Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

22.04.2021

Geschäftszahl

Ro 2017/06/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 16. März 2017, 405-3/118/1/18-2017, betreffend Aufhebung eines Bescheides betreffend die Versagung einer baubehördlichen Bewilligung (mitbeteiligte Partei: M F in S, vertreten durch Dr. Georg Zimmer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürbergstraße 27; weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1             Mit Eingabe vom 24. März 2016 beantragte der Mitbeteiligte für ein Objekt in S. die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den „Umbau des Erdgeschoßes in Beherbergungszimmer“. Nach dem vorgelegten Betriebskonzept sei ein Beherbergungsbetrieb mit fünf Zimmern geplant. In weiterer Folge änderte der Mitbeteiligte sein Betriebskonzept auf Apartmenthotel mit Frühstücksangebot. Mit Eingabe vom 9. Juni 2016 suchte der Mitbeteiligte betreffend den „Umbau des Erdgeschoßes in Beherbergungszimmer“ um Genehmigung von Austauschplänen an.

2             Das Grundstück, auf dem sich das Objekt befindet, ist im Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Salzburg als erweitertes Wohngebiet (§ 30 Abs. 1 Z 2 Raumordnungsgesetz 2009 - ROG 2009) ausgewiesen. Es existiert keine Kennzeichnung für Feriendörfer oder Apartmenthäuser zur touristischen Nutzung (§ 39 Abs. 2 ROG 2009). Im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss des Objektes befinden sich zwölf selbstständige Wohnungen.

3             Im Erdgeschoss des Objektes sind die Räumlichkeiten als Lager- und Büroräume (als Verwendungszweck) baubehördlich bewilligt. Der Mitbeteiligte beabsichtigt, das Erdgeschoss baulich so umzugestalten, dass fünf gesonderte Wohneinheiten mit Beherbergungszimmern entstehen, wobei diese Wohneinheiten jeweils aus einem Aufenthalts- und Schlafbereich (mit zumindest zwei Schlafgelegenheiten), einem Vorraum und einem Sanitärbereich bestehen sollen. In den Wohneinheiten sollen auch kleine Kochgelegenheiten vorhanden sein. Darüber hinaus ist im Erdgeschoss ein Raum vorgesehen, von dessen Fläche 12,50 m² zu Frühstückszwecken und 15,10 m² zu Empfangszwecken dienen sollen. Bei der letztgenannten Fläche (15,10 m² für Empfang) ist ein gesonderter Raum für „WC plus Reinigung“ vorgesehen (wodurch sich die Fläche für den Empfang von 15,10 m² um die Fläche für den Raum für WC und Reinigung reduziert).

4             An der Gebäudefassade sind ebenfalls Änderungen vorgesehen, es sollen Öffnungen verschlossen und Fenster vergrößert werden. Im ersten Obergeschoss soll ein Balkon errichtet und darunter die Auskragung (Flugdach) abgebrochen werden.

5             Ergänzend zum Betriebskonzept erklärte der Mitbeteiligte, betreffend die Gästewäsche werde eine Mietlösung durchgeführt. Den Gästen werde nur Frühstück, jedoch keine weiteren Mahlzeiten angeboten. Als Aufbewahrungsraum für das Gästegepäck werde der Bereich der Rezeption zur Verfügung gestellt. Die Rezeption werde von ca. 07:00 oder 08:00 Uhr bis 16:00 oder 17:00 Uhr besetzt sein; in der Nacht werde niemand anwesend sein, es werde jedoch eine Notruftelefonnummer hinterlassen. Die Unterkünfte würden in der Regel nur endgereinigt, eine tägliche Reinigung werde auf Wunsch des Gastes angeboten.

6             Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg (Amtsrevisionswerber) vom 17. August 2016 wurde gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) das Ansuchen des Mitbeteiligten für die Erteilung einer Baubewilligung für Umbauten und die Umwidmung von Lager- und Büroräumen in Apartments zur touristischen Nutzung im Erdgeschoss des genannten Objektes abgewiesen und die Erteilung der beantragten Baubewilligung versagt.

7             Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die für ein Apartmenthotel erforderlichen Raumgrößen seien im gegenständlichen Fall bei weitem nicht vorhanden bzw. es stünden die Räume zur Erbringung dieser Dienstleistungen (etwa eine Küche, Abwaschraum, Waschraum u.ä.) gar nicht zur Verfügung. Aufgrund der baulichen Ausgestaltung liege im Sinne der Raumordnung im Erdgeschoss projektgemäß kein Apartmenthotel, sondern eine Apartmentanlage vor, welche einer Kennzeichnung gemäß § 39 Abs. 2 ROG 2009 bedürfe. Ob die nach dem vorgelegten modifizierten Betriebskonzept erbrachten zusätzlichen Dienstleistungen wie Gästebetreuung durch ein Rezeptionsservice, 24-Stunden-Erreichbarkeit, Beratung der Gäste, Frühstückangebot u.ä. eine gewerbliche Beherbergung im Sinne der Gewerbeordnung darstellten oder nicht, könne dahingestellt bleiben. Maßgeblich für die Frage, ob ein gewerblicher Beherbergungsbetrieb in der Form eines Apartmenthotels vorliege, sei das projektgemäße Vorhandensein der angeführten Räume und Flächen für solche Nebendienstleistungen. Nur für den Fall, dass aufgrund der Planunterlagen eine Differenzierung nicht eindeutig möglich sei und weiterhin Zweifel über die Widmungskonformität bestünden, könne ein Betriebskonzept zur Auslegung herangezogen werden. Eine Kennzeichnung der Grundfläche für Apartmenthäuser fehle, weshalb aufgrund § 30 Abs. 4 ROG 2009 ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan vorliege, sodass der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Z 1 BauPolG bestehe.

8             Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde, in der er unter anderem vorbrachte, er habe keinen Umbau des bestehenden Objektes in ein „Apartmenthaus“ beantragt, sondern einen Umbau zur Ermöglichung einer künftigen Nutzung des Objektes für eine gewerbliche Beherbergung im Sinne des § 31 Abs. 5 Z 1 Sbg. ROG 2009.

9             In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) führte der Mitbeteiligte unter anderem aus, dass das vorliegende Bauvorhaben als Gewerbebetrieb projektiert sei. Der Umbau für lediglich vier Beherbergungszimmer rechne sich nicht, weil die Kosten für vier oder fünf Beherbergungszimmer im Wesentlichen gleich hoch seien. Ferner gab der Mitbeteiligte an, dass sich im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss zwölf selbständige Wohnungen befänden. Im Verhandlungszeitpunkt verfüge er über eine Gewerbeberechtigung im Transportbereich. Im Fall der Realisierung des Projektes würde er eine Gewerbeberechtigung für die höchstens zehn Betten einholen.

10           Mit dem angefochtenen Beschluss des LVwG wurde der Beschwerde mit der Maßgabe Folge gegeben, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Amtsrevisionswerber zurückverwiesen werde.

11           Die ordentliche Revision gegen diesen Beschluss wurde für zulässig erklärt, weil zu den Fragen, unter welchen Voraussetzungen ein Betrieb zur gewerblichen Beherbergung im Sinne des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 und unter welchen Voraussetzungen ein Apartmenthaus zur touristischen Nutzung im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 anzunehmen sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes existiere.

12           Unter Bezugnahme auch auf frühere Raumordnungsgesetze des Landes Salzburg hielt das LVwG fest, seiner Ansicht nach liege - entgegen der Auffassung der Revisionswerberin - gegenständlich kein Apartmenthaus zur touristischen Nutzung im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 vor. Mangels gesetzlicher Vorgabe des ROG 2009, ab welcher Anzahl von Ferienwohnungen innerhalb eines Baues dieser als Apartmenthaus im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 gelten solle, sei unter Rückgriff auf die zuletzt in Geltung gestandene Regelung in diesem Zusammenhang, nämlich § 17 Abs. 3 ROG 1992 in der Fassung LGBl. Nr. 13/1995, bereits bei einer Ferienwohnung in einem Bau von einem „Apartmenthaus“ auszugehen. Für diese Auslegung spreche, dass bis zum Inkrafttreten des ROG 2009 Bauten mit einer oder mehreren Zweitwohnungen, insbesondere auch in der Form von Apartmenthäusern und Feriensiedlungen, nur in Zweitwohnungsgebieten zulässig gewesen seien (Verweis auf § 17 Abs. 1 Z 8 lit. a ROG 1998 in Verbindung mit § 17 Abs. 3 zweiter Satz ROG 1998). Offenbar sei der Raumordnungsgesetzgeber bei der Verwendung des Begriffes „Apartmenthäuser“, was die Relation der als Apartments genutzten Wohnungen zu den übrigen Wohnungen innerhalb eines Baues anlange, auch für das ROG 2009 von diesem Verständnis ausgegangen.

13           Vorliegend sei daher aufgrund des bloßen Umstandes, dass im Vergleich zu den übrigen zwölf Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss sowie im Dachgeschoss nur fünf Wohneinheiten für eine touristische Nutzung im Erdgeschoss vorgesehen seien und somit in Bezug auf die Anzahl der Wohnungen nicht der gesamte Bau als solcher überwiegend touristisch genutzt werde, nicht davon auszugehen, dass kein Apartmenthaus im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 vorliege.

14           In Bezug auf die konkrete Ausgestaltung des Bauvorhabens und bei Heranziehung des Betriebskonzeptes und der Baubeschreibung könne aber nicht davon gesprochen werden, dass inhaltlich betrachtet der Mitbeteiligte ein Apartmenthaus betreibe. Im Sinne der Rechtsprechung (Verweis auf VwGH 27.2.1998, 94/06/0270) verfüge der Betrieb des Mitbeteiligten über einen Empfangsbereich, eine Rezeption sowie über Flächen, auf denen etwa ein Frühstück eingenommen werden könne. Auch sei - wenn auch im bescheidenem Ausmaß - ein Raum für die Unterbringung von Utensilien zur Reinigung des Apartments vorgesehen. Es könne somit nicht davon gesprochen werden, dass den Gästen ausschließlich die Apartments zur Verfügung stünden, ohne dass sonstige Versorgungseinrichtungen vorhanden wären.

15           Zumal der Raumordnungsgesetzgeber auch nicht gewisse Mindestkriterien in Bezug auf die Ausstattung eines Apartmenthauses, um von einem solchen ausgehen zu können, vorsehe bzw. nicht normiere, unter welchen Voraussetzungen insbesondere im Kontext des ROG 2009 ein Apartmenthaus zur touristischen Nutzung anzunehmen sei, sei § 30 Abs. 4 ROG 2009 und die darin (und in § 39 Abs. 2 ROG 2009) enthaltene Wendung „Apartmenthäuser zur touristischen Nutzung“ im Zweifel in verfassungskonformer Interpretation, die im Hinblick auf das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art. 5 StGG restriktiv geboten sei, und nach dem Grundsatz der Baufreiheit, wonach gesetzliche Beschränkungen im Zweifel zu Gunsten der Baufreiheit auszulegen seien, einschränkend auszulegen.

16           Bei dieser gebotenen restriktiven Auslegung könne vorliegend bei der konkreten Ausgestaltung des Beherbergungsbetriebes laut Bauvorhaben des Mitbeteiligten nicht von einem Apartmenthaus zur touristischen Nutzung ausgegangen werden. Die baubehördliche Bewilligung könne somit nicht mit der Begründung versagt werden, dass im Flächenwidmungsplan für die gegenständliche Fläche eine Kennzeichnung nach § 39 Abs. 2 ROG 2009 fehle.

17           In Bezug auf § 31 Abs. 5 ROG 2009 sei darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Bau unstrittig mehr als fünf Wohnungen aufweise, nicht im Zweitwohnungsgebiet nach § 30 Abs. 1 Z 9 ROG 2009 liege und der Mitbeteiligte eine touristische Nutzung der Wohnung beabsichtige.

18           Nach § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 gelte in Betrieben zur gewerblichen Beherbergung das in § 31 Abs. 5 erster Satz ROG 2009 angeordnete Verbot der touristischen Nutzung von Wohnungen nicht. Das LVwG gehe davon aus, dass gegenständlich ein Betrieb zur gewerblichen Beherbergung vorliege, ungeachtet dessen grundsätzlich aber auch ein Apartmenthaus im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 ein Betrieb zur gewerblichen Beherbergung im Sinne des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 sei.

19           Sowohl vorliegend (was unter anderem mit dem Betriebskonzept des Mitbeteiligten begründet wurde) als auch bei einem Apartmenthaus nach § 30 Abs. 4 ROG 2009 liege eine „gewerbliche Beherbergung“ vor. Bereits ein geringes Ausmaß an für die Beherbergung typischen Dienstleistungen sei für den Begriff der „gewerblichen Beherbergung von Gästen“ ausreichend.

20           Zudem sei vorliegend, aber auch bei einem Apartmenthaus nach § 30 Abs. 4 ROG 2009 von einem „Betrieb“ zur gewerblichen Beherbergung auszugehen. Aus dem Betriebskonzept des Mitbeteiligten werde - wenn auch in relativ eingeschränkter Form - eine laufende Obsorge hinsichtlich der vermieteten Räume im Sinne einer daraus resultierenden Betreuung des Gastes deutlich und diese laufende Obsorge erfolge auch im gegenständlichen Objekt in einer organisatorischen Einheit, sodass kein Grund ersichtlich sei, weshalb das Bauvorhaben nicht als ein „Betrieb zur gewerblichen Beherbergung“ zu qualifizieren wäre. Dabei sei letztlich auch nicht (alleine) ausschlaggebend, in welcher Quadratmeteranzahl eine Fläche zur Verköstigung jedes einzelnen Gastes vorgesehen sei, sondern es sei vom Mitbeteiligten nach dem Betriebskonzept jedenfalls eine laufende Obsorge im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgesehen, sodass insoweit auch von einem Beherbergungsbetrieb (und damit von einem „Betrieb zur gewerblichen Beherbergung“) auszugehen sei (Verweis auf VwGH 2008/06/0200 zum „Gastgewerbebetrieb“).

21           Zur Frage, ob der Ausnahmetatbestand des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 erfüllt sei, könne es nicht maßgeblich sein, ob der Bauwerber über eine entsprechende Gewerbeberechtigung oder über eine Genehmigung für eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne der §§ 74 ff GewO 1994 verfüge oder ob er etwa eine weitere Betriebsstätte im Sinne der §§ 46 ff GewO 1994 angezeigt habe.

22           Wie aufgezeigt, sei nicht nur der Betrieb des Mitbeteiligten laut eingereichtem Bauvorhaben (ungeachtet seiner Bezeichnung), sondern es seien regelmäßig auch Apartmenthäuser im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 Betriebe zur gewerblichen Beherbergung.

23           In Bezug auf Apartmenthäuser zur touristischen Nutzung im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 sei - wenn man das Verhältnis zur Regelung des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 betrachte - festzuhalten, dass vor dem Hintergrund der Erläuternden Bemerkungen die beiden Bestimmungen so auszulegen seien, dass die Regelung des § 30 Abs. 4 ROG 2009 deshalb notwendig sei, weil der Betrieb eines Apartmenthauses zur touristischen Nutzung in den Bauland-Kategorien gemäß § 30 Abs. 1 Z 1 bis 5 ROG 2009 ansonsten offenbar nach § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 zulässig wäre.

24           Es sei die Intention des Gesetzgebers erkennbar, dass § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 grundsätzlich Apartmenthäuser zur touristischen Nutzung erfasse, also Apartmenthäuser vom grundsätzlichen Verbot der touristischen Nutzung ausgenommen seien, § 30 Abs. 4 ROG 2009 aber derartige Apartmenthäuser einer Kennzeichnungspflicht unterwerfe. Gerade weil gewerbliche Apartmenthäuser vom Verbot der touristischen Nutzung ausgenommen seien, normiere § 30 Abs. 4 ROG 2009 eine Kennzeichnungspflicht.

25           Würden somit wie gegenständlich die Gäste im Betrieb des Mitbeteiligten beherbergt, stelle dies genauso wie beim Apartmenthaus zur touristischen Nutzung im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 einen Betrieb zur gewerblichen Beherbergung dar, sodass dies unter § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 falle.

26           Dem Mitbeteiligten könne daher die Baubewilligung weder mit der Begründung der fehlenden Kennzeichnung nach § 30 Abs. 4 ROG 2009 noch mit der Begründung, das Bauvorhaben fiele nicht unter § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009, verwehrt werden.

27           In weiterer Folge begründete das LVwG, weshalb es die Zurückverweisung der Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG anordnete.

28           Dagegen richtet sich die Amtsrevision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

29           Die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Amtsrevision kostenpflichtig keine Folge zu geben.

30           Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

31           Zu ihrer Zulässigkeit wird in der Amtsrevision vorgebracht, es existiere keine einschlägige Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Apartmenthaus zur touristischen Nutzung im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 bzw. ein Beherbergungsbetrieb im Sinne des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 vorliege und in welchem Spannungsverhältnis diese beiden Bestimmungen zu sehen seien. Würde man der Argumentation des LVwG folgen, reiche die bloße Behauptung geringfügiger Dienstleistungen und somit bereits die bloße Annahme einer gewerblichen Tätigkeit, um die genannten Bestimmungen zu einer bedeutungslosen Leerformel verkommen zu lassen. Dies würde entgegen der Intention des Gesetzgebers eine zusätzliche massive Konkurrenzierung auf dem Wohnbaulandmarkt bewirken. Es komme bereits aus diesem Grund der Lösung der in Frage stehenden Abgrenzungsproblematik grundsätzliche Bedeutung zu.

32           Darüber hinaus wendet sich die Amtsrevision mit näherer Begründung gegen die durch den angefochtenen Beschluss des LVwG gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG angeordnete Zurückverweisung der Angelegenheit.

33           Ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen (VwGH 16.9.2020, Ra 2020/06/0128, mwN).

34           Die Amtsrevision erweist sich aufgrund des zu § 30 Abs. 4 ROG 2009 bzw. § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 erstatteten Vorbringens als zulässig. Sie ist aus nachstehenden Gründen im Ergebnis auch berechtigt, weil das angefochtene Erkenntnis der durch die hg. Judikatur präzisierten Rechtslage widerspricht.

35           Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009, LGBl. Nr. 30 in der Fassung LGBl. Nr. 9/2016, lauten:

Bauland

Paragraph 30,

(1) Die Nutzungsart Bauland gliedert sich in folgende Kategorien:

...

2. Erweitertes Wohngebiet (EW): in einem solchen sind zulässig:

...

(4) In den Bauland-Kategorien gemäß Absatz eins, Ziffer eins bis 5 sind Feriendörfer und Apartmenthäuser zur touristischen Nutzung erst nach Kennzeichnung der Flächen gemäß Paragraph 39, Absatz 2, zulässig.

...

Zweitwohnungen

Paragraph 31,

...

(2) Eine Verwendung als Zweitwohnung liegt vor, wenn Wohnungen oder Wohnräume dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken dienen und diese Nutzung nicht im Rahmen des Tourismus (gewerbliche Beherbergung, Privatzimmervermietung udgl) erfolgt. Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den typischen Beherbergungsvertrag hinausgehen, schließen die Annahme einer Nutzung im Zusammenhang mit dem Tourismus aus.

...

(5) Eine touristische Nutzung von Wohnungen ist außerhalb von ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten in Bauten mit mehr als fünf Wohnungen nicht zulässig. Dieses Verbot gilt nicht:

1. in Betrieben zur gewerblichen Beherbergung;

...

Kennzeichnung von Stadt- und Ortskernbereichen, von Flächen für Einzelhandelsnutzungen in Betriebs- oder Gewerbegebieten und von Flächen für Feriendörfer oder Apartmenthäuser

Paragraph 39,

...

(2) In den Bauland-Kategorien gemäß Paragraph 30, Absatz eins, Ziffer eins bis 5 können Flächen für Feriendörfer oder Apartmenthäuser zur touristischen Nutzung gekennzeichnet werden. Eine solche Kennzeichnung soll nur vorgenommen werden, wenn keine erheblich nachteiligen Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung in ihren Grundbedürfnissen gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 5, zu erwarten sind.

...“

36           In seinem Erkenntnis vom 4. Juli 2019, Ro 2017/06/0009 bis 0019, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Salzburger Landesgesetzgeber auch bei der Regelung des Ausnahmetatbestandes in § 31 Abs. 5 ROG 2009 das Ziel der Vermeidung von Nutzungskonflikten vor Augen hatte und aus diesem Grund die mit der touristischen Verwendung einer einzelnen Wohnung in einem Wohngebäude verbundene Störung der Nutzer der übrigen Wohnungen, die durch die höhere Frequentierung des Wohnhauses durch ständig wechselnde hausfremde Personen verursacht wird, hintanhalten wollte. Auch vor dem Hintergrund dieser Intention des Salzburger Landesgesetzgebers ist daher die Auslegung geboten, dass von dem in Rede stehenden Ausnahmetatbestand nur die touristische Verwendung solcher Wohnungen erfasst wird, die sich in einem Gebäude befinden, in welchem ohnehin schon ein Beherbergungsbetrieb angesiedelt ist.

37           Ferner hatte sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. September 2019, Ro 2017/06/0006, mit einem Fall zu befassen, in dem der dort mitbeteiligten Partei in einem Straferkenntnis der Behörde zunächst vorgeworfen worden war, eine Wohnung touristisch genutzt zu haben, indem diese tageweise als Ferienwohnung an Beherbergungsgäste vermietet worden sei, das Straferkenntnis in weiterer Folge jedoch vom LVwG aufgehoben wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hielt im zitierten, die Entscheidung des LVwG aufhebenden Erkenntnis fest, wie im Erkenntnis Ro 2017/06/0009 bis 0019 hätte das LVwG nicht schon allein deshalb, weil seitens der mitbeteiligten Partei in der gegenständlichen Wohnung eine gewerbliche Beherbergung stattgefunden habe, den Ausnahmetatbestand des § 31 Abs. 5 ROG 2009 als erfüllt ansehen dürfen. Die (dort) gegenständliche, im Rahmen einer Gewerbeberechtigung erfolgende Vermietung einer Wohnung sei nicht mit einem Betrieb zur gewerblichen Beherbergung im Sinne des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 gleichzusetzen.

38           Wenn nun das LVwG im Revisionsfall davon ausgeht, dass „kein Apartmenthaus“ im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 vorliege, übersieht es, dass dies nicht ausschlaggebend ist. Auch dann, wenn die Vermietung als gewerblich anzusehen sein könnte, sodass ein gewerblicher Betrieb vorliegen könnte, liegt im Revisionsfall kein Betrieb zur gewerblichen Beherbergung im Sinn des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 vor, weil der Salzburger Landesgesetzgeber nicht jegliche Nutzung von Wohnungen zur gewerblichen Beherbergung vom Verbot der touristischen Nutzung ausnehmen wollte (VwGH Ro 2017/06/0009 bis 0019). § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 erfasst nach der hg. Rechtsprechung nicht jegliche gewerblich vermietete Wohnung in Bauten mit mehr als fünf Wohnungen, sondern nur Gebäude, in denen sich bereits ein Gewerbebetrieb befindet (vgl. erneut VwGH Ro 2017/06/0009 bis 0019). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Ro 2017/06/0006 klargestellt hat, ist nicht jede im Rahmen einer Gewerbeberechtigung erfolgende Vermietung einer Wohnung mit einem Betrieb zur gewerblichen Beherbergung im Sinne des § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 gleichzusetzen.

39           Im Revisionsfall beabsichtigt der Mitbeteiligte die bauliche Umgestaltung des Erdgeschosses des in Rede stehenden Objektes derart, dass fünf gesonderte Wohneinheiten mit Beherbergungszimmern entstehen. Im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss des Objektes befinden sich unstrittig zwölf selbstständige Wohnungen, die nicht touristisch genutzt werden.

40           Nach der zitierten hg. Judikatur liegt daher wegen der „gemischten Verwendung“ des Objektes der in § 31 Abs. 5 Z 1 ROG 2009 gemeinte Fall eines Betriebes zur gewerblichen Beherbergung als Ausnahmetatbestand vom Verbot der touristischen Nutzung von Wohnungen nicht vor.

41           Es existiert darüber hinaus keine Kennzeichnung für Feriendörfer oder Apartmenthäuser zur touristischen Nutzung (§ 39 Abs. 2 ROG 2009), weshalb die Frage, ob gegenständlich ein Apartmenthaus im Sinne des § 30 Abs. 4 ROG 2009 vorliegt, nicht beurteilt werden muss.

42           Die rechtliche Beurteilung des LVwG erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig.

43           Da die Amtsrevisionswerberin gemäß § 28 Abs. 3 dritter Satz VwGVG an die rechtliche Beurteilung gebunden wäre, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem zurückverweisenden Beschluss ausgegangen ist, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das Revisionsvorbringen, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zurückverweisung der Angelegenheit durch das LVwG seien nicht vorgelegen, näher einzugehen war.

Wien, am 22. April 2021

European Case Law Identifier

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2017060024.J00