Entscheidungstext 2Ob359/99d

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

2Ob359/99d

Entscheidungsdatum

20.01.2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** T***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Werner Leimer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei *****Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 290.333,33 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 20. Oktober 1999, GZ 1 R 131/99m-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26. April 1999, GZ 5 Cg 172/97g-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 217.750 samt 6,5 % Zinsen seit 1. 2. 1996 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 72.583,33 samt 6,5 % Zinsen seit 1. 2. 1996 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei die mit S 61.130,40 bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit S 30.467,70 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 19. 10. 1995 ereignete sich auf der A 1, Richtungsfahrbahn Wien ein Unfall, an dem ein von der klagenden Partei gehaltenes Sattelfahrzeug samt Sattelanhänger sowie ein bei der beklagten Partei haftpflichtversicherter Klein-LKW beteiligt waren. Der klagenden Partei entstand dadurch ein Schaden von S 871.000.

Sie begehrt aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung von S 290.333,33 mit der Begründung, der Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges habe den Klein-LKW am ersten Fahrstreifen der Autobahn angehalten ohne ihn entsprechend abzusichern. Wenige 100 m nach der Unfallstelle wäre eine Ausweichstelle vorhanden gewesen, um das Fahrzeug außerhalb der Fahrbahn anhalten zu können. Der am ersten Fahrstreifen der Autobahn ohne Absicherung abgestellte Klein-LKW habe eine außergewöhnliche Betriebsgefahr dargestellt.

Der Lenker des Fahrzeuges der klagenden Partei sei hinter einem LKW gefahren. Dieser sei plötzlich nach links auf den mittleren Fahrstreifen ausgewichen, weil am ersten Fahrstreifen der bei der beklagten Partei versicherte Klein-LKW gestanden sei. Der Lenker des Fahrzeuges der klagenden Partei habe den Fahrstreifenwechsel nicht durchführen können, weil er gleichzeitig überholt worden sei. Im Hinblick darauf, dass ihm die Sicht auf den Klein-LKW durch das vor ihm fahrende Fahrzeug behindert worden sei, habe er den Klein-LKW nicht rechtzeitig erkennen und dementsprechend auch nicht reagieren können. Das plötzliche Abbremsen des Klein-LKWs und das dadurch bedingte rasche Ausweichmanöver des vor ihm fahrenden Fahrzeuges hätten dazu geführt, dass er den auf seinem Fahrstreifen abgestellten Klein-LKW nicht mehr rechtzeitig habe erkennen und dementsprechend reagieren können. Unter Berücksichtigung der Verschuldens- und Haftungskomponenten sei eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 2 zu Lasten der klagenden Partei angemessen.

Die beklagte Partei wendete ein, der Lenker des bei ihr versicherten Fahrzeuges sei durch Signale von überholenden Fahrzeuglenkern darauf aufmerksam gemacht worden, dass bei dem von ihm gelenkten Klein-LKW etwas nicht in Ordnung sei. Er habe das Fahrzeug aus diesem Grund angehalten. In diesem Bereich habe sich kein Pannenstreifen befunden, weshalb er den Klein-LKW nur teilweise außerhalb des äußerst rechten Fahrstreifens abgestellt habe. Er habe die Warnblinkanlage eingeschaltet, eine weitere Absicherung bis zum Unfall sei schon zeitlich nicht mehr möglich gewesen. Während der unmittelbar hinter dem Klein-LKW fahrende LKW-Zug nach links ausgewichen sei, habe der Lenker des Fahrzeuges der klagenden Partei zufolge überhöhter Geschwindigkeit, zu geringen Tiefenabstandes, verfehlter Fahrlinie und mangelnder Beobachtung des Verkehrsgeschehens, insbesondere wegen verspäteter Reaktion einen Auffahrunfall nicht mehr verhindern können. Das alleinige Verschulden an dem Unfall treffe den Lenker des Fahrzeuges der klagenden Partei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden.

Der Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges fuhr auf dem rechten Fahrbahnstreifen der A 1 mit ca 80 km/h als er durch Blinksignale von überholenden Fahrzeuglenkern auf ein vermeintlich akutes Gebrechen an seinem LKW aufmerksam gemacht wurde. Da sich in diesem Bereich der Autobahn drei Fahrbahnstreifen befinden, jedoch kein Pannenstreifen vorhanden ist, sah er sich gezwungen, den LKW am äußerst rechten Fahrbahnrand, zur Hälfte auf der Fahrbahn, zur anderen Hälfte auf dem angrenzenden Grünstreifen, anzuhalten. Es war ihm nicht möglich, sein Fahrzeug außerhalb des eigentlichen Fahrbahnbereiches abzustellen. Er konnte nicht erkennen, ob in absehbarer Entfernung ein Parkplatz, eine Pannenbucht oder ein Pannenstreifen erreichbar waren. Schon während des Zufahrens schaltete er die Warnblinkanlage ein. Er stieg aus dem Fahrzeug aus, um einen etwaigen Schaden zu begutachten und stellte fest, dass der Hydraulikschlauch der Hebebühne durchhing und durch Schleifen auf der Fahrbahn durchgescheuert war.

Etwa zur gleichen Zeit fuhr der Lenker des Sattelzuges der klagenden Partei samt mitgeführtem Anhänger kurz hinter dem Fahrzeug der beklagten Partei auf dem rechten Fahrstreifen. Zwischen den beiden Fahrzeugen fuhr ein weiterer LKW auf dem rechten Fahrbahnstreifen. Der Lenker dieses Fahrzeuges konnte den Abstellvorgang des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges rechtzeitig erkennen und durch Wechsel auf den zweiten Fahrstreifen dem Klein-LKW ausweichen.

Nachdem der Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges festgestellt hatte, dass kein Grund vorlag, länger anzuhalten, wollte er wieder in sein Fahrzeug steigen und die Fahrt fortsetzen. Er erkannte aber, dass sich das Fahrzeug der klagenden Partei so schnell näherte, dass es trotz eines bereits eingeleiteten Ausweichmanövers nach links mit seinem Fahrzeug kollidieren werde und brachte sich in Sicherheit.

Der Lenker des Fahrzeuges der klagenden Partei hatte das vor ihm befindliche Hindernis nicht rechtzeitig wahrgenommen und prallte mit der rechten Vorderseite und einer Restgeschwindigkeit von 40 bis 50 km/h auf das bei der beklagten Partei versicherte Fahrzeug.

Zwischen dem ersten Aufleuchten der Bremslichter an dem bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeug und der späteren Kollision sind mindestens 10 Sekunden vergangen. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 75 km/h hätte der nachfolgende Sattelzug der klagenden Partei innerhalb dieser Zeit eine Wegstrecke von 208 m zurückgelegt. Um innerhalb dieser Strecke zum vollständigen Stillstand abzubremsen, wäre eine Verzögerung von 1,2 m/sec**2 ausreichend gewesen. Es hätte somit eine leichte Bremsung ausgereicht. Der Lenker dieses Fahrzeuges reagierte in einem Ausmaß zwischen 6,7 und 7,3 Sekunden verspätet. Die Geschwindigkeitsverringerung des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges durch entsprechende Abnahme der Geschwindigkeit einerseits, Aufleuchten der Bremslichter andererseits, aber auch durch eine Änderung des Tiefenabstandes war so früh erkennbar, dass bei einer adäquat eingeleiteten Reaktion das Unfallgeschehen zu verhindern gewesen wäre. Es wäre in der festgestellten Zeit von 10 Sekunden möglich gewesen, sowohl durch Bremsung als auch durch einen Fahrstreifenwechsel einer Kollision zu entgehen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, den Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges treffe kein Verschulden. Er habe während der Fahrt das Gebrechen, auf das er von anderen Fahrzeuglenkern aufmerksam gemacht worden sei, nicht abschätzen können. Innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit von ca 10 Sekunden wäre eine weitere Absicherung, zB durch ein Pannendreieck, nicht möglich gewesen. Es sei nicht nur die Verschuldenshaftung, sondern auch die geltend gemachte Gefährdungshaftung der beklagten Partei zu verneinen.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die Revision sei nicht zulässig.

Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, dass gemäß Paragraph 46, Absatz 3, StVO ein Fahrzeug, wenn es auf der Autobahn wegen eines Gebrechens oder dgl angehalten werden müsse, möglichst auf dem Pannenstreifen abzustellen sei. Der Lenker des Fahrzeuges habe dafür zu sorgen, dass er mit ihm die Fahrt ehestens fortsetzen könne. Sei dies nicht möglich, so sei das Fahrzeug unverzüglich über die nächste Abfahrtsstraße von der Autobahn zu entfernen. Warum ein durch Schleifen auf der Fahrbahn durchgescheuerter Hydraulikschlauch der Hebebühne nicht als technisches Gebrechen anzusehen sei, sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls sei dieser Umstand im Hinblick auf die demonstrative Fassung des Paragraph 46, Absatz 3, StVO darunter zu subsumieren. Aus dieser Bestimmung ergebe sich aber auch, dass dann, wenn ein Pannenstreifen nicht vorhanden sei, das Fahrzeug notgedrungenermaßen auf der Fahrbahn abgestellt werden könne. Der Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges habe den Klein-LKW so weit wie möglich über den rechten Fahrbahnrand hinaus abgestellt und habe auch von den vorhandenen technischen Möglichkeiten, das beabsichtigte Anhalten anzuzeigen, Gebrauch gemacht, indem er die Warnblinkanlage eingeschaltet habe.

Gemäß Paragraph 89, Absatz 2, StVO habe die Verpflichtung bestanden, unverzüglich eine Warneinrichtung aufzustellen. Dem Lenker sei aber eine geringe Zeitspanne zur Prüfung zuzubilligen, ob das zum Stillstand gekommene Fahrzeug nicht vielleicht sofort wieder in Gang gesetzt werden könne. Erst nach Beendigung dieser Prüfung sei das Fahrzeug unverzüglich abzusichern (2 Ob 109/99i). Es sei daher dem Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges nicht vorzuwerfen, dass er vor Anbringung einer Warnvorrichtung zunächst Nachschau gehalten habe, warum ihn andere Verkehrsteilnehmer signalisierend auf ein Gebrechen aufmerksam gemacht hätten.

Eine allenfalls vom Fahrzeug der beklagten Partei ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr könne im Hinblick auf das krasse Fehlverhalten des Lenkers des Fahrzeuges der klagenden Partei vernachlässigt werden.

Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel der klagenden Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im Folgenden noch darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgegangen ist, sie ist zum Teil auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die Frage, ob der Lenker eines Fahrzeuges durch wichtige Umstände zum Anhalten gezwungen sei, sei nicht nach seinem subjektiven Eindruck, sondern nach objektiven Gegebenheiten zu beurteilen. Das Anblinken durch einen anderen Fahrzeuglenker rechtfertige nicht die Annahme eines Defektes am eigenen Fahrzeug. Der Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges hätte zumindest bis zur nächsten Pannenbucht oder aber bis zum Vorhandensein eines Pannenstreifens weiterfahren müssen. Es sei ihm daher ein verbotenes Halten im Sinn des Paragraph 46, Absatz 3, StVO anzulasten, weshalb jedenfalls von einem Mitverschulden am Unfall auszugehen sei.

Jedenfalls aber sei vom Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges eine außergewöhnliche Betriebsgefahr ausgegangen, welche zu berücksichtigen gewesen wäre.

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß Paragraph 46, Absatz 3, StVO ist ein Fahrzeug, wenn es auf der Autobahn wegen eines Gebrechens oder dgl angehalten wird, möglichst auf dem Pannenstreifen abzustellen. Diese Gesetzesstelle schließt also ein Anhalten aus wichtigen Gründen im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 26, StVO auch auf der Fahrbahn nicht aus (ZVR 1988/80). Die Frage, ob das Zum-Stillstand-Bringen eines Fahrzeuges im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 26, StVO durch die Verkehrslage oder durch sonstige wichtige Umstände erzwungen war, ist nicht nach dem subjektiven Eindruck des jeweiligen Lenkers, sondern nach objektiven Gegebenheiten zu beurteilen (RIS-Justiz RS0073534). Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass ein unmittelbar drohender Fahrzeugdefekt ein wichtiger Umstand im Sinne dieser Bestimmung ist (ZVR 1993/120 mwN). Ob objektiv gesehen ein wichtiger Grund für das Zum-Stillstand-Bringen des Fahrzeuges vorliegt, ist aber nicht ex post, sondern ex ante zu beurteilen. Wird ein Fahrzeug zum Stehen gebracht, weil dessen Fahrer bei vernünftiger Abwägung einen wesentlichen, die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden technischen Mangel vermutet, der nur am stehenden Fahrzeug festgestellt oder beseitigt werden kann, liegt ein Anhalten im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 26, StVO vor vergleiche Rüth in Rüth/Berr/Berz, Straßenverkehrsrecht**2, Rz 5 zu Paragraph 12, dStVO). Da im vorliegenden Fall der Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges durch Blinksignale mehrerer überholender Fahrzeuglenker auf ein vermeintlich akutes Gebrechen aufmerksam gemacht wurde, musste er bei vernünftiger Abwägung einen technischen Mangel vermuten, weshalb auch bei einer objektiven ex ante-Betrachtung das Zum-Stillstand-Bringen des Fahrzeuges durch wichtige Umstände im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 26, StVO erzwungen wurde. Die in der Entscheidung ZVR 1982/400 vertretene Ansicht, die bloße Annahme, dass das Anblinken durch ein Gegenfahrzeug auf einen Defekt am eigenen Fahrzeug schließen lasse, stelle keinen wichtigen Umstand im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 26, StVO dar, basiert auf einem anderen Sachverhalt, weil hier nicht entgegenkommende, sondern überholende Fahrzeuge den Lenker des bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeuges anblinkten und offensichtlich auch andere Signale abgaben, die auf einen Defekt schließen ließen.

Es ist daher zu prüfen, ob nicht die beklagte Partei auf Grund einer von dem bei ihr versicherten Fahrzeug ausgehenden außergewöhnlichen Betriebsgefahr eine Haftung trifft. Der Unterschied zwischen gewöhnlicher und außergewöhnlicher Betriebsgefahr ist funktionell darin zu erblicken, dass zur gewöhnlichen Betriebsgefahr besondere Gefahrenmomente hinzutreten, die nach dem normalen Ablauf der Dinge nicht schon dadurch gegeben waren, dass ein Fahrzeug überhaupt in Betrieb gesetzt wurde (RIS-Justiz RS0058467; zuletzt ZVR 1999/36). Ein auf einem Fahrstreifen einer Autobahn auch nur zum Teil zum Stillstand gebrachtes mehrspuriges Fahrzeug schafft ohne Zweifel eine äußerst gefährliche Situation, die weit über die vom gewöhnlichen Betrieb ausgehende Gefahr hinausgeht vergleiche ZVR 1993/120). Treffen - wie im vorliegenden Fall - Verschuldens- und Gefährdungshaftung zusammen, so besteht zwischen mehreren beteiligten Fahrzeugen eine Ausgleichspflicht gemäß Paragraph 11, Absatz eins, letzter Satz EKHG. Eine derartige Ausgleichspflicht ist insbesondere dort zu bejahen, wo das Verschulden des einen Beteiligten nicht so schwerwiegend ist, dass es gerechtfertigt erschiene, ihm gegenüber die zum Schaden beitragende außergewöhnliche Betriebsgefahr des anderen unfallsbeteiligten Fahrzeuges zu vernachlässigen (ZVR 1984/328). Stehen einander grobes Verschulden und außergewöhnliche Betriebsgefahr gegenüber, wird für letztere in der Regel eine Quote von 25 % in Ansatz gebracht (ZVR 1982/231; ZVR 1993/120; ZVR 1999/36). Von dieser Rechtsprechung abzugehen bietet auch der vorliegende Sachverhalt keinen Anlass. Zwar ist die Fahrlässigkeit des Lenkers des Fahrzeuges der klagenden Partei besonders grob, doch ist auch die vom bei der beklagten Partei versicherten Fahrzeug ausgehende außergewöhnliche Betriebsgefahr besonders hoch gewesen, weshalb eine Schadensteilung im Verhältnis von 3 : 1 zu Lasten der klagenden Partei gerechtfertigt erscheint.

Es war daher der Revision teilweise stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die Paragraphen 41,, 43, 50 ZPO. Die klagende Partei, die mit ihrer Klage 1/3 ihres Schadens geltend gemacht, aber nur den Ersatz eines Viertels des Gesamtschadens erreicht hat, ist rein rechnerisch mit ihrem Anspruch zu 3/4 durchgedrungen, sie hat daher einen Anspruch auf Ersatz der Hälfte ihrer Kosten (ausgenommen Barauslagen) und von 3/4 der Barauslagen. Die beklagte Partei hat einen Anspruch auf Ersatz von 1/4 ihrer Barauslagen. Die Kosten der klagenden Partei im Verfahren erster Instanz (ohne Barauslagen) betragen S 89.229,30 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 14.871,55); die Hälfte davon ergibt S 44.614,65. Die Barauslagen der klagenden Partei im Verfahren erster Instanz machten S 28.741 aus, 3/4 hievon sind S 21.555,75, woraus sich ein Kostenersatzanspruch der klagenden Partei im Verfahren erster Instanz in der Höhe von S 66.170,40 ergibt. Davon sind abzuziehen 1/4 der Barauslagen der beklagten Partei in der Höhe von insgesamt S 20.160, sohin S 5.040; daraus ergibt sich ein Kostenersatzanspruch der klagenden Partei für das Verfahren erster Instanz in der Höhe von S 61.130,40.

Für das Berufungsverfahren betragen die Kosten der klagenden Partei ohne Barauslagen S 11.435,40 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.905,90), die Hälfte davon sind S 5.717,70. Die Barauslagen betragen S 10.600, 3/4 hievon sind S 7.950, woraus sich für das Berufungsverfahren ein Kostenersatzanspruch der klagenden Partei in der Höhe von S 13.667,70 ergibt. Für das Revisionsverfahren betragen die Kosten der klagenden Partei S 13.725 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 2.287,50). Die Hälfte davon sind S 6.862,50. Dazu kommen 3/4 der Barauslagen von S 13.250, sohin S 9.937,50, woraus ein Kostenersatzanspruch für das Revisionsverfahren in der Höhe von S

16.800 erfolgt.

Anmerkung

E56814 02A03599

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0020OB00359.99D.0120.000

Dokumentnummer

JJT_20000120_OGH0002_0020OB00359_99D0000_000

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