.

Die Rückstellung und Abgabe wird unmittelbar von Staat zu Staat in folgender Weise vor sich zu gehen haben:

Ziffer eins Jeder der vertragschließenden Staaten wird binnen einer Frist von einem Monate, vom Inkrafttreten des gegenwärtigen Übereinkommens an gerechnet, einen oder mehrere Sachverständige bezeichnen und mit der Prüfung der in Artikel 1 genannten Akten, Archive, Register, Pläne, Verschreibungen und Urkunden jeglicher Art betrauen.

Ziffer 2 Sobald diese Prüfung beendet ist, wird jeder Sachverständige der Persönlichkeit, die für diese Aufgabe von dem Staat, in dem die betreffenden Akten sich befinden, betraut ist, ein Verzeichnis der Akten, Archive usw., die er für sein Land anfordert, zur Prüfung übergeben. Die Rückgabe wird, wenn es dazu kommen sollte, unmittelbar durch die Organe des verwahrenden Staates bewirkt.

Ziffer 3 Wenn im Verlaufe des Verfahrens der Sachverständige oder der verwahrende Staat feststellt, daß es sich um Akten, Archive usw. handelt, die für einen dritten vertragschließenden Staat von Belang sind und von diesem angefordert werden könnten, so werden die beteiligten Staaten davon verständigt und können binnen einer Frist von einem Monate vom Eintreffen der Verständigung an gerechnet, einen oder mehrere Sachverständige zur freundschaftlichen Regelung der Frage der endgültigen Zuteilung der Akten, Archive usw. um die es sich handelt, entsenden.

Ziffer 4 In allen Fällen, in denen sich eine Meinungsverschiedenheit über die Anwendung der Paragraphen 2 und 3 ergibt und ein Übereinkommen zwischen den beteiligten Staaten nicht vorliegt, wird die Frage, wenn lediglich zwei Staaten in Betracht kommen, zwei von den beteiligten Staaten bezeichneten Sachverständigen und einem von diesen Sachverständigen in gemeinsamem Einvernehmen gewählten vorsitzenden Schiedsrichter unterbreitet; in allen Fällen, in denen die Meinungsverschiedenheit die Belange mehrerer Staaten berührt, wird die Entscheidung von einem einzigen, in gemeinsamem Einvernehmen bestellten Schiedsrichter getroffen werden. Sollte eine Einigung über die Wahl des vorsitzenden Schiedsrichters oder des einzigen Schiedsrichters nicht erzielt werden können, so werden diese durch den Präsidenten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, oder, falls dieser verhindert ist, durch den Präsidenten des Völkerbundrates aus der Mitte der Fachmänner von Ländern gewählt werden, die nicht zu den vertragschließenden Staaten gehören.

Wenn einer oder mehrere der beteiligten Staaten ihren Sachverständigen nicht binnen einer Frist von zwei Monaten nach der ihnen gegenüber erfolgten Verständigung bezeichnen, so wird der vorsitzende Schiedsrichter oder der einzige Schiedsrichter über Ansuchen der übrigen Parteien gemäß den vorstehenden Bestimmungen ernannt werden.

Ziffer 5 Die gemäß Paragraph 4 ernannten Sachverständigen und Schiedsrichter sind gegebenenfalls auch zuständig, in Sachen der in Artikel 93, Absatz 2, des Staatsvertrages von Saint-Germain und Artikel 77, Absatz 2, des Staatsvertrages von Trianon vorgesehenen Einsichtsgewährung zu entscheiden, und zwar beglaubigte Abschriften zu beheben usw.

Ziffer 6 Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, den Sachverständigen und Schiedsrichtern in allen mit der gegenwärtigen Übereinkunft zusammenhängenden Angelegenheiten freien Zutritt zu allen Verwahrungsstätten der in Betracht kommenden Stücke, sei es bei den gewöhnlichen Hauptstellen, sei es bei den Zweigstellen oder sonstwo, lediglich unter den in Artikel 2 vorgesehenen Einschränkungen zu gewähren. Sie verpflichten sich, ihnen in gleicher Weise die Durchforschung der Inventare, Kataloge usw. sowie der Akten, die den betreffenden Verwaltungen und Anstalten gehören und administrativen Charakter haben, zu ermöglichen und ihnen die Lösung ihrer Aufgaben in jeder Weise zu erleichtern, ohne daß dadurch die Einhaltung der internen Bestimmungen jedes Staates über die Veröffentlichung der in Betracht kommenden Akten berührt werden sollen.

Dabei wird einvernehmlich festgestellt, daß dieser freie Zutritt nur für die unter der vormaligen Regierung Österreichs und Ungarns erwachsenen Akten in Betracht kommt und nur in den Amtsstunden und in Gegenwart eines Beamten der in Rede stehenden Verwaltungen zu erfolgen haben wird.

Ziffer 7 Die Hohen vertragschließenden Teile verpflichten sich, alle in dem gegenwärtigen Übereinkommen behandelten und derzeit in ihrem Besitze befindlichen Archive, Akten usw. bis zur vollständigen Durchführung der in Artikel 1 in Aussicht genommenen Rückstellung und Abgabe unversehrt zu erhalten, sich aller andern durch das gegenwärtige Übereinkommen vorgesehenen Maßregeln zu enthalten und vor allem ohne vorhergehende Verständigung und Ermächtigung der übrigen vertragschließenden Staaten nicht zur Skartierung der in Rede stehenden Akten zu schreiten; wenn auf die vorgenannte Verständigung binnen einer Frist von drei Monaten, vom Tage des Empfanges an gerechnet, keine Antwort erfolgt, so kann zur Skartierung geschritten werden.

Ziffer 8 Die etwaigen Kosten und die Entschädigung des Schiedsrichters werden durch die in den vorstehenden Absätzen vorgesehenen Sachverständigen in gemeinsamem Einvernehmen festgesetzt und aufgeteilt.

Falls eine Meinungsverschiedenheit entstehen sollte, ein Sonderübereinkommen zwischen den beteiligten Staaten nicht vorliegt oder in Aussicht genommen sein sollte, werden alle, die Kosten und die obgenannten Entschädigungen betreffenden Fragen nach dem im gegenwärtigen Artikel vorgesehenen Verfahren entschieden werden.

Ziffer 9 Die obgenannten Maßnahmen schließen in allen Fragen, die den Gegenstand des Paragraphen 5 des Artikels 1A und des Paragraphen 5 des Artikels 1B dieses Übereinkommens bilden, nicht aus, daß diese Rückstellungen nach den übrigen, in den Staatsverträgen von Saint-Germain und Trianon vorgesehenen Bestimmungen erfolgen.

Art. 4

Text

Artikel 4.

Artikel 274

(Staatsvertrag von Saint-Germain), Absatz 2, und Artikel 275 (Staatsvertrag von Trianon), Absatz 2.

Hinsichtlich der Archive, Register und Pläne, betreffend das amtliche Verfahren in Angelegenheit des gewerblichen, literarischen und künstlerischen Eigentumes bis zur Auflösung der österreichisch-ungarischen Monarchie, deren Übermittlung und Mitteilung ohne Schädigung des laufenden Dienstes und der gemeinsamen Belange nicht möglich ist, sichern sich die Hohen vertragschließenden Teile gegenseitig das Recht der gemeinsamen Benutzung zur Wahrung der Belange ihrer Staatsangehörigen zu. Demgemäß wird jeder der beteiligten Staaten das Recht haben, beglaubigte oder einfache Abschriften, Lichtbilder oder Zeichnungen nach Registern und Plänen sowie im allgemeinen aller Akten, Urkunden und Beilagen, betreffend die Rechte seiner Staatsangehörigen auf eigene Kosten und gegebenenfalls auch durch seine Beauftragten ohne Verpflichtung zur Zahlung von Taxen oder irgendwelcher Gebühren erheben zu lassen; die Verwaltungen, bei denen sich die Archive, Register und Pläne befinden, sind verpflichtet, über Verlangen der beteiligten Parteien beglaubigte oder einfache Abschriften der diese betreffenden Eintragungen, Pläne und aller Beilagen auszufolgen, ohne daß hiefür Taxen oder andere Leistungen in höherem Ausmaß als für die eigenen Staatsangehörigen gefordert werden dürfen.

Art. 5

Text

Artikel 5.

römisch eins. A. Für Österreich:

Staatsvertrag von Saint-Germain, Artikel 196. Was alle Gegenstände künstlerischen, archäologischen, wissenschaftlichen oder historischen Charakters anbelangt, welche einen Teil von Sammlungen bilden, die einstmals der Regierung der österreichisch-ungarischen Monarchie oder der Krone gehörten und zwar insofern sie nicht etwa den Gegenstand anderer Verfügungen des genannten Staatsvertrages bilden, verpflichtet sich Österreich:

  1. Litera a
    mit den beteiligten Staaten, sobald es darum ersucht wird, Verhandlungen über ein freundschaftliches Übereinkommen zu führen, kraft dessen alle jene Teile der genannten Sammlungen oder alle diejenigen unter den erwähnten Gegenständen, die etwa zum Kulturbesitze der durch den Staatsvertrag von Saint-Germain abgetretenen Gebiete gehören sollten, auf Grund der Gegenseitigkeit in ihr Ursprungsland zurückgebracht werden können. Was den Kulturbesitz der durch den Staatsvertrag von Trianon abgetretenen Gebiete anbelangt, die einstmals der Regierung der österreichisch-ungarischen Monarchie oder der Krone gehörten, erklärt sich Österreich bereit, mit den beteiligten Staaten über ein Abkommen auf der Grundlage gegenseitiger Zugeständnisse Verhandlungen zu führen;
  2. Litera b
    von den in Rede stehenden Sammlungen während zwanzig Jahren nichts zu veräußern oder zu zerstreuen und keine Verfügung über irgendeinen der genannten Gegenstände zu treffen, es würde denn vor Ablauf dieser Frist ein besonderes Übereinkommen getroffen; sondern deren Sicherheit und gute Erhaltung zu gewährleisten und dieselben, ebenso wie die zu den genannten Sammlungen gehörigen Inventare, Kataloge und Verwaltungsschriften zur Verfügung der Studierenden und Sachverständigen der unterzeichneten, verbündeten und assoziierten Mächte zu halten.

B. für Ungarn:

Staatsvertrag von Trianon, Artikel 177, Absatz 2 bis 5. Was alle Gegenstände oder Urkunden künstlerischen, archäologischen, wissenschaftlichen oder historischen Charakters anbelangt, welche einen Teil von Sammlungen bilden, die einstmals der Regierung der österreichisch-ungarischen Monarchie oder der Krone gehörten, und zwar insofern sie nicht den Gegenstand anderer Verfügungen des genannten Staatsvertrages bilden, verpflichtet sich Ungarn:

  1. Litera a
    mit den beteiligten Staaten, sobald es darum ersucht wird, Verhandlungen über ein freundschaftliches Übereinkommen zu führen, kraft dessen alle jene Teile der genannten Sammlungen oder alle diejenigen unter den erwähnten Gegenständen oder Urkunden, die etwa zum Kulturbesitze der genannten Staaten gehören sollten – auf Grund der Gegenseitigkeit – in ihr Ursprungsland zurückgebracht werden können;
  2. Litera b
    von den in Rede stehenden Sammlungen während 20 Jahren nichts zu veräußern oder zu zerstreuen und keine Verfügung über irgendeinen der genannten Gegenstände zu treffen, es würde denn vor Ablauf dieser Frist ein besonderes Übereinkommen getroffen; sondern deren Sicherheit und gute Erhaltung zu gewährleisten und dieselben, ebenso wie die zu den genannten Sammlungen gehörigen Inventare, Kataloge und Verwaltungsschriften zur Verfügung der Studierenden und Sachverständigen der unterzeichneten verbündeten und assoziierten Mächte zu halten. Hingegen hat Ungarn seinerseits das Recht, sich an die genannten Staaten und besonders an Österreich zu wenden, um unter den gleichen Bedingungen wie oben über die Vereinbarungen zu verhandeln, welche für die Repatriierung der obenerwähnten Sammlungen, Dokumente und Gegenstände, auf welche die in Absatz b vorgesehenen Sicherungen anzuwenden sein werden, nach Ungarn erforderlich sind.

römisch II. Die Staaten, welche das in Artikel 196 des Staatsvertrages von Saint-Germain und Artikel 177 des Staatsvertrages von Trianon vorgesehene Ersuchen zu stellen beabsichtigen, werden Österreich, beziehungsweise Ungarn binnen einer Frist von einem Jahre nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Übereinkommens davon verständigen; sie werden sodann innerhalb einer Frist von zwanzig Jahren nach Inkrafttreten des Staatsvertrages von Saint-Germain, soweit Österreich in Betracht kommt, beziehungsweise des Staatsvertrages von Trianon, soweit Ungarn in Betracht kommt, ein Ersuchen vorlegen, welches in den Einzelheiten die Sammlungen, Gegenstände und Dokumente angibt, welche zurückgefordert werden, ebenso wie die Umstände der Gegenseitigkeit, welche der zurückfordernde Staat anzubieten gedenkt.

In den abzuschließenden Übereinkünften wird auch festgesetzt werden, auf welche Art die Meinungsverschiedenheiten zu regeln sind, welche sich über die Ausführung dieser Vereinbarungen ergeben könnten.

Art. 6

Text

Artikel 6.

Die Bestimmungen des gegenwärtigen Übereinkommens berühren weder jene der Staatsverträge von Saint-Germain und Trianon noch die Rechte des Wiedergutmachungsausschusses, insbesondere nicht dessen Befugnisse gemäß Absatz 2 des Artikels 192 des Staatsvertrages von Saint-Germain und Absatz 2 des Artikels 176 des Staatsvertrages von Trianon. Es wird ferner einvernehmlich festgestellt, daß die Bestimmungen der bereits von Österreich, beziehungsweise von Ungarn mit einem der hohen vertragschließenden Teile geschlossenen Übereinkommen, insbesondere jene des zu Wien am 4. Mai 1920 unterzeichneten Übereinkommens zwischen Österreich und Italien und des zu Prag am 18. Mai 1920 unterzeichneten Übereinkommens zwischen Österreich und der Tschecho-Slowakei in gleicher Weise ihre volle Geltung behalten. Das gegenwärtige Übereinkommen wird auch anderen Sonderübereinkünften zwischen den beteiligten Staaten, die entweder schon geschlossen sind oder in Zukunft noch abgeschlossen werden sollten, nicht vorgreifen.

Art. 7

Text

Artikel 7.

Das gegenwärtige Übereinkommen wird so bald als möglich ratifiziert werden.

Jeder Staat wird seine Ratifikation der italienischen Regierung übermitteln, die hievon alle anderen unterzeichneten Staaten verständigen wird.

Die Ratifikationen werden im Archiv der italienischen Regierung hinterlegt bleiben.

Das gegenwärtige Übereinkommen wird für jeden unterzeichneten Staat mit dem Datum der Hinterlegung seiner Ratifikation in Kraft treten und von diesem Zeitpunkt an gegenüber allen Staaten gelten, welche bereits ihre Ratifikationen hinterlegt haben.

Urkund dessen haben die obengenannten Bevollmächtigten das gegenwärtige Übereinkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Rom, am sechsten April Eintausendneunhundertzweiundzwanzig in Französisch und Italienisch, welche Texte gleich authentisch sind, in einer einzigen Ausfertigung, die im Archiv der Regierung des Königreiches Italien hinterlegt und in beglaubigter Abschrift allen unterzeichneten Staaten übersendet werden wird.