Verwaltungsgerichtshof
13.12.2023
Ra 2023/10/0431
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 4. September 2023, Zl. KLVwG-154/11/2023, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen - der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin - vom 16. Jänner 2023 wurde der G. GmbH die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung von zwei Steganlagen (samt Bootsliegeplätzen, Streifpiloten und Schilfschutzzäunen) auf näher genannten Grundstücken in der KG O. erteilt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 4. September 2023 wurde - nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung - der dagegen vom Kärntner Naturschutzbeirat erhobenen Beschwerde stattgegeben und der Antrag der G. GmbH auf naturschutzrechtliche Bewilligung der in Rede stehenden Steganlagen abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 28.10.2022, Ra 2022/10/0135; 24.2.2022, Ra 2021/10/0194; 4.5.2021, Ra 2020/10/0081).
7 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Amtsrevision wird ein Abweichen des Verwaltungsgerichtes von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wahrung des Parteiengehörs geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht habe das Recht auf Parteiengehör verletzt, weil es näher genannte Unterlagen zur Vertretungsbefugnis des Geschäftsstellenleiters des Kärntner Naturschutzbeirates und zur Beschlussfassung des Kärntner Naturschutzbeirates über die Beschwerdeerhebung der Amtsrevisionswerberin nicht übermittelt habe. Wäre das Verwaltungsgericht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt, hätte es „zu einer anderen Entscheidung kommen können und die Beschwerde eventuell zurückzuweisen gehabt“.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mangelfreien Verfahrens zu einer anderen Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 25.1.2021, Ra 2020/10/0177; 5.1.2021, Ra 2020/10/0028; 30.3.2020, Ra 2019/10/0180-0182, 0187). Es reicht nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 7.9.2021, Ra 2020/10/0112; 27.4.2021, Ra 2021/10/0002-0003; 25.1.2021, Ra 2020/10/0157). Eine derartige konkrete Relevanzdarstellung ist der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision im Hinblick darauf, welches Vorbringen bei Vermeidung des Verfahrensfehlers erstattet worden wäre, aber nicht zu entnehmen.
9 In der Zulässigkeitsbegründung wird auch geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG abgewichen.
10 Mit diesen Ausführungen wird aber weder dargelegt, in welcher Hinsicht das Verwaltungsgericht nach Ansicht der Amtsrevisionswerberin seiner Begründungspflicht nicht nachgekommen sei, noch weshalb dem behaupteten Verfahrensfehler im Revisionsfall Relevanz zukomme. Wie bereits ausgeführt, überprüft der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2022, Ra 2022/10/0122; 29.9.2022, Ra 2022/10/0095; 31.7.2020, Ra 2020/10/0073).
11 In den Zulässigkeitsausführungen wird schließlich auf einen im Beschwerdeverfahren ergangenen Ladungsbeschluss des Verwaltungsgerichtes vom 20. März 2023 zur mündlichen Verhandlung am 14. April 2023 (an der nach den vorgelegten Verfahrensakten auch ein Vertreter der Amtsrevisionswerberin teilgenommen hat) - im Hinblick auf eine „Fristsetzung zur Bekanntgabe von Tatsachen und Beweismittel binnen 10 Tagen“ - Bezug genommen und mit näheren Ausführungen der Standpunkt eingenommen, dieser Ladungsbeschluss sei „unrichtig bzw. rechtswidrig“. Diesbezüglich sei - soweit ersichtlich - höchstgerichtliche Judikatur nicht vorhanden.
12 Mit diesen Ausführungen wird aber schon nicht dargelegt, warum das rechtliche Schicksal der Revision - die nicht diesen Ladungsbeschluss, sondern das Erkenntnis vom 4. September 2023 in Revision zieht - von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängen sollte. Zudem wird - fasst man diese Ausführungen als Geltendmachung eines Verfahrensfehlers auf - auch hier die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang nicht dargetan.
13 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2023
ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023100431.L00