Entscheidungstext 4Ob28/89

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

4Ob28/89

Entscheidungsdatum

04.04.1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fritz G***, Inhaber der protokollierten Firma Fritz G***-Elektromarkt, Graz, Wienerstraße 331, vertreten durch Dr. Josef Friedrich, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei U*** Gesellschaft mbH, Leoben, Draschestraße 20, vertreten durch Dr. Anton Eichinger und Dr. Michael Augustin, Rechtsanwälte in Leoben, wegen Unterlassung und Veröffentlichung (Gesamtstreitwert S 350.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 30. November 1988, GZ 2 R 226/88-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 12. August 1988, GZ 7 Cg 424/87-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.983,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.163,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger, der seinen Geschäftssitz in Graz hat, handelt mit Elektrowaren aller Art. Die Beklagte betreibt in Leoben einen sogenannten Elektro-Abholmarkt.

In der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 15. Oktober 1987 erschien ein halbseitiges Inserat der Beklagten, in der sie verschiedene Elektrogeräte ohne nähere Bezeichnung, unter anderem einen "Mikrowellenherd" um S 2.790 und einen "Videorecorder HQ mit Infrarot-Fernbedienung" um S 5.990 anbot; im unteren Teil dieses Inserates war das Wort "Tiefstpreisgarantie" - ohne nähere Erläuterung - zu lesen. Der Kläger hatte Mikrowellenherde schon im Mai 1987 zu einem Preis ab S 2.650, im Juli 1987 ab S 2.490, in Zeitungsinseraten vom 25. und vom 30. September 1987 ab S 2.770 angekündigt; in einem weiteren Inserat vom 9. Oktober 1987 hatte er 20 Mikrowellenherde "Bauknecht" zu je S 2.700 angeboten. Im Juni 1987 hatte der Kläger Videorecorder VHS mit Fernbedienung zu einem Preis ab S 4.900 und im August 1987 HS-HQ-Videorecorder mit Fernbedienung zum gleichen Preis, HQ-VHS-Videorecorder mit Fernbedienung hingegen ab S 6.800 und in einem Zeitungsinserat vom 30. September 1987 einen VHS-HQ-Videorecorder mit Fernbedienung ab S 4.770 angeboten.

Im Hinblick auf ihr Inserat vom 15. Oktober 1987 forderte der Kläger die Beklagte auf, eine Verpflichtungserklärung dahin abzugeben, daß sie es ab sofort unterlassen werde, Elektrogeräte unter der Werbung "Tiefstpreisgarantie" oder einer gleichsinnigen Bezeichnung anzukündigen, wenn die angekündigten Preise tatsächlich nicht unter den von den Mitbewerbern, insbesondere dem Kläger, angebotenen Preise für derartige Elektrogeräte gelegen seien. Die Beklagte antwortete darauf durch ihren Rechtsanwalt, daß ihre Werbung tatsächlich Anlaß zu Irrtümern geben könne; sie erkläre daher verbindlich, die Ankündigung einer Tiefstpreisgarantie in der am 15. Oktober 1987 gewählten Form in Hinkunft zu unterlassen. Da die Klägerin nicht nachgewiesen habe, daß sie die gleichen Geräte angeboten habe, werde die Verpflichtungserklärung nicht unterfertigt. In der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 12. November 1987 erschien abermals ein Inserat der Beklagten; hierin bot sie unter anderem einen "Mikrowellenherd" um S 2.750 und einen "Videorecorder" - ein "Markengerät mit Fernbedienung und programmierbar" - um S 4.990 an.

Unter den Preisangaben stand: "Tiefstpreisgarantie" und darunter in kleinerem Druck:

"Für alle bei uns gekauften Waren gewähren wir Ihnen eine Tiefstpreisgarantie von 10 Tagen. Wenn Sie uns innerhalb dieser Zeit nachweisen, daß Sie idente Waren anderswo billiger kaufen können, können Sie gegen Vorlage unseres Kassazettels vom Kauf zurücktreten. Wir bieten Ihnen dann einen neuen Kaufvertrag auf Grund des herabgesetzten Preises an."

Die Beklagte beabsichtigt, auch in Zukunft Inserate wie jenes vom 12. November 1987 in Auftrag zu geben. Sie entsendet Mitarbeiter, um die Preise von Mitbewerbern in Erfahrung zu bringen; dann setzt sie für ihre Geräte die Preise so fest, daß sie dem niedrigsten Preis ihrer Mitbewerber entsprechen oder noch darunter liegen. Bietet ein Konkurrent ein solches Gerät billiger an - im Elektrohandel kommt es zu ständigen Preisherabsetzungen -, so verbilligt auch die Beklagte ihre Waren gleicher Marke und gleichen Typs. Würde ein Käufer ein Gerät gleicher Marke und Type in einem anderen Geschäft zu einem niedrigeren Preis sehen und dies binnen 10 Tagen ab dem Kaufdatum reklamieren, dann würde ihm der Differenzbetrag auf den niedrigeren Preis ersetzt werden; ein solcher Fall ist aber in der Praxis noch nicht vorgekommen. Auch auf einem im Geschäft der Beklagten deutlich sichtbaren Plakat wird die Tiefstpreisgarantie so erläutert wie im Inserat vom 12. November 1987.

Der von der Beklagten am 12. November 1987 zum Preis von S 2.750 inserierte Mikrowellenherd war ein Gerät der Marke "Bauknecht", welches der Kläger zuletzt am 9. Oktober 1987 in einer begrenzten Stückzahl von 20 zu S 2.770 und die Beklagte bereits im Inserat vom 15. Oktober 1987 um S 2.790 angeboten hatten. Der von der Beklagten am 12. November 1987 um S 4.990 angebotene Videorecorder war ein Gerät der Marke "Gold-Star"; diese Marke hat der Kläger damals nicht vertrieben. Der vom Kläger um S 4.770 angebotene Videorecorder war ein Gerät der Marke "Tensai" und hatte auch eine andere Ausführung. Mit der Behauptung, daß die Beklagte in ihrem Inserat vom 12. November 1987 den als "Markengerät mit Fernbedienung und programmierbar" beschriebenen Video-Recorder nicht wirklich zum niedrigsten damals von Mitbewerbern verlangten Preis angeboten und damit ihre verbindliche Erklärung vom 29. Oktober 1987, sie werde in Hinkunft Inserate wie jenes vom 15. Oktober 1987 nicht mehr einschalten lassen, verletzt habe, begehrt der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr die Ankündigung einer Tiefstpreisgarantie sofort zu unterlassen, wenn sie nicht für alle von ihr angebotenen Elektrogeräte den niedrigsten von Mitbewerbern verlangten Preis, der ihr bekannt sein müsse, verlange; außerdem stellt er ein Veröffentlichungsbegehren.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der vom Kläger zum Preis von S 4.770 angebotene Videorecorder sei mit dem im Inserat vom 12. November 1987 genannten Videorecorder um S 4.990 nicht identisch. Bisher hätten weder Kunden noch der Kläger der Beklagten nachgewiesen, daß sie irgendwelche Geräte teurer anböte als Konkurrenzunternehmen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Im Hinblick auf die verbindliche Erklärung der Beklagten bestehe keine Gefahr, daß sie neuerlich eine "Tiefstpreisgarantie" wie im Inserat vom 15. Oktober 1987 ankündigen werde. Die Werbung vom 12. November 1987 sei nicht irreführend, weil die Beklagte den dadurch ausgelösten Erwartungen des Publikums tatsächlich entspreche.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Da die Beklagte dem Kläger verbindlich zugesagt habe, eine Ankündigung wie die vom 15. Oktober 1987 künftig zu unterlassen, bestehe diesbezüglich keine Wiederholungsgefahr; auch der Kläger habe nur das Inserat der Beklagten vom 12. November 1987 als Anlaß seiner Klageführung angeführt und auf das Inserat vom 15. Oktober 1987 nur zur Darlegung der Wiederholungsgefahr Bezug genommen. Es sei daher nur zu prüfen, ob die Beklagte durch die Einschaltung des Inserates vom 12. November 1987 gegen das UWG verstoßen habe. Das sei zu verneinen: Die Beklagte habe darin kein "gleiches" Gerät teurer angeboten als ein Mitbewerber. Daß sie dabei keine Marke genannt habe, sei zwar ein Fehler; diesen habe aber der Kläger in erster Instanz nicht geltend gemacht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Klage vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Auch die Rechtsrüge ist nicht stichhältig.

Ob die Beklagte den von ihr verwendeten Begriff der "Tiefstpreisgarantie" ausreichend und in genügend deutlicher Form erläutert hat, ist nicht entscheidungswesentlich, weil sich das Klagebegehren nicht gegen eine irreführende Verwendung dieses Begriffs durch den Beklagten richtet; vielmehr soll der Beklagten nur verboten werden, trotz Ankündigung einer Tiefstpreisgarantie nicht tatsächlich die niedrigsten ihr bekannten Preise zu verlangen. Wie schon das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgeführt hat, wird allerdings zumindest ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Publikums die Ankündigung einer "Bestpreis-" oder "Tiefstpreisgarantie" dahin verstehen, daß der Ankündigende seine Waren allgemein zu den jeweils niedrigsten ihm bekannten oder bekannt werdenden Preisen seiner Konkurrenten anbietet, entspricht es doch der Erfahrung, daß jeder Verkäufer regelmäßig am Aufrechtbleiben der abgeschlossenen Geschäfte interessiert ist; wer damit wirbt, die verkaufte Ware im Fall günstigerer Konkurrenzangebote zurückzunehmen, wird daher durch eine entsprechende Preispolitik bemüht sein, eine Rücknahmeverpflichtung tunlichst gar nicht entstehen zu lassen, sondern selbst den "Tiefstpreis" zu halten (ÖBl 1980, 42; ÖBl 1982, 162; ÖBl 1984, 75). Daraus ist aber für den Kläger nichts zu gewinnen. Ihm ist nämlich der Beweis mißlungen, daß die Beklagte in ihrem Inserat vom 12. November 1987 für irgendein Gerät einen höheren Preis als er selbst oder sonst ein Mitbewerber verlangt hätte. Die Ankündigung einer "Tiefstpreisgarantie" wird von den angesprochenen Verkehrskreisen, denen die Existenz verschiedener Marken und Typen bei Elektrogeräten sehr wohl bewußt ist, nur dahin verstanden werden, daß der Ankündigende den jeweils niedrigsten Preis für ein bestimmtes Gerät und nicht für alle "gleichartigen" Geräte zu verlangen verspricht; niemand wird erwarten, daß etwa jeder Videorecorder oder jeder Mikrowellenherd zu dem geringsten Preis, den ein Mitbewerber für irgendeines dieser Geräte verlangt, angeboten werden kann.

Ob aber die Beklagte durch ihre Ankündigungen im Inserat vom 15. Oktober 1987 bestimmte Geräte trotz Hinweises auf eine "Tiefstpreisgarantie" zu einem höheren Preis angekündigt hat, als der Kläger (oder ein anderer Mitbewerber) damals dafür verlangte, haben die Vorinstanzen mit Recht nicht geprüft, hat doch der Kläger selbst behauptet, daß dieses Inserat Gegenstand einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Parteien gewesen sei; die weitere Klagebehauptung, daß die Beklagte die von ihr abgegebene verbindliche Erklärung nicht eingehalten habe, ist jedoch widerlegt worden. Der Kläger hat im übrigen weder behauptet noch bewiesen, daß es sich bei den von der Beklagten am 15. Oktober 1987 zu "Tiefstpreisen" angekündigten Videorecordern und Mikrowellenherden um Geräte der gleichen Marke und Type gehandelt hätte, wie er selbst sie schon vorher zu geringeren Preisen verkauft hatte. Da die Vorinstanzen demnach einen Verstoß der Beklagten gegen Paragraph 2, UWG zutreffend verneint haben, mußte die Revision erfolglos bleiben.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E17031

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00028.89.0404.000

Dokumentnummer

JJT_19890404_OGH0002_0040OB00028_8900000_000

Navigation im Suchergebnis