Entscheidungstext 8Ob140/17x

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

CaS 2018,94 = ZVR 2018/49 S 75 (Danzl, tabellarische Übersicht) - ZVR 2018,75 (Danzl, tabellarische Übersicht)

Geschäftszahl

8Ob140/17x

Entscheidungsdatum

29.11.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Brenn, die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mgr. M***** T*****, vertreten durch Mag. Thomas Hohenberg, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Markus Ludvik, Rechtsanwalt in Wien, wegen 41.077 EUR sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 46.077 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. September 2017, GZ 11 R 128/17z-24, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor. Selbst eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung, die hier aber nicht vorliegt, könnte im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (RIS-Justiz RS0043371). Vielmehr ist die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge mängelfrei, wenn sich das Berufungsgericht mit dieser befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS-Justiz RS0043150). Im Anlassfall hat sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge der Klägerin inhaltlich im Detail auseinandergesetzt und dabei auf die Aussagen der Zeugen und der Klägerin Bedacht genommen. Von einer nur mangelhaften Befassung mit der Beweisrüge kann keine Rede sein. In Wirklichkeit versucht die Klägerin, den Sachverhalt auch in dritter Instanz zu bekämpfen. Fragen der Beweiswürdigung können an den Obersten Gerichtshof allerdings nicht mehr herangetragen werden (RIS-Justiz RS0043371).

Die Ausführungen der Klägerin zur angeblich fehlenden erschöpfenden Erörterung betreffen zum überwiegenden Teil ebenfalls die Beweiswürdigung, zum anderen Teil die rechtliche Beurteilung.

2. Die rechtlichen Schlussfolgerungen der Klägerin sind zum Teil widersprüchlich. Zum einen steht sie auf dem Standpunkt, dass weitere Sicherungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären und „die angebrachten Fahrverbotsschilder samt weiteren Maßnahmen“ nicht ausreichend gewesen wären. Zum anderen meint sie, die anlässlich des Seifenkistenrennens aufgestellten Fahrverbotsschilder hätten nicht der zugrunde liegenden Verordnung der Bezirkshauptmannschaft entsprochen, weshalb ein Rechtsverstoß der Beklagten vorliege.

Nach dem festgestellten Inhalt der Verordnung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 12. 6. 2013, Pkt 2 betreffend die Rennstrecke, waren die Fahrverbotsschilder nicht nur am jeweiligen Beginn des Fahrverbotsbereichs (in beiden Richtungen), sondern auch auf allen Straßen, die in den gesperrten Bereich einmünden, aufzustellen. Davon abgesehen könnte ein „Mehr“ an Absicherungsmaßnahmen, selbst wenn die Schilder nicht der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft entsprochen hätten, keine Haftung der Beklagten aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten begründen.

In dieselbe Kategorie fällt das Argument der Klägerin, sie hätte mangels eines Umleitungsschildes nicht gewusst, wohin sie hätte fahren sollen. Ausgehend von den Feststellungen war der Klägerin vollkommen bewusst, dass sie mit ihrem Rennrad unerlaubterweise in den Gefahrenbereich eingefahren ist und sich dort auf der Fahrbahn fortbewegt hat. Aufgrund der gegebenen Situation hätte sie sich nicht in den Gefahrenbereich begeben dürfen.

3. Nicht stichhaltig ist auch das Argument der Klägerin, dass Fußgängerverkehr erlaubt gewesen sei und sich der Unfall mit einem im Unfallsbereich aufhältigen Fußgänger genauso hätte ereignen können.

Nach den Feststellungen ereignete sich der Unfall im Bereich der Ziellinie auf der Kurveninnenseite (am linken Fahrbahnrand aus Fahrtrichtung der Klägerin), wobei sie sich mit dem Rad auf der Fahrbahn (parallel zur Gehsteigkante) vor der Absperrung, also im Gefahrenbereich befunden hat. Auf beiden Seiten der Ziellinie war je eine Person beauftragt, darauf zu achten, dass sich vor der Startfreigabe keine anderen Personen im überblickbaren Gefahrenbereich befanden.

Entgegen den Ausführungen der Klägerin kann
– aufgrund der getroffenen Absicherungsmaßnahmen und Überwachungsmaßnahmen – nicht davon ausgegangen werden, im Unfallsbereich bzw auf der Fahrbahn im Gefahrenbereich hätten sich naheliegend auch Fußgänger aufhalten können. Vielmehr ergibt sich, dass sich die Klägerin nur deshalb in den Gefahrenbereich begeben hat, weil sie mit dem Fahrrad unterwegs war. Gerade dadurch haben sich die Gefahren verwirklicht, die durch das Fahrverbot hätten verhindert werden sollen. Damit haben die Vorinstanzen den Rechtswidrigkeitszusammenhang zu Recht bejaht. Aus diesem Grund sind auch die Schlussfolgerungen der Klägerin, die sie aus den Entscheidungen 2 Ob 7/07d und 2 Ob 70/16g zieht, nicht einschlägig.

4. Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchem Maß der Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen kann. Eine Verkehrssicherungspflicht entfällt, wenn sich jeder selbst schützen kann, weil die Gefahr leicht, also ohne genauere Betrachtung erkennbar ist (8 Ob 58/16m). Welche Sicherungsmaßnahmen zumutbar und erforderlich sind, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (8 Ob 41/15k; 8 Ob 100/15m).

Soweit die Klägerin darlegen will, dass sich auch im Unfallsbereich, also auf der Kurveninnenseite im Bereich der Ziellinie, Zuschauer befunden hätten, weshalb auch dort Strohballen aufzustellen gewesen wären, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab.

5. Insgesamt vermag die Klägerin mit ihren Ausführungen keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung der Vorinstanzen aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.

Textnummer

E120292

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00140.17X.1129.000

Im RIS seit

11.01.2018

Zuletzt aktualisiert am

28.06.2018

Dokumentnummer

JJT_20171129_OGH0002_0080OB00140_17X0000_000

Navigation im Suchergebnis