Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

28.06.2024

Geschäftszahl

Ra 2024/04/0337

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des J T in S, vertreten durch die Berger Grobovschek Perfeller Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 19. April 2024, Zl. 405-2/427/1/6-2024, betreffend Übertretung der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1             1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 6. Dezember 2023 wurde dem Revisionswerber angelastet, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der S Hotelbetriebsgesellschaft mbH zu verantworten, dass eine mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Oktober 1991 gemäß § 77 in Verbindung mit § 74 GewO 1973 vorgeschriebene Auflage betreffend eine gewerbliche Betriebsanlage (Hotel mit Kongresseinrichtungen) in der Stadt Salzburg in einem näher bezeichneten Zeitraum am 7. September 2023 nicht eingehalten worden sei, weil der bewilligte Schallpegel von 65 dB(A) um 17 dB(A) überschritten worden sei, obwohl im Spruch des genannten Betriebsanlagengenehmigungsbescheides für den Betrieb der Anlage folgende Auflage vorgeschrieben sei:

„Spruchpunkt 203: In sämtlichen Lüftungsanlagen sind frisch- und fortluftseitig Schalldämpfer einzubauen. Diese sind in ihrem Dämpfungsmaß so zu erstellen, sofern dies nicht bereits durch die Gerätekonstruktion selbst gegeben ist, dass Schalleistungspegel von 65 dB (A-bewertet) an den Frisch- und Fortluftöffnungen nicht überschritten wird. Dieser Schalleistungspegel ist auch für das auf der Dachfläche des [...]-straßenseitig gelegenen Gebäudetraktes aufgestellten Abluftgerätes verbindlich.

Über den Revisionswerber wurde gemäß Paragraph 367, Ziffer 25, Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt € 300,- (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag und drei Stunden) verhängt.

2             2.1. Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. April 2024 als unbegründet ab. Dem Revisionswerber wurde ein Beitrag zu den Verfahrenskosten auferlegt. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3             2.2. Das Verwaltungsgericht stellte in Zusammenhang mit dem wörtlich wiedergegeben Auflagenpunkt 203 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 28. Oktober 1991 fest, dass der bewilligte Schallleistungspegel der Lüftungsanlage - laut den im gewerbebehördlichen Bewilligungsverfahren eingereichten Lärmimmissionsberechnungen - einem Schalldruckpegel in 5 m Entfernung von 43 dB (A) entspreche. Am 7. September 2023 sei von 05:53:23 Uhr bis 05:53:41 Uhr ein energieäquivalenter Schalldruckpegel, ausgehend von der Lüftungsanlage, von 53 dB (A) in 11 m Entfernung gemessen worden. In diesem Zeitraum sei kein Straßenlärm, Baulärm oder sonstiges Geräusch wahrnehmbar gewesen. Rechnerisch ergebe dies in 5 m Abstand einen Schalldruckpegel von 60 dB (A) und in 25 m Entfernung einen Schalldruckpegel von 46 dB (A). Der bewilligte Schallpegel sei somit um 17 dB (A) überschritten worden (60 dB (A) gegenüber 43 dB (A)).

4             Ab etwa Dezember 2022 hätten nördlich und südlich des gegenständlichen Hotels auf einem Areal von 10.000 m2 bzw. 2.800 m2 Abbrucharbeiten stattgefunden. Die Lüftungsanlagen des Hotels würden jährlich gewartet und auf ihre Funktionsfähigkeit hin überprüft. Dabei erfolge jedoch nicht eine Reinigung der Lüftungslamellen im Außenbereich. Die Schallemission der Lüftungsanlage sei bei den jährlichen Wartungsarbeiten nicht kontrolliert bzw. überprüft worden. Im Anschluss an die Messung am 7. September 2023 sei auf Grund einer Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 eine Fachfirma mit der Reinigung der Ansauggitter beauftragt worden. Diese habe festgestellt, dass Ursache der starken Verschmutzung der Lüftungsgitter der von den in unmittelbarer Nähe liegenden Baustellen stammende Baustaub gewesen sei.

5             In seinen rechtlichen Erwägungen kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass dem Auflagenpunkt 203 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom 28. Oktober 1991 nicht entsprochen worden sei. Die Verwaltungsübertretung sei daher in Bezug auf den Revisionswerber, den als gewerberechtlichen Geschäftsführer nach § 370 Abs. 1 GewO 1994 die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit treffe, in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sei die Auflage 203 dahin zu verstehen, dass die Lüftungsanlage dauerhaft eine Schallpegelleistung von 65 dB (A) nicht überschreiten dürfe. Die gegenständliche Schallimmission sei auch auf den Betrieb der Anlage zurückzuführen. Die Anlage sei somit kausal für die Überschreitung des Schallpegels. Der Staub von den Abbrucharbeiten der angrenzenden Baustellen führe zwar dazu, dass die Lüftungsanlagen den bewilligten Schallleistungspegel überschritten hätten. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Überschreitung des Schallleistungspegels auf den Betrieb der Anlage zurückzuführen sei.

6             Dass der Inhaberin der Betriebsanlage bzw. dem Revisionswerber die Einhaltung des bewilligten Schallleistungspegels unmöglich oder ihr bzw. ihm ein rechtmäßiges Verhalten unzumutbar gewesen wäre, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Es sei daher die Verwaltungsübertretung in Hinblick auf § 5 Abs. 1 VStG auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Dem Revisionswerber sei jedenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Es sei erkennbar gewesen, dass es auf Grund der Abbrucharbeiten auf den benachbarten Baustellen zu erhöhten Verunreinigungen der Lüftungsanlagen kommen könne.

7             Abschließend erfolgten Ausführungen zur Strafbemessung.

8             3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9             Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10           Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11           4.1. In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Nichteinhaltung einer Auflage auch dann dem Anlagenbetreiber zuzurechnen sei, wenn nicht der (konsensgemäße) Betrieb der Anlage kausal für die Nichteinhaltung gewesen sei, sondern unvorhergesehene Ereignisse außerhalb der Betriebsanlage (wie hier die Staubbelastung durch die „Mega-Baustellen“). Es handle sich hierbei um eine zu lösende Rechtsfrage, der über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme, weil diese alle Anwendungsfälle des § 367 Z 25 GewO 1994 in Zusammenhang mit Auflagenverstößen betreffe. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage sei auch für das rechtliche Schicksal der gegenständlichen außerordentlichen Revision entscheidend. Die Rechtslage sei darüber hinaus nicht - im Sinn näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - „eindeutig“. Die außerordentliche Revision sei daher zulässig.

12           4.2. Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt (vgl. VwGH 29.4.2024, Ra 2024/02/0080, mwN):

Das Verwaltungsgericht stellte im vorliegenden Fall fest, dass der Baustaub der unmittelbar angrenzenden Baustellen die starke Verschmutzung der Lüftungsgitter verursacht habe und dass die Lüftungsanlagen des Hotels jährlich gewartet und überprüft würden. Dabei erfolge aber weder eine Reinigung der Lüftungslamellen im Außenbereich noch werde die Schallemission der Lüftungsanlage kontrolliert bzw. überprüft. Von einem unvorhergesehenen Ereignis ging das Verwaltungsgericht hingegen nicht aus.

13           Die Revision übersieht, dass das Verwaltungsgericht in der Folge zur Ansicht gelangte, die Überschreitung des Schallleistungspegels sei - ungeachtet der durch den Baustaub verursachten Verunreinigung der Lüftungsgitter - sehr wohl auf den Betrieb der gegenständlichen Anlage zurückzuführen.

14           Dem setzt die Revision nichts Stichhaltiges entgegen.

Vielmehr legt sie der von ihr als grundsätzlich angesehenen Rechtsfrage die Prämisse zu Grunde, dass nicht der Betrieb der Anlage, sondern ein unvorhergesehenes Ereignis außerhalb der Betriebsanlage, nämlich die Staubbelastung durch die „Mega-Baustellen“, (allein) kausal für die Nichteinhaltung gewesen sei.

15           Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsverfahren jedoch nicht berufen. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich die revisionswerbende Partei bei der Zulässigkeitsbegründung aber vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. VwGH 2.10.2023, Ra 2022/09/0131, mwN).

16           5. In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 28. Juni 2024

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024040337.L00