Entscheidungstext 2Ob120/05v

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

EFSlg 111.924 = EFSlg 112.312 = EFSlg 112.339

Geschäftszahl

2Ob120/05v

Entscheidungsdatum

11.08.2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johannes B*****, vertreten durch Thiery & Ortenburger Anwaltssozietät in Wien, wider die beklagte Partei Christl B*****, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wegen „Verwirkung des Unterhalts (Streitwert: EUR 36.000)", infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 26. November 2004, GZ 43 R 487/04t-40, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 15. Juni 2004, GZ 2 C 66/02b-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten gemäß Punkt römisch IV des am 21. 4. 1995 vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu AZ 2 C 70/95b abgeschlossenen Vergleiches seit 1. 10. 1995 (hilfsweise werden mehrere weitere Termine genannt), jedenfalls jedoch spätestens ab Klagseinbringung erloschen sei. Er brachte vor, die Ehe der Streitteile sei am 21. 4. 1995 gemäß § 55a EheG geschieden worden. Im Scheidungsvergleich habe sich der Kläger zu Unterhaltszahlungen an die Beklagte verpflichtet. Diese habe sich in der Folge jedoch schwerer Verfehlungen gegen den Kläger schuldig gemacht, weshalb der Unterhaltsanspruch iSd § 74 EheG verwirkt worden sei.

Die Beklagte beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Klage und wandte (unter anderem) ein, die Einbringung einer Feststellungsklage sei unzulässig, sobald - wie hier zu AZ 12 E 8495/96g des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz - ein Exekutionsverfahren anhängig sei. Die geltend gemachten Verwirkungstatbestände seien überdies bereits Gegenstand einer Oppositionsklage gewesen, die zu AZ 12 C 5/97y des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft dieser Entscheidung stehe einer nochmaligen Entscheidung über denselben Anspruch entgegen.

Das Erstgericht, das in der Tagsatzung vom 25. 9. 2002 die mündliche Verhandlung gemäß § 193 Abs 3 ZPO „zur Verlesung" diverser Akten für geschlossen erklärt hatte, hob das Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es führte aus, der Kläger stütze sein Klagebegehren auf dieselben Verwirkungstatbestände wie schon das Klagebegehren im Verfahren AZ 12 C 55/97y (richtig: 12 C 5/97y) des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, über welches bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Es liege daher res iudicata vor.

Das vom Kläger angerufene Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es den angefochtenen Beschluss aufhob und dem Erstgericht die Durchführung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auftrug. Die vorliegende Feststellungsklage gehe nach den Klagsbehauptungen zeitlich und damit auch inhaltlich über die vor dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängig gewesene Oppositionsklage hinaus. Der Kläger habe auch Gründe geltend gemacht, die erst nach dem Schluss der Verhandlung im Oppositionsprozess eingetreten seien. Die Verweisung auf eine weitere Oppositionsklage sei nicht zielführend, weil ein „Gesamtverwirkungsprozess" geltend gemacht werde, der in schon vor der Titelschaffung gelegenen Gründen wurzle. Der vorliegenden Klage stehe das Hindernis der Rechtskraft des Urteiles im Verfahren des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz nicht entgegen. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil „die vorliegende Fallkonstellation (zeitliche Verschränkung der behaupteten Verwirkungsgründe)" vom Höchstgericht noch nicht entschieden worden sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der „Rekurs" (richtig: Revisionsrekurs) der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, weil die bekämpfte Entscheidung mit der Rechtsprechung des Höchstgerichtes übereinstimme; hilfsweise wird beantragt, „den Revisionsrekurs als unbegründet abzuweisen".

Der Revisionsrekurs ist (absolut) unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichtes der Rekurs nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. Eine Verwerfung der Berufung, soweit sie Nichtigkeit wegen eines Prozesshindernisses geltend macht, ist daher nicht anfechtbar. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes müssen diese Vorschriften über die Anfechtbarkeit von Beschlüssen des Berufungsgerichtes auch in jenen Fällen herangezogen werden, in denen über ein Rechtsschutzbegehren, das auf abschließende Erledigung des Verfahrens durch Zurückweisung der Klage gerichtet ist, nicht von einem Berufungsgericht, sondern von einem Rekursgericht abweisend entschieden wird (9 ObA 36/95; 10 Ob 22/05s; 7 Ob 99/05t uva; RIS-Justiz RS0043802, RS0043405, insbesondere T 32). Es wäre ein unüberbrückbarer Wertungswiderspruch, wenn zwar im Berufungsverfahren die Verwerfung einer wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung und die Ablehnung der Zurückweisung einer Klage nicht angefochten werden könnte, ein inhaltsgleiches Rechtsschutzbegehren im Rekursverfahren aber einer Überprüfung in dritter Instanz zugänglich wäre (9 ObA 36/957 Ob 99/05t uva; RIS-Justiz RS0054895). Die hier gebotene analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO führt daher dazu, dass die Ansicht des Rekursgerichtes, der vorliegenden Klage stehe das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache nicht entgegen, vom Obersten Gerichtshof nicht mehr geprüft werden kann vergleiche 9 ObA 36/95, 6 Ob 24/05f, 6 Ob 67/05d10 Ob 39/03p, 7 Ob 99/05t uva; zur Frage des Prozesshindernisses der rechtskräftig entschiedenen Sache: 6 Ob 74/01b, 3 Ob 318/04t; RIS-Justiz RS0043405, insbesondere T 32; RIS-Justiz RS0054895).

Auf die Frage der Zulässigkeit einer Feststellungsklage während eines anhängigen Exekutionsverfahrens ist mangels eines zulässigen Rechtsmittels nicht weiter einzugehen.

Der somit insgesamt absolut unzulässige Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

Es ist aber auch die Revisionsrekursbeantwortung unzulässig, weil den Verfahrensgesetzen die Beantwortung eines jedenfalls unzulässigen Rechtsmittels fremd ist (6 Ob 24/05f; 10 Ob 22/05s mwN). Davon abgesehen wäre die hier erstattete Revisionsrekursbeantwortung jedenfalls nicht zu honorieren, weil sie - mangels Hinweises auf die Unanfechtbarkeit der mit dem gegnerischen Revisionsrekurs bekämpften Entscheidung - zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war (10 Ob 22/05s).

Textnummer

E78278

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:0020OB00120.05V.0811.000

Im RIS seit

10.09.2005

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2011

Dokumentnummer

JJT_20050811_OGH0002_0020OB00120_05V0000_000

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