Entscheidungstext 8ObS44/95

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

8ObS44/95

Entscheidungsdatum

25.04.1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Patzold und Dr.Scheuch als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Christa H*****, vertreten durch Dr.Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Steiermark (ehedem Arbeitsamt Leoben), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, und des auf seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dr.Gerhard Strobich, Rechtsanwalt, 8793 Trofaiach, Roseggergasse 2, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der L***** GesmbH, wegen S 1,135.612,86 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30.Juni 1995, GZ 8 Rs 149/94-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 28.April 1994, GZ 21 Cgs 6/93-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Gericht zweiter Instanz hat den festgestellten Sachverhalt rechtlich zutreffend dahin beurteilt, daß die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin im Sinne des Paragraph eins, Absatz eins, IESG anzusehen ist, weshalb ihr die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anspruches nach dem genannten Gesetz mangeln. Es kann daher gemäß Paragraph 48, ASGG auf die Begründung des angefochtenen Urteiles verwiesen werden. Ergänzend ist anzumerken:

Das Insolvenzentgeltsicherungsgesetz (IESG) ist gemäß seinem Paragraph eins, Absatz eins, nur auf Arbeitnehmer (ehemalige Arbeitnehmer und ihre Hinterbliebenen sowie die Rechtsnachfolger von Todes wegen dieser Personen) sowie gemäß Paragraph 2, auf Heimarbeiter und arbeitnehmerähnliche Personen anzuwenden. Das IESG stellt dabei auf den Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsvertragsrechtes ab. Ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, ist nach dem ausdrücklich oder schlüssig vereinbarten Vertragsinhalt zu beurteilen (9 ObS 26/93; WBl 1995, 36). Entscheidend für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ist die Unterworfenheit des Arbeitnehmers unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, die sich in organisatorischer Gebundenheit, besonders bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle und im weitgehenden Ausschluß der Bestimmungsfreiheit des Arbeitnehmers äußert (JBl 1987, 332; 9 ObS 26/93; WBl 1995, 36). Gemäß Paragraph eins, Absatz 6, Ziffer 3, IESG (nunmehr: Ziffer 4,) haben unter anderem keinen Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld Gesellschafter, denen ein beherrschender Einfluß auf die Gesellschaft zusteht. Selbst wenn diese Ausnahmebestimmung aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Stellung zur insolventen Gesellschaft vergleiche SZ 62/182; EvBl 1992/104) nicht zur Anwendung gelangt, darf aus dieser Tatsache allein nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß Gesellschafter die aufgrund des Gesellschaftsvertrages keinen beherrschenden Einfluß haben, schlechthin anspruchsberechtigt wären (Schwarz/Reissner/Holzer/Holler, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz, 72).

Dem Gericht zweiter Instanz ist daher darin beizupflichten, daß die Tatsache allein, daß der Klägerin als Minderheitsgesellschafterin (25 % der Geschäftsanteile) laut Vertrag keine über das Gesetz hinausreichenden Sperrechte zustehen, das Vorliegen von Ansprüchen nach dem IESG nicht zu begründen vermag. Es kann daher tatsächlich unerörtert bleiben, ob aus Paragraph eins, Absatz 6, Ziffer 3, IESG (nunmehr Ziffer 4,) auch abgeleitet werden könnte, daß diese Ausnahmebestimmung auch dann Platz zu greifen hätte, wenn der beherrschende Einfluß des Gesellschafters auf die Gesellschaft nicht aufgrund der Art seiner Beteiligung und seiner vertraglichen Rechte, sondern infolge der faktischen Gegebenheiten zustünde. In jedem Fall ist nämlich vorweg seine Arbeitnehmereigenschaft zu prüfen.

Diese wurde aber vom Gericht zweiter Instanz zu Recht verneint. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes über die Befugnisse der Klägerin im Unternehmen ergibt sich, daß sie in allen Geschäftsbereichen selbständig entscheiden konnte und damit auch in unmittelbar unternehmerischen Bereichen wie der Übernahme von Aufträgen, der Einstellung von Arbeitnehmern, der Bestimmung des Betriebsurlaubes, der Entscheidung über die Lohnhöhe der Mitarbeiter selbständig tätig wurde. Auch gab die Klägerin über die gesamte Höhe eines der Gemeinschuldnerin eingeräumten Kredites ein persönliches Garantieversprechen ab. Die Übernahme der Haftung für Kredite vergleiche hiezu 8 ObS 1/95) und ihre sonstige durch Direktiven des Geschäftsführers nicht eingeschränkte Tätigkeit lassen die Klägerin nicht mehr als der Autorität des Arbeitgebers unterworfene Dienstnehmerin, etwa als leitende Angestellte, erscheinen. Die Klägerin hat vielmehr wesentliche Unternehmerfunktionen und damit in weiten Bereichen die Rolle des Arbeitgebers übernommen. Es liegen daher die Anspruchsvoraussetzungen des Paragraph eins, Absatz eins, IESG nicht vor.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG. Billigkeitsgründe für einen Kostenzuspruch wurden von der Klägerin weder bescheinigt, noch sind solche nach der Aktenlage erkennbar.

Anmerkung

E41855 08C00445

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1996:008OBS00044.95.0425.000

Dokumentnummer

JJT_19960425_OGH0002_008OBS00044_9500000_000

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