Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Abkommen über die Förderung und den Schutz der Investitionen (Tunesien), Fassung vom 16.04.2024

§ 0

Langtitel

ABKOMMEN ZWISCHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND DER TUNESISCHEN REPUBLIK ÜBER DIE FÖRDERUNG UND DEN SCHUTZ DER INVESTITIONEN
StF: BGBl. Nr. 694/1996 (NR: GP XX RV 12 AB 267 S. 36. BR: AB 5248 S. 616.)

Sonstige Textteile

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages wird genehmigt.

Ratifikationstext

Die vom Bundespräsidenten unterzeichnete und vom Bundeskanzler gegengezeichnete Ratifikationsurkunde wurde am 23. Oktober 1996 ausgetauscht; das Abkommen tritt gemäß seinem Artikel 11, Absatz eins, mit 1. Jänner 1997 in Kraft.

Präambel/Promulgationsklausel

DIE REPUBLIK ÖSTERREICH UND DIE TUNESISCHE REPUBLIK

im folgenden die „Vertragsparteien“ genannt,

VON DEM WUNSCHE GELEITET, günstige Voraussetzungen für eine größere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien zu schaffen,

IN DER ÜBERZEUGUNG, daß die Förderung und der Schutz der Investitionen die Bereitschaft zur Vornahme solcher Investitionen stärken und dadurch einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen leisten können,

IN DER ERKENNTNIS der Notwendigkeit die Investitionen der Investoren der einen Vertragspartei auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei gerecht und billig zu behandeln,

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Art. 1

Text

Artikel 1

Definitionen

Für die Zwecke dieses Abkommens

  1. Absatz einsumfaßt der Begriff „Investitionen“ sämtliche Vermögenswerte aller Art, welche im Gastland gemäß dessen Rechtsvorschriften veranlagt oder anerkannt wurden, und insbesondere, aber nicht ausschließlich:
    1. Litera a
      Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie sonstige dingliche Rechte, wie Hypotheken, Pfandrechte, Nutzungsrechte und ähnliche Rechte;
    2. Litera b
      Wertpapiere, Aktien, Anteilsrechte an und Obligationen von Gesellschaften;
    3. Litera c
      Ansprüche auf Geld, das übergeben wurde, um einen wirtschaftlichen Wert zu schaffen, oder Ansprüche auf eine Leistung, die einen wirtschaftlichen Wert hat;
    4. Litera d
      Urheberrechte, gewerbliche Schutzrechte, wie Erfinderpatente, Handelsmarken, gewerbliche Muster und Modelle sowie Gebrauchsmuster, technische Verfahren, Know-how, Handelsnamen und Goodwill;
    5. Litera e
      öffentlich-rechtliche Konzessionen für die Aufsuchung und den Abbau von Naturschätzen;
  2. Absatz 2bezeichnet der Begriff „Investor“:
    1. Litera a
      jede natürliche Person, die die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt und im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Investition tätigt;
    2. Litera b
      jede juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes, die in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei geschaffen wurde, ihren Sitz im Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei hat und im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Investition tätigt;
  3. Absatz 3bezeichnet der Begriff „Erträge“ diejenigen Beträge, die eine Investition erbringt, und insbesondere, aber nicht ausschließlich, Gewinne, Zinsen, Dividenden, Tantiemen, Lizenzgebühren und andere Entgelte;
  4. Absatz 4umfaßt der Begriff „Enteignung“ auch eine Verstaatlichung oder jede sonstige Maßnahme mit gleicher Wirkung;
  5. Absatz 5bezeichnet der Begriff „Hoheitsgebiet“
    1. Absatz i
      betreffend die Tunesische Republik, das Hoheitsgebiet der Tunesischen Republik;
    2. Absatz i, i
      betreffend die Republik Österreich, das Hoheitsgebiet der Republik Österreich.

Art. 2

Text

Artikel 2

Förderung und Schutz der Investitionen

  1. Absatz einsJede Vertragspartei fördert nach Möglichkeit in ihrem Hoheitsgebiet die Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei, läßt diese Investitionen in Übereinstimmung mit ihren Rechtsvorschriften zu und behandelt sie in jedem Fall gerecht und billig.
  2. Absatz 2Investitionen gemäß Absatz 1 und ihre Erträge genießen den Schutz dieses Abkommens. Gleiches gilt, unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 1, im Falle einer Wiederveranlagung der Erträge auch für deren Erträge. Die rechtliche Erweiterung, Veränderung oder Umwandlung einer Investition, die in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften des Gastlandes vorgenommen wird, gilt als neue Investition.

Art. 3

Text

Artikel 3

Behandlung von Investitionen

  1. Absatz einsJede Vertragspartei behandelt die Investoren der anderen Vertragspartei und deren Investitionen nicht weniger günstig als ihre eigenen Investoren und deren Investitionen oder Investoren dritter Staaten und deren Investitionen.
  2. Absatz 2Die Bestimmungen des Absatzes 1 können nicht dahin gehend ausgelegt werden, daß sie eine Vertragspartei verpflichten, den Investoren der anderen Vertragspartei den gegenwärtigen oder künftigen Vorteil einer Behandlung, einer Präferenz oder eines Privileges einzuräumen, welcher sich ergibt aus:
    1. Litera a
      einer Zollunion, einen gemeinsamen Markt, einer Freihandelszone oder der Zugehörigkeit zu einer Wirtschaftsgemeinschaft oder jedem sonstigen Abkommen, das eine regionale wirtschaftliche Zusammenarbeit begründet;
    2. Litera b
      einem internationalen Abkommen oder einer bilateralen Vereinbarung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit über Steuerfragen;
    3. Litera c
      einer Regelung zur Erleichterung des Grenzverkehrs oder jedem bilateralen Abkommen über spezielle Maßnahmen in einem regionalen Rahmen.

Art. 4

Text

Artikel 4

Enteignung

  1. Absatz einsDie Investitionen der Investoren einer Vertragspartei dürfen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei nur im öffentlichen Interesse, auf Grund eines rechtmäßigen Verfahrens und gegen Entschädigung enteignet werden. Die Entschädigung muß dem Wert der Investition unmittelbar vor dem Zeitpunkt entsprechen, in dem die Enteignung öffentlich bekannt wurde. Die Entschädigung muß ohne ungebührliche Verzögerung geleistet werden; sie muß tatsächlich verwertbar und frei transferierbar sein. Spätestens im Zeitpunkt der Enteignung muß in geeigneter Weise für die Festsetzung der Entschädigung Vorsorge getroffen sein.
  2. Absatz 2Enteignet eine Vertragspartei die Vermögenswerte einer Gesellschaft, die in Anwendung des Artikels 1 Absatz 2 dieses Abkommens als eine eigene Gesellschaft dieser Vertragspartei anzusehen ist, und an welcher der Investor der anderen Vertragspartei Anteilsrechte besitzt, so wendet sie die Bestimmungen des Absatzes 1 dieses Artikels dergestalt an, daß die angemessene Entschädigung dieses Investors sichergestellt wird.
  3. Absatz 3Dem Investor steht das Recht zu, die Rechtmäßigkeit der Enteignung ausschließlich durch die zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlaßt hat, gemäß deren Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen.
  4. Absatz 4Dem Investor steht das Recht zu, die Höhe der Entschädigung entweder durch die zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlaßt hat, oder durch ein internationales Schiedsgericht gemäß Artikel 8 dieses Abkommens überprüfen zu lassen.

Art. 5

Text

Artikel 5

Transfer

  1. Absatz einsJede Vertragspartei gewährleistet den Investoren der anderen Vertragspartei ohne ungebührliche Verzögerung den freien Transfer in frei konvertierbarer Währung der im Zusammenhang mit einer Investition stehenden Zahlungen, und insbesondere, aber nicht ausschließlich,
    1. Litera a
      der Erträge;
    2. Litera b
      der Rückzahlung von Darlehen;
    3. Litera c
      der Honorare;
    4. Litera d
      des Erlöses im Falle vollständiger oder teilweiser Liquidation oder Veräußerung der Investition;
    5. Litera e
      von Entschädigungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 dieses Abkommens.
  2. Absatz 2Die Zahlungen gemäß diesem Artikel erfolgen zu den Wechselkursen, die am Tage der Transferzahlung gelten.
  3. Absatz 3Ungeachtet der Bestimmungen des Absatzes 1, kann die eine oder die andere Vertragspartei:
    1. Litera a
      Rechtsvorschriften, welche zur Anzeige des Devisentransfers verpflichten sowie zur Einhebung von Ertragssteuern berechtigen, aufrechterhalten;
    2. Litera b
      Gläubigerrechte schützen oder die Vollstreckung von Urteilen auf Grund einer gerichtlichen Klage in gerechter und nicht diskriminierender Anwendung ihrer Gesetze sicherstellen.

Art. 6

Text

Artikel 6

Eintrittsrecht

Leistet eine Vertragspartei oder eine von ihr hiezu ermächtigte Institution einem ihrer Investoren Zahlungen auf Grund einer Garantie für eine Investition im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei, so erkennt diese andere Vertragspartei, unbeschadet der Rechte des Investors der erstgenannten Vertragspartei aus Artikel 8 dieses Abkommens und der Rechte der erstgenannten Vertragspartei aus Artikel 9 dieses Abkommens, die Übertragung aller Rechte dieses Investors kraft Gesetzes oder auf Grund eines Rechtsgeschäfts auf die erstgenannte Vertragspartei vorbehaltlich des Bestehens von Gegenforderungen an. Ferner erkennt die andere Vertragspartei den Eintritt der erstgenannten Vertragspartei in alle diese Rechte vorbehaltlich des Bestehens von Gegenforderungen an, welche die erstgenannte Vertragspartei in demselben Umfang wie ihr Rechtsvorgänger auszuüben berechtigt ist.

Für den Transfer von Zahlungen, die einer Vertragspartei auf Grund der an sie abgetretenen Eintrittsrechte zu leisten sind, gelten Artikel 4 und Artikel 5 dieses Abkommens sinngemäß.

Art. 7

Text

Artikel 7

Andere Verpflichtungen

Ergibt sich aus den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei oder aus völkerrechtlichen Verpflichtungen, die neben diesem Abkommen zwischen den Vertragsparteien bestehen oder in Zukunft begründet werden, eine allgemeine oder besondere Regelung, auf Grund deren Bestimmungen den Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung als nach diesem Abkommen zu gewähren ist, so geht diese Regelung dem vorliegenden Abkommen insoweit vor, als sie günstiger ist.

Art. 8

Text

Artikel 8

Beilegung von Investitionsstreitigkeiten

  1. Absatz einsEntstehen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei Meinungsverschiedenheiten aus einer Investition, so werden diese so weit wie möglich zwischen den Streitparteien freundschaftlich beigelegt werden.
  2. Absatz 2Kann eine Meinungsverschiedenheit gemäß Absatz 1 nicht innerhalb von sechs Monaten ab einer schriftlichen Mitteilung hinreichend bestimmter Ansprüche durch die Inanspruchnahme innerstaatlicher Rechtsbehelfe oder auf anderem Wege beigelegt werden, wird die Meinungsverschiedenheit auf Antrag der Vertragspartei oder des Investors der anderen Vertragspartei zur Durchführung eines Vergleichsverfahrens oder eines Schiedsverfahrens dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsangehörigen anderer Staaten *), die am 18. März 1965 in Washington zur Unterzeichnung aufgelegt wurde, geschaffen wurde. Im Falle eines Schiedsverfahrens stimmt jede Vertragspartei auch ohne Vorliegen einer individuellen Schiedsvereinbarung zwischen einer Vertragspartei und einem Investor durch dieses Abkommen unwiderruflich im vorhinein zu, solche Meinungsverschiedenheiten dem Zentrum zu unterbreiten.
  3. Absatz 3Eine Vertragspartei, die Streitpartei ist, macht in keinem Stadium des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens oder der Durchsetzung eines Schiedsspruchs als Einwand geltend, daß der Investor, der die andere Streitpartei bildet, auf Grund der in Artikel 6 vorgesehenen Garantie eine Entschädigung bezüglich aller oder Teile seiner Verluste erhalten habe.

_______________

*) Kundgemacht in Bundesgesetzblatt Nr. 357 aus 1971,

Art. 9

Text

Artikel 9

Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien

  1. Absatz einsMeinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens sollen, soweit wie möglich, durch freundschaftliche Verhandlungen beigelegt werden.
  2. Absatz 2Kann eine Meinungsverschiedenheit gemäß Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten nicht beigelegt werden, so wird sie auf Verlangen einer der Vertragsparteien einem Schiedsgericht unterbreitet.
  3. Absatz 3Das Schiedsgericht wird von Fall zu Fall gebildet, indem jede Vertragspartei ein Mitglied bestellt und beide Mitglieder sich auf eine dritte Person als Vorsitzenden einigen. Die Mitglieder sind innerhalb von zwei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei der anderen mitgeteilt hat, daß sie die Meinungsverschiedenheit einem Schiedsgericht unterbreiten will, der Vorsitzende innerhalb von weiteren zwei Monaten zu bestellen.
  4. Absatz 4Werden die in Absatz 3 festgelegten Fristen nicht eingehalten, so kann in Ermangelung einer anderen Vereinbarung jede Vertragspartei den Generalsekretär der Vereinten Nationen bitten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt der Generalsekretär der Vereinten Nationen die Staatsangehörigkeit einer der beiden Vertragsparteien oder ist er aus einem anderen Grund verhindert diese Funktion auszuüben, so kann der dienstälteste stellvertretende Generalsekretär der Vereinten Nationen unter denselben Voraussetzungen eingeladen werden, die Ernennungen vorzunehmen.
  5. Absatz 5Das Schiedsgericht beschließt seine eigene Verfahrensordnung.
  6. Absatz 6Das Schiedsgericht entscheidet auf Grund dieses Abkommens sowie auf Grund der allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes. Es entscheidet mit Stimmenmehrheit; der Schiedsspruch ist endgültig und bindend.
  7. Absatz 7Jede Vertragspartei trägt die Kosten ihres Mitglieds und ihrer Vertretung in dem Schiedsverfahren. Die Kosten des Vorsitzenden sowie die sonstigen Kosten werden von den beiden Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen. Das Gericht kann jedoch in seinem Schiedsspruch eine andere Kostenregelung treffen.

Art. 10

Text

Artikel 10

Anwendung dieses Abkommens

Dieses Abkommen gilt für Investitionen, die die Investoren der einen Vertragspartei in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der anderen Vertragspartei in deren Hoheitsgebiet sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens vorgenommen haben.

Art. 11

Text

Artikel 11

Inkrafttreten und Dauer

  1. Absatz einsDieses Abkommen bedarf der Ratifikation und tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in welchem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht worden sind.
  2. Absatz 2Das Abkommen bleibt zehn Jahre lang in Kraft; es bleibt in Kraft, sofern es nicht eine der beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von mindestens einem Jahr vor Ablauf der Geltungsdauer oder zu jedem anderen Zeitpunkt danach, kündigt.
  3. Absatz 3Für die Investitionen, die bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Abkommens vorgenommen worden sind, gilt dieses Abkommen noch weitere zehn Jahre vom Tage des Außerkrafttretens des Abkommens an.

    GESCHEHEN zu Wien, am 1. Juni 1995, in zwei Urschriften, jede in deutscher, arabischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen authentisch ist.