Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

13.06.2024

Geschäftszahl

Ro 2023/10/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der Bildungsdirektion für Tirol gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. Februar 2023, Zl. W227 2261731-1/4E, betreffend eine schulrechtliche Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: mj. M G in H, vertreten durch Mag. S G in H),

römisch eins. zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Spruchpunkts 1. des behördlichen Bescheids richtet, als unbegründet abgewiesen.

römisch II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen - somit soweit sie sich gegen die Aufhebung des Spruchpunkts 2. des behördlichen Bescheids richtet - wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1             Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde - der nunmehrigen Amtsrevisionswerberin - vom 28. September 2022 wurde der Widerspruch der mj. Mitbeteiligten gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz der Übergangsstufe eines näher genannten Oberstufenrealgymnasiums in V. vom 13. September 2022, mit der ausgesprochen worden war, dass die Mitbeteiligte „gemäß § 25 Schulunterrichtsgesetz ... die letzte Schulstufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen“ habe, gemäß § 25 Abs. 1 iVm § 71 Abs. 2 lit. c und Abs. 9 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) sowie § 35 Abs. 2 und § 40 Abs. 5 Schulorganisationsgesetz (SchOG) als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt 1.) und ausgesprochen, dass die Mitbeteiligte die Übergangsstufe nicht erfolgreich abgeschlossen habe (Spruchpunkt 2.).

2             Begründend führte die Amtsrevisionswerberin aus, die Entscheidung der Klassenkonferenz sei fehlerhaft. Nach den §§ 35 Abs. 2 und 40 Abs. 5 SchOG könne an einem Oberstufenrealgymnasium eine einjährige Übergangsstufe eingerichtet werden; bei erfolgreichem Abschluss dieser Übergangsstufe entfalle die Ablegung einer Aufnahmsprüfung in die 5. Klasse des Oberstufenrealgymnasiums. Daraus ergebe sich, dass eine eingerichtete Übergangsstufe an einem Oberstufenrealgymnasium nicht die letzte Stufe einer Schulart sei. Die Schularten, deren Aufbau und Formen bzw. Sonderformen würden sich abschließend aus der taxativen Aufzählung im SchOG ergeben. Für die allgemeinbildenden höheren Schulen seien dies die Bestimmungen der §§ 34 bis 45 SchOG. Eine eigene Schulart „Übergangsstufe“ existiere im SchOG nicht, weil diese „Übergangsstufe“ nur an einem Oberstufenrealgymnasium eingerichtet werden könne. Insofern habe die Klassenkonferenz eine fehlerhafte Entscheidung getroffen, die allerdings schon dadurch „behoben“ worden sei, dass durch die Einbringung des Widerspruchs gemäß § 71 Abs. 2a SchUG die Entscheidung außer Kraft getreten sei. Ein Widerspruch gegen den nicht erfolgreichen Abschluss der letzten Stufe der besuchten Schulart komme daher nicht in Frage. Es liege auch kein Fall einer „Nicht-Aufstiegsberechtigung“ vor, da ein Schüler von der Übergangsstufe nicht in die 5. Klasse eines Oberstufenrealgymnasiums „aufsteige“, sondern „aufgenommen“ werde. Daher komme im vorliegenden Fall ein Widerspruch gegen die nicht erteilte Aufstiegsberechtigung gemäß § 71 Abs. 2 lit. c SchUG ebenfalls nicht in Frage. Da die Entscheidung über einen nicht erfolgreichen Abschluss einer Übergangsstufe nicht im Katalog des § 71 SchUG genannt sei, greife § 71 Abs. 9 SchUG, wonach gegen andere als in Abs. 1 und 2 des § 71 SchUG genannte Entscheidungen von schulischen Organen ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig sei. Wegen „fehlender Statthaftigkeit des Widerspruchs“ sei dieser demnach zurückzuweisen gewesen.

3             Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. Februar 2023 wurde einer dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde stattgegeben und der Bescheid vom 28. September 2022 aufgehoben. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

4             Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die mj. Mitbeteiligte im Schuljahr 2021/2022 die an einem näher genannten Oberstufenrealgymnasium eingerichtete Übergangsstufe besuchte habe. Sie sei zur Wiederholungsprüfung im Pflichtgegenstand „Biologie und Umweltkunde“ angetreten, die Prüfung sei mit „Nicht Genügend“ beurteilt worden. Am 13. September 2022 habe die Klassenkonferenz entschieden, dass die Mitbeteiligte die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen habe. Dagegen sei ein Widerspruch erhoben worden.

5             In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, wenn die Behörde einen Antrag zurückgewiesen habe, sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Sache des Beschwerdeverfahrens (nur) die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Verfahrensgegenstand sei daher ausschließlich die Frage, ob die Behörde den Widerspruch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen habe oder nicht. Die Übergangsstufe diene jenen Schülern, die die Voraussetzungen zum Eintritt in die 5. Klasse (9. Schulstufe) nicht erfüllten, den Leistungsstand vor Eintritt in die 5. Klasse festigen wollten oder für die sich im Laufe des Besuches der 5. Klasse ergebe, dass der Besuch einer Übergangsstufe zweckmäßig wäre (Verweis auf Hofstätter/Spreitzhofer/Taschner, Die österreichischen Schulgesetze, § 35 SchOG, Anm. 3). Die Bestimmung des § 40 Abs. 5 SchOG beziehe sich nur auf das Oberstufenrealgymnasium und entfalte keine Wirkung auf den Übertritt in eine andere Form der allgemeinbildenden höheren Schule oder eine Aufnahme in eine mittlere oder andere höhere Schule (Verweis auf Hofstätter/Spreitzhofer/Taschner, Die österreichischen Schulgesetze, § 40 SchOG Anm. 14). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien nur Angelegenheiten mittels Widerspruchs bekämpfbar, die in § 71 Abs. 1 und 2 SchUG taxativ aufgezählt seien. Nur in den Fällen eines zulässig erhobenen Widerspruchs habe die zuständige Schulbehörde ein Verwaltungsverfahren durchzuführen und eine Entscheidung mit Bescheid zu treffen (Verweis auf VwGH 21.12.2016, Ra 2016/10/0106).

6             Aus § 35 SchOG - so das Verwaltungsgericht weiter - ergebe sich, dass die Übergangsstufe „nicht Teil der Oberstufe ist, sondern eine eigene Schulart“ darstelle. Falls die Übergangsstufe nicht erfolgreich abgeschlossen worden sei, sei gemäß § 40 Abs. 5 SchOG eine Aufnahmsprüfung abzulegen. Da die Übergangsstufe „nur einjährig eingerichtet werden“ könne, bestehe sie nur „aus einer Schulstufe, die zugleich die letzte Schulstufe“ darstelle. Daher komme § 71 Abs. 2 lit. c SchUG zur Anwendung, sodass - entgegen der Ansicht der Amtsrevisionswerberin - gegen das Nichtbestehen einer Übergangsstufe eine Widerspruchsmöglichkeit bestehe. Der Widerspruch der Mitbeteiligten sei daher zulässig gewesen und wäre inhaltlich zu behandeln gewesen.

7             Den Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG begründete das Verwaltungsgericht damit, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob „gegen das Nicht-Bestehen einer Übergangsstufe eine Widerspruchsmöglichkeit“ bestehe, fehle. Das Gesetz kenne „nur Schulart, Form und Fachrichtung“, wobei nicht eindeutig geregelt sei, welche Kriterien zur Unterscheidung heranzuziehen seien.

8             Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde.

9             Das Verwaltungsgericht legte die Verfahrensakten vor.

10           Die Mitbeteiligte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11           Das Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962 idF BGBl. I Nr. 165/2022 (SchOG), lautet auszugsweise:

I. HAUPTSTÜCK.

Allgemeine Bestimmungen über die Schulorganisation.

...

Paragraph 2, Aufgabe der österreichischen Schule.

...

(2) Die besonderen Aufgaben der einzelnen Schularten ergeben sich aus den Bestimmungen des römisch II. Hauptstückes.

...

römisch II. HAUPTSTÜCK.

Besondere Bestimmungen über die Schulorganisation.

TEIL A.

Allgemeinbildende Schulen.

Abschnitt römisch eins.

Allgemeinbildende Pflichtschulen.

...

Abschnitt römisch II.

Allgemeinbildende höhere Schulen.

Paragraph 34, Aufgabe der allgemeinbildenden höheren Schulen.

(1) Die allgemeinbildenden höheren Schulen haben die Aufgabe, den Schülern eine umfassende und vertiefte Allgemeinbildung zu vermitteln und sie zugleich zur Universitätsreife zu führen.

...

Paragraph 35, Aufbau der allgemeinbildenden höheren Schulen

(1) Die allgemeinbildenden höheren Schulen mit Unter- und Oberstufe schließen an die 4. Stufe der Volksschule an und umfassen acht Schulstufen (5. bis 12. Schulstufe); die Unterstufe und die Oberstufe umfassen je vier Schulstufen.

(2) Das Oberstufenrealgymnasium schließt an die 8. Schulstufe an und umfaßt eine vierjährige Oberstufe (9. bis 12. Schulstufe). Eine einjährige Übergangsstufe kann eingerichtet werden.

(3) Jeder Schulstufe hat eine Klasse zu entsprechen. An Sonderformen für Berufstätige mit modularer Unterrichtsorganisation sind die lehrplanmäßig vorgesehenen Unterrichtsgegenstände der einzelnen Semester als Module zu führen.

(4) Die Bestimmungen der Absatz eins und 2 gelten nicht für die im Paragraph 37, Absatz eins, Ziffer eins, und 2 vorgesehenen Sonderformen.

...

Formen der allgemein bildenden höheren Schulen

Paragraph 36, Folgende Formen der allgemein bildenden höheren Schulen - abgesehen von den Sonderformen (Paragraph 37,) - kommen in Betracht:

1.     mit Unter- und Oberstufe:

a)     das Gymnasium - mit besonderer Berücksichtigung von sprachlichen, humanistischen und geisteswissenschaftlichen Bildungsinhalten,

b)     das Realgymnasium - mit besonderer Berücksichtigung von naturwissenschaftlichen und mathematischen Bildungsinhalten,

c)     das Wirtschaftskundliche Realgymnasium - mit besonderer Berücksichtigung von ökonomischen und lebenskundlichen (einschließlich praxisbezogenen) Bildungsinhalten;

2.     nur mit Oberstufe: das Oberstufenrealgymnasium.

Paragraph 37, Sonderformen der allgemeinbildenden höheren Schulen

(1) Sonderformen der allgemeinbildenden höheren Schulen sind:

1.     das Aufbaugymnasium und das Aufbaurealgymnasium,

2.     das Gymnasium für Berufstätige, das Realgymnasium für Berufstätige und das Wirtschaftskundliche Realgymnasium für Berufstätige,

3.     allgemeinbildende höhere Schulen unter besonderer Berücksichtigung der musischen, der sportlichen oder der englischsprachigen Ausbildung, wobei die musische oder sportliche Ausbildung auch englischsprachig geführt werden kann,

4.     das Werkschulheim.

...

Aufnahmsvoraussetzungen

Paragraph 40, ...

(3) Eine Schülerin oder ein Schüler, die oder der

1.     die 4. Klasse der Mittelschule erfolgreich abgeschlossen hat und in allen leistungsdifferenzierten Pflichtgegenständen gemäß dem höheren Leistungsniveau oder gemäß dem niedrigeren Leistungsniveau nicht schlechter als mit „Gut“ beurteilt wird oder

2.     die Polytechnische Schule auf der 9. Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat und in allen leistungsdifferenzierten Pflichtgegenständen gemäß dem höheren Leistungsniveau oder gemäß dem niedrigeren Leistungsniveau nicht schlechter als mit „Gut“ und in den übrigen Pflichtgegenständen nicht schlechter als mit „Befriedigend“ beurteilt wird,

ist berechtigt, in die 5. Klasse einer allgemeinbildenden höheren Schule überzutreten. Aufnahmsbewerberinnen und Aufnahmsbewerber, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, haben aus jenen Pflichtgegenständen, in denen die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, eine Aufnahmsprüfung abzulegen. Eine Aufnahmsprüfung ist jedenfalls in der Fremdsprache abzulegen, die die Schülerin oder der Schüler bisher nicht besucht hat, wenn diese in der angestrebten Klasse der allgemeinbildenden höheren Schule weiterführend unterrichtet wird.

...

(5) Die Aufnahme in die Übergangsstufe eines Oberstufenrealgymnasiums setzt die erfolgreiche Erfüllung der ersten acht Jahre der allgemeinen Schulpflicht voraus. Bei erfolgreichem Abschluß der Übergangsstufe entfällt die Ablegung einer Aufnahmsprüfung in die 5. Klasse des Oberstufenrealgymnasiums.“

12           Das Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986 idF BGBl. I Nr. 227/2022 (SchUG), lautet auszugsweise:

Aufsteigen

Paragraph 25, (1) Ein Schüler ist zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit „Befriedigend“ beurteilt wurde.

...

„Provisorialverfahren (Widerspruch)

Paragraph 71, (1) ...

(2) Gegen die Entscheidung,

a)     ...

c)     dass der Schüler zum Aufsteigen nicht berechtigt ist oder die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat (Entscheidung gemäß § 20 Abs. 6, 8 und 10, Entscheidung nach Ablegung von einer oder zwei Wiederholungsprüfungen, jeweils in Verbindung mit § 25),

...

ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. ...

(2a) Mit Einbringen des Widerspruches tritt die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten des Paragraph 70, Absatz eins und des Paragraph 71, Absatz 2, außer Kraft. In diesen Fällen hat die zuständige Schulbehörde das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen.

...

(9) Gegen andere als in Absatz eins und 2 genannte Entscheidungen von schulischen Organen ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig.“

13           Zu I.:

14           In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden ordentlichen Revision wird unter anderem vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, „ob es sich bei der Übergangsstufe um eine eigene Schulform bzw. Schulart handelt oder ob ein eigenständiges Konstrukt durch den Gesetzgeber geschaffen wurde“.

15           Die Revision erweist sich mit Blick auf dieses Vorbringen - hinsichtlich der Aufhebung des Spruchpunkts 1. des behördlichen Bescheids - als zulässig, allerdings im Ergebnis als nicht begründet.

16           Das Verwaltungsgericht nimmt den Standpunkt ein, gegen das „Nicht-Bestehen“ der Übergangsstufe gemäß § 35 Abs. 2 SchOG sei gemäß § 71 Abs. 2 lit. c zweiter Fall SchUG („dass der Schüler ... die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen hat“) ein Widerspruch zulässig. Begründet wird diese Ansicht (lediglich) damit, dass sich aus § 35 SchOG ergebe, dass die Übergangsstufe nicht Teil der Oberstufe sei, sondern „eine eigene Schulart“ darstelle.

17           Letzterem ist nicht zu folgen:

18           Schon nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 SchOG kann nicht zweifelhaft sein, dass der Gesetzgeber mit der Möglichkeit, an Oberstufenrealgymnasien eine „einjährige Übergangsstufe“ einzurichten, eine (fakultative) einjährige Stufe an Oberstufenrealgymnasien vor der vierjährigen Oberstufe - nicht aber eine eigene Schulart - vorgesehen hat.

19           Dies ergibt sich auch aus dem systematischen Zusammenhang: Die Bestimmung des § 2 Abs. 2 SchOG verweist hinsichtlich der besonderen Aufgaben der einzelnen Schularten auf die Bestimmungen des II. Hauptstückes des SchOG. Dieses zweite Hauptstück gliedert sich in zwei Teile (Teil A. Allgemeinbildendende Schulen; Teil B. Berufsbildende Schulen), Teil A gliedert sich wiederum in zwei Abschnitte (Abschnitt I. Allgemeinbildende Pflichtschulen; Abschnitt II. Allgemeinbildende höhere Schulen). Hinsichtlich der zuletzt genannten allgemeinbildenden höheren Schulen werden in § 34 SchOG deren Aufgaben formuliert und in § 36 leg. cit. deren Formen (sowie § 37 Abs. 1 SchOG deren Sonderformen) aufgezählt. Nach § 36 Z 2 SchOG bildet demnach das Oberstufenrealgymnasium eine Form der allgemeinbildenden höheren Schule. Die in § 35 Abs. 2 SchOG genannte „einjährige Übergangsstufe“ wird vom Gesetzgeber aber weder als (eigene) Form (oder Sonderform) der allgemeinbildenden höheren Schule bezeichnet noch werden hinsichtlich dieser Übergangsstufe besondere Aufgaben im Sinne des § 2 Abs. 2 SchOG (wie etwa für weitere in Teil A genannte Schularten, vgl. § 9 für die Volksschulen; § 21a für die Mittelschulen; § 22 für die Sonderschulen; § 28 für die Polytechnischen Schulen) formuliert. Es ergibt sich somit auch von daher, dass die in § 35 Abs. 2 SchOG genannte Übergangsstufe keine Schulart darstellt.

20           Nach dem Gesagten hat die Mitbeteiligte im Schuljahr 2021/2022 somit die Übergangsstufe der Schulart „allgemeinbildende höhere Schule“ in der Form „Oberstufenrealgymnasium“ besucht. Diese Übergangsstufe stellt nach § 35 Abs. 2 SchOG nicht die letzte Stufe der besuchten Schulart dar. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes lag somit von vornherein kein Fall vor, in dem von der Klassenkonferenz im Sinne des § 71 Abs. 2 lit. c SchUG eine Entscheidung darüber, dass die „letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen“ worden sei, zu treffen gewesen wäre.

21           Allerdings hat die Klassenkonferenz - rechtsirrtümlich - gerade eine solche Entscheidung getroffen, gegen die ein Widerspruch erhoben wurde. Die Behörde hätte diesen Widerspruch daher nicht zurückweisen dürfen, da dieser gegen eine (wenngleich unzutreffende) Entscheidung, dass die „letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen“ worden sei, erhoben wurde. Gemäß § 71 Abs. 2a SchUG ist die (provisoriale) Entscheidung der Klassenkonferenz in einer Angelegenheit des § 71 Abs. 2 SchUG mit der Einbringung des Widerspruches aber außer Kraft getreten. Darauf hat die Amtsrevisionswerberin im Bescheid selbst hingewiesen. Das im Grunde des § 71 Abs. 2a zweiter Satz SchUG von der Schulbehörde zu führende Verfahren wäre daher insoweit - da eine Entscheidung darüber, dass die „letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen“ worden sei, nicht in Betracht kam - einzustellen gewesen, weil diese Entscheidung gemäß § 71 Abs. 2a erster Satz SchUG bereits außer Kraft getreten war.

22           Die Aufhebung des Spruchpunkts 1. des behördlichen Bescheids durch das Verwaltungsgericht erweist sich demnach - wenn auch nur im Ergebnis - nicht als rechtswidrig.

23           Die Revision war daher, soweit sie sich gegen die Aufhebung des Spruchpunkts 1. des behördlichen Bescheids richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

24           Zu II.:

25           Die Amtsrevisionswerberin hat mit ihrem Bescheid vom 28. September 2022 - wie im angefochtenen Erkenntnis bei der Darstellung des Verfahrensganges auch ausgeführt wurde - nicht nur den Widerspruch gegen die Entscheidung der Klassenkonferenz vom 13. September 2022 als unzulässig zurückgewiesen, sondern - in Spruchpunkt 2. - auch ausgesprochen, dass die Mitbeteiligte die in Rede stehende Übergangsstufe nicht erfolgreich abgeschlossen habe.

26           Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Bescheid vom 28. September 2022 ohne Einschränkung - somit zur Gänze - aufgehoben. Die Ansicht des Verwaltungsgerichtes, Verfahrensgegenstand des Beschwerdeverfahrens sei ausschließlich die Frage, ob die Behörde den Widerspruch zu Recht als unzulässig zurückgewiesen habe oder nicht, trifft demnach mit Blick auf Spruchpunkt 2. des behördlichen Bescheides nicht zu. Eine nähere Begründung für die Behebung auch dieses Spruchpunktes ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen.

27           Allerdings hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. VwGH 24.3.2022, Ro 2021/10/0019; 21.3.2022, Ro 2021/10/0015; 3.1.2022, Ro 2020/10/0032).

28           Weder in der Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision noch in den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden ordentlichen Revision werden aber Rechtsfragen in Bezug auf die Behebung des Spruchpunktes 2. des behördlichen Bescheides dargelegt. Die Revision nimmt auch in den Revisionsgründen auf diese Behebung keinen Bezug.

29           Die Revision war daher im Übrigen - somit soweit sie sich gegen die Aufhebung des Spruchpunkts 2. des behördlichen Bescheids richtet - zurückzuweisen.

Wien, am 13. Juni 2024

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2024:RO2023100014.J00