Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Grundrechtsbeschwerde-Gesetz, Fassung vom 13.10.2024

§ 0

Langtitel

Bundesgesetz über die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof wegen Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit (Grundrechtsbeschwerde-Gesetz – GRBG)
StF: BGBl. Nr. 864/1992 (NR: GP XVIII IA 408/A AB 852 S. 95. BR: AB 4409 S. 563.)

Präambel/Promulgationsklausel

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1

Text

Paragraph eins,
  1. Absatz einsWegen Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit durch eine strafgerichtliche Entscheidung oder Verfügung steht dem Betroffenen nach Erschöpfung des Instanzenzuges die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu.
  2. Absatz 2Absatz eins, gilt nicht für die Verhängung und den Vollzug von Freiheitsstrafen und vorbeugenden Maßnahmen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen.

§ 2

Text

Paragraph 2,
  1. Absatz einsDas Grundrecht auf persönliche Freiheit (Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit, Bundesgesetzblatt Nr. 684 aus 1988,, Artikel 5, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,) ist insbesondere dann verletzt, wenn die Verhängung oder Aufrechterhaltung einer Haft zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht, die Dauer einer Haft unverhältnismäßig geworden ist, die Voraussetzungen einer Haft, wie Tatverdacht oder Haftgründe, unrichtig beurteilt wurden oder sonst bei einer Festnahme oder Anhaltung das Gesetz unrichtig angewendet wurde.
  2. Absatz 2Die Beschwerde kann auch aus Anlaß einer die Freiheitsbeschränkung beendenden Entscheidung oder Verfügung mit der Behauptung erhoben werden, daß die Entscheidung oder Verfügung zu spät getroffen worden sei.

§ 3

Text

Paragraph 3,
  1. Absatz einsIn der Beschwerde ist anzugeben und zu begründen, worin der Beschwerdeführer die Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit erblickt. Die angefochtene oder zum Anlaß der Beschwerde genommene Entscheidung oder Verfügung ist genau zu bezeichnen. Der Tag, der für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist, (Paragraph 4, Absatz eins,) ist anzuführen.
  2. Absatz 2Die Beschwerde muß von einem Verteidiger unterschrieben sein. Ist die Beschwerde nicht von einem Verteidiger unterschrieben, so ist die Eingabe vorerst zur Behebung dieses Mangels und Wiedervorlage an das Gericht erster Instanz binnen einer Woche zurückzustellen. Gleichzeitig ist der Beschwerdeführer über die Verfahrenshilfe zu belehren.
  3. Absatz 3Die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Verfahrenshilfe, insbesondere Paragraph 41, Absatz 2, über die Voraussetzungen, Paragraph 42, über die Beigebung und Bestellung eines Verteidigers und Paragraph 43 a, über die Unterbrechung des Fristenlaufes, sind sinngemäß anzuwenden.

§ 4

Text

Paragraph 4,
  1. Absatz einsDie Beschwerde ist binnen 14 Tagen ab dem Tag, an dem der Betroffene von der Entscheidung oder Verfügung Kenntnis erlangt hat, beim Gericht erster Instanz einzubringen. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde rechtzeitig bei einem im Instanzenzug befaßten Gericht oder beim Obersten Gerichtshof eingebracht wird. Wird die Entscheidung oder Verfügung schriftlich ausgefertigt und zugestellt, so endet die Frist nicht vor Ablauf von 14 Tagen ab dem Tag der Zustellung an den Betroffenen.
  2. Absatz 2Die befaßten Gerichte haben die zur Entscheidung über die Beschwerde erforderlichen Akten (Aktenteile) unverzüglich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, doch sind erforderlichenfalls Ablichtungen anzufertigen und alle Vorkehrungen zu treffen, damit eine Haft des Betroffenen keine Verlängerung und ein anhängiges Verfahren keine Verzögerung erfahre.

§ 5

Text

Paragraph 5,

Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 6

Text

Paragraph 6,

Der Oberste Gerichtshof entscheidet über die Beschwerde nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung in einem Senat von drei Richtern durch Erkenntnis.

§ 7

Text

Paragraph 7,
  1. Absatz einsDas Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes hat auszusprechen, ob eine Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit stattgefunden hat, und erforderlichenfalls die angefochtene Entscheidung oder Verfügung aufzuheben.
  2. Absatz 2Wird der Beschwerde stattgegeben, so sind die Gerichte verpflichtet, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Obersten Gerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

§ 8

Text

Paragraph 8,

In einem stattgebenden Erkenntnis ist dem Bund der Ersatz der Beschwerdekosten an den Beschwerdeführer aufzuerlegen.

§ 9

Text

Paragraph 9,

Der Bundesminister für Justiz hat mit Verordnung die Höhe der Beschwerdekosten nach den für eine gleichartige Tätigkeit eines Rechtsanwaltes geltenden Tarifbestimmungen in einem Pauschbetrag festzusetzen und bei erheblicher Änderung der Verhältnisse anzupassen.

§ 10

Text

Paragraph 10,

Im Verfahren über Grundrechtsbeschwerden sind, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes vorsieht, die für den Obersten Gerichtshof und die für das gerichtliche Strafverfahren geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden.

§ 11

Text

Paragraph 11,

Bei der Anwendung des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes bedarf es keines Antrages und keiner Beschlußfassung des übergeordneten Gerichtshofes nach Paragraph 6, Absatz eins, StEG, soweit der Oberste Gerichtshof aus Anlaß einer Grundrechtsbeschwerde festgestellt hat, daß der Geschädigte im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde.

§ 12

Text

Paragraph 12,
  1. Absatz einsDieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 1993 in Kraft.
  2. Absatz 2Ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes können Beschwerden erhoben werden, ohne daß es darauf ankäme, wann die Grundrechtsverletzung erfolgt ist.

§ 13

Text

Paragraph 13,

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut.