Verwaltungsgerichtshof
13.06.2024
Ra 2023/11/0117
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2023/11/0118
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm, die Hofrätin MMag. Ginthör, den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätinnen Dr.in Oswald und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Janitsch, über die Revision 1. des A G sowie 2. der M G, beide in E, beide vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 17. März 2022, Zlen. 1. LVwG-2021/37/2847-4 und 2. LVwG-2021/37/2848-4, betreffend Übertretungen des GuKG sowie des ÄrzteG 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Erstrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis vom 14. September 2021 erkannte die belangte Behörde die Zweitrevisionswerberin schuldig, sie habe „zumindest am 17. Mai 2021“ am Standort des Unternehmens A in E (Tirol) „Corona Tests“ abgenommen, ohne eine Berufsberechtigung in Österreich zu besitzen, obgleich die Berufsausübung ohne Berufsberechtigung in Österreich gesetzlich untersagt sei. Dadurch habe sie eine Verwaltungsübertretung gemäß § 105 Abs. 1 Z 1 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) begangen, weshalb über sie nach dieser Gesetzesbestimmung eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt wurde. Ferner wurde die Zweitrevisionswerberin zur Leistung eines Kostenbeitrags zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens verpflichtet (§ 64 VStG).
2 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom selben Tag wurde der Erstrevisionswerber unter Spruchpunkt 1.) schuldig erkannt, er habe die Zweitrevisionswerberin „zumindest am 17. Mai 2021“, weil durch sie am 17. Mai 2021, ohne eine Berufsberechtigung in Österreich zu besitzen, „Corona Tests“ abgenommen worden seien, zu einer Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege herangezogen, zu welcher sie zumindest an diesem Tag nicht berechtigt gewesen sei. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung gemäß § 105 Abs. 1 Z 2 GuKG begangen, weshalb über ihn nach dieser Gesetzesbestimmung eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt wurde.
Unter Spruchpunkt 2.) des genannten Straferkenntnisses erkannte die belangte Behörde den Erstrevisionswerber schuldig, er habe es gemäß Paragraph 9, Absatz eins, VStG zu verantworten, dass „zumindest am 17. Mai 2021“ von der Zweitrevisionswerberin, die weder freiberuflich noch im Zuge eines Arbeitsverhältnisses für eine „befugte Stelle“ tätig gewesen sei, „Corona Tests“ an der Teststraße des Unternehmens A durchgeführt worden seien. Die betreffenden Tests seien als medizinische Leistungen zu qualifizieren, die von einer nicht befugten Einrichtung, nämlich dem Unternehmen A, erbracht worden seien. Aufgrund dessen habe der Erstrevisionswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß Paragraph 2, ff in Verbindung mit Paragraph 199, Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) begangen, weshalb über ihn nach dieser Gesetzesbestimmung eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt wurde.
Weiters wurde der Erstrevisionswerber zur Zahlung eines Kostenbeitrags gemäß Paragraph 64, VStG verpflichtet.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die jeweils gegen die beiden Straferkenntnisse vom 14. September 2021 erhobenen Beschwerden des Erstrevisionswerbers und der Zweitrevisionswerberin mit der Maßgabe ab, dass hinsichtlich des gegen den Erstrevisionswerber erlassenen Straferkenntnisses unter Spruchpunkt 2.) die Wortfolge „an der Teststraße“ durch die Wortfolge „im Rahmen der betrieblichen Testung“ ersetzt werde und zu Spruchpunkt 2.) des betreffenden Straferkenntnisses als verletzte Rechtsvorschriften § 2 Abs. 2 und Abs. 3 iVm. § 199 Abs. 1 ÄrzteG 1998 sowie als Strafsanktionsnorm § 199 Abs. 1 ÄrzteG 1998 anzuführen seien. Darüber hinaus seien hinsichtlich beider Straferkenntnisse die jeweils im Spruch angeführten Normen in einer jeweils bestimmten Fassung zu zitieren. Ferner wurden die Revisionswerber jeweils zur Leistung eines Kostenbeitrags zum verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren verpflichtet. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:
5 Die im Jahre 1978 geborene Zweitrevisionswerberin, eine deutsche Staatsangehörige und in Deutschland ausgebildete Krankenschwester, lebe zumindest seit dem Jahr 2008 in Österreich und sei an einer näher genannten Adresse in Tirol wohnhaft. Gemäß der ihr von der Regierung in Oberbayern ausgestellten Urkunde vom 1. April 2000 sei sie berechtigt, die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ in Deutschland zu führen. Mit Bescheid des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom 8. Juni 2021 sei ihre Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege gemäß § 28a iVm. § 29 Abs. 1 Z 1 GuKG anerkannt worden. Aufgrund dieses Bescheides sei sie nunmehr berechtigt, die Berufsbezeichnung „Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin“ zu führen. Am 22. Juni 2021 habe sie sich im Gesundheitsberuferegister als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin eintragen lassen. Laut dieser Eintragung sei sie nunmehr freiberuflich tätig. Als Angestellte ihres Ehemannes, des Erstrevisionswerbers, beziehe sie ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von ca. € 1.300,--.
6 Der Erstrevisionswerber sei österreichischer Staatsbürger und an derselben Adresse wie die Zweitrevisionswerberin wohnhaft. Sein durchschnittliches Monatseinkommen betrage € 3.000,--. Der Erstrevisionswerber verfüge über verschiedene Gewerbeberechtigungen. Unter der Bezeichnung „A“ betreibe er ein „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“, als dessen Geschäftsführer er tätig sei.
7 Gemeinsam seien der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin für zwei Kinder im Alter von elf und 13 Jahren sorgepflichtig.
8 Seit dem 9. April 2021 seien am Standort des Unternehmens A Antigen-Schnelltests zur Erkennung von Covid-19-Infektionen durchgeführt worden. Dabei seien zertifizierte „Spucktests“ mit einer namentlich angeführten Produktbezeichnung zum Einsatz gelangt. Die konkrete Durchführung dieser Tests sei Aufgabe der Zweitrevisionswerberin als Angestellte ihres Ehemannes gewesen. Die Personen, die sich dem Test unterzogen hätten, hätten in einen Plastikbeutel gespuckt. In weiterer Folge habe die Zweitrevisionswerberin diese Speichelproben mit der Trägerflüssigkeit vermischt und das so entstandene Gemisch auf einer Testkarte ausgedrückt.
9 Die Tests hätten auch mittels Nasenabstrich durchgeführt werden können. Testungen in dieser Form habe die Zweitrevisionswerberin allerdings nicht vorgenommen.
10 Über den Vorgang der Testungen sei sie zuvor von dem Facharzt Dr. V unterrichtet worden. Nach der Einschulung und Einweisung durch diesen habe sie die eben beschriebenen Tests selbständig durchgeführt. Allerdings sei Dr. V als medizinische Aufsichtsperson weiterhin tätig gewesen. In dieser Funktion habe er wöchentlich eine Liste erstellt, aus der ersichtlich gewesen sei, wie viele Tests an welchen Personen durchgeführt worden seien.
11 Auch am 17. Mai 2021 habe die Zweitrevisionswerberin im Auftrag des Unternehmens A an dessen Firmensitz in E die genannten Tests als Angestellte ihres Ehemannes durchgeführt.
12 Die Revisionswerber hätten sich mit Dr. V vor Aufnahme der betrieblichen Testungen am 9. April 2021 anhand der auf der Homepage der Wirtschaftskammer Tirol zur Verfügung gestellten Informationen erkundigt, ob die beabsichtigten Testungen in der beschriebenen Form am Standort des Unternehmens A durchgeführt werden dürften. Aufgrund dieser Informationen seien sie davon ausgegangen, dass nach einer entsprechenden Einschulung durch Dr. V und im Hinblick auf die von diesem ausgeübte ärztliche Aufsicht die in Rede stehenden betrieblichen Testungen zulässig gewesen seien.
13 Der Zweitrevisionswerberin sei bekannt gewesen, dass sie ihre in Deutschland erworbene Ausbildung als diplomierte Krankenschwester in Österreich nostrifizieren lassen müsse, um in einem Krankenhaus oder als freiberufliche Krankenschwester tätig sein zu dürfen. Ausgehend von den Informationen auf der Homepage der Wirtschaftskammer Tirol seien sie und ihr Ehemann allerdings der Meinung gewesen, dass die Vornahme der betrieblichen Testungen lediglich die Einschulung durch einen Arzt voraussetze. Eine „Nostrifizierung“ ihrer in Deutschland erworbenen Ausbildung hätten die Revisionswerber für die Durchführung der betrieblichen Testungen nicht für erforderlich erachtet.
14 Aufgrund der ab dem 10. Mai 2021 erfolgten Erhebungen der belangten Behörde zu den am Standort des Unternehmens A durchgeführten Antigen-Schnelltests hätten sich die Revisionswerber an den Leiter der Bezirksstelle K der Wirtschaftskammer Tirol gewandt. Dieser sei zunächst davon ausgegangen, dass alle rechtlichen Voraussetzungen für die Abwicklung der betrieblichen Testungen in der oben beschriebenen Form vorlägen, was er auch gegenüber der belangten Behörde mit E-Mail vom 14. Mai 2021 kommuniziert habe. Sobald er jedoch von dem Umstand der fehlenden Anerkennung der Ausbildung der Zweitrevisionswerberin erfahren habe, habe er die belangte Behörde mit E-Mail vom 18. Mai 2021 darüber informiert, dass der formelle Akt der Anerkennung so rasch wie möglich nachgeholt werden werde.
15 Mit Schriftsatz vom 18. Mai 2021 habe Dr. V der belangten Behörde mitgeteilt, bis zur „Nostrifizierung“ der Berufsberechtigung der Zweitrevisionswerberin keine weiteren Bescheinigungen mehr auszustellen.
16 Die betrieblichen Testungen am Standort des Unternehmens A seien sodann eingestellt und erst wiederaufgenommen worden, als die „Nostrifizierung“ der in Deutschland erworbenen Ausbildung der Zweitrevisionswerberin vorgelegen sei.
17 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zu der der Zweitrevisionswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gemäß § 105 Abs. 1 Z 1 GuKG aus, § 28d Abs. 1 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) zähle taxativ jene Berufe auf, deren Angehörige zur Abstrichnahme im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ohne ärztliche Anordnung berechtigt seien. Zu diesen Berufen zähle auch der gehobene Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege. Die Zweitrevisionswerberin habe in Deutschland eine Ausbildung als Krankenschwester abgeschlossen und sei gemäß der Urkunde vom 1. April 2000 berechtigt, die Berufsbezeichnung „Krankenschwester“ in Deutschland zu führen.
18 Gemäß § 27 Abs. 1 Z 3 und Z 5 GuKG seien zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege in Österreich u.a. ein Qualifikationsnachweis sowie die Eintragung in das Gesundheitsberuferegister erforderlich. Gemäß § 27 Abs. 3 GuKG dürften für die Dauer einer Pandemie für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auch Personen, die nicht in das Gesundheitsberuferegister eingetragen seien, herangezogen werden, wenn ein inländischer Qualifikationsnachweis erbracht oder ein im Ausland erworbener Qualifikationsnachweis anerkannt oder nostrifiziert worden sei. Die Anerkennung von Qualifikationsnachweisen aus anderen EWR-Staaten sowie der Schweiz regle § 28a GuKG.
19 Zum Tatzeitpunkt habe die Zweitrevisionswerberin über keinen Nachweis der Anerkennung ihrer Ausbildung als Krankenschwester in Österreich verfügt. Die entsprechende Anerkennung sei erst mit Bescheid vom 8. Juni 2021 erfolgt.
20 Dr. V habe die Zweitrevisionswerberin bei ihrer Tätigkeit im Rahmen der betrieblichen Testungen unterwiesen und beaufsichtigt. Dieser Umstand sei jedoch nicht weiter relevant. Die Zweitrevisionswerberin habe nämlich zum damaligen Zeitpunkt nicht als Angehörige des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege oder der Pflegefachassistenz gemäß der entsprechenden Bestimmungen des GuKG iVm. § 28d Abs. 2 Z 1 EpiG (gemeint vermutlich: § 28d Abs. 1 Z 1 EpiG) gegolten.
21 § 39 GuKG treffe Regelungen hinsichtlich der vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in Österreich durch Staatsangehörige eines EWR-Vertragsstaates oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Gemäß dieser Gesetzesbestimmung müsse die Dienstleistung allerdings von einem ausländischen Berufssitz oder Dienstort aus erbracht werden. Die Zweitrevisionswerberin lebe jedoch seit Jahren in Österreich und ihr Dienstort befinde sich ebenfalls im Bundesgebiet.
22 Sie habe somit am 17. Mai 2021 eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ausgeübt, zu der sie nicht befugt gewesen sei. Damit habe sie den Tatbestand des § 105 Abs. 1 Z 1 GuKG in objektiver Hinsicht erfüllt.
23 Zur objektiven Tatseite der dem Erstrevisionswerber vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen hielt das Verwaltungsgericht fest, er habe als Geschäftsführer des Unternehmens A seine Ehefrau, die Zweitrevisionswerberin, am 17. Mai 2021 für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege herangezogen, zu denen sie nicht befugt gewesen sei. Somit habe er den Tatbestand des § 105 Abs. 1 Z 2 GuKG objektiv erfüllt.
24 Darüber hinaus seien gemäß § 18 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (4. COVID-19-SchuMaV), BGBl. II Nr. 58/2021, Testergebnisse im Sinn der zitierten Verordnung jene Nachweise, die im Rahmen von Tests durch dazu befugte Stellen erlangt werden würden. Laut einem Informationsschreiben des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom 12. Mai 2021 zählten zu den „befugten Stellen“ im Sinn der genannten Rechtsvorschrift Gebietskörperschaften, Kranken- und Kuranstalten, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Apotheken, Alten- und Pflegeheime sowie freiberuflich tätige Gesundheits- und Krankenpfleger/innen.
25 Gegenstand des Unternehmens A sei der Einzelhandel mit Lebensmitteln. Das Unternehmen A sei daher keine „befugte Stelle“ im Sinn des § 18 der 4. COVID-19-SchuMaV. Die Zweitrevisionswerberin sei auch nicht als „befugte Stelle“ zu qualifizieren, weil sie mangels Anerkennung ihrer Berufsqualifikation in Österreich zum Tatzeitpunkt nicht über die beruflichen Qualifikationsvoraussetzungen verfügt habe.
26 Das Vorbringen des Erstrevisionswerbers, er habe keine Teststraße betrieben, sondern betriebliche Testungen durchgeführt, ändere nichts an dem Umstand, dass seine Ehefrau keine „befugte Person“ gewesen sei. Dr. V, der als Arzt zur Durchführung von Testungen befugt gewesen wäre, habe die Zweitrevisionswerberin zwar unterwiesen und beaufsichtigt. Er habe die Testungen aber nicht selbst durchgeführt.
27 Folglich habe es der Erstrevisionswerber als Geschäftsführer des Unternehmens A zu verantworten, dass dieses Unternehmen im Rahmen der betrieblichen Testungen eine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete, ärztliche Tätigkeit durch eine nicht befugte Person ausgeübt habe. Dadurch habe er als vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG die Vorschriften des § 2 Abs. 1 iVm. § 199 Abs. 1 ÄrzteG 1998 verletzt.
28 Weiters legte das Verwaltungsgericht dar, aus welchen Gründen es im Revisionsfall hinsichtlich der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen sowohl betreffend den Erstrevisionswerber als auch betreffend die Zweitrevisionswerberin jeweils von der Verwirklichung der subjektiven Tatseite ausging.
29 In diesem Zusammenhang führte das Verwaltungsgericht aus, die Wirtschaftskammer Tirol habe auf ihrer Homepage zwar umfangreich über betriebliche Testungen informiert. Auf die Heranziehung von Personen für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, die nicht in das Gesundheitsberuferegister eingetragen seien und ihren Qualifikationsnachweis im Ausland erworben hätten, sei allerdings nicht eingegangen worden. Das Thema „Nostrifizierung“ sei folglich in den von der Wirtschaftskammer Tirol auf ihrer Homepage zur Verfügung gestellten Informationen nicht behandelt worden. Zu diesem konkreten Umstand hätte daher eine Rücksprache mit den dafür zuständigen Stellen, der belangten Behörde oder dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, erfolgen müssen.
30 Es sei folglich auch unter Berücksichtigung der mit der Novelle BGBl. I Nr. 16/2020 (2. COVID-19-Gesetz) geschaffenen Bestimmung des § 27 Abs. 3 GuKG nicht von einem entschuldbaren Verbotsirrtum der Revisionswerber im Sinn von § 5 Abs. 2 VStG auszugehen.
31 Des Weiteren legte das Verwaltungsgericht seine Erwägungen betreffend die gegenständlich maßgeblichen Strafzumessungsgründe dar.
32 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 13. Juni 2023, E 1134/2022-10, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
33 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG u.a. geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe im Hinblick auf die unionsrechtlich garantierten Freizügigkeitsrechte (insbesondere die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) nicht gebührend berücksichtigt, dass die Zweitrevisionswerberin zum Tatzeitpunkt über einen entsprechenden, in Deutschland erworbenen Qualifikationsnachweis verfügt habe.
34 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß Paragraph 12, Absatz 2, VwGG gebildeten Senat erwogen:
35 Die Revision erweist sich aus dem von ihr genannten Grund als zulässig. Sie ist auch begründet.
36 Das Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 in der am 17. Mai 2021 maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 50/2021, lautet auszugweise:
„Der Beruf des Arztes
Paragraph 2, (1) Der Arzt ist zur Ausübung der Medizin berufen.
(2) Die Ausübung des ärztlichen Berufes umfaßt jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird, insbesondere
1. die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von körperlichen und psychischen Krankheiten oder Störungen, von Behinderungen oder Mißbildungen und Anomalien, die krankhafter Natur sind, ausgenommen Untersuchungen, die im Rahmen einer Pandemie durch naturwissenschaftliche, insbesondere veterinärmedizinische Einrichtungen, durchgeführt werden;
2. die Beurteilung von in Z 1 angeführten Zuständen bei Verwendung medizinisch-diagnostischer Hilfsmittel;
...
(3) Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten.
...
Paragraph 3, (1) Die selbstständige Ausübung des ärztlichen Berufes ist ausschließlich Ärzten für Allgemeinmedizin und approbierten Ärzten sowie Fachärzten vorbehalten.
(2) Die selbständige Ausübung des ärztlichen Berufes besteht in der eigenverantwortlichen Ausführung der im Paragraph 2, Absatz 2, und 3 umschriebenen Tätigkeiten, gleichgültig, ob solche Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden.
...
Strafbestimmungen
Paragraph 199, (1) Wer eine in den Paragraphen 2, Absatz 2, und 3 umschriebene Tätigkeit ausübt, ohne hiezu nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen gesetzlichen Vorschriften berechtigt zu sein, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 3 630 Euro zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar.
...
Paragraph 204, Durch dieses Bundesgesetz werden
...
2. das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997,
...
sowie die den gewerberechtlichen Vorschriften unterliegenden Tätigkeiten nicht berührt.
...“
37 Das Bundesgesetz über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz - GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997 in der am 17. Mai 2021 maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 48/2021, § 32 leg. cit. hier in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 75/2016), lautet auszugsweise:
„Gesundheits- und Krankenpflegeberufe
Paragraph eins, Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sind:
1. der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege,
2. die Pflegefachassistenz und
3. die Pflegeassistenz.
...
Umsetzung von Unionsrecht
Paragraph 2 a, Durch dieses Bundesgesetz werden
1. die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. Nr. L 255 vom 30.09.2005 S. 22, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/55/EU, ABl. Nr. L 354 vom 28.12.2013 S. 132, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 305 vom 24.10.2014 S. 115;
...
in österreichisches Recht umgesetzt.
...
Geltungsbereich
Paragraph 3, (1) Die Gesundheits- und Krankenpflegeberufe dürfen nur nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ausgeübt werden.
...
(4) Durch dieses Bundesgesetz werden das
...
2. Ärztegesetz 1998 - ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169,
...
nicht berührt.
...
Unterstützung bei der Basisversorgung
Paragraph 3 a, (1) Angehörige von Sozialbetreuungsberufen nach der Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 55 aus 2005,, die
1. nicht zur Ausübung der Pflegeassistenz berechtigt sind und
2. das Ausbildungsmodul gemäß Anlage 2 Punkt 2 der Vereinbarung über Sozialbetreuungsberufe absolviert haben, sind zur Durchführung unterstützender Tätigkeiten bei der Basisversorgung gemäß Anlage 2 Punkt 3 der Vereinbarung über Sozialbetreuungsberufe berechtigt.
...
(7) Für die Dauer einer Pandemie dürfen für unterstützende Tätigkeiten bei der Basisversorgung auch Personen herangezogen werden, die weder zur Ausübung eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs noch das Ausbildungsmodul gemäß Absatz eins, Ziffer 2, absolviert haben. Absatz 6, ist auch für diese Fälle anzuwenden.
...
Kompetenzbereich
Paragraph 13, Der Kompetenzbereich des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst
...
3. Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie (§ 15),
...
Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie
Paragraph 15, (1) Die Kompetenzen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege bei medizinischer Diagnostik und Therapie umfassen die eigenverantwortliche Durchführung medizinisch-diagnostischer und medizinisch-therapeutischer Maßnahmen und Tätigkeiten nach ärztlicher Anordnung.
(2) Im Rahmen der Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie haben ärztliche Anordnungen schriftlich zu erfolgen. Die erfolgte Durchführung ist durch den Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege zu dokumentieren.
(3) Die ärztliche Anordnung kann mündlich erfolgen, sofern
...
(4) Die Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie umfassen insbesondere:
...
(5) Im Rahmen der Kompetenzen bei Diagnostik und Therapie sind Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege berechtigt, nach Maßgabe der ärztlichen Anordnung
1. an Angehörige eines Pflegeassistenzberufs, der Desinfektionsassistenz, der Ordinationsassistenz und der Operationsassistenz und
2. an in Ausbildung zu einem Gesundheitsberuf stehende Personen
einzelne ärztliche Tätigkeiten weiter zu übertragen, sofern und soweit diese vom Tätigkeitsbereich des entsprechenden Gesundheitsberufs umfasst sind, und die Aufsicht über deren Durchführung wahrzunehmen.
...
Spezialisierungen
Paragraph 17, (1) Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege können
1. setting- und zielgruppenspezifische Spezialisierungen sowie
2. Spezialisierungen für Lehr- oder Führungsaufgaben erwerben.
...
(3a) Für die Dauer einer Pandemie wird die Frist von fünf Jahren gemäß Absatz 3, gehemmt. Weiters sind Berufsangehörige, die bereits bis zu fünf Jahre Tätigkeiten einer Spezialisierung gemäß Absatz 2, ausgeübt und nicht die entsprechende Sonderausbildung bzw. Spezialisierung erfolgreich absolviert haben, für die Dauer einer Pandemie berechtigt, über die Kompetenzen gemäß Paragraphen 14, bis 16 hinausgehende Tätigkeiten dieser Spezialisierung auszuüben.
...
Berufsberechtigung
Paragraph 27, (1) Zur Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sind Personen berechtigt, die
1. handlungsfähig in allen Belangen im Hinblick auf die Berufsausübung sind,
2. die für die Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung und Vertrauenswürdigkeit besitzen,
3. einen Qualifikationsnachweis (§§ 28 bis 31) erbringen,
4. über die für die Berufsausübung erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und
5. in das Gesundheitsberuferegister gemäß Gesundheitsberuferegister-Gesetz (GBRG), BGBl. I Nr. 87/2016, eingetragen sind.
...
(3) Für die Dauer einer Pandemie dürfen für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auch Personen, die nicht in das Gesundheitsberuferegister eingetragen sind, herangezogen werden, wenn diese
1. einen Qualifikationsnachweis gemäß § 28 erbringen oder
2. ihr im Ausland erworbener Qualifikationsnachweis gemäß §§ 28a ff anerkannt bzw. nostrifiziert wurde, auch wenn allfällig vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen oder Ergänzungsausbildungen noch nicht absolviert worden sind.
...
Qualifikationsnachweis - Inland
Paragraph 28, (1) Als Qualifikationsnachweis gilt ein Diplom über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung an
1. einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder
2. einer Schule für Kinder- und Jugendlichenpflege nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder
3. einer Schule für psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder
4. einer Krankenpflegeschule, einer Kinderkrankenpflegeschule oder einer Ausbildungsstätte für die psychiatrische Krankenpflege nach den Bestimmungen des Krankenpflegegesetzes.
...
EWR-Anerkennung
Paragraph 28 a, (1) Der Bundesminister für Gesundheit hat von einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Vertragsstaat) oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ausgestellte Qualifikationsnachweise gemäß Paragraphen 29, oder 30 auf Antrag als Qualifikationsnachweise im entsprechenden gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege anzuerkennen.
...
(6) Der Bundesminister für Gesundheit, Familie und Jugend hat innerhalb eines Monats den Empfang der Unterlagen zu bestätigen und mitzuteilen, welche Unterlagen fehlen. Die Entscheidung über die Anerkennung hat
1. in Fällen, in denen auf Grund der Richtlinie 2005/36/EG eine automatische Anerkennung vorgesehen ist (§ 29 Abs. 1 Z 1 bis 3), innerhalb von drei Monaten und
2. in Fällen, in denen auf Grund der Richtlinie 2005/36/EG keine automatische Anerkennung vorgesehen ist (§ 29 Abs. 1 Z 4 bis 6 und § 30), innerhalb von vier Monaten
nach vollständiger Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu erfolgen. Paragraph 6, Dienstleistungsgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2011,, ist anzuwenden.
(7) Personen, bei denen auf Grund wesentlicher Unterschiede zwischen der nach diesem Bundesgesetz erforderlichen und der im Herkunftsstaat erworbenen Qualifikation die Anerkennung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege unter der Bedingung der Absolvierung von Ausgleichsmaßnahmen erfolgt, sind berechtigt, innerhalb von zwei Jahren ab Erlassung des Anerkennungsbescheids die Pflegeassistenz auszuüben; diese Frist ist nicht verlängerbar.
(8) In Fällen, in denen auf Grund wesentlicher Unterschiede zwischen der nach diesem Bundesgesetz erforderlichen und der im Herkunftsstaat erworbenen Qualifikation die Anerkennung an die Bedingung der erfolgreichen Absolvierung einer Ausgleichsmaßnahme geknüpft wird, ist die Erfüllung der vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahme vom Bundesminister für Gesundheit im Anerkennungsbescheid einzutragen.
(9) Sofern im Rahmen des Verfahrens festgestellt wird, dass der Antragsteller gefälschte Berufsqualifikationsnachweise verwendet hat, hat der Bundesminister für Gesundheit die zuständigen Behörden der anderen EWR-Vertragsstaaten im Wege des EU-Binnenmarktinformationssystems (IMI) binnen drei Tagen nach rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung nach den Bestimmungen des Artikel 56a der Richtlinie 2005/36/EG und der Durchführungsverordnung (EU) 2015/983 zu informieren. Über diese Meldung ist der Berufsangehörige schriftlich zu unterrichten, der eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Meldung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren beantragen kann; wird im Rahmen der Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Meldung festgestellt, so ist die Meldung richtigzustellen oder zurückzuziehen.
...
EWR-Qualifikationsnachweise - allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege
Paragraph 29, (1) Als Qualifikationsnachweise in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege sind folgende Qualifikationsnachweise gemäß Paragraph 28 a, Absatz eins, und 2 nach den Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG anzuerkennen:
1. Ausbildungsnachweise der Krankenschwestern und Krankenpfleger, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, gemäß Anhang V Nummer 5.2.2. der Richtlinie 2005/36/EG;
...
(2) Der Bundesminister für Gesundheit, Familie und Jugend hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über die gemäß Absatz eins, Ziffer eins, bis 6 anzuerkennenden Qualifikationsnachweise festzulegen.
...
Qualifikationsnachweis - außerhalb des EWR
Paragraph 31, (1) Eine im Ausland erworbene Urkunde über eine erfolgreich absolvierte Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, die nicht unter Paragraphen 28 a, ff. fällt, gilt als Qualifikationsnachweis, wenn der an einer ausländischen Fachhochschule oder einer vergleichbaren postsekundären oder tertiären Bildungseinrichtung erworbene Grad als an einem Fachhochschul-Bachelorstudiengang gemäß Paragraph 28, Absatz 2, erworbener akademischer Grad gemäß Paragraph 6, Absatz 6, FHStG nostrifiziert wurde.
(2) Weiters gilt als Qualifikationsnachweis eine im Ausland erworbene Urkunde über eine erfolgreich absolvierte Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, wenn
1. die Gleichwertigkeit der Urkunde mit einem österreichischen Diplom gemäß § 32 dieses Bundesgesetzes in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 75/2016 festgestellt oder die Urkunde den vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Regelungen des Krankenpflegegesetzes als gleichwertig anerkannt wurde und
2. die im Nostrifikationsbescheid vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind.
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Nostrifikation
Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofs: Paragraph 32, in der Fassung vor der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 75 aus 2016,)
Paragraph 32, (1) Personen, die eine im Ausland staatlich anerkannte Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolviert haben und beabsichtigen, in Österreich eine Tätigkeit im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege auszuüben, sind berechtigt, die Anerkennung ihrer außerhalb Österreichs erworbenen Urkunden über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung im entsprechenden gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege beim Landeshauptmann jenes Landes, in dessen Bereich
...
zu beantragen.
...
(6) Der Landeshauptmann hat zu prüfen, ob die vom Antragsteller im Ausland absolvierte Ausbildung hinsichtlich des Gesamtumfanges und der Ausbildungsinhalte der österreichischen Ausbildung gleichwertig ist. Im Rahmen der Nostrifikation ist eine einschlägige Berufserfahrung zu berücksichtigen, sofern diese fehlende Inhalte abdeckt. Zur Beurteilung der ausländischen Ausbildung ist im Falle des Absatz 4, jedenfalls ein Sachverständigengutachten einzuholen.
(7) Bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen gemäß Absatz 2, bis 6 hat der Landeshauptmann die Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung bescheidmäßig festzustellen.
(8) Sofern die Gleichwertigkeit nicht zur Gänze vorliegt, ist die Nostrifikation an eine oder beide der folgenden Bedingungen zu knüpfen:
1. erfolgreiche Ablegung einer oder mehrerer kommissioneller Ergänzungsprüfungen,
2. erfolgreiche Absolvierung eines Praktikums oder mehrerer Praktika an einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege.
...
Berufsausübung
Paragraph 35, (1) Die Berufsausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege besteht in der eigenverantwortlichen Ausübung der im Berufsbild und Kompetenzbereich gemäß Paragraphen 12, ff. umschriebenen Tätigkeiten, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten freiberuflich oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeführt werden.
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Pflegeassistenzberufe
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Allgemeines Berufsbild
Paragraph 82, (1) Pflegeassistenzberufe sind
1. die Pflegeassistenz und
2. die Pflegefachassistenz.
Sie sind Gesundheits- und Krankenpflegeberufe zur Unterstützung von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege sowie von Ärzten.
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(3) Im Rahmen der medizinischen Diagnostik und Therapie führen Pflegeassistenzberufe die ihnen von Ärzten übertragenen oder von Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege weiterübertragenen Maßnahmen durch.
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Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz
Paragraph 83, (1) Der Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz umfasst die Durchführung folgender Aufgaben:
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3. Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie (Abs. 4).
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(4) Die Mitwirkung bei Diagnostik und Therapie gemäß Absatz eins, Ziffer 3, umfasst:
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3. standardisierte Blut-, Harn- und Stuhluntersuchungen sowie Blutentnahme aus der Kapillare im Rahmen der patientennahen Labordiagnostik und Durchführung von Schnelltestverfahren (Point-of-Care-Tests),
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Berufsberechtigung
Paragraph 85, (1) Zur Ausübung der Pflegeassistenz bzw. der Pflegefachassistenz sind Personen berechtigt, die
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4. einen Qualifikationsnachweis in dem entsprechenden Pflegeassistenzberuf (§§ 86 bis 88) erbringen und
5. in das Gesundheitsberuferegister gemäß Gesundheitsberuferegister-Gesetz eingetragen sind.
(2) Für die Dauer einer Pandemie dürfen für Tätigkeiten der Pflegeassistenzberufe auch Personen, die nicht in das Gesundheitsberuferegister eingetragen sind, herangezogen werden, wenn diese
1. einen Qualifikationsnachweis gemäß § 86 erbringen oder
2. ihr im Ausland erworbener Qualifikationsnachweis gemäß §§ 87 ff anerkannt bzw. nostrifiziert wurde, auch wenn allfällig vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen oder Ergänzungsausbildungen noch nicht absolviert worden sind.
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Strafbestimmungen
Paragraph 105, (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 600 Euro zu bestrafen, wer
1. eine Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, der Pflegefachassistenz oder der Pflegeassistenz ausübt, ohne hiezu durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift berechtigt zu sein, oder
2. jemanden, der hiezu durch dieses Bundesgesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift nicht berechtigt ist, zu einer Tätigkeit des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, der Pflegefachassistenz oder der Pflegeassistenz heranzieht oder
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Inkrafttreten
Paragraph 117,
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(33) Paragraph 3 a, Absatz 7 und Paragraph 17, Absatz 3 a, ... sowie Paragraph 27, Absatz 3 und Paragraph 85, Absatz 2, ... gelten nur im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19); Berechtigungen auf Grund dieser Bestimmungen bestehen noch weiter, längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2021.“
38 Dem Bericht des Budgetausschusses 112 BlgNR 27. GP, 17, zu dem dem 2. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 16/2020, zugrundliegenden selbständigen Antrag 397/A BlgNR 27. GP ist hinsichtlich der mit dem 2. COVID-19-Gesetz erfolgten Änderungen des GuKG, die neben der Einfügung des § 3a Abs. 7 sowie des § 85 Abs. 2 insbesondere die Einfügung des § 27 Abs. 3 leg. cit. betrafen, Folgendes zu entnehmen:
„Zu Artikel 36 (Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes)
Zu Ziffer eins, (Paragraph 3 a, Absatz 7,): Durch Paragraph 3 a, Absatz 7, wird ermöglicht, dass für die Dauer einer Pandemie auch Personen, die nicht über eine Berechtigung zur Durchführung pflegerischer Tätigkeiten verfügen, zu Tätigkeiten der pflegerischen Basisversorgung herangezogen werden.
Zu Ziffer 2, und 3 (Paragraphen 27, und 85): Durch diese Regelungen soll das Tätigwerden von Personen, die eine Qualifikation in der Gesundheits- und Krankenpflege erworben haben, aber (noch) nicht im Gesundheitsberuferegister eingetragen sind, bei einer Pandemie ermöglicht werden. Dies betrifft einerseits Absolventen/-innen einer inländischen Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, in der Pflegefachassistenz und in der Pflegeassistenz, deren Eintragung im Gesundheitsberuferegister noch nicht beantragt bzw. abgeschlossen werden konnte. Andererseits sind noch nicht im Gesundheitsberuferegister eingetragene Berufsangehörige erfasst, die ihre Ausbildung im Ausland absolviert haben und bereits einen Anerkennungs- bzw. Nostrifikationsbescheid erworben haben und allenfalls noch nicht die Absolvierung einer Ergänzungsausbildung abgeschlossen haben. Die Bestimmung umfasst auch bereits im Ruhestand befindliche Berufsangehörige.
Mit Ende der Pandemie erlischt diese Berechtigung. Eine weitere Berufsausübung setzt die Registrierung im Gesundheitsberuferegister voraus.“
39 § 28d Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl. Nr. 186/1950 in der am 17. Mai 2021 maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 33/2021, lautet:
„Abstrichnahme im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie
Paragraph 28 d, (1) Im Rahmen von Screenings zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19) sind
1. Angehörige des gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege und der Pflegefachassistenz gemäß Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997,
2. Angehörige der gehobenen medizinisch-technischen Dienste gemäß MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992,
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5. Personen, die ein naturwissenschaftliches oder ein veterinärmedizinisches Studium erfolgreich abgeschlossen haben gemäß § 4 Abs. 5 MTD-Gesetz, und
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auch ohne ärztliche Anordnung berechtigt, Abstriche aus Nase und Rachen einschließlich Point-of-Care-Covid-19-Antigen-Tests zu diagnostischen Zwecken durchzuführen. Für Berufsangehörige gilt die Meldepflicht gemäß den Paragraphen 2, und 3, soweit nicht eine Meldung durch die gemäß den Paragraphen 3, oder 28c verpflichtete Person oder Einrichtung erfolgt.
(2) Im Rahmen von Screenings zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19) sind
1. Angehörige der Pflegeassistenz gemäß GuKG,
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5. Angehörige eines Sozialbetreuungsberufs nach der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über Sozialbetreuungsberufe, BGBl. I Nr. 55/2005,
soweit sie nicht ohnedies auf Grund ihres gesetzlich festgelegten Tätigkeitsbereichs hiezu befugt sind, berechtigt, Abstriche aus Nase und Rachen einschließlich Point-of-Care-Covid-19-Antigen-Tests zu diagnostischen Zwecken auf Anordnung und unter Aufsicht durchzuführen. Vor der erstmaligen Durchführung einer Abstrichnahme hat eine entsprechende Einschulung zu erfolgen. Die Anordnung, Aufsicht und Einschulung hat durch einen Arzt, einen Zahnarzt, einen Biomedizinischen Analytiker oder einen diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger zu erfolgen.
(3) Im Rahmen von Screenings zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers SARS-CoV-2 (COVID-19) sind Sanitäter gemäß Sanitätergesetz (SanG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 30 aus 2002,, berechtigt, Abstriche aus Nase und Rachen einschließlich Point-of-Care-Covid-19-Antigen-Tests zu diagnostischen Zwecken in Zusammenarbeit mit einem Arzt, einem Zahnarzt, einem Biomedizinischen Analytiker, einem diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger oder einer Einrichtung gemäß Paragraph 28 c, durchzuführen. Für die Durchführung dieser Tätigkeit gilt Paragraph 26, SanG nicht.“
40 In den Gesetzesmaterialien zu § 28d EpiG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2021 wird Folgendes ausgeführt (AB 671 BlgNR 27. GP, 3 und 4):
„Die neuen Regelungen zur Abstrichnahme im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, die eine lex specialis zu den einschlägigen Berufsrechten, insbesondere den Tätigkeitsbereich, den Anordnungs- und Aufsichtszusammenhang und die Berufsausübungsregelungen, darstellen, sollen Erleichterungen für den Einsatz des Gesundheitspersonals im Rahmen von Screenings bringen. Unter Screenings sind sowohl Screeningprogramme gemäß Paragraph 5 a, EpiG als auch allgemeine Testungen, insbesondere an symptomlosen Personen, zu verstehen. Klargestellt wird, dass die Durchführung von Point-of-Care COVID-19-AntigenTests auch das Ablesen des Ergebnisses vom Testkit einschließt. Dies stellt keine medizinische Auswertung bzw. Befundung dar, die spezielles medizinisches Fachwissen von Ärzten/-innen und Biomedizinischen Analytikern/-innen erfordert, sondern trifft lediglich eine Aussage darüber, ob das Antigen zum Zeitpunkt der Probenahme mittels durchgeführtem Test nachweisbar ist.
In Absatz eins, wird die Möglichkeit geschaffen, dass bestimmte qualifizierte Berufsgruppen die Testung auch ohne ärztliche Anordnung durchführen dürfen. Hinsichtlich diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger/innen und Pflegefachassistenten/-innen hat sich insbesondere in den pflegerischen Settings gezeigt, dass die Einholung einer ärztlichen Anordnung vor einer Testung aus zeitlichen Gründen und auf Grund der vorhandenen Ressourcen nicht praktikabel und im Rahmen von Screenings auch fachlich nicht erforderlich ist. Auch für die Zahnärzte/-innen, die derzeit nicht kraft eigenen Berufsrechts die Testungen durchführen, sondern kraft ihres naturwissenschaftlichen Studiums auf Grund Paragraph 4, Absatz 5, MTD-Gesetz in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins, ÄrzteG 1998, ist nunmehr eine ausdrückliche Ermächtigung vorgesehen. Auch die auf Hochschulniveau ausgebildeten Angehörigen der gehobenen medizinischtechnischen Dienste, Hebammen sowie Kardiotechniker/innen erhalten die Möglichkeit, Testungen ohne ärztliche Anordnung durchzuführen.
Unter naturwissenschaftliche Studien (Ziffer 5,) fallen einschlägige naturwissenschaftliche Studien, im Rahmen derer auch Laborwissen und Labormethoden vermittelt werden (wie beispielsweise Biologie, Chemie, Pharmazie etc.).
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In Absatz 2, wird für die übrigen zur Durchführung der Abstrichnahme berechtigten Berufsgruppen der Kreis der zur Anordnung, Aufsicht und Einschulung befugten Berufsangehörigen erweitert.
Zu Absatz 3 :, Bereits mit Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 16 aus 2020, (2. COVID-Gesetz) wurde in Paragraph 9, Sanitätergesetz festgelegt, dass Sanitäter im Rahmen der Testungen tätig werden dürfen, entsprechend Paragraph 9, auch ohne ärztliche Anordnung. Nunmehr soll für die COVID-19-Testungen im Rahmen von Screenings die Möglichkeit geschaffen werden, dass im Rahmen einer lex specialis Sanitäter/innen auch außerhalb von Einrichtungen gemäß Paragraph 23, SanG für diese Tätigkeiten eingesetzt werden können. Ein entsprechendes Tätigwerden setzt voraus, dass dies in Zusammenarbeit mit einem Arzt/einer Ärztin, einem/einer Zahnarzt/Zahnärztin, einem/einer Biomedizinischen Analytiker/in, einem/einer diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger/in oder einer Einrichtung gemäß Paragraph 28 c, EpiG erfolgt. Dabei könnte es sich beispielsweise um Testungen in einem Betrieb in Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt/der Betriebsärztin bzw. dem/der Arbeitsmediziner/in, in einer Apotheke oder in Pflegeheimen gemeinsam mit dem gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege handeln. Für die Tätigkeit im Rahmen dieser Screenings können auch Sanitäter/innen, die nicht über eine aktuelle Berufs- oder Tätigkeitsberechtigung verfügen, herangezogen werden (Hinweis auf Paragraph 26,).“
41 Die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (im Folgenden: Richtlinie 2005/36/EG) in der Fassung der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates lautet auszugsweise:
„TITEL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Gegenstand
Diese Richtlinie legt die Vorschriften fest, nach denen ein Mitgliedstaat, der den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung in seinem Hoheitsgebiet an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen knüpft (im Folgenden ‚Aufnahmemitgliedstaat‘ genannt), für den Zugang zu diesem Beruf und dessen Ausübung die in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten (im Folgenden ‚Herkunftsmitgliedstaat‘ genannt) erworbenen Berufsqualifikationen anerkennt, die ihren Inhaber berechtigen, dort denselben Beruf auszuüben.
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Artikel 2
Anwendungsbereich
(1) Diese Richtlinie gilt für alle Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, die als Selbstständige oder abhängig Beschäftigte, einschließlich der Angehörigen der freien Berufe, einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sie ihre Berufsqualifikationen erworben haben, ausüben wollen.
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Artikel 3
Begriffsbestimmungen
(1) Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) ‚reglementierter Beruf‘ ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen. Trifft Satz 1 dieser Begriffsbestimmung nicht zu, so wird ein unter Absatz 2 fallender Beruf als reglementierter Beruf behandelt;
b) ‚Berufsqualifikationen‘ sind die Qualifikationen, die durch einen Ausbildungsnachweis, einen Befähigungsnachweis nach Artikel 11 Buchstabe a Ziffer i und/oder Berufserfahrung nachgewiesen werden;
c) ‚Ausbildungsnachweise‘ sind Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise, die von einer Behörde eines Mitgliedstaats, die entsprechend dessen Rechts- und Verwaltungsvorschriften benannt wurde, für den Abschluss einer überwiegend in der Gemeinschaft absolvierten Berufsausbildung ausgestellt werden.
...
Artikel 4
Wirkungen der Anerkennung
(1) Die Anerkennung der Berufsqualifikationen durch den Aufnahmemitgliedstaat ermöglicht es den begünstigten Personen, in diesem Mitgliedstaat denselben Beruf wie den, für den sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert sind, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie Inländer auszuüben.
(2) Für die Zwecke dieser Richtlinie ist der Beruf, den der Antragsteller im Aufnahmemitgliedstaat ausüben möchte, derselbe wie derjenige, für den er in seinem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, wenn die Tätigkeiten, die er umfasst, vergleichbar sind.
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TITEL III
NIEDERLASSUNGSFREIHEIT
KAPITEL I
Allgemeine Regelung für die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen
...
KAPITEL III
Anerkennung auf der Grundlage der Koordinierung der Mindestanforderungen an die Ausbildung
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 21
Grundsatz der automatischen Anerkennung
(1) Jeder Mitgliedstaat erkennt die in Anhang römisch fünf unter den Nummern ... 5.2.2., ... aufgeführten Ausbildungsnachweise an, die die Mindestanforderungen für die Ausbildung nach den Artikeln ... 31, ... erfüllen und die Aufnahme der beruflichen Tätigkeiten des Arztes mit Grundausbildung und des Facharztes, der Krankenschwester und des Krankenpflegers für allgemeine Pflege, des Zahnarztes und Fachzahnarztes, des Tierarztes, des Apothekers und des Architekten gestatten, und verleiht diesen Nachweisen in Bezug auf die Aufnahme und Ausübung der beruflichen Tätigkeiten in seinem Hoheitsgebiet dieselbe Wirkung wie den von ihm ausgestellten Ausbildungsnachweisen. Diese Ausbildungsnachweise müssen von den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellt und gegebenenfalls mit den Bescheinigungen versehen sein, die in Anhang römisch fünf unter den Nummern ... 5.2.2., ... aufgeführt sind.
...
Abschnitt 3
Krankenschwestern und Krankenpfleger für allgemeine Pflege
Artikel 31
Ausbildung von Krankenschwestern und Krankenpflegern für allgemeine Pflege
...“
42 Gemäß Anhang V Nummer 5.2.2. der Richtlinie 2005/36/EG in der Fassung des delegierten Beschlusses (EU) 2020/548 der Europäischen Kommission vom 23. Jänner 2020 gelten als Ausbildungsnachweise für Krankenschwestern und Krankenpfleger, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind, (u.a.) näher angeführte in Deutschland erworbene Zeugnisse über die staatliche Prüfung in der Krankenpflege.
43 Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (im Folgenden: Richtlinie [EU] 2018/958) sorgen die Mitgliedstaaten im Rahmen der ihnen durch diese Richtlinie aufgetragenen Verhältnismäßigkeitsprüfung dafür, dass die von ihnen eingeführten Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, und die Änderungen, die sie an bestehenden Vorschriften vornehmen, für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sind und nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen.
44 Zu diesem Zweck haben sie gemäß Art. 7 Abs. 2 lit. c der Richtlinie (EU) 2018/958 vor dem Erlass von Vorschriften im soeben genannten Sinn deren Eignung hinsichtlich ihrer Angemessenheit zur Erreichung des angestrebten Ziels zu berücksichtigen und zu prüfen, ob sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gerecht werden und somit den Risiken entgegenwirken, die bei vergleichbaren Tätigkeiten in ähnlicher Weise identifiziert wurden.
45 Für den Revisionsfall ergibt sich Folgendes:
46 Gegenständlich wurde der Zweitrevisionswerberin eine Verwaltungsübertretung gemäß § 105 Abs. 1 Z 1 GuKG zur Last gelegt. Der Erstrevisionswerber wurde der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 105 Abs. 1 Z 2 GuKG sowie einer Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Abs. 2 und Abs. 3 iVm. § 199 Abs. 1 ÄrzteG 1998 schuldig erkannt.
47 Das Verwaltungsgericht stellte insbesondere fest, die Zweitrevisionswerberin habe im Rahmen von betrieblichen Testungen und der Durchführung von Antigen-Schnelltests („Spucktests“) am Standort des Unternehmens A, dessen Geschäftsführer der Erstrevisionswerber sei, „zumindest am 17. Mai 2021“ von Testpersonen abgegebene Speichelproben mit einer Trägerflüssigkeit verrührt und das so entstandene Gemisch auf Trägerkarten ausgedrückt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts gelangten fallbezogen Antigen-Schnelltests zum Einsatz, die auch mit „Nasenabstrichen“ hätten vorgenommen werden können, aber vorliegend ohne Abstrichnahme durchgeführt wurden.
48 Die Revision führt u.a. ins Treffen, es habe sich vorliegend um Antigen-Schnelltests gehandelt, die während der Covid-19-Pandemie in jeder österreichischen Schulklasse als Selbsttests für Schüler und Lehrer verwendet worden seien. Bereits unter diesem Blickwinkel sei es „rätselhaft“, weshalb das Verwaltungsgericht das Tatbild der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen als verwirklicht angesehen habe.
49 Zu diesem sachverhaltsbezogenen Vorbringen der Revisionswerber, das darauf abzielt, darzulegen, dass es sich fallbezogen um eine reine medizinische Laientätigkeit gehandelt habe, sodass schon aus diesem Grund kein Verstoß gegen das ÄrzteG 1998 oder das GuKG vorliege, finden sich im angefochtenen Erkenntnis keine konkreten Feststellungen.
50 Die gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nahmen aber nach der Aktenlage insbesondere darin ihren Ausgang, dass behördlicherseits Zweifel aufkamen, ob die von der Zweitrevisionswerberin durchgeführten Antigen-Schnelltests („Spucktests“), weil sie keinen anterio-nasalen Abstrich erforderten, hinreichend valide seien und die Zuverlässigkeit des Testergebnisses in derselben Weise wie bei den in Schulen durchgeführten anterio-nasalen Selbsttests gegeben sei (vgl. den die Zweitrevisionswerberin betreffenden verwaltungsbehördlichen Akt und die dort dokumentierte, umfangreiche E-Mail-Korrespondenz, S 55 bis S 155).
51 Mit dem Aspekt einer etwaigen besonders leichten Handhabbarkeit der im Revisionsfall verwendeten Antigen-Schnelltests und den daraus resultierenden rechtlichen Fragestellungen setzte sich das Verwaltungsgericht allerdings, wie erwähnt, nicht näher auseinander.
52 Für das gegenständliche Revisionsverfahren gilt es dazu Folgendes festzuhalten:
53 Aufgrund der Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Verbindung mit den vorgelegten Verfahrensakten bestehen Anhaltspunkte, dass gegenständlich Antigen-Schnelltests eingesetzt worden sein könnten, zu denen von bestimmten Unternehmen eine Bestätigung gemäß § 113b Medizinproduktegesetz, BGBl. Nr. 657/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 46/2021, („Selbstverpflichtungserklärung“) an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen übermittelt wurde, weshalb die Tests allenfalls gemäß § 113b leg. cit. auch zur Eigenanwendung hätten in Verkehr gebracht bzw. verwendet werden dürfen („Wohnzimmertests“; „Laienselbsttests“; zu der mit solchen Tests beabsichtigten Erreichung einer möglichst weitgefächerten Teststrategie siehe auch § 742b ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2021 sowie den diesbezüglichen Bericht des Gesundheitsausschusses 673 BlgNR 27. GP, 1 und 2).
54 Ob die in Rede stehenden Antigen-Schnelltests rechtmäßig, gegebenenfalls gemäß § 113b Medizinproduktegesetz, zur Eigenanwendung in Verkehr gebracht und verwendet werden durften, lässt sich anhand der im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen aber nicht abschließend beurteilen.
55 Weiters wurden jene Antigen-Selbsttests mit anterio-nasalen Abstrichen, die an Schulen zum Einsatz gelangten, in einem vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Mai 2021 herausgegebenen Informationsschreiben als „kinderleicht“ bezeichnet (vgl. Fragen und Antworten zu Antigen-Selbsttests für Schulen, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, 19. Mai 2021, 5). Diese Tests seien - so die Ausführungen in dem genannten Schreiben - mit Unterstützung der Lehrkräfte problemlos durchzuführen. Auch in der im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung durch die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde erfolgten Evaluierung des SARS-CoV-2 Screenings mit anterio-nasalen Antigen-Selbsttests, die an österreichischen Schulen in der 7. Kalenderwoche des Jahres 2021 (15. bis 21. Februar 2021) durchgeführt wurde, wurde festgehalten, dass diese Tests, von denen zudem in der genannten Kalenderwoche an die Schulen 1,2 Millionen-Stück (davon ca. 643.000 Stück an Primarschulen) ausgegeben worden seien, einfach und kaum invasiv direkt in den Schulen von den zu testenden Personen (u.a. von Schülern) durchgeführt werden könnten (S 3). Ob die im Revisionsfall eingesetzten Antigen-Schnelltests ähnlich zu beurteilen wären, wurde vom Verwaltungsgericht nicht ermittelt.
56 Die Frage, ob die von der Zweitrevisionswerberin konkret gesetzten Handlungen bei den in Rede stehenden, nach dem Vorbringen der Revisionswerber ohne jegliche Schwierigkeit durchzuführenden Antigen-Schnelltests rechtlich überhaupt als die unbefugte Ausübung einer Ärzten, dem gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienst, der Pflegeassistenz (vgl. § 83 Abs. 4 Z 3 GuKG) oder etwa einer anderen Berufsgruppe vorbehaltenen Tätigkeit zu qualifizieren wären, kann im Revisionsfall allerdings in Ansehung des gegenständlichen Verfahrensergebnisses dahinstehen (zu rechtlichen Fragestellungen betreffend die berufsmäßige Ausübung reiner medizinischer Laientätigkeiten vgl. etwa Huber/Dietrich, Laienmedizin ohne Arztbeteiligung, RdM 2022/296, 205; siehe ferner die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zu § 28d EpiG, in denen hinsichtlich der Ablesung des Testergebnisses festgehalten wird, dass die Ablesung keine „medizinische“ Auswertung bzw. Befundung darstelle; betreffend laiengerechte Geräte in Apotheken, die zur Selbstanwendung durch Kunden bestimmt sind, vgl. etwa OGH 20.8.2002, 4 Ob 170/02g; 25.3.2003, 4 Ob 256/02d; siehe ferner die in VwGH 26.4.2018, Ro 2017/11/0018, dargestellte Judikaturübersicht zu § 2 und § 3 ÄrzteG 1998).
57 Der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, im Hinblick auf die in Rede stehende Tätigkeit der Zweitrevisionswerberin sei gegenständlich das objektive Tatbild der beiden dem Erstrevisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen sowie das objektive Tatbild der der Zweitrevisionswerberin angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht worden, tritt die Revision aus dem nachstehenden Grund im Ergebnis jedenfalls zu Recht entgegen:
58 Dazu ist voranzustellen, dass die Antigen-Schnelltests durch die Zweitrevisionswerberin im Rahmen von „betrieblichen Testungen“ ohne ärztliche Anordnung im Sinn von § 15 GuKG vorgenommen wurden, weil „generelle Delegationen“ eines Arztes nicht als ärztliche Anordnung gemäß § 15 GuKG gelten (siehe RV 709 BlgNR 20. GP, 54 f.; vgl. zudem Müller/Falch in Neumayr/Resch/Wallner [Hrsg], Gmundner Kommentar zum Gesundheitsrecht 2, 2022, § 15 GuKG, Rn. 2). Aus diesem Grund scheidet § 15 GuKG, der (u.a.) im Rahmen der für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege vorgesehenen Kompetenzen Diagnostik und Therapie eine ärztliche Anordnung voraussetzt, als Rechtsgrundlage für die Zulässigkeit der Vornahme der in Rede stehenden Testungen aus.
59 Eine ärztliche Anordnung wäre aber dann rechtlich nicht erforderlich, sollten die Tätigkeiten der Zweitrevisionswerberin in den als „lex specialis“ konzipierten Regelungen des § 28d Abs. 1 EpiG Deckung finden (vgl. § 28d Abs. 1 EpiG; arg: „auch ohne ärztliche Anordnung“; vgl. ferner die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zu § 28d leg. cit., denen zufolge diese Bestimmung als lex specialis zu den einschlägigen Berufsrechten zu sehen sei). Die Voraussetzungen des § 28d Abs. 1 EpiG wären hinsichtlich der hier in Betracht kommenden Ermächtigung für Angehörige des gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienstes (Z 1) erfüllt, wenn die Zweitrevisionswerberin zum Tatzeitpunkt zur Ausübung von Tätigkeiten des gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienstes befugt war.
60 Die Zweitrevisionswerberin, eine deutsche Staatsangehörige, verfügte zum gegenständlichen Tatzeitpunkt (17. Mai 2021) über einen in Deutschland erlangten Qualifikationsnachweis, der mit Bescheid des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom 8. Juni 2021 gemäß § 28a (Abs. 6 Z 1) iVm. § 29 Abs. 1 Z 1 GuKG (vgl. Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG) anerkannt wurde (zur automatischen Anerkennung von in Deutschland erworbenen Ausbildungsnachweisen für Krankenschwestern und Krankenpfleger vgl. etwa VwGH 21.11.2013, 2011/11/0052). Dennoch ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass aus § 27 Abs. 3 GuKG für den Rechtsstandpunkt der Revisionswerber nichts zu gewinnen sei. Das trifft nicht zu:
61 Gemäß § 27 Abs. 3 GuKG in der Fassung des 2. COVID-19-Gesetzes durften für die Dauer einer Pandemie für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege auch Personen, die nicht in das Gesundheitsberuferegister eingetragen waren, herangezogen werden, wenn sie einen (inländischen) Qualifikationsnachweis gemäß § 28 erbrachten (Z 1) oder wenn sie über einen im Ausland erworbenen, gemäß §§ 28a ff leg. cit. anerkannten bzw. nostrifizierten Qualifikationsnachweis verfügten, auch wenn allfällig vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen oder Ergänzungsausbildungen noch nicht absolviert worden waren (Z 2).
62 § 27 Abs. 3 GuKG dispensierte somit einerseits alle unter diese Bestimmung fallenden Personen von der Eintragung in das Gesundheitsberuferegister (§ 27 Abs. 1 Z 5 GuKG) sowie andererseits die in § 27 Abs. 3 Z 2 GuKG genannte Personengruppe, die über einen ausländischen Qualifikationsnachweis verfügte, dadurch, dass von der vorherigen Absolvierung der als Bedingung vorgeschriebenen Ausgleichsmaßnahmen (vgl. § 28a Abs. 7 leg. cit.) bzw. Ergänzungsausbildungen (vgl. § 32 Abs. 8 GuKG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 75/2016) abgesehen wurde, in den betreffenden Fällen von der Erbringung eines den Anforderungen der §§ 28 bis 31 GuKG entsprechenden Qualifikationsnachweises (§ 27 Abs. 1 Z 3 leg. cit.).
63 Mit dieser Regelung wurde, wie auch die oben zu § 27 Abs. 3 GuKG wiedergegebenen Gesetzesmaterialien belegen, offenkundig das Ziel verfolgt, eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass während der Dauer der Covid-19-Pandemie zwecks Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems sowie zur Vermeidung eines akuten Mangels an Gesundheitspersonal möglichst umfassend alle aufgrund einer adäquaten Berufsausbildung in Betracht kommenden Personen zur Ausübung von Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege herangezogen werden konnten (vgl. ferner die ebenfalls mit dem 2. COVID-19-Gesetz geschaffenen Bestimmungen des § 3a Abs. 7 sowie des § 85 Abs. 2 GuKG und den auf das 3. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 23/2020, zurückgehenden § 17 Abs. 3a GuKG; siehe ferner Resch in Resch [Hrsg.], Das Corona Handbuch, 485, zur „Ex-lege Berufsberechtigung“ gemäß § 3 Abs. 7 des Bundesgesetzes über die Regelung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste [MTD-G], BGBl. Nr. 460/1992 ebenfalls in der Fassung des 2. COVID-19-Gesetzes).
64 Weiters ist zu betonen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) für die Mitgliedstaaten angesichts der erforderlichen Rechtfertigung einer Beschränkung von Freizügigkeitsrechten in Bezug auf ein legitimes Ziel die Verpflichtung besteht, nationale Maßnahmen, die (wie die in Rede stehenden gesetzlichen Regelungen über den Zugang zu Gesundheitsberufen) die im AEUV garantierte Ausübung der Grundfreiheiten behindern können, im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auszugestalten (siehe dazu etwa EuGH 6.11.2003, Gambelli, C-243/01, Rz. 67; EuGH [GK] 10.3.2009, Hartlauer, C-169/07, Rz. 55; EuGH 3.3.2022, A, C-634/20, Rz. 45; vgl. zudem Zaglmayer, Anerkennung von Gesundheitsberufen in Europa, 22, Pkt. 2.15 sowie die dazu in FN 107 zitierte Rechtsprechung des EuGH; zu dem über ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs ergangenen Urteil des EuGH in der Rechtssache Hartlauer siehe auch die Folgeentscheidung VwGH 16.4.2009, 2009/11/0036 und 0037 [= VwSlg. 17.667/A]).
65 Auf diese Judikatur des EuGH gründet sich auch die in Art. 7 Abs. 2 lit. c der Richtlinie (EU) 2018/958 vorgesehene Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers, (u.a.) vor der Änderung von bestehenden Vorschriften, die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung (und damit u.a. die Niederlassungsfreiheit von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten) beschränken, die Eignung dieser Vorschriften hinsichtlich ihrer Angemessenheit zur Erreichung des angestrebten Ziels zu berücksichtigen und zu prüfen, ob sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise gerecht werden (siehe auch § 5 iVm. § 6 Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 67/2021, sowie die Anlage zu diesem Gesetz).
66 Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund der in Rede stehenden gesetzlichen Vorschriften sowie in Anbetracht der dargestellten Zielsetzung des § 27 Abs. 3 GuKG kann somit nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit dem 2. COVID-19-Gesetz Berufsangehörige eines anderen Mitgliedstaates, die über einen in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationsnachweis verfügen, der gemäß Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG automatisch anzuerkennen ist (vgl. § 28a Abs. 6 Z 1 iVm. § 29 Abs. 1 Z 1 GuKG), nicht in den Anwendungsbereich des § 27 Abs. 3 GuKG miteinbezogen hätte selbst wenn noch kein formeller („automatischer“) Anerkennungsbescheid gemäß § 28a Abs. 6 Z 1 iVm. § 29 Abs. 1 Z 1 GuKG beantragt oder erlangt worden sein sollte:
67 Die zuletzt dargestellte Konstellation scheint nämlich anlässlich der Schaffung der Regelungen des § 27 Abs. 3 GuKG, des § 85 Abs. 2 GuKG sowie des § 3 Abs. 7 MTD-G mit dem 2. COVID-19-Gesetz nicht im Blick des Gesetzgebers gestanden zu sein. Im Anwendungsbereich des § 85 Abs. 2 GuKG, der betreffend Angehörige der Pflegeassistenz sinngemäß dieselben Vorschriften wie § 27 Abs. 3 GuKG enthält, und des (ebenfalls sinngemäße Bestimmungen vorsehenden) § 3 Abs. 7 MTD-G können Fälle der automatischen Anerkennung gemäß Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG auch von vornherein nicht auftreten.
68 Nun sind aber betreffend § 27 Abs. 3 Z 2 GuKG neben der soeben genannten Personengruppe, deren Qualifikationsnachweis gemäß Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG automatisch anzuerkennen ist, insbesondere zwei Gruppen von Berufsangehörigen zu betrachten, die ohne jeglichen Zweifel neben den Inhabern eines inländischen Qualifikationsnachweises (§ 27 Abs. 3 Z 1 GuKG) in den Anwendungsbereich des § 27 Abs. 3 Z 2 GuKG fallen.
69 Dabei handelt es sich zum Einen um Personen, deren von einem EWR-Vertragsstaat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft ausgestellter Qualifikationsnachweis nicht der automatischen Anerkennung unterliegt (§ 28a Abs. 6 Z 2 GuKG) und bei denen auf Grund wesentlicher Unterschiede zwischen der nach dem GuKG erforderlichen und der im Herkunftsstaat erworbenen Qualifikation die Anerkennung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege unter der Bedingung der Absolvierung von Ausgleichsmaßnahmen zu erfolgen hatte (§ 28a Abs. 7 GuKG) und die diese Ausgleichsmaßnahmen noch nicht erfüllt haben (§ 27 Abs. 3 Z 2 GuKG). Diese Personen sind - rechtlich gesehen - mangels Erfüllung der im Anerkennungsbescheid festgelegten Bedingungen, somit aus wesentlichen, inhaltlichen Gründen, noch nicht als in Besitz eines „anerkannten“ Qualifikationsnachweises anzusehen (siehe dazu auch Weiss/Lust, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, Anm. 8 zu § 28a).
70 Selbiges gilt für die zweite offenkundig von § 27 Abs. 3 Z 2 GuKG umfasste Personengruppe, nämlich etwa für Drittstaatsangehörige, die über einen außerhalb des EWR oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft erlangten Qualifikationsnachweis verfügen und einen Nostrifikationsbescheid erlangt haben, aber die die in diesem Bescheid vorgeschriebenen Ergänzungsausbildungen noch nicht abgelegt haben (vgl. insbesondere § 31 Abs. 2 GuKG iVm. § 32 Abs. 8 GuKG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 75/2016; siehe dazu auch Weiss/Lust, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, Anm. 3 zu § 31; vgl. weiters Wallner, Medizinrecht 2, 2022, Rn 61 bis 63; vgl. ferner zu § 31 leg. cit. [Stammfassung] RV 709 BlgNR 20. GP, 62).
71 Hinsichtlich der beiden zuletzt genannten Gruppen von Berufsangehörigen traf der Gesetzgeber mit dem 2. COVID-19-Gesetz ganz bewusst (vgl. die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien) die Entscheidung, deren Heranziehung für Tätigkeiten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege für die Dauer der Pandemie ungeachtet noch nicht erbrachter Ausgleichsmaßnahmen oder noch ausständiger Ergänzungsausbildungen, somit trotz noch bestehender inhaltlicher „Ausbildungsdefizite“ sowie trotz des Fehlens eines anerkannten Qualifikationsnachweises, zu ermöglichen (siehe zudem § 3 Abs. 7 MTD-G überdies in Verbindung mit der Ermächtigung gemäß § 28d Abs. 1 Z 2 EpiG zur Abstrichnahme ohne ärztliche Anordnung).
72 Gemäß Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG (vgl. § 28a Abs. 6 Z 1 iVm. § 29 Abs. 1 Z 1 GuKG) sind aber die in Anhang V Nummer 5.2.2. dieser Richtlinie aufgelisteten Qualifikationsnachweise für die beruflichen Tätigkeiten der Krankenschwester und des Krankenpflegers für allgemeine Pflege automatisch anzuerkennen. Die Mitgliedstaaten sind daher verpflichtet, diesen Qualifikationsnachweisen in ihrem Hoheitsgebiet die gleiche Wirkung in Bezug auf die Aufnahme und Ausübung der betreffenden Tätigkeiten wie den von ihnen ausgestellten Ausbildungsnachweisen zu verleihen. Diese Anerkennung ist automatisch und unbedingt in dem Sinn, dass die Mitgliedstaaten die Gleichwertigkeit bestimmter Diplome anzuerkennen haben, ohne dass sie von den Betroffenen die Einhaltung anderer Bedingungen verlangen dürfen als die, die in den einschlägigen Richtlinien festgelegt sind. Die Grundlage der automatischen Anerkennung ist das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten, dass die in den anderen Mitgliedstaaten erlangten Ausbildungsnachweise ausreichend sind (vgl. etwa EuGH 6.12.2018, Ministero della Salute, C-675/17, Rz. 28 ff., unter Hinweis auf EuGH 19.6.2003, Tennah-Durez, C-110/01, Rz. 30; siehe ferner EFTA-GH 15.12.2011, Norwegian Appeal Board for Health Personnel, E 1/11, Rz 62 ff.).
73 Dass jene Personen, deren Qualifikationsnachweis der automatischen Anerkennung im Sinn von Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG unterliegt, inhaltliche Ausbildungsdefizite aufweisen könnten, die durch Ausbildungsmaßnahmen vor der formellen („automatischen“) Anerkennung ihres Qualifikationsnachweises ausgeglichen werden müssten, ist nach dem Gesagten rechtlich ausgeschlossen. Folglich gibt es keinen Grund anzunehmen, dass der Gesetzgeber, hätte er die Personengruppe, deren Qualifikationsnachweis bloß noch einer „automatischen“, d.h. von keinen weiteren Bedingungen abhängigen Anerkennung bedurfte, vor Augen gehabt, nicht auch diese Personen nach der Zielsetzung des § 27 Abs. 3 Z 2 GuKG in dessen Anwendungsbereich einbezogen hätte.
74 Aus diesem Grund erweist sich die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, aus dem für die Zweitrevisionswerberin in Deutschland ausgestellten Qualifikationsnachweis sei für die Revisionswerber rechtlich nichts zu gewinnen, als unzutreffend.
75 Feststellungen bzw. Ausführungen dazu, dass die Zweitrevisionswerberin eine der in den Ziffern 1, 2 und 4 des § 27 Abs. 1 GuKG aufgezählten Anforderungen (Handlungsfähigkeit, gesundheitliche Eignung, Vertrauenswürdigkeit sowie Kenntnisse der deutschen Sprache) nicht erbracht hätte, enthält das angefochtene Erkenntnis nicht. Dafür bestehen aufgrund der Aktenlage auch keinerlei Anhaltspunkte. Im Übrigen erfolgte am 22. Juni 2021 die Eintragung der Zweitrevisionswerberin in das Gesundheitsberuferegister, was gemäß § 15 Gesundheitsberuferegister-Gesetz voraussetzte, dass sie die Erfordernisse gemäß § 27 Abs. 1 GuKG erfüllte.
76 § 27 Abs. 3 Z 2 GuKG, der in seinem zeitlichen Anwendungsbereich von den Voraussetzungen gemäß § 27 Abs. 1 Z 5 GuKG (Eintragung in das Gesundheitsberuferegister) und aus den oben dargestellten Gründen in bestimmten Fällen von den Erfordernissen gemäß § 27 Abs. 1 Z 3 GuKG (Qualifikationsnachweis gemäß §§ 28 bis 31 leg. cit.) befreite, ist in Anbetracht der dargelegten, zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben sowie aus teleologisch-systematischen Erwägungen dahin zu verstehen, dass es der Zweitrevisionswerberin aufgrund dieser Norm am 17. Mai 2021 gestattet war, ihrer beruflichen Tätigkeit als Angehörige des Gesundheits- und Krankenpflegedienstes im Bundesgebiet nachzugehen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt die formelle („automatische“) Anerkennung ihres Qualifikationsnachweises noch nicht erfolgt war.
77 Infolgedessen ist davon auszugehen, dass jedenfalls durch § 28d Abs. 1 Z 1 EpiG die durch die Zweitrevisionswerberin erfolgte Durchführung von Antigen-Schnelltests (vgl. die in § 28d Abs. 1 EpiG explizit genannten Point-of-Care-Covid-19-Antigen-Tests), welche fallbezogen nicht einmal eine Abstrichnahme beinhaltete, im Zuge von Screenings zur Bekämpfung der Ausbreitung des Erregers Covid-19, zu denen auch betriebliche Testungen zählen (siehe dazu den Bericht des Gesundheitsausschusses 671 BlgNR 27. GP, 3 f.; arg: „allgemeine Testungen, insbesondere an symptomlosen Personen“; „Testungen in einem Betrieb“), auch ohne ärztliche Anordnung rechtlich gedeckt war.
78 Somit wurden weder die der Zweitrevisionswerberin angelastete Verwaltungsübertretung gemäß § 105 Abs. 1 Z 1 GuKG noch die dem Erstrevisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen, erstens gemäß § 105 Abs. 1 Z 2 GuKG sowie zweitens gemäß § 2 Abs. 2 (und Abs. 3) iVm. § 199 Abs. 1 ÄrzteG 1998, objektiv verwirklicht.
79 Darauf, ob die Testungen von einer „befugten Stelle“ im Sinn von § 18 der 4. COVID-19-SchuMaV durchgeführt wurden, kommt es gegenständlich angesichts der den Revisionswerbern vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht an. Ebenso wenig ist fallbezogen auf das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz - BTG), BGBl. I Nr. 53/2021, erlassen wurde, einzugehen.
80 Was die etwaige Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses oder die Erstattung eines ärztlichen Gutachtens im Sinn von § 2 Abs. 3 ÄrzteG 1998 anbelangt (vgl. § 2 Abs. 3 ÄrzteG 1998, der gemäß dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses hinsichtlich der zweiten dem Erstrevisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretung als verletzte Rechtsvorschrift zu zitieren sei), genügt es festzuhalten, dass die Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses oder die Erstattung eines ärztlichen Gutachtens in der im Spruch vorzunehmenden Umschreibung der Tathandlungen weder in dem an den Erstrevisionswerber gerichteten Straferkenntnis der belangten Behörde (Spruchpunkt 2.) noch auf Basis der mit dem angefochtenen Erkenntnis erfolgten Modifikation des Spruchs des Straferkenntnisses konkret angelastet wurden (§ 44a Z 1 VStG; vgl. in diesem Zusammenhang etwa VwGH 8.2.2024, Ra 2023/02/0097).
81 Aus den genannten Erwägungen erweist sich das angefochtene Erkenntnis als inhaltlich rechtswidrig. Es war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
82 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
83 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf dessen § 53 Abs. 1, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen (§ 53 Abs. 1 leg. cit.).
Wien, am 13. Juni 2024
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023110117.L00