Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

24.02.2009

Geschäftszahl

2009/11/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, in der Beschwerdesache der B W in W, vertreten durch Denk & Kaufmann, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 4/8, betreffend Wiedereinsetzung in das hg. Beschwerdeverfahren Zl. 2008/11/0161, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag wird stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. Juli 2008 stellte die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend gemäß Paragraph 11, Ziffer 4 und Paragraph 19, Psychotherapiegesetz fest, dass die Berechtigung der Beschwerdeführerin zur selbständigen Ausübung der Psychotherapie auf Grund des Wegfalls der gesundheitlichen Eignung nicht mehr bestehe. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 23. September 2008, B 1477/08-8, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde mit Verfügung vom 9. Oktober 2008 der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtesvertreters zur Ergänzung binnen vier Wochen zurückgestellt und darauf hingewiesen, dass das Original der zurückgestellten Beschwerde (dem der angefochtene Bescheid angeschlossen war) wieder vorzulegen sei und die Versäumung dieser Frist als Zurückziehung der Beschwerde gelte. Mit Schriftsatz vom 12. November 2008 ergänzte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde, unterließ es jedoch, dem Verwaltungsgerichtshof das Original ihrer Beschwerde samt angeschlossenem angefochtenen Bescheid wieder vorzulegen. Mit hg. Beschluss vom 16. Dezember 2008, Zl. 2008/11/0161, wurde das Beschwerdeverfahren gegen den obgenannten Bescheid vom 4. Juli 2008 daher gemäß Paragraphen 34, Absatz 2 und 33 Absatz eins, VwGG eingestellt.

Mit dem gegenständlichen Antrag vom 26. Jänner 2009 beantragt die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 46, VwGG und legt gleichzeitig das Original ihrer zur Zl. 2008/11/0161 protokollierten Beschwerde und den dort angeschlossenen angefochtenen Bescheid vor. Sie begründet diesen Antrag im Wesentlichen mit einem Irrtum der besonders sorgfältigen und verlässlichen Kanzleiangestellten ihres Rechtsvertreters. Diese habe es im Zuge des persönlichen Überreichens des die Beschwerde ergänzenden Schriftsatzes beim Verwaltungsgerichtshof am 12. November 2008 irrtümlich und entgegen einem diesbezüglichen Auftrag des Rechtsvertreters unterlassen, auch das Original der Beschwerde samt angefochtenem Bescheid abzugeben. Obwohl der Rechtsvertreter seine Mitarbeiterin kontrolliert habe, sei ihm dieser Irrtum nicht aufgefallen, weil die Kanzleiangestellte das Original der Beschwerde in der Kanzlei des Rechtsvertreters in den "Unterakt Verfassungsgerichtshof" eingereiht habe. Die Beschwerdeführerin habe von diesem Irrtum der Kanzleiangestellten erst mit der Zustellung des genannten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2008 Kenntnis erlangt, sodass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb der Frist des Paragraph 46, Absatz 3, VwGG eingebracht worden sei. Zum Nachweis für ihr Vorbringen bot die Beschwerdeführerin entsprechende Beweismittel an. Da es sich um eine verlässliche Kanzleiangestellte des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin handle, der bei der Überbringung der Beschwerde, somit einer rein manipulativen Tätigkeit, ein Irrtum unterlaufen sei, und der Rechtsvertreter seine Mitarbeiterin zuvor richtig angewiesen und danach auch kontrolliert habe, liege ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, VwGG vor, das ohne Verschulden der Partei die Einhaltung der Verbesserungsfrist verhindert habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken gegen die Richtigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Wiedereinsetzungsantrag.

Gemäß Paragraph 46, Absatz eins, VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Im vorliegenden Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin die ihr vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Paragraph 34, Absatz 2, VwGG gesetzte Frist zur vollständigen Verbesserung ihrer Beschwerde versäumt, weil einer Kanzleiangestellten ihres Rechtsvertreters ein Versehen bei der Überreichung der Schriftstücke beim Verwaltungsgerichtshof unterlaufen ist. Durch die Einstellung des Beschwerdeverfahrens erwächst der Beschwerdeführerin ein Rechtsnachteil.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist zwar das Verschulden eines Bevollmächtigten dem Verschulden einer Partei gleich zu halten. Hingegen trifft das Verschulden eines Kanzleibediensteten des Parteienvertreters nicht schlechthin die Partei, sondern nur dann, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleiangestellten nicht nachgekommen ist vergleiche zum Ganzen beispielsweise die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 unter E 263 zu Paragraph 71, AVG referierte hg. Judikatur).

Nach gleichfalls ständiger hg. Rechtsprechung ist ein Versehen von sonst verlässlichen Kanzleiangestellten bei der Abfertigung von Schriftstücken, also rein technischen Vorgängen, wie der Postaufgabe oder der Überreichung von Schriftstücken direkt bei der Behörde, grundsätzlich nicht dem Verschulden des Rechtsanwaltes gleich zu setzen, weil ihm bei manipulativen Vorgängen durch eine verlässliche Kanzleikraft eine zusätzliche Kontrolle nicht zumutbar ist vergleiche die Rechtsprechung bei Walter/Thienel, aaO, E 244 und 254).

Da die gegenständliche Fristversäumung somit auf einem unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignis im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, VwGG beruhte, war dem Antrag stattzugeben.

Wien, am 24. Februar 2009