Entscheidungstext OBm1/13

Gericht

OPMS

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Fundstelle

ÖBl‑LS 2013/78 ‑ Malzmeister

Geschäftszahl

OBm1/13

Entscheidungsdatum

12.06.2013

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Carmen LOIBNER-PERGER, Dr. Manfred VOGEL und Dr. Friedrich JENSIK als rechtskundige Mitglieder und den Rat des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Wolfram Görner als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin   b *****  G m b H ,   ***** vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, wegen Eintragung der Wortmarke MALZMEISTER über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 30. Oktober 2012, GZ Bm 35/2010-1, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

 

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

 

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass dem zu Geschäftszahl AM 2052/2009 eingebrachten Antrag, die Wortmarke „MALZMEISTER“ für die Dienstleistungen der Klassen 5 (Diätbrot und andere diätetische Backwaren für medizinische Zwecke, auch zum Aufbacken vorbereitet), 30 (Mehle und Getreidepräparate; Teigwaren; Brot, auch zum Aufbacken vorbereitet; Gebäck, auch zum Aufbacken vorbereitet; feine Back- und Konditorwaren und Süßwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, auch zum Aufbacken vorbereitet; Schokolade, Schokoladenwaren; Schokolademassen und Kuvertüren; Kakaopulver und Kakaoerzeugnisse; Nougat und Nougaterzeugnisse; Pralinen und Confiseriewaren; Backpulver, Backmischungen, Brotmischungen; Brotknödel und Teigknödel; Diätbrot und andere diätetische Backwaren für nichtmedizinische Zwecke, auch zum Aufbacken vorbereitet; Teiglinge, auch tiefgefroren, für die Herstellung von Brot, Gebäck, Back- und Konditorwaren; Gewürze; Gewürzmischungen) und 43 (Erstellen von Rezepten zum Backen von Brot, Gebäck, Backwaren, Süßwaren und Konditorwaren) ohne die Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, MSchG in das Markenregister einzutragen, stattgegeben wird.

 

Text

G r ü n d e :

 

B***** GmbH (in der Folge: Anmelderin) beantragte am 2. April 2009 beim Österreichischen Patentamt die Registrierung des Zeichens „MALZMEISTER“ als österreichische Wortmarke für folgende Waren und Dienstleistungen: 

 

Klasse 5: Diätbrot und andere diätetische Backwaren für medizinische Zwecke, auch zum Aufbacken vorbereitet

Klasse 30: Mehle und Getreidepräparate; Teigwaren; Brot, auch zum Aufbacken vorbereitet; Gebäck, auch zum Aufbacken vorbereitet; feine Back- und Konditorwaren und Süßwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, auch zum Aufbacken vorbereitet; Schokolade, Schokoladenwaren; Schokolademassen und Kuvertüren; Kakaopulver und Kakaoerzeugnisse; Nougat und Nougaterzeugnisse; Pralinen und Confiseriewaren; Backpulver, Backmischungen, Brotmischungen; Brotknödel und Teigknödel; Diätbrot und andere diätetische Backwaren für nichtmedizinische Zwecke, auch zum Aufbacken vorbereitet; Teiglinge, auch tiefgefroren, für die Herstellung von Brot, Gebäck, Back- und Konditorwaren; Gewürze; Gewürzmischungen

Klasse 43: Erstellen von Rezepten zum Backen von Brot, Gebäck, Backwaren, Süßwaren und Konditorwaren

 

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken stellte mit amtlichen Mitteilungen vom 4. Juni 2009 und 8. Jänner 2010 unter Bezugnahme auf Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, MSchG die Abweisung des Antrages auf Registrierung wegen fehlender Unterscheidungskraft in Aussicht. Das angemeldete Zeichen werde ohne besondere Gedankenoperation als werbemäßige Anpreisung der damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen aufgefasst: Die Verwendung von Malz in Bäckereien, als Malzmehl in Teigen und zur Bräunung von Gebäck sei allgemein bekannt, das Markenwort verweise somit auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen von einem Fachmann, einem Meister auf dem Gebiet der Mälzung (= Getreidekeimung).

 

Die Anmelderin äußerte sich zu den von der Rechtsabteilung aufgeworfenen Bedenken und hielt ihre Anmeldung aufrecht.

 

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken fasste am 1. Juli 2010 den Beschluss, dass das Wortzeichen MALZMEISTER für sämtliche von der Markenanmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen nur nach Erbringung eines Verkehrsgeltungsnachweises im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, MSchG registrierbar sei.

 

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes gab der Beschwerde der Anmelderin mit Beschluss vom 30. Oktober 2012 hinsichtlich der Waren „Teigwaren; Kuvertüren; Nougat und Nougaterzeugnisse, Gewürze; Gewürzmischungen“ der Klasse 30 statt und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an die Rechtsabteilung zurück; im Übrigen wies sie die Beschwerde ab.

 

„Malz“ bezeichne durch Mälzung gekeimtes und getrocknetes Getreide; die bekannteste Verwendung von Malz sei jene für die Herstellung von Bier, Whisky oder Malzkaffee. Malzmehl werde auch in Bäckereien und Mühlen zur Verbesserung von triebschwachen Mehlen eingesetzt, wobei der hohe Gehalt an vergärbaren Zuckern und Amylasen das Gasbildungsvermögen in Teigen sowie die Bräunung der Gebäcke fördere. Über den Einsatz als Triebmittel oder zur Einfärbung von Gebäck hinaus werde Malz zudem in Süßwaren, feinen Backwaren, Schokolade und Kakaoerzeugnissen eingesetzt (Malzkekse, Malzgebäck, Schokoladenriegel mit Malzfüllung, Malztörtchen, Malzzuckerln, Schokolade-Malz-Getränke, Schokoriegel mit malzhaltiger Pulverfüllung, Teigkugeln mit Malzextrakt und Schokoladenüberzug usw). Die Zutat Malz sei bei diesen Produkten wesentlich, charakteristisch und geschmacksbestimmend. Im Internet seien zahlreiche Backanleitungen und Rezepte zur Herstellung von malzhaltigen Waren und somit zur Verwendung von Malz, insbesondere beim Backen, aufrufbar. Anderes gelte für die Waren „Teigwaren; Kuvertüren; Nougat und Nougaterzeugnisse, Gewürze; Gewürzmischungen", bei denen Malz keine oder zumindest keine wesentliche Rolle spiele.

 

„Meister“ bezeichne einen Titel, der nach dem erfolgreichen Ablegen der Meisterprüfung verliehen werde und seinem Träger umfassendes theoretisches Wissen und praktisches Können bescheinige. Im Hinblick auf Produkte sei diese Bezeichnung daher für die beteiligten Verkehrskreise mit einer besonderen Gütevorstellung verbunden und als Beschaffenheitsangabe und Qualitätsbezeichnung zu beurteilen. Auch die Kombination der  Begriffe Malz und Meister sei in der Branche der Mälzung keineswegs unüblich, weil ein Mälzer, der nach Abschluss seiner Ausbildung einen Meisterbrief erhält, als „Mälzmeister" bezeichnet werde. Die beteiligten Verkehrskreise verstünden daher das angemeldete Zeichen (ausgenommen für die Produkte „Teigwaren; Kuvertüren; Nougat und Nougaterzeugnisse, Gewürze; Gewürzmischungen" wegen ihres fehlenden oder geringen Bezugs zu Malz) unmittelbar und ohne weitere Gedankenschritte dahin, dass die so bezeichneten Waren und Dienstleistungen von einem Meister auf dem Gebiet der Mälzung bzw von einem Meister bei der Verwendung von Malz stammten und von besonderer Qualität seien. Das angemeldete Zeichen sei deshalb im Hinblick auf die betroffenen Waren und Dienstleistungen (mit den aufgezeigten Ausnahmen) nicht unterscheidungskräftig.

 

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist berechtigt.

 

Nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

 

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuGH Rs T-471/07 - Wella AG/HABM Randnummer 15 mwN; EuGH Rs C-398/08 - Audi). Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OPM OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 3/12 – Lounge.at unter Hinweis auf BGH römisch eins ZB 22/11 – Starsat).

 

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt sie müssen sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (EuGH C-326/01 - Universaltelefonbuch, Randnummer 33 mwN).

 

Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431[T3]; OPM OBm 1/12 – Die grüne Linie). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (OGH 17 Ob 33/08i - happykauf mwN; OPM OBm 3/12 – Lounge.at). Ist die angemeldete Marke nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit von Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vergleiche OPM  OBm 3/11 - ATELIER PRIVE, PBl 2012, 159, 161). 

 

Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft für sämtliche angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht abzusprechen. Maßgeblich für die Frage, wie ein Kennzeichen aufgefasst wird, ist das Verständnis eines angemessen gut unterrichteten und angemessen aufmerksamen und kritischen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise (vergleiche RIS-Justiz RS0114366 [T5]). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann nicht unterstellt werden, dass breite Verbraucherkreise wissen, dass Malz außerhalb der Herstellung von Bier, Whisky oder Malzkaffee auch als Triebmittel bei der Zubereitung von Teig oder zur Einfärbung von Gebäck verwendet wird. Weithin unbekannt ist dem Publikum auch der (aus der Bierproduktion stammende) Begriff des „Mälzmeisters“ (jener des „Malzmeisters“ ist überhaupt ungebräuchlich).

 

Unter diesen Voraussetzungen mag „Malz“ daher für Malzkekse, Malzgebäck oder Malzzuckerln beschreibend sein; in der Wortverbindung „Malzmeister“ hingegen wird der Durchschnittsverbraucher keine ohne weiteres ersichtliche und in den Vordergrund drängende Beschreibung des Inhalts der damit bezeichneten Waren oder Dienstleistungen erkennen. Damit fehlt ein unmittelbarer Bezug der angemeldeten Marke zu den Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 30 und 43. Ist es aber dem Publikum nicht möglich, ohne weiteres Nachdenken und ohne Unklarheiten den beschreibenden Begriffsinhalt eines Zeichens sofort zu erfassen, ist das Zeichen kennzeichnungskräftig und auch ohne Verkehrsgeltung eintragungsfähig.

 

Der Beschwerde der Anmelderin ist daher Folge zu geben und die Eintragung des angemeldeten Zeichens „MALZMEISTER“ auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, MSchG anzuordnen. 

 

Die Beschwerdegebühr ist dem Anmelder gemäß Paragraph 28, Absatz eins, Ziffer 4, PAG zurückzuerstatten (Paragraph 28, Absatz 3, PAG).

Schlagworte

Malzmeister,Gewerblicher Rechtsschutz

Textnummer

OPM0000089

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OPMS002:2013:000OBM00001.13.0612.000

Im RIS seit

04.09.2013

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2014

Dokumentnummer

JJT_20130612_OPMS002_000OBM00001_1300000_000

Navigation im Suchergebnis