Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

16.01.2025

Geschäftszahl

Ra 2023/04/0269

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak und die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Rieder, über die Revision des F B in F, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 4. Oktober 2023, Zl. LVwG-1-684/2022-R21, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1             Mit Straferkenntnis vom 25. Juli 2022 legte die belangte Behörde dem Revisionswerber als gewerberechtlichen Geschäftsführer der XY Immobilien GmbH zur Last, dass „dieses Unternehmen als Gewerbetreibende, berechtigt zur Ausübung des Gewerbes Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger), eingeschränkt auf Immobilienmakler ausgenommen der Vermittlung von Hypothekarkrediten“ - soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich - jeweils am 4. April 2022 am näher genannten Standort der Gewerbeausübung „die Bestimmungen der §§ 365m1 bis § 365z Abs. 7 Gewerbeordnung 1994 (GewO) idgF betreffend Maßnahmen zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung insofern nicht befolgt“ habe, als einerseits „kein angemessenes Risikomanagementsystem einschließlich risikobasierter Verfahren vorhanden war, um feststellen zu können, ob es sich bei Kunden oder deren wirtschaftlichen Eigentümern um politisch exponierte Personen handelte“ (Spruchpunkt 4.), und andererseits „kein angemessenes Verfahren im Unternehmen implementiert wurde, über welches die Beschäftigten Verstöße intern über einen speziellen, unabhängigen und anonymen Kanal melden können“ (Spruchpunkt 6.). Der Revisionswerber habe dadurch zu Spruchpunkt 4. § 336 Abs. 2 iVm § 365s Abs. 1 GewO 1994 und zu Spruchpunkt 6. § 366b Abs. 2 iVm § 365t Abs. 2 GewO 1994 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde über den Revisionswerber je eine Geldstrafe in der Höhe von € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 3 Stunden) und verpflichtete ihn gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrags von je € 10,--.

2             Der gegen das Straferkenntnis gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers gab das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf die Spruchpunkte 4. und 6. des Straferkenntnisses keine Folge, bestätigte insofern das Straferkenntnis, legte den gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG iVm § 38 VwGVG zu leistenden Beitrag zu den Kosten des „behördlichen Verfahrens“ (Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) mit je € 40,--, insgesamt sohin € 80,--, fest und sprach aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.

3             Das Verwaltungsgericht traf folgende wesentliche Sachverhaltsfeststellungen:

Die XY Immobilien GmbH sei im Tatzeitraum am näher festgestellten Standort zur Ausübung des Gewerbes Immobilientreuhänder (Immobilienmakler, Immobilienverwalter, Bauträger), eingeschränkt auf Immobilienmakler, ausgenommen die Vermittlung von Hypothekarkrediten, berechtigt gewesen. Die XY Immobilien GmbH habe in den Geschäftsjahren 2021 und 2022 geldwäscherelevante Leistungen als Immobilienmakler erbracht. Insbesondere habe sie Kaufgeschäfte hinsichtlich bebauter und unbebauter Grundstücke durchgeführt bzw. abgeschlossen und Bestandverträge über bebaute bzw. unbebaute Grundstücke und Wohnungen vermittelt.

Im Rahmen einer am 4. April 2022 zur Prüfung der Einhaltung der gewerberechtlichen Bestimmungen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durchgeführten stichprobenartigen Vorort-Kontrolle betreffend die Geschäftsjahre 2021 und 2022 habe die belangte Behörde festgestellt, dass bei der XY Immobilien GmbH kein angemessenes Risikomanagementsystem einschließlich risikobasierter Verfahren vorhanden gewesen sei, um feststellen zu können, ob es sich bei Kunden und deren wirtschaftlichen Eigentümern um politisch exponierte Personen handle.

Ebenso habe die XY Immobilien GmbH über kein angemessenes Verfahren verfügt, über das ihre Beschäftigten Verstöße intern über einen speziellen, unabhängigen und anonymen Kanal hätten melden können, und das in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Größe der XY Immobilien GmbH stehe.

4             Rechtlich beurteilte das Verwaltungsgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, dass der Revisionswerber die beiden in den Spruchpunkten 4. und 6. vorgeworfenen, objektiv verwirklichten Verwaltungsübertretungen als gewerberechtlicher Gesellschafter subjektiv zu vertreten habe. Bei den zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen handle es sich um Ungehorsamsdelikte. Das Verschulden des Täters werde daher vermutet. Diese Vermutung habe der Revisionswerber nicht widerlegen können. Der bloße Hinweis des Revisionswerbers, dass mit der Vertragserrichtung ausschließlich befugte Parteienvertreter, Rechtsanwälte und Notare beauftragt würden, welche Überprüfungen zur Terrorfinanzierung und Geldwäsche vornähmen, sei nicht geeignet, mangelndes Verschulden in Bezug auf die Spruchpunkte 4. und 6. darzutun. Die vom Revisionswerber genannten Berufsgruppen träfen aufgrund der für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen eigenständige Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

5             Gegen die Bestätigung der Spruchpunkte 4. und 6. des Straferkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6             Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7             Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8             Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9             Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. etwa VwGH 4.10.2024, Ra 2024/04/0391, Rn. 13, mwN).

10           Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, Immobilienmakler seien berechtigt, die Geldwäschekontrolle an Freiberufler, insbesondere Notare und Rechtsanwälte auszugliedern, wenn sie Kaufverträge vermitteln. Dies mache „die revisionswerbende Partei“ regelmäßig, wodurch die Gefahr von illegalen Geldtransaktionen gebannt sei. Jedenfalls habe „die revisionswerbende Partei ihren diesbezüglichen Sorgfaltsanforderungen entsprochen“. Ein „sogenanntes Outsourcing bzw. das Bedienen von Gehilfen aus dem Stand der Freiberufler, Notare und Rechtsanwälte“ sei zulässig, „um den inkriminierten Gesetzesbestimmungen zu entsprechen und einen Verstoß gegen § 366b Abs. 2 iVm § 365s Abs. 1 GWO 1994 und § 366b Abs. 2 iVm § 365t Abs. 2 GWO 1994 zu verhindern“, weil Notare und Rechtsanwälte inhaltsgleiche oder sogar schärfere Gesetzesbestimmungen anwenden müssten, um Geldwäsche zu verhindern. Dazu liege bisher keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

11           Gemäß § 365m1 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 gelten diese Bestimmungen unter anderem für Immobilienmakler, insbesondere im Hinblick sowohl auf Käufer als auch auf Verkäufer bzw. auf Mieter als auch Vermieter, aber nur in Bezug auf Transaktionen, bei denen sich die monatliche Miete auf € 10.000,-- oder mehr beläuft.

12           § 365s GewO 1994 regelt „verstärkte Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden“. Unter anderem hat der Gewerbetreibende gemäß Abs. 1 Z 1 zusätzlich zu den in § 365p GewO 1994 festgelegten Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden über angemessene Risikomanagementsysteme einschließlich risikobasierter Verfahren zu verfügen, um feststellen zu können, ob es sich bei dem Kunden oder dem wirtschaftlichen Eigentümer des Kunden um eine politisch exponierte Person handelt.

13           Gemäß § 365t Abs. 2 GewO 1994 hat der Gewerbetreibende über angemessene Verfahren zu verfügen, über die seine Beschäftigten Verstöße intern über einen speziellen, unabhängigen und anonymen Kanal melden können und die in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Größe des betreffenden Gewerbetreibenden stehen.

14           Die Erfüllung dieser Sorgfaltspflicht wird fallbezogen mit dem bloß pauschalen Hinweis im Zulässigkeitsvorbringen, dass sich ein Immobilienmakler zur Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten auch Freiberufler, insbesondere Notare und Rechtsanwälte bedienen könne, nicht dargetan. So etwa wird vom Revisionswerber das Bestehen eines tatsächlichen Auslagerungs- oder Vertretungsverhältnisses im Hinblick auf die konkret maßgeblichen Pflichten nach § 365s Abs. 1 Z 1 und § 365t Abs. 2 GewO 1994 gar nicht behauptet.

15           Die Gewerbetreibenden können zwar gemäß § 365s1 Abs. 1 GewO 1994 zur Erfüllung der in § 365p Abs. 1 Z 1 bis 4 genannten Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden (Pflicht zur Feststellung und Überprüfung der Kundenidentität [Abs. 1 Z 1], zur Feststellung des wirtschaftlichen Eigentümers [Abs. 1 Z 2], zur Einholung von Informationen über Zweck und angestrebte Art der Geschäftsbeziehung [Abs. 1 Z 3], zur kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung [Abs. 1 Z 4] sowie zur Überprüfung der Identität und Vertretungsbefugnis eines Vertreters der Kunden [Abs. 1 letzter Satz]) auf Dritte (wie etwa gemäß § 365s1 Abs. 3 GewO 1994 iVm Art. 2 Abs. 1 Z 3 lit. b der Geldwäsche-RL auf Notare und Rechtsanwälte) zurückgreifen, soweit ihnen nicht Hinweise vorliegen, die eine gleichwertige Erfüllung der genannten Pflichten bezweifeln lassen. Die endgültige Verantwortung für die Erfüllung dieser Anforderungen verbleibt jedoch im Gegensatz zu Auslagerungs- oder Vertretungsverhältnissen, bei denen gemäß § 365s1 Abs. 5 GewO 1994 iVm § 15 Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GWG) auf der Grundlage eines Vertrages der Auslagerungsdienstleister oder Vertreter als Teil des Verpflichteten anzusehen ist, bei dem Gewerbetreibenden, der auf den Dritten zurückgreift. Die Möglichkeit, auf Dritte, wie etwa Notare und Rechtsanwälte zurückzugreifen, bezieht sich weder auf die verstärkten Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden iSd § 365s GewO 1994, wie etwa die vorliegend maßgebliche Verpflichtung nach § 365s Abs. 1 Z 1 GewO 1994 noch auf die Pflicht gemäß § 365t Abs. 2 GewO 1994.

16           Allein aus dem Umstand, dass Notare und Rechtsanwälte ebenfalls gemäß Art. 2 Abs. 1 Z 3 lit. b der Geldwäsche-RL von den Verpflichtungen dieser Richtlinie erfasst und an der Erstellung der von Immobilienmaklern vermittelten Immobilientransaktionen im Rahmen der Vertragserrichtung beteiligt sind, kann ausgehend vom klaren Wortlaut der §§ 365s Abs. 1 Z 1, 365s1 Abs. 1, 3 und 5 sowie 365t Abs. 2 GewO 1994 nicht bereits auf eine Erfüllung der verstärkten Sorgfaltspflichten gemäß § 365s Abs. 1 Z 1 GewO 1994 des Gewerbetreibenden geschlossen werden. Ebenso wenig kann daraus geschlossen werden, dass der Gewerbetreibende damit die Verpflichtung nach § 365t Abs. 2 GewO 1994 über die Errichtung einer „Whistleblower-Hotline“ erfüllt.

17           Im Hinblick auf die klare Rechtslage werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei klarer Rechtslage etwa VwGH 2.12.2020, Ra 2020/22/0183, Rn. 6, mwN). Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. Jänner 2025

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2025:RA2023040269.L00