Verwaltungsgerichtshof
04.09.2024
Ra 2024/12/0077
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Holzinger und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision der P E GmbH in W, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. März 2024, W139 2270453-1/41E, betreffend Feststellungsanträge nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis vom 16. November 2021 erkannte die Landespolizeidirektion Wien (LPD Wien) die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Revisionswerberin Übertretungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) schuldig und verhängte über sie gemäß § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG Geldstrafen, weil sie als zur Vertretung nach außen Berufene und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften strafrechtlich Verantwortliche gemäß § 9 Abs. 1 VStG am 9. Juli 2021 um 19:15 Uhr zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen (Pokerspiele) auf eigenen Namen und Rechnung sowie auf eigenes Risiko veranstaltet habe, indem sie näher bezeichnete Pokertische aufgestellt und verbotene Ausspielungen veranstaltet habe, an denen Personen vom Inland aus hätten teilnehmen können. Es sei keine Bewilligung oder Konzession vorgelegen. Dadurch seien näher bezeichnete Rechtsvorschriften verletzt worden. Die handelsrechtliche Geschäftsführerin der Revisionswerberin wurde zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG verpflichtet. Weiters wurde ausgesprochen, die Revisionswerberin hafte gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.
2 Gegen dieses Straferkenntnis erhoben sowohl die Revisionswerberin als auch deren handelsrechtliche Geschäftsführerin Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien.
3 Mit Erkenntnis vom 31. Jänner 2023 wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde der Revisionswerberin und deren handelsrechtlicher Geschäftsführerin in der Schuldfrage mit einer hier nicht maßgeblichen Ergänzung als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). In der Straffrage wurde der Beschwerde „insofern Folge gegeben, als gemäß § 20 VStG die Strafuntergrenze um 15 % unterschritten wird“ (Spruchpunkt II.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Verfahrenskosten vor dem Verwaltungsgericht anfielen und sich gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG die Verfahrenskosten entsprechend reduzierten (Spruchpunkte III. und IV.).
4 Aufgrund einer gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision der Revisionswerberin und deren handelsrechtlicher Geschäftsführerin hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. Februar 2024, Ro 2024/12/0015 bis 0017, das bei ihm angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien in den Spruchpunkten II., III. und IV. auf; im Übrigen wies es die Revision zurück.
5 Zuvor hatte die Revisionswerberin in einem an das „Bundesministerium für Finanzen“ adressierten Schriftsatz vom 21. September 2022 beantragt, „das Finanzamt Österreich als Aufsichtsorgan“ möge feststellen, ihre Gewerbeberechtigung vom 24. Juli 2009, GISA-Zahl: 15965950, berechtige sie, das Pokerspiel im österreichischen Bundesgebiet durchzuführen, in eventu, das Glücksspielgesetz sei im Hinblick auf die Durchführung des Pokerspiels auf die Revisionswerber nicht anzuwenden. Diese Anträge sind mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 17. März 2023 zurückgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid hat die Revisionswerberin Beschwerde erhoben und unter einem einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung gestellt.
6 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. Weiters erklärte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung als gegenstandslos und stellte das betreffende Verfahren ein. Auch diesbezüglich erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
7 In seiner Entscheidungsbegründung stellte das Bundesverwaltungsgericht unter anderem fest, dass die Revisionswerberin über eine aufrechte Gewerbeberechtigung für das freie Gewerbe „Halten von erlaubten Kartenspielen, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter“ verfüge und diese bis zum 31. Dezember 2019 das Kartenspiel Poker und dessen Varianten umfasst habe. Weiters legte das Bundesverwaltungsgericht dar, dass die Revisionswerberin auch nach dem 31. Dezember 2019 weiterhin das Pokerspiel veranstalte und über keine Konzession zum Betrieb einer Spielbank verfüge.
8 In Auslegung der von der Revisionswerberin gestellten Feststellungsanträge ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass diese letztlich, selbst wenn sich die Revisionswerberin mehrfach auf ihre aufrechte Gewerbeberechtigung berufe, unmissverständlich darauf gerichtet seien, eine Feststellung dahin zu erwirken, dass sie das Pokerspiel mangels Anwendbarkeit des - ihrer Ansicht nach unionsrechtswidrigen - Glücksspielgesetzes auch nach dem 31. Dezember 2019 legal in Österreich veranstalten dürfe. Dabei verkenne die Revisionswerberin nicht, dass das Pokerspiel grundsätzlich als Glücksspiel nach dem Glücksspielgesetz zu qualifizieren sei, allerdings vertrete sie die Ansicht, Art. 56 AEUV stehe der Anwendung des Glücksspielgesetzes auf Pokerbetriebe infolge Unterlassens der Ausschreibung für Konzessionen zum Betrieb eines Pokersalons gemäß dem aufgehobenen § 22 GSpG entgegen, sei somit unionsrechtswidrig und habe unangewendet zu bleiben.
9 In der Folge geht das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Feststellungsanträgen davon aus, dass die Revisionswerberin auch nach dem 31. Dezember 2019 das Pokerspiel angeboten und veranstaltet habe, weshalb insoweit gegen sie sowohl Verwaltungsstrafverfahren als auch Verwaltungsverfahren betreffend die Beschlagnahme und Einziehung sowie ein Verfahren zur Teilbetriebsschließung eingeleitet worden seien. Diese Verfahren seien zu einem überwiegenden Teil noch vor der Einbringung der gegenständlichen Feststellungsanträge am 21. September 2022 eingeleitet und abgeschlossen worden. Im Rahmen all dieser Verfahren habe sich als Vorfrage die Frage nach der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Glücksspielgesetzes bzw. der Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit der anzuwendenden Bestimmungen gestellt. Die von der Revisionswerberin begehrten Feststellungen stellten daher kein notwendiges, letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung dar, sondern sei über die beantragten Feststellungen in eigenen Verfahren abzusprechen. Auch sei es der Revisionswerberin nicht unzumutbar, den Ausgang dieser anderen Verfahren abzuwarten. Im Übrigen dürfe eine Behörde im Spruch eines Bescheides nicht über die Geltung bzw. Anwendbarkeit von Gesetzen oder gesetzlichen Bestimmungen entscheiden. Auch deshalb sei die Zurückweisung der von der Revisionswerberin gestellten Feststellungsanträge zu Recht erfolgt. Vor dem Hintergrund der Zurückweisung der gestellten Feststellungsanträge habe die belangte Behörde auch die Verfahren über die Anträge auf Erlassung einstweiliger Anordnungen rechtsrichtigerweise eingestellt.
10 Zur Einstellung des Verfahrens über den bei ihm gestellten Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass infolge der Abweisung der gegen die Zurückweisung der Feststellungsanträge gerichteten Beschwerde, das Verfahren, für das einstweiliger Rechtsschutz begehrt worden sei, beendet sei. Eine Sicherung der betreffenden Entscheidung komme daher nicht mehr in Betracht.
11 Gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss erhob die Revisionswerberin eine außerordentliche Revision, die sich gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig erweist.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision macht die Revisionswerberin geltend, das Bundesverwaltungsgericht sei mit seiner Beurteilung zur Unzulässigkeit der gestellten Feststellungsanträge von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Dies trifft jedoch nicht zu.
16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. etwa VwGH 19.7.2023, Ra 2021/12/0078, Rn. 24; 4.2.2009, 2008/12/0209; jeweils mwN).
17 Fallbezogen wurde jene Frage, die Gegenstand der verfahrensgegenständlichen Feststellungsanträge ist, nämlich, ob die Revisionswerberin aufgrund ihrer aufrechten Gewerbeberechtigung berechtigt ist, das Pokerspiel im österreichischen Bundesgebiet durchzuführen bzw. ob das Glücksspielgesetz im Hinblick auf die Durchführung des Pokerspiels auf die Revisionswerberin anwendbar ist (dieser Auslegung der verfahrenseinleitenden Anträge durch das Bundesverwaltungsgericht ist die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision nicht entgegengetreten), in insoweit bereits rechtskräftig beendeten (Verwaltungs-) Strafverfahren bereits beantwortet (vgl. insbesondere das oben in Rn. 3 f angesprochene Verfahren, in dem der Verwaltungsgerichtshof eine von der Revisionswerberin erhobene Revision „in der Schuldfrage“ zurückgewiesen hat). Folglich bleibt - wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - für die Erlassung eines bloß subsidiär zulässigen Feststellungsbescheides kein Raum, weshalb das Bundesverwaltungsgericht richtigerweise von der Unzulässigkeit der gestellten Anträge ausgegangen ist.
18 Soweit die Revisionswerberin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision weiters das Vorliegen sekundärer Feststellungsmängel behauptet, wird damit schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, weil es die Revisionswerberin unterlassen hat, in der Zulässigkeitsbegründung ihrer Revision darzulegen, welche Feststellungen das Bundesverwaltungsgericht ihrer Ansicht nach rechtsrichtigerweise zu treffen gehabt hätte.
19 Im Hinblick auf das schließlich gerügte Unterlassen der Durchführung einer Kohärenzprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht erweist sich auch dieses Vorbringen als nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen. Da sich die gestellten Feststellungsanträge schon als grundsätzlich unzulässig erwiesen haben, bedurfte es auch nicht der Durchführung einer Kohärenzprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht.
20 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 4. September 2024
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024120077.L00