Verwaltungsgerichtshof
29.01.2025
Ra 2024/04/0420
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak, den Hofrat Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Stüger, über die Revision der F AG in L, vertreten durch Dr. Erwin Wibmer, Rechtsanwalt in 9971 Matrei in Osttirol, Obersamergasse 2, gegen das am 22. August 2024 mündlich verkündete und mit 9. September 2024 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol, Zl. LVwG-2024/15/1273-7, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Partei: T W AG, vertreten durch die GPK Pegger Kofler & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 6020 Innsbruck, Maria-Theresia-Straße 24), zu Recht erkannt:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
römisch eins.
1 1. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2023 ersuchte die TN GmbH unter Berufung auf eine Generalvollmacht für die TW AG (mitbeteiligte Partei) um die Bau- und Betriebsbewilligung nach dem Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 für die Adaptierung der 110 kV-Leitung UW (Umspannwerk) Matrei - UW Gruben auf den Stand der Technik. Das Vorhaben betrifft im Wesentlichen die - in den Projektunterlagen näher beschriebene - Erhöhung bzw. Versetzung näher bezeichneter Masten.
2 2. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung (belangte Behörde) vom 5. Februar 2024 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 7 Abs. 1 und 2 Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 nach Maßgabe der vorgelegten Projektunterlagen unter Vorschreibung mehrerer Nebenbestimmungen die Bau- und Betriebsbewilligung erteilt (Spruchpunkt A). Unter einem wies die belangte Behörde die Einwendungen der Revisionswerberin „hinsichtlich etwaig berührter öffentlichen Interessen“ als unzulässig zurück und die „Vorbringen/Anträge [...] hinsichtlich privatrechtlicher Interessen“ ab (Spruchpunkt B.).
3 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Revisionswerberin (Erhalterin der F-Straße und Eigentümerin der Straßengrundflächen) sei durch die vorliegenden Arbeiten in zwei Teilbereichen (hinsichtlich der Masten 89 und 90 sowie 94 und 96) betroffen. Bei den Masten 89 und 90 würden jedoch (nur) die bestehenden Leiterseile durch typengleiche Seile getauscht, weshalb sich der Bescheid nicht auf diesen Austausch der Leitung beziehe, zumal es sich dabei um keine starkstromwegerechtlich genehmigungspflichtige Maßnahme handle. Zum Bereich zwischen den Masten 94 und 96, die standortgleich erhöht und erneuert werden sollten, führte das Verwaltungsgericht aus, dass es sich dabei um ein teilweise sehr steiles, zur F-Straße hin abfallendes Waldgebiet handle. Diese Masten befänden sich aber nicht auf einem Grundstück der Revisionswerberin. Eine konkrete Überspannung der F-Straße finde lediglich zwischen dem Mast 96 und dem Umspannwerk Gruben statt.
5 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, die Frage, ob eine Parteistellung der Revisionswerberin überhaupt aufgrund der bloßen Erhöhung von Masten zu bejahen sei, könne dahingestellt bleiben, weil die vorgebrachten Befürchtungen der Revisionswerberin unbegründet seien. Grundstückseigentümer könnten im starkstromwegerechtlichen Verfahren zwar Eigentumsgefährdungen geltend machen, solche lägen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor, weil keines der Grundstücke der Revisionswerberin vom Vorhaben direkt betroffen sei und die potentielle Gefährdung einer Straße neben einem Bauvorhaben zu keiner relevanten Eigentumsbeeinträchtigung führe. Ferner - so das Verwaltungsgericht weiter - könnten Grundeigentümer nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zwar Gesundheitsgefährdungen geltend machen, eine mit § 75 Abs. 2 GewO 1994 (Parteistellung für Inhaber bestimmter Einrichtungen) vergleichbare Regelung gebe es im Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 jedoch nicht. Die Revisionswerberin könne sich daher nicht auf den Schutz jener Personen beziehen, welche die F-Straße benützten oder in einem Dienstverhältnis zur Revisionswerberin stünden. Zudem werde die Frage der Sicherheit des Straßenverkehrs im Zuge von Arbeiten, die entlang einer Straße durchgeführt würden, in einem Verfahren nach § 90 StVO geprüft, in dem der Straßenerhalterin gemäß § 98 StVO auch Parteistellung zukomme. Daher seien die vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Arbeiten auf den Verkehr im straßenrechtlichen und nicht im starkstromwegerechtlichen Verfahren zu prüfen.
6 4. Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zum einen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 25. November 2024, E 3996/2024, ablehnte.
7 Zum anderen wurde von der Revisionswerberin gegen dieses Erkenntnis die vorliegende außerordentliche Revision erhoben.
8 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragt.
9 Die belangte Behörde verzichtete ausdrücklich auf die Abgabe einer Revisionsbeantwortung.
römisch II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, der zufolge Grundeigentümer in einem Verfahren nach dem Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 Gesundheitsgefährdungen geltend machen können. Sie sei als Verwalterin, Betreiberin und Erhalterin der F-Straße (einer Privatstraße mit öffentlichem Verkehr gemäß § 34 Tiroler Straßengesetz) berechtigt, Einwendungen betreffend die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit der Fußgänger und Fahrzeuglenker, welche die Straße während bzw. nach Umsetzung der verfahrensgegenständlichen Bauarbeiten benutzen, zu erheben. Weiters seien Einwendungen betreffend die körperliche Unversehrtheit der Dienstnehmer der Revisionswerberin (bzw. eines - im Auftrag der Revisionswerberin handelnden - Dritten), welche auf und neben der Straße Arbeiten erledigen, um die Flüssigkeit, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten, zulässig.
11 Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aus nachstehenden Erwägungen jedoch nicht berechtigt.
12 2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 28. November 1969 über elektrische Leitungsanlagen, die sich auf das Land Tirol erstrecken (Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 [im Folgenden: Tir StWG 1969]), LGBl. Nr. 11/1970, in der Fassung LGBl. Nr. 191/2021 (§ 3) bzw. in der Stammfassung (§ 7), lauten auszugsweise:
„§ 3 Bewilligung elektrischer Leitungsanlagen
(1) Der Bau und die Inbetriebnahme einer elektrischen Leitungsanlage bedarf - unbeschadet der nach anderen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen - der Bewilligung durch die Behörde. Das gleiche gilt für Änderungen oder Erweiterungen, soweit diese über den Rahmen der hiefür erteilten Bewilligung hinausgehen.
[...]
Paragraph 7, Bau- und Betriebsbewilligung
(1) Die Bewilligung zum Bau und zum Betrieb einer elektrischen Leitungsanlage ist zu erteilen, wenn die Leitungsanlage dem öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung oder eines Teiles derselben mit elektrischer Energie nicht widerspricht. Ein Widerspruch mit diesem Interesse liegt auch dann vor, wenn die dauernde ungestörte Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie wegen der Nichtbeachtung sicherheitstechnischer Grundsätze in der Planung der Leitungsanlage nicht gewährleistet ist. Vor Erteilung der Bewilligung hat eine Abstimmung mit den bereits vorhandenen oder bewilligten anderen Energieversorgungseinrichtungen und mit den Erfordernissen der Landeskultur, des Forstwesens, der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Raumplanung, des Natur- und Denkmalschutzes, der Wasserwirtschaft und des Wasserrechtes, des öffentlichen Verkehrs, des Fremdenverkehrs, der sonstigen öffentlichen Versorgung, der Landesverteidigung, der Sicherheit des Luftraumes und des Dienstnehmerschutzes zu erfolgen. Die zur Wahrung dieser Interessen berufenen Behörden bzw. Dienststellen und öffentlich-rechtlichen Körperschaften sind, soweit sie betroffen werden, im Ermittlungsverfahren zu hören.
(2) Die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten Grundeigentümer können Abänderungen und Ergänzungen der geplanten elektrischen Leitungsanlage verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird.
(3) Die Behörde kann bei Auflagen, deren Einhaltung aus Sicherheitsgründen vor Inbetriebnahme einer Überprüfung bedarf, zunächst nur die Baubewilligung erteilen und sich die Erteilung der Betriebsbewilligung vorbehalten.“
13 2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960), BGBl. Nr. 159 in der Fassung BGBl. Nr. 518/1994 (§ 82) bzw. BGBl. I Nr. 39/2013 (§ 90 und § 98), lauten auszugsweise:
„§ 82. Bewilligungspflicht.
(1) Für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z. B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.
[...]
(5) Die Bewilligung nach Absatz eins, ist zu erteilen, wenn durch diese Straßenbenützung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt wird oder eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung nicht zu erwarten ist. Wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs erfordert, ist die Bewilligung bedingt, befristet oder mit Auflagen zu erteilen; die Bewilligung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung weggefallen sind.
[...]
Paragraph 90, Arbeiten auf oder neben der Straße.
(1) Wird durch Arbeiten auf oder neben der Straße der Straßenverkehr beeinträchtigt, so ist hiefür unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung der Behörde erforderlich. Die Bewilligung ist auf Antrag des Bauführers zu erteilen, wenn die Beeinträchtigung nicht wesentlich ist oder wenn es möglich ist, für die Aufrechterhaltung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs in anderer Weise zu sorgen.
(2) Die Bestimmungen des Absatz eins, finden keine Anwendung auf verkehrsfremde Tätigkeiten, für die gemäß Paragraph 82, eine Bewilligung erforderlich ist, sowie für Arbeiten an Mautanlagen und zur Erhaltung, Pflege und Reinigung der Straßen, für Vermessungsarbeiten und für nur kurzfristige dringende Reparaturen an öffentlichen Einrichtungen. Solche Arbeiten sind, sofern dies die Verkehrssicherheit erfordert, durch das Gefahrenzeichen ‚Baustelle‘ anzuzeigen. Für Personen, die mit Vermessungsarbeiten oder den dringenden Reparaturen an öffentlichen Einrichtungen beschäftigt sind, gelten die Bestimmungen des Paragraph 98, Absatz 2, sinngemäß.
(3) Die Bewilligung ist unter Berücksichtigung der Art und des Umfanges der Bauführung und der Verkehrsbedeutung der Straße zur Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs bedingt, befristet oder mit Auflagen (z. B. Absperrung mit rot-weiß gestreiften Schranken) zu erteilen. Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Anlaß von Arbeiten auf oder neben der Straße dürfen nur von der Behörde und nur im unbedingt notwendigen Ausmaß und nur für die unbedingt notwendige Strecke angeordnet werden.
[...]
Paragraph 98, Besondere Rechte und Pflichten des Straßenerhalters
(1) Der Straßenerhalter ist in jedem nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durchzuführenden Verfahren Partei im Sinne des Paragraph 8, des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991; dies gilt jedoch nicht für Verfahren nach Paragraph 59, über das Verbot des Lenkens von Fahrzeugen, nach Paragraph 65, über die Bewilligung der Benützung von Fahrrädern durch Personen unter 12 Jahren, nach Paragraph 99, über die Bestrafung von Übertretungen straßenpolizeilicher Vorschriften, es sei denn, daß auch über privatrechtliche Ansprüche des Straßenerhalters zu entscheiden ist (Paragraph 100, Absatz 6,) und nach Paragraph 101, über die Verpflichtung zur Teilnahme am Verkehrsunterricht. [...]
[...]“
14 3. Die Revisionswerberin wendet gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes (vgl. Rn. 5) im Wesentlichen ein, sie könne vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 14.3.1989, 88/05/0174) Gesundheitsbeeinträchtigungen in Anbetracht der verfahrensgegenständlichen Bauarbeiten geltend machen.
15 Die mitbeteiligte Partei hält dem in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen, der Revisionswerberin gehe es um die Beeinträchtigung der Sicherheit des Verkehrs und dies könne von ihr nicht geltend gemacht werden.
16 4. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 Abs. 2 Tir StWG 1969 können die durch die geplante elektrische Leitungsanlage berührten Grundeigentümer Abänderungen und Ergänzungen der geplanten elektrischen Leitungsanlage verlangen, durch die das Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert oder eingeschränkt wird. Im elektrizitätsrechtlichen Baubewilligungsverfahren ist daher der unmittelbar betroffene Grundeigentümer berechtigt, die Errichtung einer elektrischen Anlage auf seinen Grundflächen zu bekämpfen. Im Rahmen des ihm durch das Gesetz im starkstromwegerechtlichen Bewilligungsverfahren eingeräumten Mitspracherechtes kann er auch eine Gesundheitsgefährdung durch die elektrische Leitungsanlage für Starkstrom für sich geltend machen (vgl. VwGH 14.11.2006, 2006/05/0171, mwN).
17 Zu den damit angesprochenen Gesundheitsgefährdungen hat der Verwaltungsgerichtshof im grundlegenden - von der Revisionswerberin ins Treffen geführten - Erkenntnis vom 14.3.1989, 88/05/0174, begründend ausgeführt, dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, ein Mitspracherecht einzuräumen, ohne dass es den Parteien möglich sein soll, eine Gesundheitsgefährdung geltend zu machen (vgl. auch VwGH 26.4.2000, 96/05/0048).
18 Nach dieser Judikatur stehen den von einer elektrischen Leitungsanlage betroffenen Grundeigentümern somit subjektiv-öffentliche Rechte im starkstromrechtwegerechtlichen Verfahren zu. Diese haben etwa in dem Fall, dass deren Gesundheit durch die elektrische Leitungsanlage tatsächlich konkret gefährdet wird, Anspruch auf Abänderung oder Ergänzung der Anlage oder auf Vorschreibung von Auflagen (vgl. VwGH 29.9.2015, 2012/05/0118, mwN).
19 Aus den Bestimmungen der §§ 3 und 7 Tir StWG 1969 ergibt sich, dass nicht nur die Inbetriebnahme einer elektrischen Leitungsanlage, sondern auch deren Bau (bzw. deren Änderung oder Erweiterung, soweit diese über den Rahmen der dafür erteilten Bewilligung hinausgeht) einer Bewilligungspflicht unterliegt. Grundsätzlich bilden Bau- und Betriebsbewilligung gemeinsam die starkstromwegerechtliche Bewilligung. Die Behörde hat daher - abgesehen von der in § 7 Abs. 3 Tir StWG 1969 angesprochenen Konstellation - gleichzeitig mit der Baubewilligung die Betriebsbewilligung zu erteilen (vgl. - zu § 7 Starkstromwegegesetz des Bundes - Neubauer/Onz/Mendel, Starkstromwegerecht [2010] § 7 StWG Rn. 130 mit Hinweis auf Sladecek/Orglmeister, Österreichisches Starkstromwegerecht [1968] 77). Vor diesem Hintergrund ist dem Grunde nach davon auszugehen, dass sich (allenfalls vorgebrachte) Gesundheitsgefährdungen von Grundstückseigentümern nicht nur auf den Betrieb der elektrischen Leitungsanlage, sondern auch auf deren Bau bzw. Änderung beziehen können.
20 4.1. Eine Berufung auf eigene Gesundheitsbeeinträchtigungen kommt für die Revisionswerberin allerdings insoweit nicht in Betracht, weil sie als juristische Person weder in ihrem Leben noch in ihrer Gesundheit gefährdet oder unzumutbar belästigt werden kann (vgl. in diesem Sinn - dort zu § 119 Abs. 6 MinroG - etwa VwGH 8.5.2013, 2011/04/0193, bzw. - in einem gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren - VwGH 24.5.2006, 2003/04/0159, jeweils mwN). Auch in § 68 Abs. 3 AVG, auf den der Verwaltungsgerichtshof in seinem zu § 7 Tir StWG 1969 ergangenen Erkenntnis 88/05/0174 begründend verwiesen hat, ist von das Leben und die Gesundheit „von Menschen“ gefährdenden Missständen die Rede. Ausgehend davon lässt sich für die Revisionswerberin aus dem von ihr ins Treffen geführten Erkenntnis 88/05/0174 mangels Vergleichbarkeit der Ausgangskonstellationen nichts Unmittelbares ableiten.
21 4.2. Zum Vorbringen der Revisionswerberin betreffend die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit der Fußgänger und Fahrzeuglenker ist festzuhalten, dass die Revisionswerberin mit diesem Vorbringen keine Beeinträchtigung ihrer eigenen Gesundheit geltend macht, sondern sich auf die (von den Bauarbeiten ausgehenden, potentiellen) Gesundheitsbeeinträchtigungen für fremde Personen stützt, welche die F-Straße benutzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat (dort im Zusammenhang mit einem Baubewilligungsverfahren) aber bereits ausgesprochen hat, dass dem Beschwerdeführer ein Mitspracherecht nur hinsichtlich seiner (eigenen) subjektiv-öffentlichen Rechte zusteht, er aber nicht zur Wahrung fremder Rechte (dort: etwa anderer Nachbarn, der Bauwerber oder der Benützer des zu errichtenden Baues) legitimiert ist (vgl. VwGH 26.4.1988, 88/05/0003; vgl. dazu, dass zur Wahrung fremder Rechte grundsätzlich niemand legitimiert ist, auch VwGH 10.7.2024, Ra 2024/06/0100, Rn. 9, mwN).
22 Soweit die Revisionswerberin daher zur Begründung ihrer Parteistellung (potentielle) Gesundheitsbeeinträchtigungen fremder Personen, nämlich für - die F-Straße benützende - Fußgänger bzw. Fahrzeuglenker vorbringt, vermag sie damit keine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte darzutun.
23 4.3. Zum Revisionsvorbringen betreffend die zu befürchtenden Gesundheitsbeeinträchtigungen von Arbeitnehmern, die Arbeiten auf bzw. neben der F-Straße durchzuführen hätten, um die Flüssigkeit, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten, ist Folgendes festzuhalten:
24 Eine Parteistellung der Revisionswerberin in einem starkstromwegerechtlichen Bewilligungsverfahren zum Schutz ihrer Arbeitnehmer (bzw. der Arbeitnehmer eines im Auftrag der Revisionswerberin handelnden Dritten) ist im Tiroler Starkstromwegegesetz 1969 nicht vorgesehen (vgl. - dort im Zusammenhang mit § 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 - zur mangelnden Parteistellung einer juristischen Person „als verlängerter Arm der Mieter“ VwGH 29.4.2014, 2013/04/0157). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Arbeitnehmern der Revisionswerberin - mangels einer dort befindlichen Betriebsstätte der Revisionswerberin - um nur vorübergehend auf dem in Rede stehenden Grundstück aufhältige Personen handelt (vgl. diesbezüglich - wiederum im Zusammenhang mit einer gewerblichen Betriebsanlage - VwGH 28.8.1997, 95/04/0222, sowie VwGH 28.2.2012, 2011/04/0111; vgl. weiters Raschauer, Die Hochspannungsleitung als Verfassungsproblem, in Feik/Winkler [Hrsg.] FS Berka, 575 [587]).
25 Es ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Zusammenhang - wie auch das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Bestimmung des § 75 Abs. 2 GewO 1994 festgehalten hat - eine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke vorliegt (vgl. zu den Voraussetzungen eines Analogieschlusses etwa VwGH 15.10.2024, Ra 2023/04/0272, Rn. 24, mwN). Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass der Gesetzgeber die Prüfung der Sicherheit und sohin der Gesundheit als Aufgabe der Behörde voraussetzt (vgl. erneut VwGH 14.3.1989, 88/05/0174). Dass Grundeigentümer in dem Fall, dass deren Gesundheit durch die elektrische Leitungsanlage tatsächlich konkret gefährdet wird, Anspruch auf Abänderung oder Ergänzung der Anlage haben (vgl. in diesem Sinn erneut VwGH 29.9.2015, 2012/05/0118), ist nicht mit der (hier vorliegenden) Fallkonstellation vergleichbar, dass Arbeitnehmer der Revisionswerberin (bzw. eines Dritten) allenfalls bzw. vorübergehend auf der F-Straße in der Nähe der verfahrensgegenständlichen Bauarbeiten Arbeiten zu verrichten haben.
26 4.4. Soweit die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen auf die Flüssigkeit, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs Bezug nimmt, ist zunächst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu unterschiedlichen (anlagenrechtlichen) Fallkonstellationen hinzuweisen, nach der Nachbarn hinsichtlich der Frage der Flüssigkeit, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs keine subjektiv-öffentlichen Rechte zukommen und diese Frage von der (jeweils zuständigen) Behörde von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. - dort zu § 74 Abs. 2 Z 4 GewO 1994 - VwGH 24.10.2018, Ra 2018/04/0165, Rn. 19, bzw. zu einer baurechtlichen Fallkonstellation etwa VwGH 16.12.2003, 2002/05/1466). Nichts anderes kann für das starkstromwegerechtliche Bewilligungsverfahren gelten, weshalb die Revisionswerberin darin keine Verkehrsbeeinträchtigungen als Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend machen kann.
27 Zudem ist zu beachten, dass § 3 Abs. 1 Tir StWG 1969 eine Bewilligungspflicht „unbeschadet der nach anderen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen“ vorsieht. In diesem Zusammenhang ist auf die Regelungen der Straßenverkehrsordnung 1960 zu verweisen, die Bewilligungspflichten für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs (§ 82 Abs. 1 StVO 1960) bzw. für Arbeiten auf oder neben der Straße, welche den Straßenverkehr beeinträchtigen (§ 90 Abs. 1 StVO 1960), vorsehen. Bedenken im Zusammenhang mit der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sind daher in diesen Verfahren zu prüfen, wobei dem Straßenerhalter insoweit nach § 98 Abs. 1 StVO 1960 Parteistellung zukommt.
28 5. Da die Revision aus den dargestellten Erwägungen somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzeigt, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
29 Ausgehend davon erübrigt sich eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
30 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 29. Jänner 2025
ECLI:AT:VWGH:2025:RA2024040420.L00