Begründung:
Am 3. 4. 1997 ereignete sich an der Kreuzung einer Bundesstraße mit einer Gemeindestraße ein Verkehrsunfall, an dem Lieselotte E*****, die einen bei der klagenden Partei haftpflichtversicherten PKW Mazda lenkte, und DI Thomas B***** als Lenker und Halter eines bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten PKW VW Golf beteiligt waren. Lieselotte E***** fuhr von der benachrangten Gemeindestraße kommend unter Mißachtung des Vorranges des sich auf der Bundesstraße von rechts nähernden Beklagtenfahrzeuges, das sie übersehen hatte, in die Kreuzung ein, wo es zur Kollision kam. In der Folge geriet das Beklagtenfahrzeug auf die linke Fahrbahn und kollidierte mit einem entgegenkommenden Bus der Firma G*****. Die klagende Partei hat dem Busunternehmer dessen unfallskausalen Sachschaden in der Höhe von S 343.050,-- ersetzt.
Nunmehr begehrt sie von der beklagten Partei die Erstattung von einem Drittel dieses Betrages, sohin von S 114.350,-- mit der Begründung, den Lenker des Beklagtenfahrzeuges sei ein Mitverschulden von einem Drittel am Zustandekommen des Unfalles anzulasten, weil er eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe. Er sei nämlich mit zumindest 92 km/h gefahren, obwohl im Unfallsbereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h verfügt gewesen sei.
Die beklagte Partei wendete unter anderem ein, auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten, also wenn DI B***** lediglich mit 70 km/h gefahren wäre, wäre der von der klagenden Partei dann fiktiv zu leistende Schadenersatz im Verhältnis zur tatsächlich aufgewendeten Ersatzleistung im Ergebnis gleichgeblieben. Es wären nämlich die Unfallsfolgen ungleich schwerer ausgefallen und wären auch wesentlich schwerwiegendere Beschädigungen an den Fahrzeugen eingetreten. Allein die Unfallsfolgen des DI Thomas B***** wären jedenfalls zumindest rechnersich in dem Ausmaß eingetreten, die dem tatsächlich entstandenen Schaden entsprechen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:
Auf der Bundesstraße ist in beiden Fahrtrichtungen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 70 km/h verfügt. Beide Äste der Gemeindestraße sind gegenüber dieser durch das Vorschriftszeichen "Halt" abgewertet. Beim Einfahren in die Bundesstraße übersah Lieselotte E***** das von rechts kommende Fahrzeug des DI B*****, der sich der späteren Unfallstelle mit einer Geschwindigkeit von 92 km/h näherte. Infolge der Unachtsamkeit E*****s kam es zwischen den beiden Fahrzeugen zu einer Kollision. In der weiteren Folge stieß der Wagen des DI B***** gegen die linke Fahrzeugseite des entgegenkommenden Busses der Firma G*****. Am VW Golf des DI B***** entstand durch den Unfall Totalschaden. DI B***** erlitt ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. Eine bei ihm mitfahrende Person erlitt eine tiefe Rißquetschwunde und eine Prellung im Bereich des Hinterkopfes sowie ein Haematom am rechten Oberschenkel und am rechten Ellenbogen. Lieselotte E***** erlitt keine Verletzungen; an ihrem Fahrzeug wurde die Frontpartie stark beschädigt. Am Bus entstand ein Schaden in der Höhe von S 343.050,--, den die klagende Partei zur Gänze ersetzt hat.
Hätte DI B***** eine Geschwindigkeit von 70/h eingehalten, wäre es zu keiner Kollision seines Fahrzeuges mit dem Reisebus gekommen. Allerdings wären seine Verletzungen und die seiner Beifahrerin wesentlich stärker gewesen, aber auch Lieselotte E***** hätte ins Gewicht fallende Verletzungen erlitten und wäre auch an ihrem PKW Totalschaden eingetreten.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die beklagte Partei mache zutreffend den Haftungsbefreiungseinwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens geltend. Da bei der Beobachtung der Folgen eines rechtmäßigen Alternativverhaltens wohl nur von theoretischen bzw hypothetischen Unfallsfolgen ausgegangen werden könne, genüge zur Abwehr einer entsprechenden Regreßforderung der Nachweis, daß bei rechtmäßigem Alternativverhalten mit großer Wahrscheinlichkeit gleiche bis höhere Schäden - auch unter Berücksichtigung von Drittschäden - eingetreten wären.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahin ab, daß es die beklagte Partei zur Zahlung von S 85.762,50 sA verurteilte; das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 28.587,50 sA wurde abgewiesen. Es erachtete die ordentliche Revision für zulässig.
Das Berufungsgericht trat der Auffassung entgegen, daß es lediglich darauf ankomme, ob die bei rechtmäßigem Alternativverhalten hypothetisch zu erwartenden Schäden, gleichgültig zu wessen Nachteil oder welcher Art sie seien, in Summe jene Schäden nicht überschritten, die aus dem tatsächlichen rechtswidrigen Verhalten resultierten. Eine Haftungsbefreiung des Schädigers trete nicht immer schon dann ein, wenn sein rechtmäßiges Verhalten rein rechnerisch Schäden in gleicher Höhe wie die tatsächlich eingetretenen, aber ganz anderer Art und zum Nachteil anderer Personen bewirkt hätten. Eine solche "Aufrechnung" würde zu dem völlig unbefriedigenden Ergebnis führen, daß ein Geschädigter keinen Anspruch auf Schadloshaltung durch den rechtswidrig handelnden Schädiger hätte, wenn im Falle dessen rechtmäßigen Verhaltens zufällig ein Dritter statt oder neben ihm entsprechend schwerer geschädigt worden wäre. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, daß für den hier allein in Frage stehenden Busschaden ein Mitverschulden des Lenkers des Beklagtenfahrzeuges mitursächlich gewesen sei. Vor allem in der Entscheidung 2 Ob 21/92 habe sich der Oberste Gerichtshof mit dem Problem auseinandergesetzt, was im Falle einer Schadensteilung zwischen Schädiger und Geschädigtem im Sinne des § 1304 ABGB (§ 11 Abs 1 letzter Satz EKHG) rechtens sei, wenn ein Mitverschulden eines Teiles nur für einen bestimmten Teil des entstandenen Schadens ursächlich gewesen sei. In diesem Fall sei ein Unfall zu beurteilen gewesen, bei dem die Sachschäden einer Klägerin auch bei rechtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wären, während die infolge des zu schnellen Fahrens ein Schutzgesetz übertretende Klägerin nicht nachweisen habe können, daß der Beklagte auch im Falle eines rechtmäßigen Alternativverhaltens gleich schwere Verletzungen erlitten hätte. Der Oberste Gerichtshof sei in diesem Fall zum Ergebnis gelangt, daß eine Mithaftung der Klägerin für die eingetretenen Sachschäden ausgeschlossen sei. Ohne die hypothetischen Sachschäden und die tatsächlich eingetretenen Sach- und Personenschäden gegeneinander abzuwägen, sei für den Körperschaden der Beklagten "die Kausalität der Pflichtwidrigkeit" der Klägerin als gegeben erachtet und daher eine Mithaftung für diesen bejaht worden.Das Berufungsgericht trat der Auffassung entgegen, daß es lediglich darauf ankomme, ob die bei rechtmäßigem Alternativverhalten hypothetisch zu erwartenden Schäden, gleichgültig zu wessen Nachteil oder welcher Art sie seien, in Summe jene Schäden nicht überschritten, die aus dem tatsächlichen rechtswidrigen Verhalten resultierten. Eine Haftungsbefreiung des Schädigers trete nicht immer schon dann ein, wenn sein rechtmäßiges Verhalten rein rechnerisch Schäden in gleicher Höhe wie die tatsächlich eingetretenen, aber ganz anderer Art und zum Nachteil anderer Personen bewirkt hätten. Eine solche "Aufrechnung" würde zu dem völlig unbefriedigenden Ergebnis führen, daß ein Geschädigter keinen Anspruch auf Schadloshaltung durch den rechtswidrig handelnden Schädiger hätte, wenn im Falle dessen rechtmäßigen Verhaltens zufällig ein Dritter statt oder neben ihm entsprechend schwerer geschädigt worden wäre. Entscheidend sei im vorliegenden Fall, daß für den hier allein in Frage stehenden Busschaden ein Mitverschulden des Lenkers des Beklagtenfahrzeuges mitursächlich gewesen sei. Vor allem in der Entscheidung 2 Ob 21/92 habe sich der Oberste Gerichtshof mit dem Problem auseinandergesetzt, was im Falle einer Schadensteilung zwischen Schädiger und Geschädigtem im Sinne des Paragraph 1304, ABGB (Paragraph 11, Absatz eins, letzter Satz EKHG) rechtens sei, wenn ein Mitverschulden eines Teiles nur für einen bestimmten Teil des entstandenen Schadens ursächlich gewesen sei. In diesem Fall sei ein Unfall zu beurteilen gewesen, bei dem die Sachschäden einer Klägerin auch bei rechtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wären, während die infolge des zu schnellen Fahrens ein Schutzgesetz übertretende Klägerin nicht nachweisen habe können, daß der Beklagte auch im Falle eines rechtmäßigen Alternativverhaltens gleich schwere Verletzungen erlitten hätte. Der Oberste Gerichtshof sei in diesem Fall zum Ergebnis gelangt, daß eine Mithaftung der Klägerin für die eingetretenen Sachschäden ausgeschlossen sei. Ohne die hypothetischen Sachschäden und die tatsächlich eingetretenen Sach- und Personenschäden gegeneinander abzuwägen, sei für den Körperschaden der Beklagten "die Kausalität der Pflichtwidrigkeit" der Klägerin als gegeben erachtet und daher eine Mithaftung für diesen bejaht worden.
Auch im vorliegenden Fall sei das rechtswidrige Verhalten des Lenkers des Beklagtenfahrzeuges für den am Reisebus entstandenen Schaden auch in dem Sinn kausal, als bei Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit der Busschaden nicht eingetreten wäre. Es liege auch ein Rechtswidrigkeitszusammenhang vor, weil der Schutzzweck einer Geschwindigkeitsbeschränkung allgemein in der Vermeidung der durch die Einhaltung höherer Fahrgeschwindigkeit auftretender Gefahren liege.
Der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens erweise sich daher nicht als stichhaltig. Im Hinblick auf die vorrangige Bedeutung der Vorrangregel erscheine eine Verschuldensteilung von 1 : 3 zu Lasten der Lenkerin des Klagsfahrzeuges angemessen. Die beklagte Partei habe der klagenden Partei daher ein Viertel des liquidierten Schadens am Bus zu ersetzen.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil oberstgerichtliche Judikatur zur Frage des rechtmäßigen Alternativverhaltens in einem vergleichbaren Fall fehle.
Gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Partei zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig und im Sinne ihres Eventualantrages auf Aufhebung auch berechtigt.
Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die gegenständliche Rechtssache sei nicht mit der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 2 Ob 21/92 zu vergleichen. Bei dieser Entscheidung habe nämlich nicht festgestellt werden können, daß im Fall des rechtmäßigen Alternativverhaltens gleichschwere Verletzungen und damit auch derselbe Schaden aufgetreten wäre. Hier wäre bei rechtmäßigem Alternativverhalten allerdings schwerere Unfallsfolgen entstanden, was der Sachverständige dargestellt habe. Mit Sicherheit könne davon ausgegangen werden, daß bei Gesamtbetrachtung des konkreten Unfallgeschehens der daraus resultierende Schaden in seiner Gesamtheit - im konkreten Fall also die Versicherungsleistungen der klagenden Partei - jedenfalls geringer ausgefallen sei, als jener Schaden, welcher aus dem hypothetischen Unfallverlauf bei rechtmäßigen Alternativverhalten des Versicherungsnehmers der beklagten Partei entstanden wäre. Die klagende Partei hätte als Haftpflichtversicherung ihrer schuldhaft handelnden Versicherungsnehmerin bei rechtmäßigen Alternativverhalten des Versicherungsnehmers der beklagten Partei eine erheblich höhere Entschädigungssumme leisten müssen, als dies im konkreten Fall notwendig gewesen sei. Einziger Anknüpfungspunkt bei der Beurteilung des rechtmäßigen Alternativverhaltens seien die Unfallsfolgen in ihrer Gesamtbetrachtung. Dies führe dazu, daß selbst die fiktiven Verletzungsfolgen und die Beschädigungen am PKW der Versicherungsnehmerin der klagenden Partei miteinzubeziehen seien. Würde man beidseitig die Haftpflichtversicherer wegdenken und lediglich die Ersatzpflicht der unfallsbeteiligten Personen selbst der Gesamtbetrachtung des resultierenden Schadens bei hypothetischen Unfallverlauf zugrundelegen, so wären in diese Gesamtbetrachtung sowohl der Sach- als auch der (fiktive) Körperschaden der Lenkerin des Klagsfahrzeuges miteinzubeziehen. Zur Abwehr der Regreßforderung genüge der Nachweis, daß bei rechtmäßigen Alternativverhalten mit sehr großer Wahrscheinlichkeit gleicher oder gar höhere Schäden eingetreten wäre.