Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

08.02.2024

Geschäftszahl

Ra 2023/07/0055

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2023/07/0056

Ra 2023/07/0057

Ra 2023/07/0058

Ra 2023/07/0059

Ra 2023/07/0060

Ra 2023/07/0061

Ra 2023/07/0062

Ra 2023/07/0063

Ra 2023/07/0064

Ra 2023/07/0065

Ra 2023/07/0066

Ra 2023/07/0067

Ra 2023/07/0068

Ra 2023/07/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Bamer, über die Revision des 1. L E, des 2. J W, des 3. R W, des 4. H E, der 5. K E, des 6. M E, des 7. R K, der 8. Wassergenossenschaft F, des 9. Dr. J R, des 10. L E, des 11. A T, der 12. C T, des 13. R W, der 14. A O und des 15. O O, alle in F und alle vertreten durch die hba Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Karmeliterplatz 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 3. Februar 2023, Zl. 405-1/684/1/58-2022, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung; mitbeteiligte Partei: S GmbH in S, vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Erkenntnis wird dahingehend abgeändert, dass der Bescheid der belangten Behörde ersatzlos behoben wird.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,00 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1             Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. April 2019 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Versickerung der im Bereich des Abbaugebiets des geplanten Festgesteinabbaus am L. in der Gemeinde F. (auf Teilen der Grundstücke Nrn. 46/1, KG L., und 196, KG F.) sowie im Bereich der zu diesem Vorhaben geplanten Bergbau- und Nebenanlagen anfallenden, mitunter verunreinigten Oberflächenwässer nach vorhergehender Reinigung und Retention sowie zur Errichtung und Benützung der hierzu dienenden Anlagen unter näher bestimmten Auflagen erteilt.

2             Mit Erkenntnis vom 30. Juli 2020 wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) mit Spruchpunkt I. die gegen den Bescheid erhobene Beschwerde, sofern sie nicht unter Spruchpunkt II. mangels Parteistellung oder infolge Präklusion und damit mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückgewiesen wurde, als unbegründet ab.

3             Spruchpunkt I. dieser Entscheidung wurde in weiterer Folge mit Spruchpunkt II. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 2021, Ra 2020/07/0081 bis 0100-12, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, weil ein unlösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung der angefochtenen Entscheidung vorgelegen war. Die mit abweisendem Spruch des Verwaltungsgerichtes bestätigten Auflagen, die die im Bewilligungsverfahren zu klärende Frage nach der Verletzung bestehender Rechte in den Zeitraum nach Erteilung der Bewilligung verlegten, standen im Widerspruch mit der Begründung, dass die von den revisionswerbenden Parteien geltend gemachten Rechte nicht beeinträchtigt würden.

4             Im zweiten Rechtsgang erließ das Verwaltungsgericht mit Verfahrensanordnung vom 8. Februar 2022 gegenüber der mitbeteiligten Partei einen Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG iVm § 103 WRG 1959 und legte darin als spätesten Termin für die Vorlage der ergänzenden Unterlagen den 30. Juni 2022 fest.

5             Am 30. Juni 2022 stellte die mitbeteiligte Partei einen Antrag auf Fristverlängerung. Am 1. Juli 2022 teilte die erkennende Richterin dem Vertreter der mitbeteiligten Partei telefonisch mit, dass die vorgebrachten Fristerstreckungsgründe nicht geeignet erschienen, einer Fristverlängerung zuzustimmen.

6             Eine Urkundenvorlage durch die mitbeteiligte Partei erfolgte erst am 7. Juli 2022. In diesen Unterlagen wurde ua. ein hydrogeologisches Gutachten vom 4. Juli 2022 vorgelegt.

7             Diese vorlegten Unterlagen erwiesen sich aber als ebenso nicht vollständig. Es erging ein neuerlicher Auftrag nach § 13 Abs. 3 AVG mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes vom 25. August 2022, in dem eine Verbesserungsfrist bis spätestens 20. September 2022 festgelegt wurde.

8             Diesem Auftrag kam die mitbeteiligte Partei mit Urkundenvorlage vom 20. September 2022 nach und es wurden ua. ein überarbeitetes hydrogeologisches Gutachten vom 19. September 2022 sowie eine Projektergänzung zur wasserrechtlichen Bewilligung vom 17. September 2022 mit Maßnahmen zur Oberflächenentwässerung betreffend das Verladeareal und den B.-Graben vorgelegt.

9             Mit Schreiben jeweils vom 13. Oktober und 19. Oktober 2022 bestätigte der wasserbautechnische Amtssachverständige, dass der Verbesserungsauftrag aus seiner Sicht „zumindest indirekt“ ausreichend erfüllt worden sei, und auch der hydrogeologische Amtssachverständige, dass die Unterlagen nun vollständig seien.

10           Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien mit den nachstehenden Maßgaben ab: Zum einen seien die Projektunterlagen, die laut Spruch des Bescheides Bestandteil desselbigen seien, dahingehend abzuändern, dass die dem Bescheid zugrundegelegten hydrogeologischen Gutachten durch das hydrogeologische Gutachten vom 19. September 2022 samt dessen Anlagen sowie das Projekt zu Maßnahmen zur Oberflächenentwässerung, auf welchem der Bescheid basiere, durch das Projekt „Maßnahmen zur Oberflächenentwässerung“ vom 17. September 2022, ausgenommen die in den Projektunterlagen beinhaltete „Umlegung B.-Graben“, zu ersetzen seien (Spruchpunkt I. 1.). Zum anderen wurden näher bestimmte Auflagen abgeändert (Spruchpunkt I. 2.). In Spruchpunkt I. 3. wurde eine neue Frist zur Fertigstellung festgesetzt und in Spruchpunkt I. 4. die dingliche Gebundenheit des Wasserbenutzungsrechts neu formuliert. Eine ordentliche Revision wurde als nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

11           Soweit für die vorliegende Revision maßgeblich führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Verschiebung des Sickerbeckens, in dem die Versickerung von Oberflächenwässer des Verladeareals erfolgen solle, keine wesentliche Projektänderung darstelle und sohin als zulässige Änderung im Beschwerdeverfahren zu werten gewesen sei. Anderes gelte im Hinblick auf die im Verladeareal geplante Verlegung des B.-Grabens, welche dem Schutz des Verladeareals vor Zutritt von Hangwasser dienen solle. Diese geplante Maßnahme sei erstmals in den mit der Eingabe vom 7. Juli 2022 dem Verwaltungsgericht übermittelten Planunterlagen aufgetaucht und sei nicht Gegenstand des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens der belangten Behörde, weil sich dies weder aus dem Spruch noch aus der Begründung oder den Projektunterlagen ergebe. Ob diese Maßnahme überhaupt der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht unterliege (Hinweis auf § 40 WRG 1959) und wenn ja, bewilligungsfähig sei oder nicht, sei im gegenständlichen Verfahren - auch wenn eine Mitbeurteilung durch den wasserbautechnischen und hydrologischen Amtssachverständigen erfolgt sei - nicht zu beurteilen. Durch die Eingabe vom 7. Juli 2022 ergäbe sich durch das Verwaltungsgericht auch keine diesbezügliche Antragstellung. Die vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen in der Verhandlung am 7. Dezember 2022 vorgeschlagenen Auflagen seien daher auch nicht zu übernehmen gewesen.

12           Die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es im Beschwerdeverfahren vor allem um die Feststellung des Sachverhalts sowie die Beweiswürdigung aufgrund von fachlichen Beurteilungen gegangen sei. Die Entscheidung weiche weder von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehle es an Rechtsprechung oder sei die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich.

13           Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

14           Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof erstattete die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung, in der die Zulässigkeit der Revision und - im Falle einer vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Zulässigkeit - deren Begründetheit bestritten wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß Paragraph 12, Absatz eins, Ziffer 2, VwGG gebildeten Senat erwogen:

15           Die revisionswerbenden Parteien machen in ihrer Zulässigkeitsbegründung zusammengefasst ua. geltend, aufgrund der im Beschwerdeverfahren erfolgten Projektänderung der Verlegung des B.-Grabens liege im Vergleich zum bisherigen Verfahrensgegenstand ein „aliud“ vor. Dies habe die Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zur Folge und weiche das Verwaltungsgericht mit seiner Entscheidung in der Sache sohin von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Revision erweist sich entgegen dem - den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden (§ 34 Abs. 1a VwGG) - Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG als zulässig. Sie ist jedenfalls aus diesem Grund auch begründet.

16           Nach der gemäß § 17 VwGVG von den Verwaltungsgerichten anzuwendenden Bestimmung des § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden; durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden. Liegt hingegen eine wesentliche Änderung des verfahrenseinleitenden Antrages vor, so ist dies als Zurückziehung des ursprünglichen Antrages und Stellung eines neuen Anbringens zu qualifizieren. Wo die Grenze zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen verläuft, ist letztlich eine Wertungsfrage. Abgesehen von dem im Gesetz ausdrücklich genannten Fall einer dadurch bewirkten Änderung der Zuständigkeiten stellt die Rechtsprechung darauf ab, dass dadurch das Vorhaben in einer für andere Beteiligte nachteiligen Weise oder so geändert wird, dass zusätzliche und neue Gefährdungen entstehen. So gilt etwa für den Bereich des Betriebsanlagenrechts, dass Änderungen des Projektes im Zuge des Genehmigungsverfahrens, die nicht geeignet sind, gegenüber dem ursprünglichen Projekt neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen usw. im Sinn des § 74 Abs. 2 GewO 1994 herbeizuführen, als gemäß § 13 Abs. 8 AVG nicht wesentliche Antragsänderung zulässig sind. Im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung sind somit Projektänderungen auch im Beschwerdeverfahren in dem Umfang zulässig, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheides dargestellt hat, ausgewechselt wird (vgl. VwGH 29.7.2022, Ro 2020/07/0003, mwN).

17           Im Mehrparteienverfahren darf die Änderung keine zusätzlichen subjektiven Rechte mitbeteiligter Parteien berühren und darüber hinaus auch bisher geltend gemachte Rechte nicht anders tangieren (vgl. VwGH 5.10.2023, Ra 2022/04/0012 bis 0013, mwN oder in diesem Sinne auch VwGH 29.3.2007, 2006/07/0108, mwN).

18           Wie auch vom Verwaltungsgericht schon in seiner Begründung konstatiert, war die Umlegung des B.-Grabens nicht Gegenstand des erstinstanzlichen, mit Bescheid vom 23. April 2019 abgeschlossenen Verfahrens, welches lediglich die wasserrechtliche Bewilligung zur Versickerung von Oberflächenwasser in näher bezeichneten Bereichen zum Gegenstand hatte.

19           Die Begründung, die das Verwaltungsgericht in weiterer Folge ins Treffen führte, wonach die Verlegung des B.-Grabens im Beschwerdeverfahren nicht zu beurteilen gewesen sei, weil sich diesbezüglich aus den von der mitbeteiligten Partei eingebrachten Unterlagen keine Antragstellung ergebe, erscheint nicht nachvollziehbar.

20           So bestätigte ein Vertreter der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst, dass die Verlegung des Grabens Teil des Projektes sei und wird die Verlegung des Grabens in einer „Projektergänzung zur wasserrechtlichen Einreichung“ benannten, dem Verwaltungsgericht vorgelegten Unterlage vom 17. September 2022 dargestellt, woraus geschlossen werden muss, dass auch die Verlegungsmaßnahmen Teil der (nunmehr geänderten) Antragstellung sind. Selbiges ist daraus abzuleiten, dass in den fallgegenständlich nach § 103 WRG 1959 notwendigen Antragsunterlagen der hydrogeologischen Gutachten vom 4. Juli 2022 und 19. September 2022 ebenso die Verlegung des Grabens beschrieben wird. Schließlich ergibt sich selbst aufgrund der Formulierung des Spruches des angefochtenen Erkenntnisses, dass die Verlegung des Grabens Teil der Antragsunterlagen der mitbeteiligten Partei war, denn andernfalls wäre die vom Verwaltungsgericht als notwendig erachtete Ausnahme der „in den Projektunterlagen beinhalteten“ Verlegung des Grabens im Spruch nicht erforderlich gewesen.

21           Sohin ist festzuhalten, dass es sich bei der projektierten Verlegung des B.-Grabens jedenfalls um eine im gegenständlichen Beschwerdeverfahren zu beachtende Antragsänderung handelte.

22           Deren Wesentlichkeit ergibt sich aus den nachstehenden Überlegungen:

23           Im Gegensatz zu den Aussagen eines Vertreters der mitbeteiligten Partei in der Verhandlung, der argumentierte, dass von der Projektänderung lediglich ein weiterer Grundstückseigentümer betroffen wäre, wird vom hydrogeologischen Amtssachverständigen angegeben, dass die Projektänderung Einfluss auf das unmittelbare Umfeld des Verladeareals, den B.-Graben und den unterirdischen Fließweg zum südöstlichen Vorfluter (S.-Bach) habe.

24           Gemäß den Ausführungen des hydrogeologischen Amtssachverständigen handle es sich beim B.-Graben um einen Wasserweg, der bei Starkniederschlägen anspringe. Im Bereich des Verladeareals komme es zum Übergang von einem konzentrierten Fließweg zu einem flächigen Ablauf über den Projektbereich. Im Projekt werde dargelegt, dass dieser konzentrierte Fließweg zur Entlastung des Verladeareals weitergeführt und an den bestehenden Straßendurchlass angebunden werden solle.

25           Diese Ausführungen sind deshalb von Bedeutung, weil sowohl im Behördenverfahren - beispielsweise in der Ergänzung der Einwendungen vom 2. Oktober 2017 - als auch im Beschwerdeverfahren - beispielsweise in der Stellungnahme vom 28. Oktober 2019 - Parteien eine Einwirkung auf ihre subjektiven Rechte als Grundstückseigentümer aufgrund eines vermehrten Abflusses von Oberflächenwasser und wegen Hangwasserproblemen (in Form von Überflutungen) vorgebracht haben.

26           Ebendiese Behandlung von Oberflächenwasser im Verladeareal (in der Form von sich ansammelndem Niederschlagswasser, das im B.-Graben als Gerinne abrinnt) hat die Verlegung des B.-Graben zum Gegenstand, wie auch die mitbeteiligte Partei in der Revisionsbeantwortung bestätigt, wenn sie ausführt, es handle sich um die „Umleitung von sich sammelnden Oberflächenwässern“.

27           Unter Bezugnahme auf die Ausführungen des hydrogeologischen Amtssachverständigen steht sohin außer Zweifel, dass - neben jenem ohnehin schon von der mitbeteiligten Partei als betroffen erachteten Grundstückseigentümer - jedenfalls die bisher geltend gemachten Rechte der Eigentümer von Grundstücken, die angrenzend an die Liegenschaften des Verladeareals oder unterhalb der Hangseite gelegen sind, auf der das Verladeareal geplant ist, durch die eingereichte Projektänderung in Form der Verlegung des B.-Grabens anders tangiert werden können. Gleiches gilt aufgrund der Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach die Verlegung des Grabens Einfluss auf den S.-Bach habe, für Parteien, die Grundstückseigentümer von Liegenschaften, die an den S.-Bach auf Höhe des Verladeareals oder in Fließrichtung abwärts nach dem Verladeareal angrenzen, sind. Schon deshalb liegt eine wesentliche Antragsänderung vor.

28           Die Wesensänderung durch die Verlegung des Grabens ergibt sich aber auch aus den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.

29           Die „Sache“ des behördlichen Verfahrens wird nämlich, weil sie durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift bestimmt wird, jedenfalls durch Antragsänderungen verlassen, welche die Anwendbarkeit einer anderen Norm zur Folge haben (vgl. VwGH 16.2.2017, Ra 2016/05/0026, mwN).

30           Fallgegenständlich wurde für die mit erstinstanzlichem Bescheid wasserrechtlich bewilligte Versickerung nach den im Spruch angeführten Rechtsgrundlagen § 32 WRG 1959 herangezogen. Im Detail stützte sich die belangte Behörde bei Erteilung der Bewilligung in ihrer Begründung auf den Tatbestand des § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959, der eine Bewilligungspflicht für Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, vorschreibt.

31           Schon das Verwaltungsgericht ging aufgrund des (nicht näher begründeten) Hinweises in seiner Begründung von der Anwendbarkeit des § 40 WRG 1959 auf die Verlegung des Grabens aus.

32           Selbst in der Revisionsbeantwortung der mitbeteiligten Partei wird ausgeführt, dass die „Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse eines Grundstückes darüber hinaus nicht Bewilligungstatbestand“ sei, was nur dahingedeutet werden kann, dass auch die mitbeteiligte Partei anerkennt, dass die Verlegung des Grabens nicht unter den im Bescheid herangezogenen Tatbestand des § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 fallen kann.

33           Dabei kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium unbeantwortet bleiben, welcher Bewilligungstatbestand des WRG 1959 - nahe läge etwa § 41 WRG 1959 - anwendbar ist. Denn es ist jedenfalls von einer anderen zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschrift als dem im behördlichen Verfahren angewendeten § 32 WRG 1959 auszugehen und liegt auch deshalb eine wesentliche Antragsänderung vor.

34           Angesichts des Vorbringens in der Revisionsbeantwortung „zu den Revisionsgründen und den Revisionsanträgen im Einzelnen“, wonach die revisionswerbenden Parteien durch die Verlegung des B.-Grabens nicht in ihren Rechten beeinträchtigt seien, ist abschließend darauf hinzuweisen, dass jeder Partei ein Recht auf Entscheidung durch die zuständige Behörde zusteht (vgl. VwGH 9.10.2014, 2013/05/0015, mwN).

35           Die während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgte wesentliche Antragsänderung hätte das Verwaltungsgericht nach der oben dargestellten Rechtsprechung als Zurückziehung des ursprünglichen Antrages und Stellung eines neuen Anbringens zu qualifizieren und den Bescheid der belangten Behörde, dem das ursprüngliche Projekt zugrunde lag, ersatzlos zu beheben gehabt.

36           Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Ein solcher Fall liegt hier vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

37           Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren das nunmehr vorliegende neue Projekt unter Einbeziehung der Verlegung des B.-Grabens zu beurteilen haben.

38           Eine Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes ist vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG (auch) von Amts wegen aufzugreifen und vorrangig wahrzunehmen, wenn sich die Revision - wie hier - als zulässig erweist (vgl. VwGH 7.4.2022, Ro 2021/13/0009, mwN). So muss auf das übrige Revisionsvorbringen nicht mehr eingegangen werden.

39           Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im begehrten Ausmaß - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. Februar 2024

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2024:RA2023070055.L00