Entscheidungstext OBm1/12

Gericht

OPMS

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

OBm1/12

Entscheidungsdatum

23.05.2012

Kopf

Der Oberste Patent- und Markensenat hat durch die Präsidentin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Irmgard GRISS, die Räte des Obersten Patent- und Markensenates Mag. Wilfried KYSELKA, Dr. Gerhard PRÜCKNER und Dr. Manfred VOGEL als rechtskundige Mitglieder und der Rätin des Obersten Patent- und Markensenates Dr. Susanna SLABY als fachtechnisches Mitglied in der Markenrechtssache der Antragstellerin Firma   R *****  G e s e l l s c h a f t   m . b . H . , ***** vertreten durch die Herren Patentanwälte Dipl.-Ing. Werner BARGER, Dr. Eberhard PISO, Dipl.-Ing. Dr. techn. Peter ISRAILOFF, Mahlerstraße 9, 1015 Wien, wegen Eintragung der Wortbildmarke Die grüne Linie über die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Endentscheidung der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes vom 13. Dezember 2011, GZ Bm 2/2011-2, womit der Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung Österreichische Marken vom 28. Okto-ber 2010 nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

 

Spruch

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

 

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass dem zu AM 5633/2009 eingebrachten Antrag stattgegeben wird, die Wortbildmarke „Die grüne Linie“ in das Markenregister auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, MSchG einzutragen.

 

Text

G r ü n d e :

 

Die R***** Gesellschaft m.b.H. in ***** beantragte am 22. September 2009 die Registrierung nachfolgender Wortbildmarke:

 

 

Kl. 3 (Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel); Kl. 4 (Technische Öle und Fette; Schmiermittel; Staubabsorbierungs-, Staubbenetzungs- und Staubbindemittel; Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe) und Leuchtstoffe; Kerzen und Dochte für Beleuchtungszwecke)

 

Die Rechtsabteilung Österreichische Marken stellte mit Beschluss vom 28. Oktober 2010 gemäß Paragraph 20, Absatz 3, MSchG fest, dass das zum Markenschutz angemeldete Zeichen nur unter den Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, MSchG registrierbar sei. Die Konsumenten sähen im angemeldeten Zeichen im Zusammenhang mit den genannten Waren nur einen Hinweis auf eine beliebige Produktlinie, die nach ökologischen Gesichtspunkten hergestellt worden sei. Der Begriff „grün“ sei in der Vermarktung von Produkten beliebt, um auf die ökologische Herstellung der so bezeichneten Waren hinzuweisen. Die grafische Gestaltung des Zeichens gehe nicht über das in der modernen Werbegrafik übliche Maß hinaus. Damit fehle dem Zeichen die notwendige Unterscheidungskraft, und es könne nur bei Verkehrsgeltung registriert werden.

 

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamtes bestätigte diese Entscheidung. Die grafische Gestaltung des angemeldeten Zeichens geht nicht über das im Geschäftsverkehr übliche Maß hinaus und werde deshalb nur in dem sich aus der Wortfolge ergebenden Aussagegehalt verstanden. Es bestehe aus der Kombination von drei gebräuchlichen Wörtern ohne neuen Sinngehalt. Die beteiligten Verkehrskreise verstünden die Wortfolge als allgemeinen Hinweis auf die Qualität der Waren, nämlich dahin, diese seien unter besonders umweltfreundlichen und ökologischen Gesichtspunkten hergestellt worden, möglichst biologisch abbaubar und belasteten die Umwelt nicht. Die Bezeichnung „grün“ im Sinne ökologischer Ausrichtung sei dem Publikum aus verschiedenen Lebensbereichen (Politik, Ernährung, alternative Energieversorgung) geläufig und werde als Hinweis auf ein Produkt verstanden, das ökologischen Anforderungen in qualifizierter Weise Rechnung trage. Damit fehle dem Zeichen die Unterscheidungskraft, weil es als werbliche Anpreisung der Qualität von Waren, nicht aber als Herkunftshinweis aufgefasst werde. Die grafischen Elemente des angemeldeten Zeichens seien zu gering, um ihm Unterscheidungskraft verleihen zu können.

 

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde der Anmelderin ist berechtigt.

 

Nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (EuG Rs T-471/07, Wella AG/HABM, Rand-nummer 15 mwN). Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 mwN).

 

Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken, etwa Werbeslogans, sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385[T1]). Sie sind dann als bloß beschreibend nicht schutzfähig, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthält (17 Ob 21/11d - echte Berge: als Synonym für prächtige, hohe Berge nicht unterscheidungskräftig). Anderes gilt, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (17 Ob 15/07s - we will rock you: unterscheidungskräftig für Ton- und Videoaufzeichnungen; VwGH 2009/03/0020 - Doc around the clock: unterscheidungskräftig für ärztliche Dienstleistungen). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sind Marken beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit uä der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten (EuGH C-326/01, Universaltelefonbuch, Randnummer 33 mwN).

 

Im Fall eines Werbeslogans ist insbesondere zu prüfen, ob er Bestandteile enthält, die über seine offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgebenden Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (EuG Rs T-58/07, Substance for Success, Randnummer 22; RIS-Justiz RS0122385[T2]). Das kann der Fall sein, wenn eine Wortfolge einen gewissen Interpretationsaufwand erfordert und eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweist, die sie leicht merkfähig machen (vergleiche EuGH C-398/08 P, Vorsprung durch Technik). Enthält ein Zeichen nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung geschützt (RIS-Justiz RS0109431[T3]; Om 10/09).

 

Auf dieser Grundlage ist der angemeldeten Marke Unterscheidungskraft zuzubilligen. Mag die Wortfolge auch bei den angesprochenen Verkehrskreisen die von den Vorinstanzen beschriebenen allgemeinen Assoziationen in Richtung Ökologie und Umweltfreundlichkeit hervorrufen, sind diese Begriffe doch sehr vielschichtig, schillernd und unpräzise. Das Publikum wird daher nicht sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren herstellen. Es bedarf vielmehr eines gewissen Interpretationsaufwands, um die durch das Zeichen erweckten unbestimmten Assoziationen mit der Art, Natur oder Beschaffenheit bestimmter Waren eindeutig gedanklich zu verknüpfen. Die Wortfolge ist daher nicht rein beschreibend, sondern mangels einer klaren und eindeutigen Aussage unterscheidungskräftig. 

 

Der Beschwerde der Anmelderin ist Folge zu geben und die Eintragung der Marke auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, MSchG anzuordnen.

Schlagworte

Gewerblicher Rechtsschutz

Textnummer

OPM0000015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OPMS002:2012:000OBM00001.12.0523.000

Im RIS seit

24.08.2012

Zuletzt aktualisiert am

24.08.2012

Dokumentnummer

JJT_20120523_OPMS002_000OBM00001_1200000_000

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