Verwaltungsgerichtshof
27.05.2024
Ra 2022/12/0059
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2022/12/0060
Ra 2022/12/0061
Ra 2022/12/0062
Ra 2022/12/0063
Ra 2022/12/0064
Ra 2022/12/0065
Ra 2022/12/0066
Ra 2022/12/0067
Ra 2022/12/0068
Ra 2022/12/0069
Ra 2022/12/0070
Ra 2022/12/0071
Ra 2022/12/0072
Ra 2022/12/0073
Ra 2022/12/0074
Ra 2022/12/0075
Ra 2022/12/0076
Ra 2022/12/0077
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Mag. römisch eins. Zehetner als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revisionen 1. des Bundesministers für Finanzen (Ra 2022/12/0059) sowie 2. des H J in W, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Str. 14 (Ra 2022/12/0077), gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 15. März 2022, VGW-002/062/4298/2020-73, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien; mitbeteiligte Partei zu Ra 2022/12/0059: H J, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke),
1. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Ausspruches über die verhängte Strafe sowie die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
2. den Beschluss gefasst:
Die Revision des Zweitrevisionswerbers wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 6. März 2020 wurde der Zweitrevisionswerber der vierfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt, da er es zu verantworten habe, dass er sich als Unternehmer durch entgeltliche Überlassung (Vermietung) eines näher bezeichneten Lokales an die X s.r.o. (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) an der Veranstaltung verbotener Ausspielungen zur Teilnahme vom Inland aus iSd. § 2 Abs. 4 GSpG beteiligt habe, insoweit die X s.r.o. im bezeichneten Lokal im Zeitraum von 1. Mai bis 1. Juli 2019 um 10.00 Uhr entgegen den Bestimmungen des GSpG vier näher genannte funktionsfähig und in betriebsbereitem Zustand aufgestellte Glücksspielgeräte, in Verbindung mit den dazugehörenden Komponenten („E-Kiosk“), als Unternehmerin auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko betrieben habe, an denen Personen gegen Leistung von Geldeinsätzen die Möglichkeit zur Teilnahme an Glücksspielen, vor allem virtuellen Walzenspielen, mit ausschließlich vom Zufall abhängigen Endergebnis gegeben worden sei, die von der X s.r.o. auf eigene Rechnung und Gefahr veranstaltet worden seien. Dem Zweitrevisionswerber wurde gemäß § 52 Abs. 2 „dritter Fall“ GSpG je Glücksspielgerät eine Geldstrafe in der Höhe von € 5.000,-- sowie je eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen auferlegt und ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren gemäß § 64 VStG vorgeschrieben.
2 Das Verwaltungsgericht Wien gab der dagegen erhobenen Beschwerde des Zweitrevisionswerbers insoweit Folge, als es die verhängte Geldstrafe auf je € 500,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf je sechs Stunden herabsetzte. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen und das Straferkenntnis mit vorliegend nicht relevanten Maßgaben bestätigt; die Strafsanktionsnorm wurde auf § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG korrigiert. Das Verwaltungsgericht reduzierte den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens entsprechend und sprach aus, dass der Zweitrevisionswerber keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten habe. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt.
3 Das Verwaltungsgericht stellte unter anderem fest, die X s.r.o. sei im Oktober 2018 stillschweigend in den unbefristeten Mietvertrag für das näher genannte Lokal zwischen der vormaligen, näher bezeichneten Mieterin und dem Vermieter, dem Zweitrevisionswerber, vom 16. Dezember 2016 eingetreten.
4 Der Zweitrevisionswerber sei mit Schreiben der Finanzpolizei vom 12. November 2018 darüber informiert worden, dass im betreffenden Geschäftslokal eine glücksspielrechtliche Kontrolle durchgeführt und festgestellt worden sei, dass dort Glückspielgeräte zur Durchführung illegalen Glücksspiels aufgestellt seien. Es sei auf die Bestimmung des § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall GSpG hingewiesen worden, wonach ein Vermieter dafür Sorge zu tragen habe, dass die vermieteten Räumlichkeiten vom Mieter bzw. Untermieter nicht für illegales Glücksspiel verwendet werden würden. Mit Schreiben der Landespolizeidirektion Wien vom 18. März 2019 sei der Zweitrevisionswerber wieder informiert worden, dass in diesem Lokal eine weitere Kontrolle durch die Finanzpolizei stattgefunden habe und mehrere Glücksspielautomaten beschlagnahmt worden seien. Weiters sei ihm mitgeteilt worden, er laufe als Eigentümer der Liegenschaft Gefahr, selbst nach § 52 Abs. 1 Z 1 vierter Fall GSpG bestraft zu werden.
5 Der Zweitrevisionswerber habe der X s.r.o. mit Schreiben vom 20. März 2019 mitgeteilt, dass im vermieteten Geschäftslokal illegales Glücksspiel weder veranstaltet werden dürfe noch geduldet werde. Mit Schreiben vom 27. März 2019 habe die X s.r.o. darauf geantwortet, dass in den Mieträumlichkeiten keine illegalen Glücksspiele veranstaltet werden würden und das Lokal nicht untervermietet werde. Der Zweitrevisionswerber habe keine (weiteren) Nachforschungen angestellt und er oder seine Mitarbeiter hätten keine Nachschau in dem Geschäftslokal gehalten; er sei froh gewesen, dass das an sich schwer zu vermietende Geschäftslokal nicht leer gestanden und dafür pünktlich Miete gezahlt worden sei.
6 Beweiswürdigend hielt das Verwaltungsgericht insbesondere fest, die Feststellungen zu den verschiedenen Schreiben würden sich aus den genannten Schriftstücken ergeben. Der Zweitrevisionswerber habe in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, dass die „Sache“ mit der Antwort der X s.r.o. für ihn erledigt gewesen sei. Für ihn seien der pünktliche Erhalt der Miete und die Vermietung des nach seinen Angaben schwer vermittelbaren Geschäftslokals im Vordergrund gestanden.
7 Unter der Überschrift „Rechtliche Beurteilung“ führte das Verwaltungsgericht, soweit vorliegend relevant, aus, der Zweitrevisionswerber habe durch die entgeltliche Überlassung (mittels Mietvertrages) seines Geschäftslokales an die X s.r.o., die dort Glücksspielgeräte betrieben habe, das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG objektiv erfüllt.
8 Im gegenständlichen Lokal hätten bereits am 26. August 2018 und 21. Februar 2019 Kontrollen der Finanzpolizei stattgefunden. Der Zweitrevisionswerber habe selbst erklärt, dass er nur das Schreiben vom 20. März 2019 an die X s.r.o. gerichtet habe und mit der Antwort vom 27. März 2019 die „Sache“ für ihn erledigt gewesen sei.
9 Trotz der Schreiben der Finanzpolizei vom 12. November 2018 und der Landespolizeidirektion Wien vom 18. März 2019 (mit Verweis auf beschlagnahmte Glücksspielgeräte im Rahmen von zwei vorherigen Kontrollen durch die Finanzpolizei und die rechtlichen Folgen für ihn als Vermieter) hätten weder der Zweitrevisionswerber noch seine Mitarbeiter im Geschäftslokal Nachschau gehalten, sondern habe er sich mit der Antwort der X s.r.o. begnügt, die als damals Beschuldigte in einem laufenden Verwaltungsstrafverfahren den Sachverhalt „erwartbarerweise“ abgestritten habe. Dem Zweitrevisionswerber sei es offenkundig wichtiger gewesen, dass das Geschäftslokal nicht leer gestanden sei, und er regelmäßig Mietzins dafür habe einnehmen können. Dies sei von ihm nicht einmal abgestritten worden. Daher sei von grob fahrlässigem Verhalten des Zweitrevisionswerbers auszugehen, da er aufgrund der genannten behördlichen Schreiben jedenfalls Kenntnis von der behaupteten illegalen Tätigkeit der X s.r.o. in seinem Geschäftslokal gehabt und ihn daher auch eine Nachschaupflicht getroffen habe (mit Hinweis auf den Mietvertrag, wonach dem Vermieter jederzeit ein Betretungsrecht des Mietgegenstandes zukomme). Bei einer vertragswidrigen Verwendung des Mietobjektes oder der Ausübung einer verbotenen Aktivität habe eine Kündigungsmöglichkeit durch den Vermieter bestanden (mit Hinweis auf „Punkt 19“ des Mietvertrages bzw. § 30 Abs. 2 Z 3 MRG). Von einer bloß „normalen“ Vermietung ohne besondere Indizienlage hinsichtlich der Nutzung des von ihm überlassenen Objektes könne daher nicht gesprochen werden, sodass ein subjektiv vorwerfbares Verhalten gegeben sei.
10 Unter Hinweis auf EuGH 14. Oktober 2021, MT, C-231/20, führte das Verwaltungsgericht aus, betreffend die Höhe der Mindestgeldstrafe für jedes nicht bewilligte Glücksspielgerät sei das Verhältnis zwischen der Höhe der möglichen Geldstrafe und dem wirtschaftlichen Gewinn aus der begangenen Tat zu berücksichtigen, um die Verantwortlichen von der Begehung einer solchen Tat abzuschrecken. Im Fall des Zweitrevisionswerbers habe laut Mietvertrag der Hauptmietzins € 890,12 pro Monat bzw. die Grundmiete € 615,37 pro Monat betragen. Aufgrund der festgestellten Nettomieteinnahme von mindestens € 276,92 pro Monat sei bei einem Tatzeitraum von rund zwei Monaten daher von einem Gewinn zumindest in der Höhe von € 553,84 auszugehen. In Anbetracht dessen erscheine eine Strafherabsetzung aus unionsrechtlicher Sicht geboten, sodass es zu keinem unverhältnismäßigen Auseinanderfallen der Strafe und der Mieteinnahmen (wirtschaftlicher Gewinn) komme, wobei ebenfalls ein pönaler Charakter der Strafe erhalten bleiben solle. Die Geldstrafe werde daher auf je € 500,-- herabgesetzt, wobei aufgrund des Anwendungsvorranges des Art. 56 AEUV auch § 20 VStG verdrängt werde. Zur verhängten Ersatzfreiheitsstrafe sei auszuführen, dass diese mit jeweils vier Tagen durch die Kumulation von vier Ersatzfreiheitsstrafen unter Berücksichtigung der Ausführungen des EuGH als zu hoch zu werten sei. Daher werde diese - auch in Anbetracht der Strafherabsetzung - auf jeweils sechs Stunden herabgesetzt.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtete sich die Amtsrevision des Bundesministers für Finanzen mit dem Antrag, das Erkenntnis, soweit das Verwaltungsgericht die verhängten Strafen (inkl. Ersatzfreiheitsstrafen und Verfahrenskosten) herabsetzte, aufzuheben. Der Zweitrevisionswerber erhob ebenfalls eine Revision und erstattete zur Amtsrevision eine Revisionsbeantwortung.
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Revisionen erwogen:
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
16 Zur Revision des Zweitrevisionswerbers (Ra 2022/12/0077)
17 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision zunächst im Wesentlichen vor, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vor, ob den Zweitrevisionswerber als Vermieter die vom Verwaltungsgericht vertretene „Nachforschungspflicht“ treffe, um der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG zu entgehen und ob das Vermieten eines Bestandsobjekts zu normalen Konditionen ohne Anhaltspunkte bei Mietvertragsabschluss, die auf eine illegale Tätigkeit des Mieters schließen lassen würden, den Straftatbestand der unternehmerischen Beteiligung iSd. § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG erfülle. Es seien keine Feststellungen zur Ortsüblichkeit des Mietzinses und dem Erfüllen der Mitwirkungspflicht durch den Zweitrevisionswerber getroffen worden.
18 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach erkannt hat, kommt als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt. Dagegen ist mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG beteiligt.
19 Zur Erfüllung dieses Tatbestandes bedarf es weder einer unmittelbaren Rechtsbeziehung zwischen den Spielern und dem an den Ausspielungen Beteiligten im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG, noch einer sonstigen „Ausübungshandlung“ bei der konkreten Durchführung der einzelnen Ausspielung des nach dem vierten Tatbild zur Verantwortung gezogenen Beteiligten.
20 Von diesem Tatbild ist - wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits ausgesprochen hat - beispielsweise die unternehmerische Vermietung von mit den Glücksspielgeräten fest verbundenen Banknotenlesegeräten erfasst. Dabei hat der Gerichtshof jedoch auch festgehalten, dass eine Auslegung des Straftatbestandes der unternehmerischen Beteiligung im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG derart, dass etwa sämtliche Versorgungsunternehmen für Strom und Internet von einer Strafbarkeit erfasst würden, bei rechtsrichtiger Auslegung nicht zu befürchten sei, weil diese Unternehmer regelmäßig nicht mit Glücksspielgeräten fest verbaute Banknotenlesegeräte vermieten bzw. Verträge über die Weiterleitung von Spielaufträgen abschließen würden, sondern keine Kenntnis von der Tätigkeit ihres Auftragnehmers haben.
21 Auch das entgeltliche Überlassen von Räumlichkeiten kann das vierte Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfüllen. Dies setzt aber insbesondere entsprechende Feststellungen zur subjektiven Tatseite der die Räumlichkeiten überlassenden Person voraus.
22 Um dies beurteilen zu können, sind im Allgemeinen Feststellungen zum Kenntnisstand der sich unternehmerisch beteiligenden Person betreffend die Tätigkeit der Person erforderlich, die unmittelbar zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht, oder es bedarf der Feststellung anderer Anhaltspunkte - etwa aus der konkreten Ausgestaltung der (Unter)Mietverhältnisse - für eine subjektiv vorwerfbare unternehmerische Beteiligung iSd vierten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG. Dies zeigt sich gerade bei der entgeltlichen Überlassung von Räumlichkeiten, wo - anders als bei mit Glücksspielgeräten fest verbauten Banknotenlesegeräten - für den Überlasser eine mögliche unternehmerische Beteiligung an verbotenen Ausspielungen nicht ohne besondere Indizienlage hinsichtlich der Nutzung des von ihm überlassenen Objektes erkennbar und somit subjektiv vorwerfbar ist (vgl. zu alledem VwGH 20.10.2022, Ra 2022/12/0106, mwN).
23 Im vorliegenden Fall lastete das Verwaltungsgericht dem Zweitrevisionswerber an, trotz der Schreiben der Finanzpolizei vom 12. November 2018 und der Landespolizeidirektion Wien vom 18. März 2019 (mit Verweis auf beschlagnahmte Glücksspielgeräte im Rahmen von zwei vorangegangenen Kontrollen durch die Finanzpolizei und die möglichen rechtlichen Folgen für ihn als Vermieter) keine Nachschau im Geschäftslokal gehalten, sondern sich mit der Antwort der X s.r.o. begnügt zu haben.
24 Ausgehend von den Umständen des konkreten Einzelfalls ging das Verwaltungsgericht im Sinne der oben dargelegten Rechtsprechung zu Recht im Ergebnis davon aus, dass die Mitteilungen der zuständigen Behörden, wobei auch über die erfolgte Beschlagnahme von Glücksspielgeräten informiert wurde, und die nur knappe Antwort der X s.r.o. ausreichend Anhaltspunkte für eine subjektiv vorwerfbare unternehmerische Beteiligung iSd vierten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG des Zweitrevisionswerbers darstellten, und ist die Einzelfallbeurteilung des Verwaltungsgerichts, das vor diesem Hintergrund eine „Nachschaupflicht“ des Zweitrevisionswerbers annahm, damit nicht unvertretbar.
25 Die Revision zeigt mit ihrem diesbezüglichen Vorbringen daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Auf das Revisionsvorbringen zu Anhaltspunkten schon bei Mietvertragsabschluss oder die als fehlend monierten Feststellungen kommt es fallbezogen nicht an.
26 Die Revision moniert im Weiteren in der Zulässigkeitsbegründung, dass im Gegensatz zu den Ausführungen des Verwaltungsgerichts eine widmungswidrige Verwendung per se nach der ständigen mietrechtlichen Judikatur keinen Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 3 MRG darstelle.
27 Dazu ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht von einer Kündigungsmöglichkeit bei einer vertragswidrigen Verwendung des Mietobjektes oder der Ausübung einer verbotenen Aktivität (auch) auf Basis einer mietvertraglichen Regelung (nach „Punkt 19 des Mietvertrages“) ausging; dass die Möglichkeit einer Kündigung auf Basis des Mietvertrages bestanden hat, wird von der Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht in Frage gestellt.
28 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
29 Zur Revision des Bundesministers für Finanzen (Ra 2022/12/0059)
30 Die Amtsrevision richtet sich gegen die Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen und des Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens sowie den Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Sie bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter anderem - mit näherer Begründung - vor, das Verwaltungsgericht sei bei der besonderen, den Boden von GSpG und VStG verlassenden Strafmilderung von dem Nutzen, den der Zweitrevisionswerber tatsächlich erfolgreich habe realisieren können, ausgegangen, während EuGH und Verwaltungsgerichtshof auf den erzielbaren wirtschaftlichen Nutzen abstellten.
31 Bereits mit diesem Vorbringen erweist sich die Amtsrevision als zulässig; sie ist auch berechtigt.
32 Das Verwaltungsgericht legte seiner Strafbemessung bestimmte Annahmen über den „wirtschaftlichen Gewinn aus der begangenen Tat“ zugrunde. Die unter Bezugnahme auf EuGH 14. Oktober 2021, MT, C-231/20, vorgenommene Reduktion der verhängten Geldstrafen von jeweils € 5.000,-- auf € 500,-- pro Eingriffsgegenstand (und entsprechend der Ersatzfreiheitsstrafen) erweist sich schon deshalb als verfehlt, weil es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht darauf ankommt, ob die verhängten Geldstrafen in einem angemessenen Verhältnis zu dem tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Gewinn stehen, sondern auf die Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf den „erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil“. Außerdem ist eine derartige Herabsetzung der verhängten Strafe erst dann vorzunehmen, wenn mit der Anwendung des § 20 VStG nicht das Auslangen gefunden werden kann (vgl. VwGH 22.10.2023, Ra 2022/12/0087, mwN). Indem das Verwaltungsgericht auf den erzielten Gewinn abstellte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
33 Das angefochtene Erkenntnis war daher schon aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben.
Wien, am 27. Mai 2024
ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022120059.L00