Entscheidungstext 7Ob552/88

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

7Ob552/88

Entscheidungsdatum

14.04.1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max G***, Pensionist, Ansfelden, Gschaidstraße 12, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, wider die beklagte Partei Ö*** L*** Aktiengesellschaft, Wien 1., Am Hof 2, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1,231.787,31 S samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Dezember 1987, GZ 6 R 289/87-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 25. Mai 1987, GZ 9 Cg 532/86-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 17.706,15 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.609,65 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger wickelte seinerzeit seine gesamten Bankgeschäfte, darunter auch seine Geschäftskonten und Privatkonten, über die Filiale der Beklagten in Linz, Johann-Konrad-Vogel-Straße 7-9 ab. Filialleiter war damals Ernst K***. Dieser hat in der Zeit zwischen dem 6.Oktober 1977 und dem 19.Februar 1980 Barabhebungen von Konten des Klägers vorgenommen, die behobenen Beträge jedoch, entgegen den Weisungen, die ihm der Kläger erteilt hatte, für sich verwendet. Auf Anregung des Klägers wurde hierauf eine Revision in der Filiale der Beklagten vorgenommen, die zu einer Auflösung des Dienstverhältnisses des Ernst K*** im Juli 1981 führte. Außerdem erstattete die Beklagte eine Strafanzeige gegen K***, doch wurde das diesbezügliche Verfahren gemäß Paragraph 90, StPO eingestellt. Mit der am 19.Dezember 1986 eingebrachten Klage begehrt der Kläger wegen des Vorgehens K*** von der Beklagten nach einer erfolgten Klagseinschränkung 1,231.787,31 S samt Anhang, wobei er die Rechtsansicht vertritt, die Beklagte hafte für das Verhalten K*** entweder gemäß Paragraph 1313, a ABGB oder gemäß Paragraph 1315, ABGB. Die Vorinstanzen haben die Klage wegen Verjährung mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger sei die Schädigung bereits im Jahre 1980 bekannt gewesen. Die 30-jährige Verjährungsfrist des Paragraph 1489, ABGB gelte nur gegenüber demjenigen, der eine strafbare Handlung begangen hat, nicht aber gegenüber demjenigen, der neben dem Täter auch solidarisch haftet ohne selbst straffällig geworden zu sein.

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Die Mängelrüge besteht lediglich in einem Hinweis auf die Rechtsrüge ohne darzutun, welche Mängel des Berufungsverfahrens vorliegen sollen und inwieweit diese von entscheidendem Einfluß auf das Ergebnis des Verfahrens sein könnten. Sie ist daher nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weshalb sich eine weitere Behandlung erübrigt.

Rechtliche Beurteilung

Da im vorliegenden Fall vom Kläger ausdrücklich ein Schadenersatzanspruch behauptet wird und feststeht, daß zwischen der Möglichkeit einer Klagsführung und der tatsächlichen Klagserhebung mehr als 3 Jahre liegen, ist die entscheidende Rechtsfrage, ob gegenüber der Beklagten die 30-jährige Verjährungsfrist des Paragraph 1489,

2. Satz ABGB gilt oder nicht. Dies wurde vom Berufungsgericht mit Recht verneint.

Der Schadenersatzanspruch verjährt in 30 Jahren, wenn der Schaden aus einer oder mehreren gerichtlich strafbarer Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und die mit mehr als einer einjährigen Freiheitsstrafe bedroht sind, entstanden ist. Sinn des Institutes der Verjährung ist die Erwägung, daß sich im täglichen Leben alle möglichen Rechtsvorgänge ereignen, denen man im Augenblick oft keine allzu große Beachtung schenkt und die daher bald außer Evidenz geraten. Die Menschen sollen nicht gezwungen sein, derartige alltägliche Ereignisse über Jahre hinweg als Quelle für allfällige Ansprüche in Evidenz halten zu müssen. Vor allem bei Schadenersatzansprüchen ist zu berücksichtigen, daß diesen oft Vorfälle zugrunde liegen, bezüglich derer nicht von vorneherein klar ist, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang eine Haftung besteht. Je länger der verflossene Zeitraum seit einem derartigen Ereignis ist, desto mehr verblaßt die Erinnerung und desto unsicherer wird eine allfällige Beweislage. Vor allem kann es sich hiebei um Ereignisse handeln, deren Tragweite als Grundlage für einen allfälligen Schadenersatzanspruch den Betroffenen oft gar nicht bewußt ist. Durch Paragraph 1489, ABGB wollte der Gesetzgeber den Zustand der Ungewißheit zeitlich begrenzen. Hiebei ging er von der Erwägung aus, daß im allgemeinen 3 Jahre ein ausreichender Zeitraum sind, um dem Geschädigten eine ordnungsgemäße Vorbereitung seiner Schadenersatzklage zu ermöglichen. Demgegenüber soll der Durchschnittsmensch nicht für unabsehbare Zeit mit der Drohung allfälliger Schadenersatzansprüche belastet werden. Ist der Schaden jedoch auf eine qualifizierte strafbare Handlung zurückzuführen, so handelt es sich hiebei nicht um ein Durchschnittsereignis, das eine fürsorgliche Behandlung des Schädigers erfordert. Vielmehr wurde der Schaden durch einen bewußten schweren Gesetzesverstoß hervorgerufen. In einem solchen Fall ist es nicht gerechtfertigt, dem Schädiger zuzubilligen, daß er in einem relativ kurzen Zeitraum von weiteren Folgen seiner Handlung verschont bleibt. Die Bestimmung des Paragraph 1489,

2. Satz ABGB ist also eindeutig eine vom Gesetzgeber gewollte Pönalisierung des Täters. Eine solche Pönalisierung ist aber nur gegenüber dem Täter selbst, nicht jedoch gegen mithaftende Personen, denen eine strafbare Handlung nicht vorgeworfen werden kann, gerechtfertigt. Für den Mithaftenden gelten diesselben Erwägungen, die zu einer Begrenzung der Verjährung mit 3 Jahren geführt haben. Der Oberste Gerichtshof tritt demnach der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes bei, derzufolge für Personen, die ohne eigenes Verschulden mithaften, die 3-jährige Verjährungsfrist gilt (Schubert in Rummel, Rz 5 zu Paragraph 1489,, JBl.1973, 272, SZ 40/40 ua.). Ob juristische Personen bezüglich der Verjährung von Schadenersatzverpflichtungen ihren Funktionären gleichzusetzen sind oder nicht, muß hier nicht abschließend beurteilt werden. Eine solche Gleichsetzung käme überhaupt nur für Organe der juristischen Person in Frage. Nur diese vertreten die juristische Person nach außen, weshalb ihre Handlungen als Handlungen der juristischen Person gewertet werden können. Bloße Angestellte, mögen sie auch in gehobener Position tätig sein, sind hingegen nicht Vertreter der juristischen Person. Ihre Handlungsweise kann daher zwar in vielen Fällen zu einer Haftung der juristischen Person führen, sie ist jedoch nicht schlechthin als Handlung der juristischen Person selbst zu werten. Selbst wenn man daher, entgegen der oben aufgezeigten Judikatur, die 30-jährige Verjährungsfrist gegen juristische Personen dann annehmen würde, wenn die strafbare Handlung von einem Organ dieser juristischen Person begangen wurde, käme man im vorliegenden Fall zu einer Klagsabweisung, weil K*** nicht Organ der Beklagten war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E14223

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00552.88.0414.000

Dokumentnummer

JJT_19880414_OGH0002_0070OB00552_8800000_000

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