Gründe:
Der Medienrechtssache des Antragstellers Peter W***** gegen die Antragsgegnerin S***** GmbH als Medieninhaberin lag ein in der periodischen Druckschrift „Der S*****" am 14. April 2003 - in der Rubrik „Kommentar" - auf Seite 24 unter der Überschrift „Idee und Methode" veröffentlichter Artikel folgenden Inhalts zugrunde:
„Wahrscheinlich kann Peter W***** gar nicht anders. Das ist die Idee, wenn man im Zusammenhang mit Peter W***** von einer Idee sprechen kann: Wie der Stein, von der Hand losgelassen, zu Boden fällt, denken W***** und seinesgleichen nur an ihresgleichen.
Die Idee hat ihn groß gemacht, ihr verdankt der Ex-FPÖ-Klubmann den Job als Fußball-Bundesliga-Vorstand. Denn Frank St***** vergisst die Seinen nicht. W***** holte nun den Ex-FPÖ-Medienmenschen Kurt L***** als 'persönlichen Assistenten' in die Liga nach. Der Ex-FPÖ-Buberlpartieführer Gernot R***** darf angeblich auf Liga-Aufträge hoffen.
Nicht die Mitwirkung hoher Politiker im Profifußball ist neu - ÖGB- und Parlamentspräsident Anton B***** beschützte stets die Rapid - aber die Methode zur Idee: Erst richten wir uns ein, dann richten wir's uns. Die Methode klappt in der Bundesliga genauso wie bei der Pensions- oder Universitätsreform. W***** richtet sich die Bundesliga her, als gehöre sie ihm, Günter Stu***** (um nur einen zu nennen) die Pensionsreform. Die Umfärbung des stillen Teichs Fußball-Bundesliga in eine seichte blaue Lagune ist nur ein Tupfen auf der Leinwand des Landes. Und der Umfärbung folgt die Umdeutung. Ahnungslosigkeit wird zum Markenzeichen - der Lobbyist W***** war bei Antritt seines Jobs als Vorstand frei von belastendem Wissen um den Begriffsinhalt Lobbyist. Eine Liga mit der Schweiz, von der keiner weiß, was sie bringen soll? Machen wir eine Studie, gezahlt wird sowieso von anderen!
W***** ist Teil einer in Wiener Nachtlokalen heimischen Schickimicki-Blase, die den Fußball in Geiselhaft nimmt. St*****, der erfahrene Lobbyist, patronisiert das. Jemand wird profitieren - die Fußball-Bundesliga sicher nicht."
Im ersten Rechtsgang wies das Landesgericht St. Pölten mit Urteil vom 30. Juli 2003, GZ 32 Hv 27/03b-5, folgende Anträge ab:
1. Bezahlung einer Entschädigung gemäß § 6 MedienG,
2. Einziehung der noch zur Verbreitung bestimmten Medienstücke der periodischen Druckschrift „Der S*****" vom 14. April 2003 gemäß § 33 Abs 2 MedienG und
3. Urteilsveröffentlichung gemäß § 34 Abs3. Urteilsveröffentlichung gemäß Paragraph 34, Abs 3 MedienG.
Es verpflichtete den Antragsteller gemäß § 390 StPO iVm §390 StPO in Verbindung mit § 41 MedienG zum Kostenersatz.
In Stattgebung der Berufung des Antragstellers kassierte das Oberlandesgericht Wien am 11. November 2003, AZ 17 Bs 298/03 (ON 10), das erwähnte Urteil und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung zum Bedeutungsinhalt auf, um darauf aufbauend in die Prüfung einer möglichen Ehrenrührigkeit der inkriminierten Textstellen eintreten zu können. Inhaltlich ging der Rechtsmittelsenat von einer „massiven Ehrenrührigkeit" der ohne tatsächlichen Hintergrund „auf pragmatischer Ebene zugemittelten und sohin mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung bislang nicht zu vereinbarenden Information" aus, zumal dem Antragsteller primär unterstellt werde, „im Zuge seiner Tätigkeit für die Fußball-Bundesliga ausschließlich Interessen zum persönlichen Vorteil zu verfolgen", „zu Lasten des von ihm vertretenen Unternehmens - geradezu als untreuer Machthaber - (sinnlose) Studien in Auftrag zu geben" und so „das Geld der Österreichischen Fußball-Bundesliga zu verjuxen" (S 59).
Die Antragsgegnerin wurde im zweiten Rechtsgang mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. April 2004, GZ 094 Hv 12/04d-29, gemäß § 6 Abs 1 MedienG verurteilt, dem Antragsteller einen Entschädigungsbetrag in der Höhe von 4.500 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen, weil durch die Veröffentlichung des gegenständlichen Artikels mit den darin über den Antragsteller verbreiteten Behauptungen, „er, als Vorstand der österreichischen Bundesliga, könne gar nicht anders als nur an seinesgleichen zu denken; würde es sich richten; richte sich die österreichische Bundesliga her 'als gehöre sie ihm'; 'färbe' die Bundesliga 'blau um'; trage 'Ahnungslosigkeit' als 'Markenzeichen'; würde auf Kosten der österreichischen Bundesliga Studien in Auftrag geben, die nichts bringen würden; sei 'Teil einer in Wiener Nachtlokalen heimischen Schickimicki-Blase, die den Fußball in Geiselhaft nimmt'" in einem Medium der objektive Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB sowie jener der Verspottung nach § 115 StGB hergestellt wurde. Zudem wurde auf Urteilsveröffentlichung gemäß §1 und 2 StGB sowie jener der Verspottung nach Paragraph 115, StGB hergestellt wurde. Zudem wurde auf Urteilsveröffentlichung gemäß § 8a Abs 6 MedienG erkannt, gemäß § 33Paragraph 33, Abs 2 MedienG die Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke der Ausgabe der Tageszeitung „Der S*****"Absatz 2, MedienG die Einziehung der zur Verbreitung bestimmten Medienstücke der Ausgabe der Tageszeitung „Der S*****" vom 14. April 2003 verfügt und die Antragsgegnerin gemäß § 389 StPO iVm § 8a Abs 1 MedienG zum Ersatz der Verfahrenskosten einschließlich jener für die Urteilsveröffentlichung verpflichtet.
Zum Bedeutungsinhalt des Artikels führt das Erstgericht als Vorfrage zum relevanten Adressatenkreis aus (S 157 ff), dass dem durchschnittlichen Leser der Tageszeitung „Der S*****" mit anspruchsvollem Niveau grundsätzlich die Sensibilität der Wahrnehmung von Vorwürfen zuzusinnen sei, jedoch auch beim „S*****-Leser" jenes Segment nicht außer Acht gelassen werden dürfe, das bloß überschlagsartig, ohne etwas zu hinterfragen, seinen Wissensstand zu vergrößern suche.
Nach Ansicht des Erstgerichts seien die im Urteilsspruch hervorgehobenen Textstellen im Zusammenhalt mit der „massiv negativen Grundtendenz und Untergriffigkeit des Artikels" als „abwertende, schmähende und verspottende Bewertung der Person und der Arbeit" des Antragstellers zu sehen. Diesem werde im Kontext unterstellt, als Vorstand der Bundesliga „ausschließlich Interessen zu seinem persönlichen und zum Vorteil seiner Parteifreunde zu verfolgen", es werde der Bedeutungsinhalt vermittelt, „der Antragsteller lasse sich bei seinen Entscheidungen als Bundesligavorstand ausschließlich von persönlichen und somit sachfremden, nicht objektiven, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgenden Kriterien lenken". Ohne jegliche sachliche Information oder Nennung von Hintergründen erfahre der Leser, der Antragsteller „würde in schädigender Weise zur Last seines Dienstgebers bzw des von ihm vertretenen Unternehmens, nahezu als untreuer Machthaber sinnlose und wertlose Studien in Auftrag geben und so das Geld der österreichischen Fußball-Bundesliga 'verjuxen'".
Neben der verspottenden und abwertenden Bewertung der Person und der Arbeit von Peter W***** finde sich der Verhaltensvorwurf, dieser lasse sich bei Entscheidungen - etwa der Bestellung eines persönlichen Assistenten und der Beauftragung einer von Anfang an sinnlosen Studie - ausschließlich von den zuvor skizzierten, sachfremden Motiven leiten.
Von diesem Bedeutungsinhalt ausgehend erachtete das Erstgericht die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach § 6 Abs 12 MedienG als gegeben (SAbsatz 12, MedienG als gegeben (S 171 f), weil der Vorwurf, jemand treffe seine Entscheidungen als Vorstand lediglich zu seinem und seiner Parteifreunde Vorteil und „verjuxe" das Geld des von ihm vertretenen Unternehmens nahezu als untreuer Machthaber, das Tatbild des § 111 (Abs 1) StGB und die im Kommentar insgesamt dem Antragsteller gegenüber zum Ausdruck gebrachte Missachtung („könne gar nicht anders, als nur an seinesgleichen zu denken", „würde es sich richten", „trage Ahnungslosigkeit als Markenzeichen", „sei Teil einer in Wiener Nachtlokalen heimischen Schickimicki(Absatz eins,) StGB und die im Kommentar insgesamt dem Antragsteller gegenüber zum Ausdruck gebrachte Missachtung („könne gar nicht anders, als nur an seinesgleichen zu denken", „würde es sich richten", „trage Ahnungslosigkeit als Markenzeichen", „sei Teil einer in Wiener Nachtlokalen heimischen Schickimicki-Blase, die den Fußball in Geiselhaft nehme") den Tatbestand des § 115 Abs 1 StGB jeweils in objektiver Hinsicht erfüllten.115 Absatz eins, StGB jeweils in objektiver Hinsicht erfüllten.
Es handle sich mangels zugrunde liegenden, dem Medienkonsumenten eine selbständige Beurteilung ermöglichenden Tatsachensubstrats nach Ansicht des Erstgerichts fallbezogen nicht um eine von Art 10 EMRK umfasste und dann als solche nicht tatbestandsmäßige politische oder gesellschaftliche Bewertung eines inhaltlich dargestellten Verhaltens. Zudem würden keine politischen Handlungen und Entscheidungen des Antragstellers kritisiert, sondern ausschließlich dessen Tätigkeit als Vorstand der Bundesliga. Der Leser des Artikels erfahre etwa nicht, dass es gar nicht in der Entscheidungskompetenz von Peter W***** gelegen wäre, Kurt L***** anzustellen, der überdies die Kriterien für die neu geschaffene Stelle auf Grund seiner beruflichen Vorerfahrung (zumindest formell) erfüllt habe. Die Idee der Schaffung einer gemeinsamen Fußball-Liga mit der Schweiz sei im Gesprächsstadium verblieben, eine Machbarkeitsstudie nie in Auftrag gegeben worden.
Der Beweis des guten Glaubens bzw der Wahrnehmung journalistischer Sorgfalt sei ebenfalls fehlgeschlagen; zudem habe es aber bereits am überwiegenden Interesse der Öffentlichkeit an der gegenständlichen Publikation (iSd § 6 Abs 2 Z6 Absatz 2, Z 2 lit b MedienG) gefehlt.
Der dagegen wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe erhobenen Berufung der Antragsgegnerin gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 10. November 2004, AZ 17 Bs 249/04 (ON 35), nicht Folge. Auf die erstgerichtlichen Feststellungen gestützt beurteilte das Berufungsgericht den Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen dahingehend (S 255), dass die Bewertung der im inkriminierten Kommentar wiedergegebenen tatsächlichen Vorgänge im Einzelnen zwar durch Art 10 MRK gedeckt sein möge, jedoch durch eine Gesamtschau des durch einen „hämischen und herabsetzenden Tonfall, die unreflektierte Wiedergabe von Gerüchten" und „abwertende Werturteile" gekennzeichneten Kommentars seine Rechtfertigung verliere. Bei einem Beitrag, der „sich in einer umfassenden und in der Rhetorik gehässigen Abqualifizierung der Leistungen des erst zwei Monate davor zum Vorstand der Österreichischen Bundesliga berufenen Antragstellers" erschöpfe und „diesen als geistig minderwertig" darstelle, könne von einer ernsthaften und sachbezogenen Erörterung von Fragen im öffentlichen Interesse, somit von einem sachlichen Kommentar iSd Rechtsprechung des EGMR („fair comment") nicht gesprochen werden. Vielmehr scheine „die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung Ventil zu sein für persönliche Aversionen, die in der politischen Vergangenheit, dem Auftreten und dem kommunikativen Verhalten des Antragstellers gegründet sein dürften".
Zur Zahl 17928/05 ist derzeit wegen dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien ein Verfahren der Beschwerdeführerin S***** GmbH gegen die Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.