Verwaltungsgerichtshof
31.10.2023
Ro 2020/04/0024
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ro 2020/04/0025
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofräte Dr. Mayr sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision 1. römisch fünf und 2. Ö, beide in W, beide vertreten durch Mag. Paul Pichler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Siebensterngasse 4-6/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 2019, Zl. W214 2223400-1/11E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die erstrevisionswerbende Partei ist eine Interessenvertretung von Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Magazinen, die zweitrevisionswerbende Partei die Berufs- und Standesorganisation der Herausgeber und Verleger österreichischer Zeitschriften und Fachmedien.
2 Die revisionswerbenden Parteien beantragten mit Eingabe vom 23. Mai 2018 bei der Datenschutzbehörde (belangte Behörde, im Folgenden: DSB) die Genehmigung von Verhaltensregeln gemäß Art. 40 Abs. 5 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für „Presse- und Magazin-Medienunternehmen“ und brachten dazu zusammengefasst vor, diese Verhaltensregeln dienten der ordnungsgemäßen Anwendung der DSGVO im Bereich der Presse- und Magazinmedienunternehmen in Bezug auf alle Erscheinungsformen von Presse- und Magazinmedien (gedruckt, digital, mobil), indem sie die Anwendung der DSGVO im Hinblick auf branchenspezifische Verarbeitungstätigkeiten konkretisierten.
3 Die DSB wies mit Bescheid vom 6. August 2019 den Antrag auf Genehmigung der von den revisionswerbenden Parteien vorgelegten Verhaltensregeln in der Fassung vom 29. April 2019 im Hinblick auf Punkt B.1.5 (Gewährung von Vergünstigungen für datenschutzrechtliche Einwilligungen), Punkt C.1.2 (Adressierte Zustellung von Presse- und Magazinmedien), Punkte D.1.3 (Zwingend erforderliche datenverarbeitende Cookies) und D.3.2 (Tracking-Cookies bei kostenfreien digitalen Presse- und Magazinmedien) sowie Punkt D.3.3 (Tracking-Cookies bei kostenpflichtigen digitalen Presse- und Magazinmedien) ab; genehmigte im Übrigen die vorgelegten Verhaltensregeln unter der Bedingung, dass die zur Überwachung der vorgelegten Verhaltensregeln vorgesehene Überwachungsstelle - der VAVD - im Sinne von Art. 41 Abs. 1 und 2 DSGVO akkreditiert werde, Punkt B.1.9 (Eine Einwilligungserklärung für mehrere bestimmte Zwecke) jedoch mit der Maßgabe, dass die beiden letzten sich auf Punkt B.1.5 beziehenden Absätze gestrichen wurden, und Punkt C.1.5 (Dauer der Speicherung von Kunden- und Interessentendaten ausschließlich zur Abonnenten[rück]gewinnung) mit der Maßgabe, dass im Hinblick auf lit. a) die Höchstdauer für die zulässige Speicherdauer fünf und im Hinblick auf lit. b) die Höchstdauer für die zulässige Speicherdauer drei Jahre beträgt, und verpflichtete die revisionswerbenden Parteien zur Entrichtung einer Verwaltungsabgabe in näher bestimmter Höhe.
4 Die DSB führte zusammengefasst begründend aus, in Punkt B.1.5 bleibe offen, für welche konkreten Verarbeitungstätigkeiten eine Einwilligung abgegeben werde und auf welche Weise die personenbezogenen Daten der Betroffenen in der Folge verarbeitet würden, weshalb die Beurteilung, ob eine Einwilligung den Anforderungen des Art. 7 DSGVO entspreche, nicht möglich sei.
Punkt D.1.3. Litera c, beschränke sich zwar auf „angemeldete Mitglieder eines sozialen Netzwerks“. Inwiefern eine Website jedoch zwischen den möglichen Gruppen (angemeldete Nutzer und nicht angemeldete bzw. abgemeldete Nutzer) bei der Setzung von „Third-Party-Content-Sharing-Cookies“ zu differenzieren habe und auf welche Weise dies technisch umgesetzt werde, sei im Rahmen der Verhaltensregeln nicht dargelegt worden. Dies gelte auch für die „Third-Party-Cookies“ gemäß Litera d, Die Einbindung von „Content“ sei zwar ohne Übertragung von Daten an den Dritten nicht möglich. Allerdings sei es technisch durchaus realisierbar, dass der „Content“ erst nach eingeholter Einwilligung geladen werde. Im Hinblick auf die in Paragraph 96, Absatz 3, TKG 2003 (gemäß Paragraph 211, TKG 2021 mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes, mit dem ein Telekommunikationsgesetz [Telekommunikationsgesetz 2021 - TKG 2021] erlassen wird, Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 190, am 1. November 2021 außer Kraft getreten) enthaltene Formulierung „unbedingt erforderlich“ sei von einer technischen und keiner wirtschaftlichen Erforderlichkeit auszugehen. Betreffend „Adserver-Cookies“ gemäß Punkt D.1.3 Litera e, sei deren technische Erforderlichkeit für den Betrieb einer Website nicht ersichtlich. Dies gelte auch für Cookies zwecks objektiver Reichweitenmessung gemäß Punkt D.1.3 Litera f, Insofern sei der gesamte Punkt D.1.3 nicht genehmigungsfähig.
Betreffend die Punkte D.3.2 und D.3.3 in Bezug auf „Tracking-Cookies“ enthielten die Verhaltensregeln keine Angaben zur Frage, in welchem Ausmaß nach Abgabe einer Einwilligung ein Zugriff auf die Website gewährt werde, inwiefern die Möglichkeit bestehe, den kostenpflichtigen Zugang anonym in Anspruch zu nehmen, inwiefern eine tatsächliche Leistung vorhanden sein müsse, für welche objektiv betrachtet Entgelt verlangt werden könne, und insbesondere, welche Maßnahmen getroffen würden, um die Verhältnismäßigkeit bei der Verwendung von Cookies zu wahren. Verhaltensregeln würden generell-abstrakte Wirkung besitzen, weshalb deren Inhalt einen gewissen Grad an Detailliertheit aufweisen müsse. Dieser sei vorliegend nicht gegeben. Überdies könne die Einwilligung zum Einsatz von „Tracking-Cookies“ auch nicht „vertraglich als Gegenleistung des Nutzers für die Bereitstellung ohne Bezahlschranke ausbedungen“ werden, weil es sich bei Paragraph 96, Absatz 3, TKG 2003 um zwingendes Recht handle. Die Punkte D.3.2 und D.3.3 würden deshalb sowie unter Berücksichtigung der Gefahren von „Behavioral Targeting“ keine ausreichenden Garantien für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen bieten und seien daher nicht genehmigungsfähig.
In Bezug auf Punkt B.1.9 sei jener Teil abzuweisen gewesen, der auf den nicht genehmigten Punkt B.1.5 verweise.
Da eine Überwachungsstelle gemäß Artikel 41, Absatz 2, DSGVO zu akkreditieren sei und eine solche Akkreditierung für den VAVD, der in den vorgelegten Verhaltensregeln als Überwachungsstelle vorgesehen sei, noch ausstehe, sei die Genehmigung an die Bedingung der Akkreditierung des VAVD zu knüpfen gewesen.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) die dagegen gerichtete Beschwerde der revisionswerbenden Parteien als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision zulässig sei.
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, in Punkt B.1.5 werde eine Alternative zum Vergünstigungsmodell angeboten. Es sei jedoch nicht ersichtlich, wer diese Alternative anbiete. Selbst im Fall, dass die Alternative vom selben Verantwortlichen angeboten werde, werde es auf die konkrete Ausgestaltung des Vertrags und der Verarbeitung ankommen, also etwa, welche geeigneten Garantien zur Wahrung der Betroffenenrechte vorgesehen seien, welche personenbezogenen Daten von der betroffenen Person verlangt würden und wie die Relation zu einem Alternativangebot (ohne Vergünstigungen) aussehe. Die Zulässigkeit eines (teilweisen) „Wegverhandeln“ des eigenen Grundrechts auf Datenschutz könne jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht festgestellt werden. Eine Genehmigung der Möglichkeit einer Einwilligung zu einer Datenverarbeitung als Gegenleistung für Vergünstigungen in dieser allgemeinen Formulierung der vorgelegten Verhaltensregeln sei nicht zu erteilen. Verhaltensregeln sollten zwar datenschutzrechtliche Regelungen branchenspezifisch präzisieren, jedoch - zumal sie generell-abstrakte Wirkung hätten - nicht pauschal Fälle regeln können, die einer Einzelfallbetrachtung und -beurteilung bedürfen.
Der Begriff „unbedingt erforderlich“ in Paragraph 96, Absatz 3, TKG 2003 sei iSd Artikel 6, Absatz eins, Litera f, DSGVO nicht dahin auszulegen, dass auch ein wirtschaftliches Interesse die Erforderlichkeit der Einwilligung beim Einsatz von Cookies notwendig mache. Bei der Setzung von „Third-Party-Cookies“ sei daher nicht auf das wirtschaftliche Interesse abzustellen. Da jedoch in Punkt D.1.3 die gesamte Regelung unter die Prämisse gestellt werde, dass die in Paragraph 96, Absatz 3, TKG 2003 enthaltene Formulierung „zwingend erforderlich“ auch im Sinne eines wirtschaftlichen Interesses auslegbar sei, sei die gesamte Bestimmung nicht genehmigungsfähig.
Betreffend Punkt D.3.2 könne die Zustimmung zur Verarbeitung von Daten im Tausch zu einer begünstigenden Gegenleistung in dieser Allgemeinheit ebenfalls nicht genehmigt werden. Der Argumentation, das Setzen von „Tracking- oder Adserver-Cookies“ sei unbedingt erforderlich, weil sich ohne diese Medienunternehmen nicht finanzieren könnten und es keine der Webseiten gäbe, die ein Teilnehmer oder Nutzer aufrufen könne, sei nicht zu folgen, weil nach dieser Argumentation ansonsten jegliche Interessenabwägung nach Artikel 6, Absatz eins, Litera f, DSGVO im Zusammenhang mit einem Angebot eines Verantwortlichen, der sich durch die Verarbeitung personenbezogener Daten finanziere, stets gegen die betroffene Person ausfallen würde. Aus Sicht der betroffenen Person sei nicht das Setzen von „Tracking- oder Adserver-Cookies“ ausdrücklich gewünscht, sondern bei Aufruf einer Website eines Medienunternehmens, dass die Website eine entsprechende Funktionalität aufweise. Es sei höchstens von einem „Akzeptieren“ oder „Dulden“ des Setzens solcher Cookies seitens des Internetnutzers auszugehen, wenn im Gegenzug dafür eine gewisse Leistung, wie etwa der Zugang zu journalistischen Beiträgen in Anspruch genommen werde. Auf wirtschaftliche Interessen sei auch im Rahmen der Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung nach Artikel 7, DSGVO nicht abzustellen und seien solche Interessen im Rahmen der Abwägung nach Artikel 6, Absatz eins, Litera f, DSGVO nicht zu berücksichtigen.
Punkt D.3.3 beschränke das Erfordernis der Einwilligung auf bestimmte Fälle, „in denen der Einsatz von ‚Tracking-Cookies‘ aus wirtschaftlichen Gründen nicht notwendig“ (gemeint wohl: wirtschaftlich notwendig) sei. Dies widerspreche der dargelegten Auslegung des Paragraph 96, Absatz 3, TKG 2003. Durch den Einschub „in der Regel“ im zweiten Absatz des Punktes D.3.3 sei für die revisionswerbenden Parteien deshalb nichts zu gewinnen, weil es im Einzelfall auf die konkrete Ausgestaltung der Zugangsbedingungen und der Alternativangebote ankomme. Die Abweisung des Antrags bedeute nicht, dass eine Koppelung immer unzulässig sei, sondern nur, dass eine Genehmigung in dieser allgemeinen Formulierung, wie vorliegend, nicht erforderlich sei, weshalb kein (unzulässiger) Eingriff in das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit bestehe.
Im Hinblick auf die im Beschwerdeverfahren abgegebene Stellungnahme der DSB vom 28. August 2019, wonach die DSB gegenüber den revisionswerbenden Parteien zu den vorgelegten Verhaltensregeln mehrmals sowohl schriftlich als auch mündlich Stellung genommen habe, dabei stets konkrete Vorschläge an die revisionswerbenden Parteien unterbreitet und zu Punkt B.1.5 hingewiesen habe, dass dieser Punkt zu allgemein gehalten sei und konkretisiert werden möge, habe eine hinreichende Förderung der revisionswerbenden Parteien seitens der DSB stattgefunden. Insofern sei kein Verfahrensmangel zu erkennen.
7 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht alleine damit, dass - soweit ersichtlich - „keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 96 Abs. 3 TKG, zu Art. 7 Abs. 4 DSGVO sowie zu Verhaltensregeln gemäß Art. 40 DSGVO“ existiere.
8 Dagegen richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die kein Vorbringen zu ihrer Zulässigkeit enthält. Die DSB beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision abzuweisen und die revisionswerbenden Parteien zum Aufwandersatz an den Bund in gesetzlicher Höhe zu verpflichten.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
12 Zweck der Begründungspflicht nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG ist bei einer ordentlichen Revision die vom Verwaltungsgericht vorzunehmende Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 30.3.2022, Ro 2022/01/0004, Rn. 14, mwN).
13 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Mit dem bloßen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift wird nicht dargelegt, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte (vgl. etwa jüngst VwGH 17.7.2023, Ro 2021/04/0015, Rn. 16, mwN).
14 Mit der vorliegenden, oben dargestellten Begründung der Zulässigkeit durch das Verwaltungsgericht wird nach Maßgabe dieser Anforderungen für sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
15 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. wiederum VwGH 17.7.2023, Ro 2021/04/0015, Rn. 15, mwN).
16 Im vorliegenden Fall enthält die Revision in ihren Revisionsgründen ausführliches Revisionsvorbringen, mit dem die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses behauptet wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist aber weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. wiederum VwGH 30.3.2022, Ro 2022/01/0004, Rn. 20, mwN).
17 Auch hinsichtlich der in den Revisionsgründen zu einzelnen Aspekten aufgeworfenen Fragen wird nicht konkret dargelegt, in welcher Weise von der Beantwortung dieser Fragen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung insgesamt oder - eine Trennbarkeit der Entscheidung unterstellt - in bestimmten, näher bezeichneten Punkten abhängt.
18 Grundsätzlich besteht für den Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit (und gegebenenfalls die Verpflichtung) eine Revision zuzulassen, um dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eine entscheidungsrelevante unionsrechtliche Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, indem er (vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte) Zweifel über die Auslegung von Unionsrecht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung qualifiziert (vgl. VwGH 21.6.2021, Ra 2018/04/0078 bis 0080, Rn. 12, mwN).
19 Vorliegend regt die Revision die Vorlage bestimmter Fragen in Bezug auf die nicht genehmigten Punkte B.1.5, D.3.2 und D.1.3 zur Vorabentscheidung an den EuGH an. Die zu den Punkten B.1.5 und D.3.2 formulierten Fragen betreffen jeweils die Freiwilligkeit einer Einwilligung iSd Art. 4 Z 11 und Art. 7 Abs. 4 DSGVO einerseits hinsichtlich eines günstigeren Bezugs eines Mediums bei Erteilung einer Einwilligung zu „rechtlich grundsätzlich ... zulässigen Verarbeitungstätigkeiten“ im Gegensatz zu einem Bezug des Mediums ohne einer solchen Einwilligung zu marktüblichen Konditionen, andererseits zum Einsatz von „Tracking-Cookies“ als vertragliche Gegenleistung des Nutzers für die digitale Bereitstellung eines Presse- oder Magazinmediums, welches ausschließlich ohne Bezahlschranke digital bereit gestellt wird. Unabhängig von diesen Rechtsfragen sah das Verwaltungsgericht diese beiden Punkte bereits wegen der Allgemeinheit ihrer Formulierung als nicht genehmigungsfähig an, weshalb die in der Anregung eines Vorabentscheidungsersuchens diesbezüglich aufgeworfenen Fragen für sich nicht entscheidungsrelevant sind (vgl. etwa VwGH 15.1.2020, Ra 2020/04/0001, 0002, Rn. 9, mwN, wonach eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegen kann, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt).
20 Die zu Punkt D.1.3 aufgeworfene Frage betrifft die Auslegung der Wortfolge „unbedingt erforderlich“ in Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), ABl. L 201 vom 31. Juli 2002, in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009, ABl. L 337 vom 18. Dezember 2009, geänderten Fassung im Hinblick auf Art. 16 GRC und zwar dahingehend, ob davon eine näher beschriebene „wirtschaftliche unbedingte Erforderlichkeit“ umfasst sei.
21 Punkt D.1.3 betrifft die Verarbeitung personenbezogener Daten unter Einsatz von Cookies ohne Einwilligung der betroffenen Person, wenn der Verarbeitungsvorgang für die Angebotserbringung zwingend erforderlich ist, wobei nach Punkt D.1.3 erster Absatz der Begriff „erforderlich“ unter Beachtung von Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO auszulegen sei.
22 Nach dieser Bestimmung ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Demnach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO unter drei kumulativen Voraussetzungen zulässig: erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen (vgl. VwGH 9.5.2023, Ro 2020/04/0037, Rn. 52, mwN; sowie jüngst EuGH 4.7.2023, Meta Platforms u.a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, Rn. 106, mwN). Für die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist es daher allein nicht ausreichend, dass die Datenverarbeitung zur Verwirklichung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer Abwägung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten mit den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person. Letztere dürfen die berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten nicht überwiegen.
23 Während sich der Begriff „erforderlich“ in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO auf „die Verarbeitung [personenbezogener Daten] zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten“ bezieht, betrifft der Begriff „unbedingt erforderlich“ in Art. 5 Abs. 3 zweiter Satz der Richtlinie 2002/58/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/136/EG die Speicherung von Informationen oder den Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, „damit der Anbieter eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der vom Teilnehmer oder Nutzer ausdrücklich gewünscht wurde, diesen Dienst zur Verfügung stellen kann“. Im Gegensatz zu Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO setzt daher Art. 5 Abs. 3 zweiter Satz der Richtlinie 2002/58/EG für die Zulässigkeit der Speicherung von Informationen oder den Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, keine Interessensabwägung voraus.
24 Inwiefern Punkt D.1.3 die Interessensabwägung zugunsten der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO für die Zulässigkeit von datenverarbeitenden Cookies ohne Einwilligung der betroffenen Person ausreichend berücksichtigt, legt die Revision nicht dar. Die Revision zeigt daher bereits insofern - weil es für die Frage, ob die Verhaltensregel in Pkt. D.1.3 mit der DSGVO (im Sinn deren Art. 40 Abs. 5) vereinbar ist, eben nicht allein auf die allfällige (Un)Maßgeblichkeit einer wirtschaftlichen Erforderlichkeit ankommt - die Relevanz des zu Punkt D.1.3 angeregten Vorabentscheidungsersuchens nicht auf (vgl. auch EuGH 6.10.2021, Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi, C-561/19, Rn. 53, 55 und 66, wonach zum einen die Parteien die einzelstaatlichen Gerichte nicht zu einem Vorabentscheidungsersuchen zwingen bzw. die Fragen inhaltlich nicht ändern können, sondern die Bestimmung und die Formulierung der dem EuGH vorzulegenden Fragen nur Sache des einzelstaatlichen Gerichts ist, und zum anderen das innerstaatliche Gericht nicht zur Vorlage einer Frage nach der Auslegung des Unionsrechts an den EuGH verpflichtet ist, wenn diese Frage nicht entscheidungserheblich ist).
25 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
26 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere §§ 51 und 53 Abs. 1 letzter Satz, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 31. Oktober 2023
ECLI:AT:VWGH:2023:RO2020040024.J00