Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

19.11.2014

Geschäftszahl

2012/22/0102

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schweda, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 10. April 2012, Zl. 321.364/2- III/4/11, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Bundesministerin für Inneres (in der Folge kurz als "Behörde" bezeichnet) den am 17. Februar 2011 bei der erstinstanzlichen Behörde gestellten Erstantrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, auf Erteilung einer "Aufenthaltsbewilligung - Selbständiger", der seit dem 1. Juli 2011 als Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" zu werten sei, gemäß Paragraph 41, Absatz 2, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) und Paragraph 24, Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die schlüssige Darstellung der beabsichtigten selbständigen Erwerbstätigkeit in den Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) Niederösterreich vom 27. April 2011, vom 27. Mai 2011 und vom 2. April 2012 habe ergeben, dass hinsichtlich der Schaffung von Arbeitsplätzen und/oder eines Transfers von Investitionskapital nichts hervorgebracht worden sei. Nach dem letzten Gutachten, das die in der Berufung vorgelegten Unterlagen berücksichtigte, sei mit der Aktivität der S. KG (Handelsgewerbe und Handelsagent) kein Geldfluss im Bundesgebiet verbunden. Das Erzielen eines geringfügigen Gewinnes stelle keinen Kapitaleinsatz iS Paragraph 24, AuslBG dar. Erhebungen hätten ergeben, dass nur mehr der Beschwerdeführer bei der Gesellschaft beschäftigt sei. Die bedarfsbedingte Anstellung einer Arbeitskraft begründe keine wirtschaftliche Wertschöpfung im Sinne des Paragraph 24, AuslBG.

Die behauptete einmalige Investition in der Höhe von EUR 40.000,--, worüber kein Nachweis erbracht worden sei, sei - wie die Behörde weiter ausführt - einerseits nicht als maßgeblicher monetärer Aufwand im Sinne des Paragraph 24, AuslbG zu werten und stelle andererseits keinen anhaltenden Geldeinsatz dar, weshalb daraus kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen resultiere. Die Beschäftigung von drei Arbeitskräften, wobei lediglich die Anstellung einer Person belegt worden sei, begründe keine wirtschaftliche Wertschöpfung im Sinne des Paragraph 24, AuslbG. Das Erzielen eines geringfügigen Gewinnes sei kein Kapitaleinsatz im Sinne des Paragraph 24, AuslbG.

Folglich komme der S. KG, in welcher der Beschwerdeführer alleiniger und unbeschränkt haftender Gesellschafter sei, keine ökonomische "Gesamtbedeutung" zu.

Nach Bewertung der Aktenlage, der angeführten Gutachten sowie der Berufung stehe fest, dass die vom Beschwerdeführer angestrebte selbständige Erwerbstätigkeit keinesfalls als die einer Schlüsselkraft angesehen werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die Behörde erwogen:

Soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013,, nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß Paragraph 79, Absatz 11, VwGG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2013, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Mai 2012 sind die Bestimmungen des NAG in der Fassung des Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 112 aus 2011, anzuwenden.

Gemäß Paragraph 41, Absatz 2, Ziffer 4, NAG kann Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des ersten Teiles des NAG erfüllen und ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß Paragraph 24, AuslBG vorliegt.

Paragraph 24, AuslBG in der maßgeblichen Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 101 aus 2005, lautet:

"Erstellung von Gutachten für selbständige Schlüsselkräfte

Paragraph 24,. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß Paragraph 41, NAG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."

In Bezug auf die Würdigung dieses Gutachtens gelten die in Paragraph 45, AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs vergleiche etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 2013, 2010/22/0204).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus Paragraph 24, AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als Schlüsselkraft führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist vergleiche das angeführte Erkenntnis vom 17. April 2013, mwN).

Der Beschwerdeführer rügt, dass ihm die Gutachten vom 27. Mai 2011 und vom 2. April 2012 nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Hinsichtlich des Gutachtens vom 27. Mai 2011 ist darauf zu verweisen, dass ihm dieses mit dem erstinstanzlichen Bescheid zugestellt wurde. Dieser Mangel im erstinstanzlichen Verfahren ist somit durch die mit einer Berufung verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme als saniert anzusehen vergleiche das hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, Zl. 2000/08/0203). Zur vorgebrachten Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör betreffend das Gutachten vom 2. April 2012, dessen Inhalt im angefochtenen Bescheid wiedergegeben wird, unterlässt es der Beschwerdeführer die Relevanz des Verfahrensmangels aufzuzeigen. Die Behörde ging in ihrer Beurteilung ohnehin - zumindest in eventu - davon aus, dass - wie in der Beschwerde vorgebracht - in der Firma Investitionen in der Höhe von EUR 40.000,-- getätigt und bis zu drei Arbeitsplätze geschaffen worden seien.

Der Gerichtshof hegt keine Bedenken gegen die Richtigkeit der behördlichen Ansicht, dass die Beschäftigung von drei Arbeitskräften und eine Investition von EUR 40.000,-- nicht zur Qualifizierung der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Schlüsselkraft führen können. Die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers trägt nur unwesentlich zur Schaffung neuer und Sicherung bestehender Arbeitsplätze bei vergleiche das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2013, Zl. 2012/22/0057, betreffend fünf - teilweise geringfügig bzw. mit 25 Wochenstunden beschäftigte - Arbeitnehmer). Weiters führt die einmalige und nicht näher dargelegte Investition von EUR 40.000,-- nicht zu einem maßgeblichen Transfer von Investitionskapital nach Österreich vergleiche das hg. Erkenntnis vom 18. März 2014, Zl. 2013/22/0172).

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtsverletzung nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 und Paragraph 3, Ziffer eins, der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 8 aus 2014,.

Wien, am 19. November 2014