Entscheidungstext 8Ob165/99v

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

8Ob165/99v

Entscheidungsdatum

23.11.2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer als Vorsitzende und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag, sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael M*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr. Peter Posch, Rechtsanwalt in Wels, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der G***** Betriebs GmbH, ***** wegen Feststellung von Konkursforderungen von insgesamt S 72,253.772,08, infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 17. März 1999, GZ 1 R 31/99f-44, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 13. November 1998, GZ 1 Cg 183/95x-38, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die G***** Betriebs GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 2. 1. 1989 gegründet und am 23. März 1989 in das Firmenbuch eingetragen. Gesellschafter sind Herbert A***** und Kurt G***** mit Anteilen von je 16,8 %, Hans-Joachim Georg V***** und H***** Albrecht mit Anteilen von je 32,2 %, sowie Josef S***** und Gerd Jürgen S***** mit Anteilen von je 1 %. Von 1989 bis 1992/1993 war Hans Joachim Georg V***** Geschäftsführer. Seit 25. März 1990 vertritt der Kläger die Gesellschaft selbständig. Geschäftszweck der Gesellschaft war die Errichtung eines Golfplatzes samt Hotel und der Bau und Verkauf von Eigentumswohnungen.

Mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 14. September 1994 wurde der Konkurs über das Vermögen dieser Gesellschaft eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt.

Im November 1989 (richtig wohl: 1988) wurde dem Kläger die Idee der Errichtung eines Golfplatzes in H***** zugetragen. In der Annahme, es handle sich dabei um eine zukunftsträchtige Investition, erklärte sich der Kläger bereit, dieses Projekt maßgeblich mitzufinanzieren. Ende 1989 wurde mit den Arbeiten am Golfplatz begonnen. Die Finanzierung erfolgte über ein Darlehen des Klägers von 3 Mio DM. Alle nachfolgenden Arbeiten wurden aus Krediten der O*****bank, aus Anzahlungen der Wohnungskäufer oder aus Darlehen bzw Zahlungen des Klägers finanziert, wobei mit dem Kläger eine Verzinsung von 11 % vereinbart wurde. Der Kläger wurde im März 1990 zum selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt, weil jemand mit besserer Bonität in der Geschäftsführung aufscheinen sollte und der Kläger als maßgeblicher Geldgeber Einblick in die Geschäftsführung haben wollte. Der Kläger bezog als Geschäftsführer weder eine Spesenabgeltung noch ein Gehalt und war nie als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen. Mit zunehmendem Baufortschritt erhöhten sich die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Als im Dezember 1992 gegenüber der O*****bank ein Debetsaldo von rund 60 Mio S aushaftete, war weder die O*****bank noch ein anderes Kreditinstitut bereit, der Gesellschaft weitere Mittel zuzuführen. Die Gesellschaft war ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, von dritter Seite Kredit zu marktüblichen Bedingungen zu erhalten. Wäre der Kläger nicht mit weiteren Zahlungen eingesprungen, hätte die Gesellschaft liquidiert werden müssen. Diese Umständen waren dem Kläger bekannt. Diese finanzielle Situation der Gesellschaft war Gegenstand einer im Dezember 1992 durchgeführten Gesellschafterversammlung, bei der in Abänderung des Gesellschaftsvertrages beschlossen wurde, dass künftig auch eine 50 % übersteigende Mehrheit wesentliche Entscheidungen für die Gesellschaft treffen könne. Zweck dieser Änderung des Gesellschaftsvertrages war es, dem Kläger einen direkten Einfluss auf die Gesellschaft zu sichern. Nur unter dieser Voraussetzung hatte sich der Kläger bereit erklärt, der Gesellschaft weitere Mittel zuzuführen. Jedenfalls ab 1993 konnte der Kläger entweder durch Stimmrechtsbindungsverträge mit Gesellschaftern oder durch Fälligstellung von Darlehen bzw durch Unterlassung der Zuführung weiterer Mittel auf die Entscheidungen der Gesellschafter Einfluss nehmen. Anlässlich des Rechnungsabschlusses 1992 ergab sich ein nicht durch Eigenmittel gedeckter Fehlbetrag von 66 Mio S. Zur Abwendung der Insolvenz erklärte der Kläger daraufhin im Jahre 1993 in Ansehung eines Forderungsbetrages von 66 Mio einen Rangrücktritt. Bis zur Konkurseröffnung besserte sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht mehr. Ein angestrebtes Sanierungskonzept scheiterte. Insgesamt führte der Kläger der Gesellschaft bis zur Konkurseröffnung durch Darlehensgewährung und Begleichung von Schulden Mittel von S 107,235.508,-- zu. Unter Abzug des Betrages, für den der Kläger einen Rangrücktritt erklärt hatte, wies das in den Büchern der Gesellschaft geführte Konto des Klägers bei Konkurseröffnung einen Forderungsbetrag von S 65,049.026,50 aus.

Der Kläger erwarb von der Gesellschaft überdies vier Eigentumswohnungen. Die Gesellschaft verpflichtete sich zur Fertigstellung dieser Wohnungen gegen den vom Klger gezahlten Fixpreis. Bis Konkurseröffnung wurden die Wohnungen nicht fertiggestellt.

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass ihm ein vom Masseverwalter bestrittener Betrag von S 72,253.772,08 als Konkursforderung zustehe. Er habe der nunmehrigen Gemeinschuldnerin Darlehen von S 107,235.508,34 gewährt. Aus der vereinbarten Verzinsung von 11 % resultiere ein weiterer Forderungsbetrag von S 23,813.517,--. Unter Abzug eines Betrages von 66 Mio S, für den der Kläger einen Rangrücktritt erklärt habe, ergebe sich ein Forderungsbetrag von S 65,049.026,50. Der Kläger habe von der nunmehrigen Gemeinschuldnerin vier Wohnungseingetumseinheiten käuflich erworben, die nicht fertiggestellt worden seien. Die Fertigstellungskosten und eine Wertminderung der Wohnungen von 30 % (infolge des Konkurses, der Verzögerung der Fertigstellung und der damit zusammenhängenden Umstände) ergäben eine weitere Forderung von S 7,204.745,58.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, dass auf die Forderung des Klägers aus Darlehensgewährung die Regeln über das Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen anzuwenden seien. Der Kläger sei über einen Treuhandgesellschafter an der Gesellschaft beteiligt gewesen. Die Gesellschaftereigenschaft des Klägers ergebe sich aber auch aus einer mit dem Gesellschafter Herbert A***** abgeschlossenen Stimmrechtsvereinbarung vom 17. Dezember 1993. Die vier Eigentumswohnungen habe der Kläger mit Kaufvertrag vom August 1995 an seine Schwester verkauft. Darüber hinaus werde dem Kläger ein Schadenersatzanspruch mindestens in der Höhe des geltend gemachten Betrages von S 7,204.745,58 entgegengehalten, da er als Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin die Insolvenz verursacht und verschuldet habe. Die Unterlassung der Einforderung des Schadenersatzes durch eine so lange Zeit sei überdies ein Indiz dafür, dass der Kläger Gesellschafter der nunmehrigen Gemeinschuldnerin sei; das Stehenlassen dieser Schadenersatzforderung sei ebenfalls als Eigenkapital ersetzendes Darlehen anzusehen.

Der Kläger erwiderte darauf, dass er mit seiner Schwester vereinbart habe, dass die Fertigstellungskosten und die Wertminderung der Wohnung weiterhin von ihm geltend zu machen seien; sicherheitshalber seien diese Forderungen dem Kläger auch noch zum Inkasso abgetreten worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Der Kläger sei zwar nicht Gesellschafter, aber seit 1990 Geschäftsführer und seit Anfang 1993 jedenfalls in der Lage gewesen, direkten Einfluss auf die Gesellschafterbeschlüsse zu nehmen. Er habe sich als maßgeblicher Kreditgeber der Gesellschaft eine gesellschafterähnliche Mitverwaltungsbefugnis verschafft. Darüber hinaus sei der Kläger am am Gesellschaftsvermögen beteiligt, weil er im Laufe des Jahres 1993 bezüglich eines Forderungsbetrages von 66 Mio S einen Rangrücktritt erklärt habe. Da die Forderung erst dann befriedigt werde, wenn nach Bezahlung der Forderungen der vorrangigen Gläubiger noch Vermögen verbleibe, sei diese Forderung einer nur aus dem Liquidationserlös zu beteilenden Gesellschafterforderung ähnlich. Die Darlehenszuzählungen des Klägers seien dem Eigenkapitalersatzrecht zu unterwerfen, da sie entweder im Zustand der Krise gegeben oder nicht fällig gestellt und abgezogen worden seien. Habe die Gesellschaft dem Gesellschafter für seine Eigenkapital ersetzende Leistung eine Sicherheit bestellt, könne sie der Gesellschafter nicht in Anspruch nehmen; im Konkurs habe er kein Aussonderungsrecht. Dass sich der gesellschafterähnliche Kläger für seine Leistungen an die Gesellschaft eine Gegenleistung durch Übertragung von Wohungseigentumsanteilen gewähren ließ, könne ihn nicht besserstellen als einen Gesellschafter, der der kreditunwürdigen Gesellschaft Mittel nur gegen Rückzahlungsabrede überlassen habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers im Sinne des eventualiter gestellten Aufhebungsantrages Folge und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Beim Kläger handle es sich um keinen Gesellschafter im formalen Sinn. Auf den bloßen Drittkreditgeber seien die Regeln des Eigenkapitalersatzrechtes nicht anzuwenden, hingegen werde das Eigenkapitalersatzrecht auf einen atypisch stillen Gesellschafter angewendet. Während die österreichische Lehre diese Judikatur dahin verstehe, dass - alternativ - auf eine Beteiligung am Vermögen oder auf erweiterte Einflussrechte des stillen Gesellschafters abgestellt werde, müssten nach der herrschenden deutschen Rechtsauffassung beide Kriterien kumulativ vorliegen. Schon angesichts der Herkunft des Eigenkapitalersatzrechtes (Übernahme der deutschen Rechtsprechungsregeln durch die österreichische Rechtsprechung) scheine es nicht angebracht, über die Ergebnisse der einschlägigen deutschen Judikatur hinauszugehen. Da der Kläger nur Anspruch auf die Darlehenszinsen gehabt habe, aber nicht hervorgekommen sei, dass er darüber hinaus auch am Unternehmenserfolg beteiligt gewesen sei, könne er einem Gesellschafter nicht gleichgestellt werden. Zu beachten sei ferner, dass die Ausdehnung des betroffenen Personenkreises über die Generalklausel im Paragraph 32 a, Absatz 3, dGmbHG erfolge; diese deutsche "Novellen-Regel" könne von der österreichischen Judikatur mangels Rechtsgrundlage nicht angewendet werden. Schließlich rechtfertige auch die zunehmende Kritik der österreichischen Lehre am Institut des Eigenkapitalersatzrechtes eine restriktive Anwendung. Hingegen bestehe Einigkeit darüber, dass auf den Treugeber, der über den Treuhandgesellschafter an der Gesellschaft beteiligt sei, aus Gründen des Umgehungsschutzes das Eigenkapitalersatzrecht anzuwenden sei. Da das Erstgericht zum Einwand des Beklagten, der Kläger sei über einen Treuhandgesellschafter mittelbar an der Gesellschaft beteiligt gewesen, keine Feststellung getroffen habe, leide das Ersturteil an einem Feststellungsmangel im Sinne des Paragraph 496, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO. Was die Forderungen hinsichtlich der Eigentumswohnung betreffe, sei das Erstgericht ohne diesbezügliches Prozessvorbringen und ohne entsprechende Feststellungen davon ausgegangen, dass sich der Kläger als Gegenleistung die Übertragung von Wohnungseigentumsanteilen ausbedungen und gewähren lassen habe; den Feststellungen lasse sich jedoch ein Erwerb mit Kaufvertrag gegen einen vom Kläger gezahlten Fixpreis entnehmen. Dass es sich bei diesen Kaufverträgen um unzulässige bzw unwirksame Insichgeschäfte gehandelt habe, sei nicht eingewendet worden. Auch fehlten Urteilsfeststellungen zur Aktivlegitimation des Klägers nach Veräußerung der Wohnungen an seine Schwester. Zu behandeln sei weiters der Einwand in der Klagebeantwortung, dass der Kläger den Schaden, dessen Ersatz er nunmehr fordere, selbst verschuldet und verursacht habe. Soweit sich hingegen in der Klagebeantwortung eine bedingte Aufrechnungseinrede bezüglich eines Schadenersatzanspruches der Konkursmasse gegen den Kläger in Höhe von zumindest S 7,204.745,58 aus seiner Haftung als Geschäftsführer entnehmen lasse, könne ihr kein Erfolg beschieden sein. Die konkursmäßige Verstrickung verbiete grundsätzlich die Verwendung einer zur Konkursmasse gehörigen Forderung zur Tilgung einer Konkursforderung im Aufrechnungsweg, weil dadurch der Konkursgläubiger zum Nachteil der übrigen Gläubiger mit seiner nicht vollwertigen Konkursforderung bis zur Höhe des gegen ihn bestehenden vollwertigen Zahlungsanspruches der Masse befriedigt werde.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Rekurse beider Parteien jeweils aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Der Beklagte bekämpft den Beschluss des Berufungsgerichtes seinem gesamten Inhalt nach und beantragt, ihn aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens zu entscheiden; in eventu, ihn aufzuheben, die Klage hinsichtlich eines Betrages von S 65,049.026,50 abzuweisen und hinsichtlich des verbleibenden Restbetrages von S 4,316.238,60 dem Berufungsgericht die Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen; in eventu, ihn aufzuheben und dem Berufungsgericht die meritorische Entscheidung in der Sache selbst über den gesamten Streitgegenstand aufzutragen.

Der Kläger bekämpft den Beschluss des Berufungsgerichtes nur bezüglich der Forderung von S 7,204.745,58 und wendet sich nicht gegen die Aufhebung, sondern gegen deren Begründung.

Beide Teile beantragen, jeweils dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bisher zur Anwendbarkeit des Eigenkapitalersatzrechtes auf einen am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligten Kreditgeber, dem Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft eingeräumt wurde, nicht Stellung genommen hat.

Die Rekurse sind aber nicht berechtigt.

1. Zur Anwendung des Eigenkapitalersatzrechtes:

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner eine ausführliche Darstellung der bisherigen Rechtsprechung sowie der Lehre enthaltenen Entscheidung SZ 69/208 dargelegt hat, sind im deutschen Recht zu Paragraph 32 a, dGmbHG entwickelten Grundsätze über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in Analogie zu Paragraph 74, Absatz eins, GmbHG auch in Österreich anwendbar. Die Einbeziehung des atypisch stillen Gesellschafters wurde unter Hinweis auf die Entscheidung SZ 68/176 - in der im Konkursteilnahmeanspruch eines solchen an der Gesellschaft Beteiligten für seine Einlage abgelehnt wurde - damit begründet, dass er am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist, wobei es gleichgültig ist, ob er auch an der Geschäftsführung entscheidend mitwirken kann. Ebenso hat der Oberste Gerichtshof in den typische stille

Beteiligungen betreffenden Entscheidungen ÖBA 1998, 300 (= ecolex

1997, 774 = RdW 1997, 720 = WBl 1998/27) und exolex 1998, 36

(Fellner), ausgesprochen, dass die einen Konkursteilnahmeanspruch ausschließende Mitunternehmerschaft nur durch eine Beteiligung an den Steigerungen des Vermögenswertes begründet wird, auch wenn dem stillen Gesellschafter, der lediglich Anspruch auf eine gewinnabhängige und überdies - wie aus dem Volltext der in ecolex 1998, 36 bloß teilweise veröffentlichten Entscheidung 8 Ob 112/97x hervorgeht - mit einem fixen Zinssatz begrenzte Verzinsung seiner Einlage hatte, weitgehende Informations-, Kontroll- und Mitspracherechte eingeräumt wurden. Hiebei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass in Österreich eine Paragraph 32 a, dGmbHG entsprechende Bestimmung fehlt und lediglich die im Paragraph 74, GmbHG getroffene Regelung für Nachschüsse analog angewendet wird, wenn die Gesellschafter eine notleidend gewordene Gesellschaft dadurch am Leben erhalten, dass sie ihr, statt ihr das zur Sanierung notwendige Eigenkapital zuzuführen, Darlehen gewähren (siehe die grundlegende Entscheidung SZ 64/53). Bleibt man aber im Rahmen des von der österreichischen Rechtsprechung analog herangezogenen Paragraph 74, GmbHG, dann setzt die Anwendung des Eigenkapitalersatzrechtes ebenso wie die Nachschusspflicht die Beteiligung des Kreditgebers am Gesellschaftsvermögen voraus. Dieser Standpunkt wird auch von einem Großteil der Lehre geteilt (siehe Jabornegg, Gesellschafterähnlichkeit im Eigenkapitalersatzrecht in Achatz/Jabornegg/Karollus, Eigenkapitalersatz im Gesellschafts-, Steuer- und Arbeitsrecht, 37, wonach bei gänzlichem Fehlen jeder nennenswerten vermögensmäßigen Beteiligung auch die faktische Geschäftsführung nicht zur Sittenwidrigkeit eines in der Gesellschaftskrise gewährten Darlehens führt; weiters Schmidsberger, Eigenkapitalersatz im Konzern, 65; siehe auch Karollus/Schulyok, Eigenkapitalersetzende Leistungen, 97, zum Unterschied zwischen atypischem Pfandgläubiger und dem an der Vermögenssubstanz beteiligten atypischen Gesellschafter; weiters Karollus, Zum Eigenkapitalersatzrisiko bei Empfangnahme von Geschäftsanteilen, ÖBA 1996, 581 [586], wonach bloßer Einfluss des Kreditgebers auf die Geschäftsführung nicht ausreicht).

Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Lehre hingegen darüber, dass im Falle von treuhändig gehaltenen Gesellschaftsanteilen das Eigenkapitalersatzrecht auf den Treugeber als am Vermögen der Gesellschaft mittelbar Beteiligten anzuwenden ist (SZ 68/176; ecolex 1996, 461 [Elsner]; Jabornegg aaO 26; Schmidsberger aaO 50;

Karollus/Schulyok aaO 99; Umfahrer in Apathy, Treuhandschaft, 89;

Karsten Schmidt in Scholz GmbHG9 Paragraphen 32 a,, 32b Anmerkung 139). Schließlich ist Karollus (ÖBA 1996, 583 f) zuzustimmen, dass die Nachrangabrede bezüglich eines Teiles der Forderung des dritten Kreditgebers nicht dazu führen kann, dass die restlichen Forderungen dem Eigenkapitalersatzrecht unterliegen, da durch die Nachrangabrede keine gesellschafterähnliche Position begründet wird.

Dem Berufungsgericht ist daher darin beizupflichten, dass für die Beurteilung, ob Eigenkapitalersatzrecht anzuwenden ist, Feststellungen über die vom Beklagten behauptete indirekte Beteiligung des Klägers am Vermögen der Gemeinschuldnerin erforderlich sind.

2. Zu den Schadenersatzforderungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Wohnungseigentumsanteilen:

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Masseverwalter zur Geltendmachung von Schäden infolge der fahrlässigen Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit durch den Geschäftsführer (Paragraph 159, Absatz eins, Ziffer eins, StGB in der Fassung vor der Novelle BGBl römisch eins 2000/58) nicht legitimiert (SZ 60/151; SZ 63/124; ecolex 1998, 772; zuletzt 1 Ob 228/99g); eine Aufrechnung mit einer allfälligen Konkursforderung des Klägers kommt daher mangels Gegenseitigkeit nicht in Frage.

Hingegen ist dem Beklagten darin beizupflichten, dass auch diese Forderungen von der Anwendung des Eigenkapitalersatzrechtes auf den Kläger betroffen sein könnten. Geht man von den Feststellungen aus, hat der Kläger den für die fertiggestellten Wohnungen vereinbarten Kaufpreis zur Gänze gezahlt, obwohl sie noch nicht fertiggestellt waren. Wenn sich hiezu ein unbeteiligter Dritter nicht bereit gefunden hätte, wäre bei Anwendung des Eigenkapitalersatzrechtes auf den Kläger - sollte seine Treugeberstellung im fortgesetzten Verfahren erwiesen werden - der Teil der vom Kläger geleisteten Zahlungen, der den am Markt erzielbaren Preis für die noch nicht fertiggestellten Wohnungen überstieg, als Eigenkapital ersetzende Leistung zu qualifizieren, sodass der Kläger aus der Nichteinhaltung der als Gegenleistung geschuldeten Fertigstellungsverpflichtung keine Konkursforderung ableiten könnte.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist schließlich dem Berufungsgericht dahin beizupflichten, dass der Einwand des Beklagten, der Kläger habe den Schaden, dessen Ersatz er begehre, als Geschäftsführer selbst verschuldet und verursacht, nicht unbeachtlich ist, auch wenn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch hilfsweise auf Gewährleistung gestützt wurde, da der Verkäufer bzw Werkunternehmer (Gemeinschuldner), auch wenn er dem Käufer bzw Werkbesteller aus der verschuldensunabhängigen Gewährleistung haftet, gegenüber dem schuldtragenden Organ (Kläger) oder Erfüllungsgehilfen Rückgriff nehmen kann. Schließlich kommt Bereicherung als Rechtsgrund die vom Kläger geltend gemachte Forderung aus der Nichterfüllung eines Vertrages nicht in Frage.

Beiden Rekursen war daher im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E59909 08A01659

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0080OB00165.99V.1123.000

Dokumentnummer

JJT_20001123_OGH0002_0080OB00165_99V0000_000

Navigation im Suchergebnis