Entscheidungstext 17Os6/16k

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Strafrecht

Fundstelle

Jus‑Extra OGH-St 5060 = Jus‑Extra OGH-St 5061 = Jus‑Extra OGH-St 5062 = RZ 2016,225 EÜ221, 222, 223 - RZ 2016 EÜ221 - RZ 2016 EÜ222 - RZ 2016 EÜ223 = JSt‑LS 2016/96 S 561 = JSt‑LS 2016/97 S 561 = JSt‑LS 2016,561 = JSt‑LS 2016/98 S 562 - JSt‑LS 2016,562 = SSt 2016/26

Geschäftszahl

17Os6/16k

Entscheidungsdatum

06.06.2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Juni 2016 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden, die Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek und Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oberressl in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach Paragraphen 15,, 12 zweiter Fall, 302 Absatz eins, StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Stefan K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 17. Juli 2015, GZ 17 Hv 12/15a-180, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan K***** wird zurückgewiesen.

Aus ihrem Anlass wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Michael F***** betreffenden Umfang aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Stefan K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - im zweiten Rechtsgang vergleiche zum ersten 17 Os 2/14v- Stefan K***** (soweit relevant jeweils in der Fassung vor BGBl römisch eins 2015/112) der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach Paragraphen 15,, 12 zweiter Fall, 302 Absatz eins, StGB (1/I), des Diebstahls durch Einbruch nach Paragraphen 127,, 129 Ziffer eins, StGB (4/6) und der schweren Nötigung nach Paragraphen 105, Absatz eins,, 106 Absatz eins, Ziffer eins, StGB (5/a), weiters der Vergehen der Verleumdung nach Paragraph 297, Absatz eins, erster Fall StGB (1/XI), der Fälschung eines Beweismittels nach Paragraphen 15,, 12 zweiter Fall, 293 Absatz eins, StGB (1/XIV), der Urkundenfälschung nach Paragraph 223, Absatz 2, StGB (2 und 3/I/2 und 3), der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach Paragraphen 223, Absatz 2,, 224 StGB (3/I/1) und nach Paragraphen 223, Absatz eins,, 224 StGB (4/1), der Urkundenunterdrückung nach Paragraph 229, Absatz eins, StGB (4/4/e und f), der schweren Sachbeschädigung nach Paragraphen 125,, 126 Absatz eins, Ziffer 5, StGB (4/7) und der Bestimmung zur falschen Beweisaussage nach Paragraphen 15,, 12 zweiter Fall, 288 Absatz eins, StGB (5/b), Michael F***** mehrerer Verbrechen der schweren Nötigung nach „§§ 15, 105 Absatz eins,, 106 Absatz eins, Ziffer eins, StGB als Beitragstäter nach Paragraph 12,, zweiter Fall StGB“ schuldig erkannt.

Danach haben (soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung)

Stefan K*****

1/I/ am 10. August 2012 in F***** mit dem Vorsatz, dadurch „den Staat und die Prozessparteien an ihrem konkreten Recht auf Zurückweisung verspäteter Anträge“ (als Ausfluss des Rechts der klagenden Partei auf Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche in angemessener Frist) zu schädigen, versucht, die in der Einlaufstelle des dortigen Landesgerichts beschäftigte Nadine P*****, mithin eine Beamtin (im strafrechtlichen Sinn) wissentlich zum Missbrauch deren Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, zu bestimmen, indem er sie aufforderte, auf dem von ihm vorgelegten Wiedereinsetzungsantrag in einem (im Urteil näher bezeichneten) arbeitsrechtlichen Verfahren dieses Landesgerichts den Einlaufstempel mit dem Datum des Vortages anzubringen;

1/XI/ durch die von Punkt römisch zehn des Schuldspruchs des am 4. Oktober 2013 diesem Verfahren ergangenen Urteils des Landesgerichts Feldkirch (ON 50a) erfasste Tat Eleonore B***** der Verletzung einer Amtspflicht falsch verdächtigt, wobei er wusste, dass diese Verdächtigung falsch war und sie dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt;

1/XIV/ nach dem 19. Februar 2013 in B***** versucht, die mit der Ausstellung von Zeitbestätigungen betraute Bedienstete des Unabhängigen Verwaltungssenats Sandra H***** zur Herstellung eines falschen Beweismittels zu bestimmen, indem er sie aufforderte, eine Zeitbestätigung betreffend seine Anwesenheit bei einer Verhandlung mit einer unrichtigen Endzeit auszustellen, wobei er mit dem Vorsatz handelte, diese Zeitbestätigung sodann in einem (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten [US 10]) Verwaltungsverfahren zu gebrauchen;

3/I/1/ vor dem 27. November 2012 in L***** eine verfälschte inländische öffentliche Urkunde, nämlich einen Erfolgsnachweis der „Fachhochschule Wien“ betreffend den Zeitraum Wintersemester 2002/2003 bis Winter-semester 2004/2005 im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht, indem er sie bei seiner Bewerbung dem Geschäftsführer des Hotels A***** vorlegte;

4/1/ von 3. Juli 2014 bis 18. Jänner 2015 eine hinsichtlich Ernst Kö***** ausgestellte österreichische Strafregisterbescheinigung, somit eine inländische öffentliche Urkunde, mit dem Vorsatz, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich seiner Unbescholtenheit gebraucht werde, durch Änderung der Personaldaten auf seine eigenen verfälscht;

4/4/ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

e/ bis 19. Jänner 2015 durch Ansichnehmen und Behalten des Behindertenausweises und zweier vinkulierter Sparbücher des Ernst Kö*****;

f/ in der Nacht zum 19. Jänner 2015 in W***** durch die zu Punkt 4/6 beschriebene Tat, indem er den ihn betreffenden (im angefochtenen Urteil näher bezeichneten) Ermittlungsakt an sich nahm;

4/6/ in der Nacht zum 19. Jänner 2015 in W***** fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Lade- und ein USB-Kabel, eine Polizeiuniformjacke, eine Polizei-Einsatztasche „mit diversen Utensilien und Unterlagen“ durch Einbruch in das Gebäude der Polizeiinspektion mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er die eingemauerte Halterung des Sicherungsgitters des sich neben dem Haupteingang befindlichen Fensters durchsägte und herunterbog und das dahinter befindliche WC-Fenster (durch welches er einstieg) mit einem Flachwerkzeug aufbrach;

4/7/ durch die zu Punkt 4/6 beschriebene Tat „an einer Einrichtung, die der öffentlichen Sicherheit dient, nämlich der Polizeiinspektion W*****, eine Sachbeschädigung begangen“;

5/ um den 15. Juni 2015 in F*****

a/ mehrere im angefochtenen Urteil namentlich genannte Personen, die als Zeugen zur Hauptverhandlung in diesem Verfahren geladen waren, durch Versenden der von Michael F***** in seinem Auftrag verfassten Drohbriefe mit im erstinstanzlichem Urteilsspruch detailliert wiedergegebenem Inhalt, durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zur Abstandnahme von ihrer Aussage in der Hauptverhandlung zu nötigen versucht;

b/ die Personen laut Punkt 5/a durch die dort beschriebene Aufforderung, ihre Zeugenaussage in seinem Sinn zu revidieren, zu bestimmen versucht, vor dem Landesgericht F***** in diesem Verfahren als Zeugen bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache falsch auszusagen;

Michael F***** um den 15. Juni 2015 in F***** durch das Abschreiben der ihm von Stefan K***** überreichten Vorlage der Drohbriefe sowie deren Überreichung an diesen zur Ausführung der von Punkt 5/a erfassten strafbaren Handlung beigetragen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von Stefan K***** aus Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5,, 9 Litera a und 10 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan K*****:

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil uneingeschränkt bekämpft, zu den Schuldsprüchen 2, 3/I/2 und 3 aber inhaltlich nicht argumentiert, war auf sie in diesem Umfang mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeitsgründen keine Rücksicht zu nehmen (Paragraph 285, Absatz eins, zweiter Satz StPO).

Der nominell im Rahmen der Mängelrüge (Ziffer 5,) erhobene Einwand, das Erstgericht habe im Zusammenhang mit den Schuldsprüchen 1/XIV, 3/I/1, 4/1, 4/4/e und f, 4/6 und 4/7 die Feststellungen „keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen“, spricht keine Nichtigkeitskategorie an. Die rechtlichen Schlussfolgerungen aus den Feststellungen finden sich in den genannten Schuldsprüchen (Paragraph 260, Absatz eins, Ziffer 2, StPO). Das ersichtlich gemeinte, teilweise Fehlen korrespondierender rechtlicher Erwägungen in den Entscheidungsgründen vergleiche Paragraph 270, Absatz 2, Ziffer 5, StPO) ist hingegen nicht Gegenstand der Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde (RIS-Justiz RS0122721).

Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite „aus dem äußeren Geschehen“ (US 14 ff) ist der zu den Schuldsprüchen 1/I, römisch XI und römisch XIV ausgeführten Mängelrüge (Ziffer 5, vierter Fall) zuwider nicht offenbar unzureichend. Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen des Täters ist rechtsstaatlich vertretbar und bei - wie hier - leugnenden Angeklagten methodisch meist auch gar nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882). Soweit zum Schuldspruch 1/XI fehlende Begründung angenommener Kenntnis des Beschwerdeführers, „dass Eleonore B***** einen Amtsmissbrauch begangen“ habe, „wenn sie den Einlaufstempel zurückdatiert“, bemängelt wird, übergeht die Rüge, dass das Erstgericht falsche Verdächtigung einer mit Strafe bedrohten Handlung in Form von Missbrauch der Amtsgewalt nicht konstatierte (US 9 f). Da Wissentlichkeit in Bezug auf die rechtliche Einordnung der vorgeworfenen Handlung nicht vorausgesetzt ist (Pilnacek/Świderski in WK2 StGB Paragraph 297, Rz 39; Fabrizy, StGB12 Paragraph 297, Rz 8), betrifft der weitere Einwand auch insoweit fehlender Begründung keine entscheidende Tatsache (RIS-Justiz RS0117499).

Auch die Rechtsrüge (Ziffer 9, Litera a,) zum Schuldspruch 1/I verfehlt die - von der Prozessordnung vorgeschriebene (RIS-Justiz RS0099810) - Bezugnahme auf die Gesamtheit des Urteilssachverhalts, indem sie auf Basis einer Bestimmung der Eleonore B***** (anstatt festgestellt: der Nadine P***** US 8 f) argumentiert. Dass die Aufforderung, den Einlaufstempel auf dem überreichten Wiedereinsetzungsantrag um einen Tag rückzudatieren, keine Bestimmung zu Missbrauch der Amtsgewalt darstelle, wird zudem bloß behauptet, ohne im Einzelnen darzulegen, weshalb dies so sei (RIS-Justiz RS0099620).

Gleiches gilt für den zum Schuldspruch 1/XI unsubstantiiert erhobenen Einwand, „im Ankündigen einer Rückdatierung liegt noch keine Verletzung von Amtspflichten“.

Weshalb es erforderlich gewesen wäre, zum wegen Herstellung eines falschen Beweismittels nach Paragraphen 15,, 12 zweiter Fall, 293 Absatz eins, StGB ergangenen Schuldspruch 1/XIV Feststellungen „hinsichtlich der Tauglichkeit der gewünschten ausgestellten Amtsbestätigung als Beweismittel zu treffen“, wird nicht dargelegt. Zudem unterlässt die Rüge den gebotenen Hinweis auf derartige Feststellungen zum (der Sache nach angesprochenen) Ausnahmesatz nach Paragraph 15, Absatz 3, StGB indizierende Verfahrensergebnisse (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 602).

Indem er im Rahmen der Rechtsrüge (Ziffer 9, Litera a,) zu den Schuldsprüchen 5/a und b fehlerhafte Annahme vollendeter statt versuchter Tatausführung behauptet, lässt der Beschwerdeführer offen, weshalb dies für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage entscheidend sein soll vergleiche RIS-Justiz RS0122138; vergleiche im Übrigen US 6 und 23 f, wo ausdrücklich von Versuch ausgegangen wird). Im Hinblick auf die hinreichend deutlichen Urteilsannahmen, der Beschwerdeführer habe die Drohbriefe versandt, ist die Frage, ob diese den Opfern „tatsächlich zugegangen sind“, ohne Bedeutung (US 12 f und 21 in Verbindung mit [vgl RIS-Justiz RS0114639] US 5; vergleiche Hager/Massauer in WK2 StGB Paragraph 15, Rz 56 und 186 f).

Die Subsumtionsrüge (Ziffer 10,) wendet ein, Missbrauch der Amtsgewalt liege zu Punkt 1/I nicht vor, denn „durch die Anbringung des Einlaufstempels“ werde „noch kein eigenständiger Hoheitsakt vollzogen“ und „durch das Rückdatieren des Einlaufs des Antrags“ werde „kein eigenständiger Hoheitsakt ausgelöst“, weshalb „eine andere strafgesetzliche Bestimmung, nämlich Paragraphen 12,, 15, 311 StGB erfüllt“ sei. Sie argumentiert damit nicht methodengerecht auf Basis des Tatbestands des Paragraph 302, Absatz eins, StGB, der nicht bloß die Setzung von Hoheitsakten, sondern Fehlgebrauch der Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften (RIS-Justiz RS0095963) erfasst. Weshalb die Entgegennahme eines Antrags (auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) und dessen Kennzeichnung als rechtzeitig nicht geeignet sei, den Hoheitsakt in Form der Entscheidung über diesen Antrag vorzubereiten, lässt die Rüge offen vergleiche im Übrigen zur Tatbestandsmäßigkeit dieses Verhaltens und zur fehlenden Eigenschaft eines Eingangsvermerks als öffentliche Urkunde bereits 17 Os 2/14v).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (Paragraph 285 d, Absatz eins, StPO). Auf vom Angeklagten Stefan K***** selbst verfasste Ergänzungen war nicht einzugehen (RIS-Justiz RS0100152 [T4]).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (Paragraph 285 i, StPO).

Dieses wird zu beachten haben, dass das angefochtene Urteil mehrere Subsumtionsfehler (Ziffer 10,) aufweist:

Zum Schuldspruch 1/XI stellte das Erstgericht fest, Stefan K***** sei mit Urteil des Landesgerichts F***** „vom 13. März 2015“ (richtig: vom 4. Oktober 2013 [ON 50a]) nach Paragraph 223, Absatz eins, StGB verurteilt worden. Danach habe er am 28. August 2013 „eine verfälschte Urkunde“ (richtig [vgl 17 Os 2/14v]: ein falsches Beweismittel), nämlich ein E-Mail des Inhalts, „kommen Sie bitte gleich morgen ab 07:30 Uhr bei der Einlaufstelle vorbei, dann können wir ausnahmsweise ihre Vorlage mit dem heutigen Stempel versehen“, als Beilage eines Beweisantrags im hier gegenständlichen Strafverfahren des Landesgerichts F***** vorgelegt. Dadurch habe er in Tateinheit auch „Eleonore B***** wissentlich und willentlich einer Verletzung einer Amtspflicht, nämlich der angekündigten Rückdatierung, falsch verdächtigt und sie der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt“ (US 9). Dass es sich bei Eleonore B***** um eine Beamtin und keine Vertragsbedienstete (so aber ON 37 S 11) handelt, haben die Tatrichter nicht konstatiert. Nur bei Beamten besteht aber die Gefahr behördlicher (disziplinärer) Verfolgung wegen Verletzung einer Amtspflicht, während dies bei Vertragsbediensteten (in Bezug auf Dienstpflichten) bloß privat-(arbeits-)rechtliche Konsequenzen nach sich zieht und daher Verleumdung nach Paragraph 297, Absatz eins, StPO nicht in Betracht kommt (Pilnacek/Świderski in WK2 StGB Paragraph 297, Rz 24; Fabrizy, StGB12 Paragraph 297, Rz 7).

Zum Schuldspruch 3/I/1 nahm das Erstgericht Gebrauch einer verfälschten inländischen öffentlichen Urkunde an, stellte dazu aber nur fest, Stefan K***** habe im Zuge einer Bewerbung unter anderem einen Erfolgsnachweis einer (nicht näher spezifizierten) „Fachhochschule Wien“ mit nachträglich veränderten Leistungsbeurteilungen vorgelegt (US 11). Wie bereits zu 17 Os 2/14v (mwN) festgehalten sind öffentliche Urkunden mit qualifizierter Beweiskraft nur solche, die ein Beamter innerhalb der Grenzen seiner hoheitlichen Amtsbefugnisse oder eine mit öffentlichem Glauben versehene Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form errichtet hat. Dies ist in Bezug auf die konstatierte, von einer Fachhochschule ausgestellte Urkunde („Erfolgsnachweis“ [vgl Paragraph 17, FHStG]) mit Blick darauf, dass auch juristische Personen privaten Rechts Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen sein können und Organe dieser Bildungseinrichtungen nur ausnahmsweise hoheitliche Aufgaben wahrnehmen (Paragraph 10, Absatz 3, Ziffer 9, FHStG; VfSlg 19.823 [wonach das Verhältnis zwischen Fachhochschulerhaltern - auch bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts - und Studierenden grundsätzlich privatrechtlicher Natur ist]; Hauser, Fachhochschul-StudienG7 Paragraph 10, Anmerkung 3, 23, 68 f, 79), nicht ohne weiteres anzunehmen. Die Subsumtion (auch) nach Paragraph 224, StGB erweist sich daher auf Basis des Urteilssachverhalts als verfehlt.

Zum Schuldspruch 4/4/f subsumierte das Erstgericht die im Zuge des von Punkt 4/6 erfassten Diebstahls durch Einbruch erfolgte Wegnahme des Stefan K***** betreffenden Ermittlungsakts dem (in Idealkonkurrenz verwirklichten) Vergehen der Urkundenunterdrückung nach Paragraph 229, Absatz eins, StGB. Auch insoweit liegt ein Subsumtionsfehler vor, weil das Urteil keinerlei Feststellungen zur von diesem Tatbestand vorausgesetzten subjektiven Tatseite enthält vergleiche US 12 und 18 f).

Gleichermaßen verfehlt erweist sich die Annahme von - mit diesem Diebstahl durch Einbruch idealkonkurrierender - schwerer Sachbeschädigung (Punkt 4/7), welche sich nach Ansicht des Erstgerichts aus dem Durchsägen und Herunterbiegen eines Sicherungsgitters und dem Aufbrechen des dahinter liegenden WC-Fensters des Gebäudes der Polizeiinspektion ergebe vergleiche US 12). Die subsumierte Qualifikationsnorm des Paragraph 126, Absatz eins, Ziffer 5, StGB in der Fassung vor BGBl römisch eins 2015/112 setzte voraus, dass die Beschädigung der betroffenen Einrichtung, Anlage oder anderen Sache geeignet ist, die Erfüllung des durch diese Vorschrift besonders geschützten Zwecks - hier der öffentlichen Sicherheit - zumindest abstrakt zu gefährden (RIS-Justiz RS0093455, RS0093445; Bertel in WK2 StGB Paragraph 126, Rz 11 und 17; Kienapfel/Schmoller StudB BT römisch II Paragraph 126, Rz 13 ff [insbesondere 20]). Feststellungen, welche die Annahme einer derartigen Gefährdung der Einsatzfähigkeit der Polizei oder deren Aufgabenerfüllung im Interesse der öffentlichen Sicherheit durch die inkriminierte Beschädigung trügen, enthält das angefochtene Urteil nicht. Damit ist aber Konsumtion der (verbleibenden) Sachbeschädigung nach Paragraph 125, StGB als typischer „Begleittat“ anzunehmen, weil die (nur auf diese Weise mögliche) Überwindung von Sicherungsgitter und Fenster als Sperrvorrichtungen typische Begleiterscheinungen der Einbruchsqualifikation waren vergleiche RIS-Justiz RS0090686, RS0129772; Ratz in WK2 StGB Vor Paragraphen 28 -, 31, Rz 59).

Diese (nur) Stefan K***** betreffenden Subsumtionsfehler wirkten sich nicht auf den Strafrahmen aus und wurden bei der Strafzumessung nicht in Anschlag gebracht vergleiche US 24); sie waren demnach nicht konkret nachteilig im Sinn des Paragraph 290, Absatz eins, zweiter Satz StPO. Das Berufungsgericht ist an den insoweit fehlerhaften Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz allerdings nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870; Ratz, WK-StPO Paragraph 290, Rz 22 f, 27/1 und Paragraph 295, Rz 15).

Der Kostenausspruch beruht auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.

Zur amtswegigen Maßnahme:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das von Michael F***** nicht bekämpfte Urteil zu dessen Nachteil einen Rechtsfehler (Ziffer 9, Litera a,) aufweist, der von Amts wegen wahrzunehmen war (Paragraph 290, Absatz eins, zweiter Satz erster Fall StPO). Der diesen Angeklagten betreffende Schuldspruch wegen Verbrechen der schweren Nötigung nach (richtig [vgl US 5, 13 und 23]) Paragraphen 12, dritter Fall, 15, 105 Absatz eins,, 106 Absatz eins, Ziffer eins, StGB setzt in tatsächlicher Hinsicht voraus, dass sich der Vorsatz dieses Angeklagten als Beitragstäter auf sämtliche Elemente des objektiven Tatbestands der durch ihn geförderten strafbaren Handlung bezog (RIS-Justiz RS0089030, RS0089768, RS0089533; Fabrizy in WK2 StGB Paragraph 12, Rz 100 ff). Zum Vorsatz des Michael F***** konstatierte das Erstgericht jedoch lediglich, dieser habe sich darauf bezogen, „zur Ausführung der Tat des Erstangeklagten beizutragen“ (US 13, vergleiche auch US 21 f und 23). Weitere Ausführungen dazu, dass dieser Angeklagte den Einsatz der von ihm geschriebenen Briefe als Nötigungsmittel, deren (im Sinn des Paragraph 106, Absatz eins, Ziffer eins, StGB qualifizierten) Bedeutungsinhalt und den Zweck, die Adressaten dadurch zu einem bestimmten Verhalten zu nötigen, in seinen Vorsatz aufgenommen hätte vergleiche RIS-Justiz RS0093760, RS0092973), enthält das angefochtene Urteil nicht.

Der aufgezeigte Rechtsfehler erfordert die Aufhebung des gesamten Michael F***** betreffenden Urteils bei der nichtöffentlichen Beratung (Paragraphen 285 e,, 290 Absatz eins, zweiter Satz erster Fall StPO) samt Rückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.

Textnummer

E114988

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2016:0170OS00006.16K.0606.000

Im RIS seit

06.07.2016

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2018

Dokumentnummer

JJT_20160606_OGH0002_0170OS00006_16K0000_000

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