Entscheidungstext 3Ob603/90

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

3Ob603/90

Entscheidungsdatum

24.10.1990

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Horst B***, Kaufmann, Dametzstraße 29, 4020 Linz, vertreten durch Dr.Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Martin H***, Fotograf, Kienzlstraße 30. 4730 Waizenkirchen, vertreten durch Dr.Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwalt in Grieskirchen, wegen Unterlassung (Streitwert S 124.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 1.März 1990, GZ 6 R 280/89-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 24. August 1989, GZ 3 Cg 345/87-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden abgeändert und der Beklagte schuldig erkannt, das Betreten der Geschäftsräumlichkeiten der vom Kläger an den Standorten Dametzstraße 29, 4020 Linz, und Dr.Kompaß-Gasse 5, 4400 Steyr, betriebenen City-Videotheken zu unterlassen. Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 47.004,80 (darin S 4.400,80 Umsatzsteuer und S 20.600 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsstreites binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger betreibt in gemieteten Geschäftsräumlichkeiten in Linz und Steyr Videotheken, in denen Videokassetten vermietet und ausnahmsweise auch verkauft werden. Auf den Bildträgern sind Videofilme aufzeichnet. Weitere Videotheken in Linz, Kitzbühel, Kössen und St.Johann in Tirol betreibt der Kläger schon seit dem 1. Jänner 1988 nicht mehr.

Mit seiner am 30.Oktober 1987 erhobenen Klage stellte der Kläger das Begehren, dem Beklagten das Betreten der Videothekengeschäftsräumlichkeiten an fünf Standorten zu untersagen, dehnte das Unterlassungsbegehren am 26.Jänner 1988 auf einen sechsten Standort aus und schränkte es erst am 20.Jänner 1989 auf die beiden verbliebenen Standorte ein. Der Beklagte fühle sich berufen, eine Kontrolle auszuüben und festzustellen, ob in den Videotheken des Klägers harte Pornofilme bereit gehalten würden. Er störe das Geschäft und habe trotz Verbotes das Betreten der Geschäfte erneut die Linzer Filialen aufgesucht.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe ihm das Betreten seiner Videotheken nie untersagt. Es bestehe daher keine Wiederholungsgefahr. Das Verlangen des Klägers sei überdies sittenwidrig. Der Kläger halte in seinen Geschäftsräumlichkeiten harte Pornographie bereit und ziele darauf ab, diese ungestört verbreiten zu können. Der Kläger sei vom Strafgericht wegen des Vergehens nach dem PornG verurteilt worden. Der Beklagte habe den Geschäftsbetrieb des Klägers nicht gestört, sondern sich als potentieller Kunde das bereit gehaltene Angebot des Klägers an Videokassetten angesehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte mit dem Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Vorinstanzen gingen von den folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

In dem Bestandgegenstand in der Dametzstraße 29 in Linz wurden pornographische Videokassetten in einem Extraraum bereit gehalten. Als der Kläger den Beklagten in dieser Videothek etwa 1986/1987 sah, erklärte er, er wünsche nicht, daß der Beklagte den Geschäftsgang störe. Der Beklagte möge das Lokal verlassen. Der Kläger wolle ihn auch in seinen anderen Videotheken nicht mehr sehen. Der Beklagte war wiederholt in den Videotheken des Klägers in Linz und wurde anfangs nicht erkannt und in Ruhe gelassen.

Der Beklagte beabsichtigte mit seinen Besuchen in den Videotheken des Klägers die Nachforschung, ob dort Videokassetten mit unzüchtigen Darstellungen zur Verbreitung bereit gehalten werden, um dann Strafanzeigen erstatten zu können. Er kam auch in Begleitung in Geschäfte des Klägers, nahm Kassettenhüllen aus den Regalen und schrieb sich die Tiel der Videofilme auf. Er wollte nichts kaufen. Er nahm auch den Verleih der Kassetten nie in Anspruch, störte sonst den Geschäftsbetrieb aber nicht.

Wiederholt wurde der Beklagte von Angestellten des Klägers zum Verlassen der Videotheken aufgefordert. Ein Lokalverbot hat der Kläger dem Beklagten nie schriftlich erteilt, dieser Ausdruck wurde auch nicht von Angestellten des Klägers verwendet, wenn sie dem Beklagten erklärten, er solle "verschwinden" oder "gehen", weil sonst die Polizei geholt würde.

Einmal legte der Beklagte die aus dem Regal entnommenen Kassettenhüllen neben sich, ein andermal stellte er Hüllen nicht in der ursprüngliche Reihung nach Nummern in das Regal zurück. In einer Videothek des Klägers fand sich ein Bogen Papier mit der Aufschrift "Sind zur Kontrolle! Videoteam" und dem beigesetzen Wort "Danke" und der Unterschrift des Beklagten.

Der Kläger wurde vom Landesgericht Linz am 21.Juli 1987 schuldig erkannt, am 8.April 1987 eine unzüchtige Videokassette, deren Aufzeichnung lesbische Szenen enthielt, in gewinnsüchtiger Absicht zum Verleihen vorrätig gehalten und dadurch das Vergehen nach dem Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, PornG begangen zu haben.

Das Erstgericht meinte, dem Beklagten sei kein ausdrückliches Lokalverbot erteilt worden. Daß er vom Kläger betriebene Videotheken betreten und die dort angebotene Ware besichtigt habe, rechtfertige das Unterlassungsbegehren nicht, weil ein geschäftsstörendes Verhalten des Beklagten nicht erwiesen sei.

Das Berufungsgericht teilte diese Rechtsansicht. Dem Beklagte sei weder ein Schreiben zugegangen, womit ihm Lokalverbot erteilt wurde, noch sei ihm unmißverständlich gesagt worden, daß ihm das Betreten der Videotheken für alle Zukunft verboten werde. Dazu reiche es nicht aus, daß der um seinen Geschäftsgang besorgte Kläger dem Beklagten erklärte, dieser möge das Lokal verlassen und zur Kenntnis nehmen, daß ihn der Kläger in seinen Lokalen nicht sehen möchte. Es sei nicht auszuschließen, daß der Beklagte eine Videothek des Klägers aufsuche, um eine Videokassette zu entleihen, weil der Kläger dort in erster Linie die üblichen Kommerzfilme zum Verleih bereit halte, die in ihrem moralischen Inhalt auch vom Beklagten gebilligt würden. Ob auch bei Fehlen eines Kontrahierungszwanges nach den NahVG der Zugang zu Geschäftsräumlichkeiten zum Zwecke der Kontrolle durch Einzelpersonen und Verbände (etwa nach dem UWG oder dem KSchG) offen stehen müsse, könne auf sich beruhen. Die Behauptungs-, Darlegungs- und Beweislast für ein Lokalverbot als Ausfluß der Vertragsfreiheit und der Rechte nach den Paragraphen 523 und 372 ABGB müsse zu Lasten des Geschäftsinhabers streng ausgelegt werden. Erst in diesem Prozeß sei klar geworden, daß der Kläger dem Beklagten ohne Ausnahme das Betreten der Videotheken verbiete. Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt. Der Rechtsfrage, ob und inwieweit eine Privatperson das Betreten eines sonst für die Allgemeinheit offen gehaltenen Geschäftes untersagt werden kann, kommt über die Umstände dieses Einzelfalles hinaus erhebliche Bedeutung zu.

Zu Unrecht haben die Vorinstanzen ein Verlangen des Klägers vermißt, daß der Beklagte künftig die vom Kläger betriebenen Geschäftsräumlichkeiten der Videotheken nicht mehr betreten dürfe. Dem Beklagten wurde wiederholt vom Kläger und seinen Angestellten bedeutet, daß er in den Videotheken unerwünscht sei und sich dort künftig nicht mehr blicken lassen solle. Wie das Berufungsgericht zutreffend, aber ohne die daraus gebotene rechtliche Schlußfolgerung erkannte, mußte dem Beklagten überdies - wie er auch in der Revisionsbeantwortung zugesteht - jedenfalls mit Zustellung der Klageschrift in diesem Rechtsstreit bewußt sein, daß ihm der Kläger jedes Betreten der Videotheken untersage. Er hat darauf nicht etwa mit einem Anerkenntnis reagiert oder Abweisung des Klagebegehrens allein wegen Fehlens der Wiederholungsgefahr beantragt, sondern sich einerseits darauf gestützt, es sei ihm wirksam das Betreten nicht verboten worden, und andererseits auch die Sittenwidrigkeit eines solchen Verlangens des Klägers geltend gemacht. Schon daraus folgt, daß der Beklagte nicht bereits ist, sich dem Verbot zu beugen (so auch Berufungsbeantwortung S 119) und daher durchaus die Gefahr droht, der Beklagte werde auch künftig dem Verbot zuwiderhandeln. Ein förmliches, von den Vorinstanzen vermißtes "Lokalverbot" ist beim Betrieb einer Videothek weder vorgesehen noch nötig. Der Beklagte will aber offenbar nicht Folge leisten.

Es stellt sich daher die Frage, welche Schranken dem Geschäftsinhaber gesetzt sind, wenn er sein Geschäft einem unbestimmten Kreis von Personen eröffnet hat, den Zutritt aber einzelnen Personen verweigern will. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß der Betreiber eines Geschäftes anders als etwa der Wohnungsinhaber einen Zugang der Allgemeinheit eröffnet. Dies gilt aber allgemein nur für Interessenten, die die angebotene Ware besichtigen, das Warenanbot mit dem der Mitbewerber vergleichen und allenfalls Ware erwerben wollen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung SZ 59/130 = JBl

1987, 36 = EvBl 1987/6 zu dem Anspruch des von einem Gasthaus-Lokalverbot Betroffenen Stellung bezogen, der sich erfolgreich mit einem Begehren auf Unterlassung (der Aufforderung, das Gasthaus zu verlassen und dieses nicht zu betreten) gegen das ihm erteilte Lokalverbot zur Wehr setzte. In dieser Entscheidung wurde unter Darlegung auch der deutschen Lehre und Rechtsprechung, der auch für den österreichischen Rechtsbereich Bedeutung zukomme, aus dem Gesichtspunkt des Kontrahierungszwanges die den Betroffenen gegenüber anderen Personen zurücksetzende Abweisung oder Ausweisung durch den Inhaber eines der Öffentlichkeit zugänglichen Lokales dann als sittenwidrig bezeichnet, wenn dem Inhaber eine monopolartige Stellung zukomme und kein ausreichender sachlich gerechtfertigter Grund für das Lokalverbot vorliege. Zu der Frage, daß mit der Verpflichtung des Gastwirtes, dem Betroffenen das Betreten des Gasthauses zu gestatten, noch nicht dessen Bewirtung erreicht sei, führte der Oberste Gerichtshof aus, daß das Unterlassungsbegehren das Verlangen nach Bewirtung entsprechend der Bestellung und unter Einhaltung der gesetzlichen und handelsüblichen Bedingungen umfasse, ja Konsumation bei Betreten des Lokals sogar eher als Pflicht des Berechtigten angesehen werden könne.

In Fortführung dieser Gedanken hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung JBl 1988, 454 = RdW 1988, 192 = ÖBl 1989, 19 betont, daß der Eigentümer, Mieter odgl, der über ein Gelände verfügt, nicht bei sonstiger Sittenwidrigkeit verpflichtet sei, jedem zu gestatten, dort Waren zu verkaufen, und Zutritt zu gewähren. Er sei vielmehr in der Entscheidung frei, welchem Unternehmer er den Vertrieb von Waren auf seinem Gelände gestatte oder untersage. Dabei wurden die Grenzen des Kontrahierungszwanges abgesteckt.

Als Ausdruck des allgemeinen Gedankens der Privatautonomie gilt im Schuldrecht das Prinzip der Vertragsfreiheit, also auch der Entscheidungsfreiheit, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird, die nur in den Fällen des Kontrahierungszwanges ausnahmsweise durchbrochen wird (Koziol-Welser8 römisch eins 192; Larenz, Schuldrecht14 römisch eins 42 f; ÖBl 1989, 19 mwH). Kontrahierungszwang ist anzunehmen, wenn die faktische Übermacht eines Beteiligten bei bloß formaler Parität ihm die Möglichkeit der "Fremdbestimmung" über andere gäbe und darum die Ausnützung dieser Monopolstellung gegen die guten Sitten verstieße (Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 83 zu Paragraph 879 ;, Nipperdey, Kontrahierungszwang und diktierter Vertrag 61; Bydlinski, Privatautonomie und objektive Grundlagen des verpflichtenden Rechtsgeschäftes 170; SZ 44/138; SZ 46/54; ÖBl 1989, 19). Allgemein als sittenwidrig werden Monopolmißbrauch und Diskriminierung angesehen. Auch die deutsche Rechtsprechung berücksichtigt weitgehend die Umstände des Einzelfalles und hat die Abweisung von Gaststättenbesuchern ohne erkennbaren sachlichen Grund nicht als sittenwidrig angesehen, wenn sie sich nicht als Beleidigung eines bestimmten Personenkreises darstellt (MünchKomm Mertens Paragraph 826, BGB Rz 162; Soergel-Hönn, Paragraph 826, BGB Rz 169; BayObLG NJW 1983, 2040). In Ladenverbotsfällen war für die Beurteilung des gegen Testkäufer gerichteten Verbotes als unzulässig entscheidend, daß der Geschäftsinhaber durch die Eröffnung der Geschäftsräume für den allgemeinen Verkehr zu erkennen gegeben habe, daß er zum Verkauf der ausgelegten Waren ohne Rücksicht auf die Zwecke der Käufer bereits sei (Bydlinski, Zu den Grundfragen des Kontrahierungszwanges, AcP 1980, 40 FN 63; BGHZ 43, 359; GRUR 1966, 564 = NJW 1966, 1558 ua). Der Unternehmer, der die Leistung bestimmter Sachen oder Dienste öffentlich in Aussicht gestellt hat, darf überdies einem zum angesprochenen Personenkreis gehörenden Interessenten, wenn diesem zumutbare Ausweichmöglichkeien fehlen, die zur Befriedigung dessen Bedarfes nötige einschlägige Leistung und den sie vorbereitenden Vertragsschluß nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund verweigern, wenn es sich um einen "Normalbedarf" oder "Notbedarf" handelt (Bydlinski aaO 41). Aber auch außerhalb eines Kontrahierungszwanges ist aus dem Grundrecht auf Persönlichkeitsschutz jeder diffamierende Ausschluß von der Inanspruchnahme der Leistung zu vermeiden, wenn nicht eine hinreichende sachliche Rechtfertigung gegeben ist. Dies folgt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung aus der mittelbaren Drittwirkung (Krejci in Rummel, ABGB2, Rz 69 zu Paragraph 879,) des Grundrechts auf Ehre (Aicher ebendort Rz 18 zu Paragraph 16,). Beim Zusammenprall der Interessen des Befugten, nach seiner Disposition Verträge zu schließen, und den Interessen des anderen, nicht diskriminierend ungleich behandelt zu werden, ist maßgebend, daß die durch die guten Sitten gezogenen Grenzen nicht überschritten werden.

Der Beklagte hat nach den Tatsachenfeststellungen nur die Kontrolle der in den Videotheken des Kläges bereit gehaltenen Videokassetten beabsichtigt, wenn er die Geschäftsräumlichkeiten des Klägers betrat. Er hat nicht einmal behauptet, er habe das Anbot des Klägers zur Anbahnung einer Vertragsbeziehung prüfen und Videokassetten mieten oder kaufen wollen, sondern sich nur abstrakt als "potentieller Käufer" bezeichnet, der er aber nach den Feststellungen nicht war. Auch die Voraussetzungen für einen Kontrahierungszwang fehlen. Gerade im Bereich größerer oder mittlerer Städte ist das Angebot an Videofilmverleihern ausreichend. Bei einem Abschlußwillen des Beklagten wäre ein Ausweichen auf andere Unternehmer gesichert. Daß allein der Kläger in dem Raum Linz und Steyr oder des Wohnortes des Beklagten Videofilme zum Verleih oder Verkauf anbiete, hat der Beklagte nicht geltend gemacht und seine Abwehr des Untersagungsanspruches nicht darauf gestützt, daß wegen der Monopolstellung des Klägers die Ausweisung aus seinen Geschäften sittenwidrig sei.

Die Sittenwidrigkeit des Verlangens des Klägers erblickt der Beklagte nur darin, daß ihm der Kläger das Betreten der Videotheken zum Zwecke der Kontrolle auf Verstöße gegen strafgerichtliche Vorschriften verbieten und damit die Möglichkeit entziehen will, bei Feststellung von strafbaren Handlungen Strafanzeige zu erstatten. Nun steht es zwar jedermann frei und ist in besonderen Fällen sogar Rechtspflicht, Straftaten zur Anzeige zu bringen. Ein subjektives Recht, Vergehen gegen das PornG auszuforschen und deshalb eine Videothek auch ohne jede Absicht, Kassetten zu mieten oder zu kaufen, betreten und nachsehen zu können, ob dort (auch) unzüchtige Darstellungen auf Videokassetten zur Verbreitung bereitgehalten werden, um dann Strafanezigen gegen den Videothekenbetreiber und/oder seine Angestellten erstatten zu können, besitzt der Beklagte aber nicht, mag er sich auch aus moralischen Gründen dazu berufen fühlen.

Der Kläger hat wohl seine Geschäfte der Allgemeinheit während der Öffnungsstunden zu dem Zweck zugänglich gemacht, daß Interessenten das Anbot an Videofilmen durchsehen und gegebenenfalls Kassetten mieten (oder kaufen); er hat aber nicht Personen zum Eintritt eingeladen, die keine Absicht haben, mit ihm Geschäfte zu schließen oder wenigstens vorbereitend seine Waren anzusehen. Der Beklagte zählt daher nicht zu dem Personenkreis, dem der Zutritt eröffnet war. Er kann aus einem Persönlichkeitsrecht auf Gleichbehandlung, selbst wenn dieses im Privatrechtsbereich allgemein anerkannt würde vergleiche Aicher in Rummel, ABGB2, Rz 31 zu Paragraph 16,), nichts für sich ableiten.

Eine unsachliche diskriminierende Verweisung aus den Geschäften des Klägers liegt ebenfalls nicht vor. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch darauf, vor berechtigten Anzeigen strafbarer Tathandlungen geschützt zu werden. Es mag auch sittenwidrig sein, Interessenten nur deshalb auszuschließen, um einer eigenen Strafverfolgung zu entgehen vergleiche das Problem der Testkäufer, oben). Entscheidend bleibt hier aber, daß der Beklagte keine Absicht zum Kontrahieren oder auch nur zur Vorbereitung eines Geschäftes hatte.

Es ändert auch nichts, daß der Kläger nicht Eigentümer, sondern Mieter der vom Verbot erfaßten Geschäftsräumlichkeiten ist, weil er für die Dauer seiner Bestandrechte darüber verfügen kann, wem er den Zutritt gestattet oder verwehrt, und nach neuerer Rechtsprechung auch dem Bestandnehmer die Unterlassungsklage gegen jeden Störer zusteht (verst.Senat JBl 1990, 447 = WoBl 1990, 42 = ImmZ 1990, 80 = EvBl 1990/73). Die analoge Anwendung des Paragraph 372, ABGB auf den Mieter wurde ohnehin schon länger anerkannt (SZ 50/10 ua). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beklagte bei seinem Aufenthalt im Mietgegenstand geschäftsstörend auftrat oder sich bloß die Kontrollrechte anmaßte, die den Kläger zu seinem Untersagungsbegehren veranlaßten. Auch wenn die Beeinträchtigung der Geschäfte des Klägers unbedeutend war und sich der Beklagte darauf beschränkte, die bereit gehaltenen Videokassetten durchzusehen, auf unzüchtige Werke zu kontrollieren und sich Aufzeichnungen zu machen, um sodann die Strafanzeigen gegen den Kläger einbringen zu können, besteht der Unterlassungsanspruch zu Recht.

Bei der Kostenentscheidung fällt ins Gewicht, daß der Kläger ursprünglich ein weitergehendes Unterlassungsbegehren erhob, das sich auf drei bzw vier weitere Standorte erstreckte, jedoch nicht bei der ersten Gelegenheit einschränkte, als sein Unterlassungsanspruch weggefallen war, weil er diese anderen Videotheken nicht mehr betrieb. Die verspätete Einschränkung führt dazu, daß der Kläger bis zu deren Zeitpunkt nur teilweise durchdrang, teilweise aber als unterlegen anzusehen ist. In diesem ersten Verfahrensabschnitt sind die Kosten nach Paragraph 43, Absatz eins, Satz 1 ZPO gegeneinander aufzuheben. Nur der Ersatz der halben Pauschalgebühr ist dem Beklagten aufzuerlegen (Paragraph 43, Absatz eins, Satz 3 ZPO). Ab der Einschränkung ist dagegen der Kläger mit seinem Unterlassungsbegehren durchgedrungen. Er hat daher in diesem Abschnitt Anspruch auf Ersatz der Verfahrenskosten nach Paragraph 41, ZPO.

Anmerkung

E22366

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00603.9.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19901024_OGH0002_0030OB00603_9000000_000

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