Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

07.03.2017

Geschäftszahl

Ra 2016/04/0111

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der revisionswerbenden Parteien

1. DDI D M in N, 2. MMag. D S in W, beide vertreten durch Niernberger Kleewein Rechtsanwälte in 8010 Graz, Elisabethstraße 50c, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. Mai 2016, Zlen. VGW-122/V/077/1561/2015, VGW- 122/V/077/1562/2015, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: L GmbH in W, vertreten durch Jeannee Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Bösendorferstraße 5/8), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht vom 5. Dezember 2014 wurde eine näher beschriebene Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung von Auflagen gemäß Paragraph 81, Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) genehmigt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Genehmigungswerberin (mitbeteiligte Partei), die revisionswerbenden Parteien sowie ein weiterer (am gegenständlichen Revisionsverfahren nicht beteiligter) Nachbar jeweils Beschwerde.

2 Auf Grund dieser Beschwerden traf das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 30. Mai 2016 folgende Entscheidung: Der bekämpfte Bescheid wurde dahingehend geändert, dass die Beschreibung der Änderung der Betriebsanlage um einige Absätze (betreffend einen von der Genehmigungswerberin vorgelegten Bericht über Geruchsstoffkonzentrationen in der Abluft sowie eine nähere Beschreibung der Betriebsweise hinsichtlich der Ableitung der Küchenabluft) ergänzt bzw. einzelne Auflagen abgeändert und weitere Auflagen vorgeschrieben wurden (etwa im Zusammenhang mit dem Schließen der Fenster bzw. dem Betrieb der Abluftbehandlungsanlage). Im Übrigen wurden die Beschwerden abgewiesen und der bekämpfte Bescheid bestätigt. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG für unzulässig erklärt.

Zum Prüfungsumfang hielt das Verwaltungsgericht im Hinblick auf das Vorbringen der revisionswerbenden Nachbarn fest, dass ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung des Standes der Technik nicht bestehe. Es sei auch nicht zu prüfen, ob ein anderer (der Betriebsanlage näher gelegener, am Verfahren aber nicht teilnehmender) Nachbar in einem Recht verletzt sei.

Zur Geruchsbelästigung durch die Küchenabluft wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass das Bewilligungsansuchen der Betriebsinhaberin unter anderem durch die technischen Daten der Lüftungsanlage und die nach Reinigung der Abluft verbleibenden Emissionswerte determiniert sei. Die Emissionswerte seien damit Projektbestandteil und für die Betriebsinhaberin im Fall der Genehmigung ihres Projektes verbindlich. Ein Küchenbetrieb, der höhere Emissionswerte verursachen würde, wäre vom Projekt nicht umfasst. Durch die - an der Austrittsstelle der Abluft ca. 0,5 m über dem Dachfirst erfolgte - Messung sei nachgewiesen, dass der Küchenbetrieb so geführt werden könne, dass die Werte nicht überschritten würden. Eine nochmalige Messung könne nur darüber Aufschluss geben, ob die Betriebsinhaberin die Anlage konsensgemäß betreibe. Bei konsensgemäßem Betrieb seien die Zusatzemissionen im Hinblick auf die Ausführungen des beigezogenen Amtssachverständigen nicht als unzumutbar anzusehen.

Zur Geruchsbelästigung durch das Offenhalten der Fenster hielt das Verwaltungsgericht fest, dass durch die Projektbeschreibung sichergestellt sei, dass aus dem Küchenbereich keine Geruchsemissionen in den Gastraum (und in der Folge ins Freie) entweichen können. Die Speisengerüche aus dem Gastraum würden sich nicht von den Speisengerüchen aus dem Gastgarten (der nicht Gegenstand der Änderungsgenehmigung sei) unterscheiden, weshalb insoweit keine wahrnehmbaren Geruchsemissionen zu erwarten seien.

Hinsichtlich der Schallemissionen aus dem Gastraum durch die geöffneten Fenster ging das Verwaltungsgericht gestützt auf die Ausführungen des Amtssachverständigen davon aus, dass diese Emissionen diejenigen resultierend aus dem Betrieb des Schanigartens nicht übersteigen würden.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach Paragraph 34, Absatz eins, VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach Paragraph 34, Absatz eins a, VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (Paragraph 28, Absatz 3, VwGG) zu überprüfen.

5 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

6 Die revisionswerbenden Parteien monieren, das Verwaltungsgericht sei von (näher bezeichneter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen - von Ausnahmefällen abgesehen - Messungen grundsätzlich der Vorrang vor Berechnungen einzuräumen sei. Das Verwaltungsgericht habe sein Erkenntnis ausschließlich auf Emissionsmessungen gestützt und nicht festgestellt, dass Immissionsmessungen an den relevanten Punkten nicht möglich gewesen seien.

7 Bezüglich der Geruchsbelästigungen hat das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Einhaltung bestimmter Emissionswerte verbindlicher Bestandteil des Änderungsprojektes sei und eine weitere Messung daher nur Aufschluss darüber geben könnte, ob die mitbeteiligte Partei die Anlage projektgemäß betreibe vergleiche zum Gegenstand eines gewerberechtlichen Genehmigungsverfahrens etwa den hg. Beschluss vom 7. Juli 2015, Ra 2015/04/0049, sowie - hinsichtlich einer Änderungsgenehmigung - das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, 2001/04/0204). Zu dieser Begründung des Verwaltungsgerichtes wird seitens der revisionswerbenden Parteien keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Es wird im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung auch nicht dargelegt, dass bei Einhaltung der von der Betriebsinhaberin insoweit zugesicherten Emissionswerte eine unzumutbare Belästigung eintritt.

8 Hinsichtlich der Lärmbelästigung wird den diesbezüglichen Feststellungen, wonach die durch die geöffneten Fenster zu erwartenden Schallemissionen nicht die vom (bereits betriebenen) Gastgarten ausgehenden Schallemissionen übersteigen, nicht entgegengetreten. Zudem kann - zumal sich dem angefochtenen Erkenntnis entnehmen lässt, dass an einer Mehrzahl von Messpunkten Messungen erfolgt sind - darauf verwiesen werden, dass die Wahl der Messpunkte in den fachlichen Verantwortungsbereich des Sachverständigen fällt und sie daher, soweit sie nach allgemeinem Erfahrungsgut nicht bereits als unschlüssig zu erachten ist, nur durch auf gleicher fachlicher Ebene stehendes Vorbringen entkräftet werden kann vergleiche etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2016, Ra 2015/04/0093, mwN).

9 Soweit die Revisionswerberin rügt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob die Messungen - wie nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich -

unter den für die Nachbarn ungünstigsten Bedingungen vorgenommen worden seien, fehlt es dem diesbezüglichen Zulässigkeitsvorbringen an der erforderlichen Relevanzdarstellung (siehe zum erforderlichen Aufzeigen der Relevanz im Zusammenhang mit Messungen etwa das bereits zitierte Erkenntnis Ra 2015/04/0093, bzw. zur Relevanz bei Prüfung der Zulässigkeit den hg. Beschluss vom 24. März 2015, Ra 2015/05/0006, mwN).

10 Weiters bringen die revisionswerbenden Parteien vor, das Verwaltungsgericht habe - indem es sich auf Grund der angenommenen Beschränkung des Prüfungsumfangs als nicht zuständig erachtet hat, darüber zu entscheiden, ob die Emissionen nach dem Stand der Technik beschränkt worden seien - verkannt, dass es von Amts wegen verpflichtet gewesen wäre, zur Wahrung der unzureichend geschützten Interessen nach Paragraph 74, Absatz 2, GewO 1994 Auflagen vorzuschreiben.

11 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass den Nachbarn im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung des Standes der Technik bei der Begrenzung der Luftschadstoffe nicht zukommt (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, 2000/04/0069, mwN). Soweit die revisionswerbenden Parteien die hg. Judikatur zur amtswegigen Vorschreibung von Auflagen ins Treffen führen, genügt der Hinweis, dass im vorliegenden Fall - soweit dies zum Schutz der Interessen nach Paragraph 74, Absatz 2, GewO 1994 als erforderlich erachtet wurde - ohnehin zahlreiche Auflagen vorgeschrieben worden sind.

12 Die Revision war daher gemäß Paragraph 34, Absatz eins, VwGG zurückzuweisen. Wien, am 7. März 2017