Entscheidungstext 4Ob210/98f

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

4Ob210/98f

Entscheidungsdatum

12.08.1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftsssache der Minderjährigen Felix M*****, und Mathias Lukas M*****, infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen, beide vertreten durch ihre Mutter Ilse S*****, als gesetzliche Vertreterin, diese vertreten durch Dr. Anton Tschann, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 4. Juni 1998, GZ 1 R 231/98y-62, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bludenz vom 3. April 1998, GZ 5 P 2321/95w-54, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der in seinem nicht in Beschwerde gezogenen Teil, also der Erledigung des Herabsetzungsantrages des Kindesvaters durch Abweisung hinsichtlich des mj. Felix zur Gänze und hinsichtlich des mj. Mathias bis 31. 1. 1998 sowie durch teilweise Stattgebung hinsichtlich des mj. Mathias ab 1. 2. 1998 unberührt bleibt, wird im übrigen, also soweit den Erhöhungsanträgen der Minderjährigen jeweils nicht stattgegeben worden ist, aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der mj. Felix, geboren am 6. 5. 1987, und der mj. Mathias Lukas, geboren am 11. 1. 1989, sind eheliche Kinder der mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bludenz vom 15. 7. 1995 im Einvernehmen geschiedenen Ehegatten Ilse Maria Salomon und Walter Mittelberger. Die Obsorge kommt der Mutter zu, in deren Haushalt die Minderjährigen betreut werden. Der Vater ist Hauptschullehrer. Seit 1. 2. 1998 ist er mit einer weiteren gesetzlichen Unterhaltspflicht für seine am 4. 2. 1998 geborene uneheliche Tochter Anja Lisa Mittelberger belastet, hinsichtlich der er ein Vaterschaftsanerkenntnis abgegeben hat. Zuletzt war der Vater mit Beschluß vom 29. 10. 1996 (ON 35) zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag für seine ehelichen Kinder von je S 4.100.- verpflichtet. Aus Anlaß der Scheidung übertrug die Mutter dem Vater gegen eine Ausgleichszahlung von S 300.000.- ihr Hälfteeigentum an jener Liegenschaft, auf der das bisher gemeinsam bewohnte Einfamilienhaus steht, wogegen sich der Vater verpflichtete, sämtliche auf dieser Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Verbindlichkeiten allein abzustatten und die Mutter schad- und klaglos zu halten. Der Vater bewohnt dieses Haus, vermietet aber auch Teile davon um S 10.000.- monatlich; diesen Einnahmen stehen monatliche Tilgungsraten zur Bedienung der übernommenen Hypothekarkredite von S 12.000.- bis S 13.000.- gegenüber.

Der Vater beantragte am 24. 11. 1997 (ON 45) die Herabsetzung seiner Unterhaltsleistung aufgrund seines gesunkenen Einkommens ab September 1997 auf monatlich je S 3.000.- pro Kind. Die Minderjährigen beantragten ihrerseits am 9. 12. 1997 (ON 46), den Unterhaltsbeitrag ab 1. 1. 1997 auf monatlich S 6.600.- für Felix und S 6.000.- für Mathias Lukas zu erhöhen. Neben seinem Gehalt als Lehrer erziele der Vater nämlich noch aus der teilweisen Vermietung seines Hauses Einkünfte von monatlich S 10.000.-.

Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab und gab den Erhöhungsanträgen teilweise Folge, indem es die monatliche Unterhaltsleistung des Vaters vom 1. 1. 1997 - 31. 1. 1998 mit S 5.060.- für Felix und S 4.260.- für Mathias, ab 1. 2. 1998 mit S 4.800.- für Felix und S 4.000.- für Mathias festsetzte. Es bezog in seine Bemessungsgrundlage ausschließlich das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Vaters als Lehrer im Jahr 1997 von S 26.650.- ein und vertrat in rechtlicher Hinsicht den Standpunkt, daß weder die Mieteinnahmen noch die Darlehensrückzahlungen bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen seien.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Minderjährigen keine Folge und setzte in teilweiser Stattgebung des Rekurses des Vaters dessen Unterhaltsverpflichtung für Felix schon ab 1. 9. 1997 auf S 4.800.- monatlich, ab 1. 2. 1998 auf S 4.550.- monatlich herab, jene für Mathias setzte es ab 1. 9. 1997 auf S 4.050.- und ab 1. 2. 1998 auf S 3.800.- herab. Es sprach aus, daß gegen den den Rekurs der Minderjährigen abweisenden Teil seiner Entscheidung der ordentliche Revisionsrekurs wegen Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zulässig sei, gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung hingegen der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach Beweisergänzung stellte das Rekursgericht fest, daß der Vater ab 1. 9. 1997 infolge geringerer Mehrdienstleistungen nur mehr ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von S 25.260.- erzielt. Unter ausdrücklicher Ablehnung der Judikatur des siebenten Senates des Obersten Gerichtshofes trat das Rekursgericht dem von Gitschthaler in einer Entscheidungsglosse (JBl 1997, 34) vertretenen Standpunkt bei, es sei nicht sachgerecht, daß ein Unterhaltspflichtiger, der Mieteinnahmen erziele, sich diese zwar in die Bemessungsgrundlage einrechnen lassen müsse, daß aber Rückzahlungsverpflichtungen für Kredite, die der Beschaffung des vermieteten Wohnraumes dienten, die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht mindern sollen. Auch bei selbständig tätigen Unterhaltspflichtigen sei nur der verbleibende Reingewinn maßgeblich und würden berufsbedingte Ausgaben als abzugsfähige Kosten anerkannt; gleiches müsse auch für unselbständig Tätige gelten, die ein Zusatzeinkommen aus Mieteinnahmen kreditfinanzierter Wohnungen bezögen. Es sei unbillig, den Unterhaltsberechtigten zwar an den Mieteinnahmen, nicht aber auch gleichzeitig an den zu ihrer Erzielung erforderlichen Lasten teilhaben zu lassen. Da die Kredittilgungsraten die Mieteinnahmen überstiegen, liege kein zusätzliches Einkommen des unterhaltspflichtigen Vaters aus Vermietung vor.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Minderjährigen, der zwar formal den gesamten Beschluß des Rekursgerichtes bekämpft, das Rechtsmittel inhaltlich aber nur soweit ausführt, als es sich gegen die nicht vollständige Stattgebung ihrer Erhöhungsanträge richtet, zur Herabsetzung der Unterhaltsleistung ab 1. 2. 1998 infolge Hinzutretens einer weiteren Unterhaltsverpflichtung hingegen nichts vorbringt, ist zulässig; er ist auch berechtigt im Sinne des Aufhebungsantrages.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß als für die Unterhaltsbemessung maßgebendes Einkommen die Summe aller dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden Mittel unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen zu verstehen ist (SZ 69/203 mwN). Die dem unterhaltspflichtigen Vater aus der teilweisen Vermietung seines Hauses zufließenden Mieteinnahmen könnten daher nur unter der Prämisse bei der Unterhaltsbemessung unberücksichtigt bleiben, daß die zur Erzielung dieses Zusatzeinkommens aufgewendeten Rückzahlungen für Hypothekarkredite als unterhaltsrechtlich relevante Abzugsposten anerkannt würden. Dies wird aber nach der vom Rekursgericht zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vergleiche die Übersicht bei Gitschthaler in JBl 1997, 34; vergleiche auch EFSlg 73.205) nur in Ausnahmefällen für zulässig erachtet:

Lediglich Kredite, die zur Bestreitung unabwendbarer außergewöhnlicher Belastungen bzw. zur Erhaltung der Arbeitskraft des Unterhaltsschuldners oder für exstenznotwendige Bedürfnisse aufgenommen worden sind, sind danach abzugsfähige Aufwendungen.

Der erkennende Senat teilt mit dem Rekursgericht die Meinung Gitschthalers, daß es nicht sachgerecht wäre, wenn im Falle einer Nebentätigkeit eines unselbständig Erwerbstätigen die erzielten Einnahmen zwar die Unterhaltsbemessungsgrundlage erhöhten, die dafür aufgewendeten Ausgaben hingegen nicht als Abzugsposten anerkannt werden könnten. Die in den Entscheidungen 7 Ob 2085/96k und 7 Ob 132/98g zum Ausdruck kommende gegenteilige Ansicht, bei einer kreditfinanzierten Vermietung von Wohnraum könne der Kreditrückzahlungsaufwand die unterhaltsrechtliche Bemessungsgrundlage nicht mindern, wird ausdrücklich abgelehnt; ein derartiger Aufwand ist vielmehr als Abzugsposten den erzielten Mieteinnahmen gegenüberzustellen und nur ein sich danach allenfalls ergebender positiver Saldo in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Vermietet demnach ein unselbständig tätiger Unterhaltspflichtiger Wohnraum, ist diese "Nebentätigkeit" unterhaltsrechtlich solange neutral, als die erzielten Einnahmen die laufenden Finanzierungskosten für die Anschaffung des Wohnraums nicht übersteigen. Eine Verpflichtung des unselbständig tätigen Unterhaltsschuldners, sein freies Vermögen auf eine solche Weise anzulegen, daß ihm daraus möglichst hohe Erlöse zufließen, an denen auch die Unterhaltsberechtigten teilhaben können, kann aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden. Solange das Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit nicht infolge der Vermietung vermindert wird, tritt auch für den Fall, daß die Nebentätigkeit über einen längeren Zeitraum Verluste herbeiführt, noch keine Passivierung der Bemessungsgrundlage zu Lasten der Unterhaltsberechtigten ein.

Dennoch erweist sich die Rechtssache noch nicht als spruchreif. Unstrittig ist nämlich, daß der unterhaltspflichtige Vater sein teilweise vermietetes Haus auch selbst bewohnt. Es kann daher nur jener Teil des von ihm zu leistenden Kreditrückzahlungsaufwandes die erzielten Mieteinnahmen mindern, der anteilig auf die vermietete Fläche entfällt; Ausgaben des täglichen Lebens des Unterhaltspflichtigen, wozu auch die Rückzahlungsraten für Wohnungskredite betreffend die von ihm bewohnten Räumlichkeiten zählen, können die Unterhaltsbemessungsgrundlage hingegen grundsätzlich nicht schmälern vergleiche die bei Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 244 unter 4. angeführte Judikatur). Feststellungen über das Verhältnis der vermieteten gegenüber den vom Kindesvater selbst benützten Räumen des Hauses fehlen und werden vom Erstgericht nachzutragen sein. Dem Revisionsrekurs war deshalb im Sinne des Aufhebungsantrages Folge zu geben.

Anmerkung

E51116 04A02108

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0040OB00210.98F.0812.000

Dokumentnummer

JJT_19980812_OGH0002_0040OB00210_98F0000_000

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