Entscheidungstext 8Ob48/14p

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

EFSlg 141.240 = EFSlg 141.387 = EFSlg 141.392 = EFSlg 141.412 = EFSlg 144.326 = EFSlg 144.327

Geschäftszahl

8Ob48/14p

Entscheidungsdatum

26.06.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj M***** H*****, geboren am ***** 2012, wegen Obsorge, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter L***** C*****, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 28. Februar 2014, GZ 23 R 10/14d-42, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG zurückgewiesen (Paragraph 71, Absatz 3, AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Ob die Voraussetzungen für eine Obsorgeübertragung erfüllt sind und eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab und wirft im Regelfall keine Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG auf (RIS-Justiz RS0115719 ua; zur Übertragung auf den Jugendwohlfahrtsträger [nunmehr: Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Paragraph 10, Absatz eins, B-KJHG 2013]: 7 Ob 184/04s). Bei der Entscheidung ist ausschließlich das Wohl des Kindes maßgebend, wobei eine Änderung der Obsorgeverhältnisse nur als äußerste Notmaßnahme unter Anlegung eines strengen Maßstabs (RIS-Justiz RS0047841 [T15]; RS0048712 [T1]) und nur insoweit angeordnet werden darf, als dies zur Abwendung einer drohenden Gefährdung notwendig ist (RIS-Justiz RS0048712; der hier anwendbare Paragraph 181, ABGB blieb inhaltlich gegenüber Paragraph 176, ABGB in der Fassung vor dem KindNamRÄG 2013, BGBl römisch eins 2013/15, unverändert, 5 Ob 63/13w mwH). Eine Verletzung dieser Grundsätze wird hier nicht aufgezeigt.

2. Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass die Mutter derzeit nicht in der Lage ist, sich in ausreichender Form um die Pflege und Erziehung der Tochter zu kümmern. Sie gingen davon aus, dass das Wohl der Minderjährigen bei einem weiteren Verbleib bei der Mutter gefährdet wäre. Diese Ansicht wird durch die umfangreiche und eingehende Stellungnahme zweier Psychologinnen der Familiengerichtshilfe ebenso bestätigt, wie durch den Umstand, dass die Minderjährige, die vorwiegend im Kinderwagen oder im Bett gelagert wurde, bereits im Frühjahr 2013 eine therapiebedürftige muskuläre Hypotonie und einen motorischen Entwicklungsrückstand aufwies. Ebenso steht fest, dass sich der Entwicklungsrückstand durch die nun schon Monate dauernde Fremdunterbringung deutlich verringert hat.

3. Dass die Entziehung der Obsorge lediglich eine Folge des schlechten Verhältnisses der Mutter zum Träger der Kinder- und Jugendhilfe sei, trifft nicht zu. Richtig ist aber, dass die Situation nach den durch den Akteninhalt bestätigten Feststellungen durch die Verweigerung der Unterstützungsanbote des Trägers der Kinder- und Jugendhilfe noch verschärft wurde.

4. Die Einholung eines Sachverständigengut-achtens hat die (bereits im Verfahren erster Instanz zeitweise auch anwaltlich vertretene) Mutter weder in erster noch in zweiter Instanz beantragt. Überdies lässt das nunmehr dazu erstattete Vorbringen die umfangreiche und überzeugende Stellungnahme der beiden Psychologinnen der Familiengerichtshilfe (Paragraph 106 a, AußStrG) völlig außer Acht. Dass sich die Mutter - wie sie in ihrem Rechtsmittel vorbringt - bei Besuchen liebevoll um ihre Tochter kümmert, ändert im Übrigen nichts an den Feststellungen, nach denen sie deren Bedürfnisse nur schwer wahrnehmen kann und es ihr schwerfällt, entsprechend diesen Bedürfnissen zu handeln.

Auf die den älteren Bruder der Minderjährigen betreffende Entscheidung 4 Ob 165/13p, mit der die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Einholung eines psychologischen Gutachtens aufgehoben wurden, kann sich die Mutter nicht mir Erfolg berufen, da die dort gegebene Entscheidungsgrundlage von der hier zu beurteilenden in mehrfacher Hinsicht abweicht.

Textnummer

E108120

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00048.14P.0626.000

Im RIS seit

14.08.2014

Zuletzt aktualisiert am

22.05.2019

Dokumentnummer

JJT_20140626_OGH0002_0080OB00048_14P0000_000

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