Verwaltungsgerichtshof
19.11.2024
Ra 2024/06/0165
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der Mag. A P in römisch eins, vertreten durch Dr. Matthias Lüth und Mag. Michael Mikuz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Herzog-Friedrich-Straße 39, gegen das am 21. Mai 2024 mündlich verkündete und am 25. Juli 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, LVwG-2024/48/0806-8, betreffend eine Übertretung der Tiroler Bauordnung 2022 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Februar 2024 wurde der Revisionswerberin zur Last gelegt, eine näher bezeichnete Wohnung zumindest in einem näher genannten Zeitraum zu einem anderen als dem bewilligten bzw. als dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benutzt zu haben, indem sie diese zu Wohnzwecken bewilligte Wohnung über die Online-Plattform „A“ angeboten und im oben angeführten Zeitraum an Gäste vermietet habe, wobei die Nutzung der betreffenden Wohnung zur gewerblichen Beherbergung von Gästen als Änderung des Verwendungszweckes eine bewilligungspflichtige Maßnahme darstelle, für welche keine Baubewilligung vorliege. Sie habe dadurch § 67 Abs. 1 lit. m Tiroler Bauordnung 2022 (TBO 2022) verletzt und gemäß § 67 Abs. 1 letzter Satz TBO 2022 werde über sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 9 Stunden) verhängt; weiters werde ihr ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 100,-- auferlegt.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (Verwaltungsgericht) wurde die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen; unter einem wurde ihr ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 200,-- auferlegt und ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die Revisionswerberin von den Eigentümern der gegenständlichen Wohnung bevollmächtigt und beauftragt worden sei, über diese nicht dem Mietrechtsgesetz unterliegende Mietverträge im Sinn des § 1 Abs. 2 Z 3 leg. cit. abzuschließen. Die Revisionswerberin habe die Wohnung als „B“ auf der Online-Plattform „A“ angeboten und vermietet. Sie habe die Wohnung mit vollständiger Ausstattung, wie insbesondere Bettwäsche, Geschirr, Küchengeräte, Waschmaschine und Trockner, Satellitenfernsehen und Internet, Handtücher sowie Reinigung der Wohnung zur Verfügung gestellt und dadurch laut Vereinbarung mit den Eigentümern Einnahmen in der Höhe von 12% der jährlich eingehenden Hauptmietzinse erhalten. Die Revisionswerberin habe die gegenständliche Wohnung im Tatzeitraum für drei Wochen von 21. April bis 11. Mai 2023 an eine Familie (Eltern mit zwei Kindern) vermietet und die Wohnung sei bereits seit deren Erwerb durch die Eigentümer in diesem Sinn von der Revisionswerberin regelmäßig vermietet worden. Ob die Vermietung, wie in der Annonce angeführt, lediglich zu beruflichen Zwecken erfolge, habe die Revisionswerberin nicht überprüft.
7 In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass die Revisionswerberin den Feststellungen zufolge eigenständig und eigenverantwortlich die kurzzeitigen Vermietungen organisiert und durchgeführt sowie die zusätzlichen Dienstleistungen zur Verfügung gestellt habe, wofür sie 12% der Mietzinseinnahmen lukriert habe. Laut näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien für die Beurteilung, ob eine gewerbliche Beherbergung von Gästen im Rahmen eines Gewerbebetriebes vorliege, verschiedene - näher dargelegte - Kriterien im Einzelfall heranzuziehen. Es habe unzweifelhaft festgestellt werden können, dass die Revisionswerberin während des Tatzeitraumes die Nutzung der gegenständlichen Wohnung samt den zusätzlichen Dienstleistungen über Airbnb für € 54,-- pro Tag angeboten habe. Durch den am 9. Mai 2023 durchgeführten Ortsaugenschein habe festgestellt werden können, dass die Revisionswerberin die Wohnung von 21. April bis 11. Mai 2023 für Erholungszwecke vermietet habe. Den Gästen sei die gesamte Wohnung zur Verfügung gestanden und es seien zusätzliche Dienstleistungen (Reinigung, Zurverfügungstellung und Reinigung von Bettwäsche, Handtücher, Fernseher, WLAN, etc.) erbracht worden. In Ansehung dieser Umstände stehe fest, dass keine Wohnraumvermietung erfolgt sei, sondern die gegenständliche Wohnung zur Beherbergung von Gästen im Rahmen des Tourismus verwendet worden sei, zumal bereits die Erbringung von Dienstleistungen in einem geringeren Ausmaß für die Einstufung als Beherbergungsbetrieb ausreichend sei. Der Verwendungszweck des Gebäudes sei „Wohnen“, weshalb die Wohnung aufgrund der gegenständlich vorliegenden gewerblichen Beherbergung entgegen dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck benutzt werde, wobei diese Änderung des Verwendungszweckes bewilligungspflichtig wäre (wird näher ausgeführt).
8 Die verwendungszweckwidrige Vermietung und Nutzung sei der Revisionswerberin zuzurechnen, zumal diese eigenverantwortlich und eigenständig tätig geworden sei und die Eigentümer der Wohnung diese zu deren Vermietung beauftragt hätten. Die Revisionswerberin habe auch nicht glaubhaft machen können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, zumal es ihre Sache gewesen wäre, sich über die in Österreich und in Tirol geltende Rechtslage betreffend die zulässige Nutzung der Wohnung zu erkundigen, und zwar bei der zuständigen Behörde (Bauamt) und nicht bei der Online-Plattform.
9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision führt die Revisionswerberin aus, das Verwaltungsgericht setze sich mit seiner Annahme, dass die verwendungszweckwidrige Benützung der gegenständlichen Wohnung der Revisionswerberin zuzurechnen sei, in Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Selbständigkeit jener Person zuzurechnen sei, die das Unternehmerrisiko trage (Hinweis auf VwGH 16.5.2018, Ra 2017/04/0087). Gewerblichkeit könne im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes auch deshalb nicht vorliegen, weil es an der Regelmäßigkeit im Sinn der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) fehle (Hinweis auf VwGH 11.11.1998, 98/04/0050), zumal im Revisionsfall keine Wiederholungsabsicht gegeben sei. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes VwGH 19.11.2003, 2000/04/0093, hinzuweisen, wonach es beim Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit auf den objektiven Wortlaut ankomme, und von welcher das Verwaltungsgericht abgewichen sei, zumal im Revisionsfall dem objektiven Wortlaut des Angebotes zu entnehmen sei, dass eine Vermietung nicht zu touristischen Zwecken erfolge. Schließlich weiche das angefochtene Erkenntnis auch von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach die Unkenntnis eines Gesetzes dann als unverschuldet angesehen werden könne, wenn jemand eine Vorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt nicht kenne (Hinweis auf VwGH 23.12.1991, 87/17/0316). Die Revisionswerberin habe sich über die geltenden Regelungen informiert und an einer von Airbnb abgehaltenen Informationsveranstaltung teilgenommen, in welcher ein ortsansässiger Anwalt über diese Regelungen referiert habe, wobei sie davon ausgegangen sei, dass auf dessen Ausführungen vertraut werden könne.
10 Weiters bringt die Revisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung vor, das Verwaltungsgericht habe sich mit dem von ihr erstatteten Vorbringen zum Nichtvorliegen der Selbständigkeit und Regelmäßigkeit der von ihr ausgeübten Tätigkeit sowie zu dem in allen Inseraten enthaltenen Hinweis, wonach eine Vermietung zu touristischen Zwecken ausdrücklich nicht erfolge, nicht auseinandergesetzt. Auch das Vorbringen, wonach mittels Ermahnung vorzugehen gewesen wäre, sei vollkommen übergangen worden. Dadurch habe das Verwaltungsgericht seiner Begründungspflicht nicht entsprochen und sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
11 Zunächst ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden habe und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. etwa VwGH 21.12.2023, Ra 2023/06/0220, mwN).
12 Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht, zumal die Revisionswerberin nicht konkret darlegt, dass bzw. inwiefern der der angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihr angeführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im Revisionsfall dennoch anders entschieden habe. Abgesehen davon beschäftigen sich die ersten drei von der Revisionswerberin zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes nicht mit der Frage, wer für die verwendungszweckwidrige Benützung einer baulichen Anlage verantwortlich ist. Für die Strafbarkeit genügt nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 67 Abs. 1 lit. m TBO 2022 fallbezogen, die verwendungszweckwidrige Benützung der betreffenden Wohnung oder die Überlassung der Wohnung zu einer solchen Benützung. Zur Frage, wann von einer gewerblichen Beherbergung in Abgrenzung zu einer reinen Wohnraumvermietung auszugehen ist, gibt es bereits - im angefochtenen Erkenntnis auch zitierte - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, mit der sich die Revisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht auseinandersetzt. Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass die Revisionswerberin in ihrer Zulässigkeitsbegründung der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellung, wonach die in Rede stehende Wohnung bereits seit deren Erwerb durch die Eigentümer von der Revisionswerberin regelmäßig für Urlaubszwecke vermietet worden sei, nicht entgegentritt. Inwiefern das Verwaltungsgericht von dem weiters genannten Erkenntnis VwGH 23.12.1991, 87/17/0316, abgewichen sein soll, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ebenfalls nicht dargestellt; im Übrigen setzt sich die Revisionswerberin auch insoweit nicht mit der - im angefochtenen Erkenntnis dargestellten - Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auseinander, wonach eine rechtliche Auskunft bei der zuständigen Behörde einzuholen ist, um sich mit Erfolg auf den Schuldausschließungsgrund des § 5 Abs. 2 VStG berufen zu können (vgl. dazu etwa auch VwGH 7.12.2021, Ra 2021/09/0243, oder VwGH 28.2.2012, 2011/05/0022, jeweils mwN).
13 Soweit die Revisionswerberin darüber hinaus als Abweichung von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Begründungsmängel releviert, ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach bei geltend gemachten Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden muss. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 16.11.2023, Ra 2023/06/0195, mwN).
14 Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist eine Relevanz der mangelnden Auseinandersetzung mit dem zum Nichtvorliegen der Selbständigkeit und Regelmäßigkeit der von ihr ausgeübten Tätigkeit erstatteten Vorbringen nicht ersichtlich und wird derartiges von der Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung auch nicht dargelegt. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis festgestellt, dass in der gegenständlichen Annonce angeführt worden sei, dass nur zu beruflichen Zwecken eine Vermietung erfolge, und hat somit das dazu erstattete Vorbringen der Revisionswerberin berücksichtigt. Zur behaupteten fehlenden Auseinandersetzung mit dem zu einer allfälligen Ermahnung erstatteten - im Übrigen nicht näher dargestellten - Vorbringen, ist auszuführen, dass die Revisionswerberin den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach fallbezogen die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat nicht unerheblich seien, nicht entgegentritt, sodass eine Relevanz des insofern behaupteten Begründungsmangels nicht erkennbar ist.
Die Revision war daher gemäß Paragraph 34, Absatz eins, VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. November 2024
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024060165.L00