Verwaltungsgerichtshof
30.03.2006
2003/15/0062
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des Finanzamtes Krems an der Donau gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 6. Juni 2003, GZ. RV/3347- W/02, betreffend Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß Paragraph 188, BAO für die Jahre 1999 und 2000 (mitbeteiligte Parteien: 1. J, Landwirt, 2. D, Landwirtin, beide in E), zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Ein von der beschwerdeführenden Partei beantragter Kostenzuspruch findet nicht statt.
Strittig ist, ob die Entgelte für die partielle Überlassung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes für die Errichtung und Betreibung eines Handymastes Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (Paragraph 21, EStG 1988) oder aus Vermietung und Verpachtung (Paragraph 28, EStG 1988) darstellen.
Die Mitbeteiligten, ein Ehepaar, betreiben eine Landwirtschaft. Sie sind Hälfteeigentümer der Liegenschaften EZ 12, darunter das Grundstück Nr. 50 mit einer Fläche von 888 m2. Das Grundstück wird teils als Ziegengehege, teils als Wiese genutzt. Im Bereich der Nutzung als Wiese wurde von Dritten eine Sendemastanlage auf einer Fläche von 17,60 m2 (4,2 m x 4,2 m) errichtet und ein Container (im Ausmaß von 7,30 m2) aufgestellt. Eine Beeinträchtigung der landwirtschaftlich genutzten Fläche liegt durch den Sendemast und den Container nur im geringen Ausmaß vor.
Die Errichtung dieser Anlage erfolgte auf Grund nachstehend auszugsweise wiedergegebener Verträge. Die Mitbeteiligten schlossen mit der M. GmbH am 27. Dezember 1998 / 2. März 1999 einen Standortmietvertrag zur Errichtung und zum Betrieb einer Funkübertragungsstation. Der Abschluss des Mietvertrages erfolgte auf unbestimmte Zeit. Eine Kündigung ist mit 12-monatiger Frist zum Ende eines jeden Kalendermonats zulässig. Der Vermieter hat frühestens zum Ablauf des 20. Jahres nach Beginn des Mietverhältnisses das Recht zur Kündigung (Paragraph 2,). Der Vertragsgegenstand wurde in Paragraph eins, wie folgt umschrieben:
"§ 1
Vertragsgegenstand
...
1.2. Der Vermieter räumt M... das Recht ein, auf eigene
Kosten auf dem im Punkt 1.1. genannten Grundstück eine
Funkübertragungsstelle einschließlich Antennenanlage im Rahmen der
gesetzlichen Vorschriften zu installieren, zu betreiben, zu
unterhalten, zu ändern und zu erneuern und vermietet M... die
hiefür erforderlichen und geeigneten Grundstücksteile. Die
Funkübertragungsstelle dient dem Betrieb von Mobilfunkdiensten und
umfasst die dafür nötigen technischen Anlagen, Geräte, Anschlüsse
und Kabel.
1.3. Der Vermieter erwirbt an den von M... eingebrachten
Gegenständen keinerlei Eigentum. Die Funkübertragungsstelle ist
nur zu einem vorübergehenden Zweck bestimmt.
...
1.5. Der Vermieter gewährt M... sowie von ihr beauftragten
Dritten jederzeit ungehinderten Zugang zu allen Teilen der Anlage."
Die Miete beträgt monatlich S 2.000,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer von S 400,-- (Paragraph 3, Miete, Zahlung). Nach Paragraph 4, (Mitbenutzung durch Dritte, Untervermietung) ist M. berechtigt, die Funkübertragungsstelle durch Dritte mitbenutzen zu lassen.
Am 4. Februar 1999 schlossen die Mitbeteiligten mit der C. GmbH einen Nutzungsvertrag. Nutzungsgegenstand ist der Mast vom M. und der Platz für das Equipment bzw. die Zufahrt zum Nutzungsgegenstand. Nach Artikel 2, dieses Vertrages räumten die Mitbeteiligten der C. GmbH das Recht ein, auf dem Nutzungsgegenstand gemäß der Standortbeschreibung (Beilage 1), die einen integrierenden Bestandteil dieser Vereinbarung bildet, eine Funkübertragungsstelle samt Antennenanlage und allen sonstigen notwendigen technischen Anlagen zu errichten und zu betreiben. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, das Nutzungsentgelt beträgt S 24.000,-- jährlich zuzüglich USt im jeweiligen Ausmaß.
Schließlich schlossen die Mitbeteiligten mit der M. Aktiengesellschaft einen Bestandsvertrag vom 2./23. Juni 1999, wonach sie der M. AG die Benützung der Mobilfunkstation der M. einschließlich erforderlicher Antennenanlage gestatten. Das Bestandsverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen; das Entgelt für die eingeräumten Nutzungsrechte wurde mit monatlich EUR 145,35 (S 2.000,--) vereinbart.
Die Mitbeteiligten - die sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligten - ermitteln ihren Gewinn gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes aus Land- und Forstwirtschaft in der jeweils geltenden Fassung. Im Jahr 1999 bezogen sie erstmals Einnahmen auf Grund der dargestellten Verträge. Sie erklärten diese Einnahmen in der Beilage zur Einkommensteuererklärung nicht buchführender Landwirte unter Einkünfte aus nicht landwirtschaftlicher Nutzungsüberlassung von Grund und Boden als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Auch die Nutzungsentgelte für das Jahr 2000 nahmen sie auf diese Weise in ihre Erklärung auf.
Das beschwerdeführende Finanzamt qualifizierte die Entgelte aus dem Standortmietvertrag/Bestandsvertrag/Nutzungsvertrag als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung lägen dann vor, wenn - ansonsten einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzurechnende Grundstücksflächen - für die Aufstellung von Handy- oder Sendemasten vermietet werden, und der Grund und Boden dadurch nicht mehr land- und forstwirtschaftlich nutzbar sei. Im Beschwerdefall sei der umzäunte und teilweise betonierte Bereich nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen der Mitbeteiligten Folge und hob die Bescheide des Finanzamtes vom 29. November 2001 betreffend Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß Paragraph 188, BAO für die Jahre 1999 und 2000 ersatzlos auf. In der Begründung führte sie ergänzend zum dargestellten unstrittigen Sachverhalt aus, die Mobilfunkbetreiber hätten gemäß den Verträgen mit den Mitbeteiligten die Bauarbeiten für den Handymast selbst durchgeführt und die dazugehörigen Baulichkeiten errichtet. Das Grundstück sei zur Gänze vermietet worden. Ein bestimmtes Flächenausmaß für die Nutzung durch die Mobilfunkbetreiber sei im Voraus ausdrücklich nicht festgelegt worden. Es sei vereinbart worden, dass die erforderlichen Teilflächen des Grundstückes zum Aufstellen des Handymastes und der dazugehörigen Ausstattung genutzt werden dürfe. Im Erwägungsteil führte sie aus, Vermietung und Verpachtung zähle nach herrschender Auffassung auch dann zur Land- und Forstwirtschaft, wenn es sich um ein Hilfs- und Nebengeschäft, das mit dem Betrieb im engen Zusammenhang stehe und diesem diene bzw. ergänze und somit noch als ein im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes liegender Vorgang anzusehen sei. Der land- und forstwirtschaftliche Bereich werde hingegen dann verlassen, wenn bei der Vermietung landwirtschaftlicher Nutzflächen eine Vermögensverwaltung wie bei der Vermietung anderer üblicherweise nicht dem Betriebsvermögen einer Land- und Forstwirtschaft zugehörender Objekte im Vordergrund stehe. Solche nicht landwirtschaftliche Nutzungen von Grund und Boden einschließlich Baulichkeiten seien insbesondere Vermietung von Grundflächen für Campingplätze, Minigolfplätze, Fußballplätze, Tennisplätze, Parkplätze, Lagerplätze, Deponien und Liftanlagen. In diesen Fällen werde der land- und forstwirtschaftliche Bereich deshalb verlassen, weil die diesbezügliche Nutzung wesentlich beeinträchtigt werde. Durch die wesentliche Beeinträchtigung sei das vermietete Grundstück nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar, sondern nur für nichtlandwirtschaftliche Zwecke geeignet. Dies treffe auch für die Vermietung von Grund und Boden für die Aufstellung von Handy- oder Sendemasten zu, wenn der Grund und Boden dadurch nicht mehr land- und forstwirtschaftlich nutzbar sei, was aber nur ausnahmsweise der Fall sein werde. Im Beschwerdefall werde das davon betroffene Grundstück als Wiese (Hutweide) und als Ziegengehege genutzt. Das Grundstück werde nach dem festgestellten Sachverhalt weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Die Einnahmen aus der Überlassung eines sehr kleinen Teiles dieses Grundstückes für nichtlandwirtschaftliche Zwecke sei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen. Entgelte für die Überlassung von Teilen einer Liegenschaft führten nur dann zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß Paragraph 28, EStG 1988, wenn es dadurch zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzung des Grundstückes komme. Im Beschwerdefall lägen keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß Paragraph 28, EStG 1988 vor. Es habe daher kein diesbezüglicher Feststellungsbescheid gemäß Paragraph 188, BAO zu ergehen.
Es handle sich nicht um einen gesonderten Betrieb der Mitbeteiligten, weshalb auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nicht zusätzlich festzustellen gewesen seien. Die strittigen Einkünfte seien als Teil der Einkünfte aus dem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb der Mitbeteiligten zu erfassen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde führt das Finanzamt aus, die Vermietung von Handymaststandorten stelle keine Nebentätigkeit im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes dar. Nach seiner wirtschaftlichen Zweckbestimmung stehe eine solche Vermietung zur Landwirtschaft nicht im Verhältnis eines Hilfsbetriebes. Eine dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienende Funktion der Vermietungstätigkeit sei nicht gegeben.
Das Finanzamt wirft der belangten Behörde weiters auch insoweit Aktenwidrigkeit vor, als der angefochtene Bescheid davon ausgehe, dass Vertragsgegenstand die Überlassung des gesamten Grundstückes Nr. 50 sei. In keinem der drei Verträge der Mitbeteiligten mit den Mobilfunkbetreibern sei Gegenstand der Vermietung das gesamte Grundstück. Die belangte Behörde mache die Qualifizierung der Einkunftsart letztlich von der zufälligen Größe des Grundstückes, auf dem der Handymast steht, abhängig. Stehe ein Handymast auf einem landwirtschaftlichen Kleinstgrundstück und sei damit der überwiegende Teil des Grundstückes nicht mehr landwirtschaftlich nutzbar, würden demnach Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, während bei einem großen Grundstück und damit weiterhin überwiegender landwirtschaftlicher Nutzungsmöglichkeit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft vorlägen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem Inhalt der Verträge ist davon auszugehen, dass die Mitbeteiligten ihren Vertragspartnern das Recht eingeräumt haben, auf dem besagten Grundstück die Anlagen zu errichten und zwar auf den für geeignet befundenen Flächen, und nur diese erforderlichen und geeigneten Teilflächen gemietet werden.
Gemäß Paragraph 21, Absatz eins, EStG 1988 sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft u.a. Einkünfte aus dem Betrieb von Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Obstbau, Gemüsebau und aus allen Betrieben, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen (Ziffer eins,). Werden Einkünfte auch aus zugekauften Erzeugnissen erzielt, dann gilt für die Abgrenzung zum Gewerbebetrieb Paragraph 30, Absatz 9 bis 11 des Bewertungsgesetzes 1955.
Gemäß Paragraph 21, Absatz 2, EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des Absatz eins, u.a. auch Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb (Ziffer eins,). Als Nebenbetrieb gilt ein Betrieb, der dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist.
Nach den unstrittigen Feststellungen wird das landwirtschaftlich genutzte Grundstück im Ausmaß von 888 m2 (bzw. 950 m2 laut Naturmaß) im Ausmaß von ca. 25 m2 der Gesamtfläche nicht landwirtschaftlich genutzt, weil auf einer 17,60 m2 großen Betonfläche ein Handymast steht und zusätzlich ein Container mit einer Grundfläche von 7,30 m2 aufgestellt wurde.
Die Nutzungsüberlassung von Teilen eines zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Grundstückes erfolgt im Rahmen dieses land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, wenn es sich entweder um eine bloß vorübergehende Maßnahme handelt oder wenn der Nutzungsüberlasser auf der überlassenen Fläche weiterhin eine dem Hauptzweck des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes entsprechende, wirtschaftlich ins Gewicht fallende Tätigkeit entfaltet vergleiche etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1993, 92/15/0009). Wird dagegen eine zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörende Grundstücksfläche oder ein Teil derselben auf Dauer nicht mehr landwirtschaftlich genutzt, gehört sie auch nicht mehr zum Betriebsvermögen. Hingegen verbleibt die Grundstücksfläche weiterhin Betriebsvermögen, wenn sie nur zeitweise und zwar außerhalb der Vegetationszeit anderweitig genutzt wird, beispielsweise als Schipiste vergleiche die hg. Erkenntnisse vom 5. März 1981, 1404/80, und vom 19. Februar 1985, 84/14/0107). Wird daher die Nutzung eines Grundstückes als land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen durch eine anderweitige Nutzung nicht wesentlich beeinträchtigt, sodass nach der Verkehrsauffassung nach wie vor davon auszugehen ist, dass das Grundstück einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zugehört, sind die aus der Überlassung erzielten Einkünfte solche aus Land- und Forstwirtschaft vergleiche das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1993, 92/15/0009).
Im Beschwerdefall ist die landwirtschaftliche Nutzung der überlassenen Grundstücksfläche - wie bisher als Weide - auf Dauer unmöglich (Betonfläche). Die anderweitige - auf Dauer angelegte - Nutzung dieser Teilfläche durch Dritte steht mit der Landwirtschaft der Mitbeteiligten in keinem Zusammenhang. Diese Teilfläche kann daher dem Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Mitbeteiligten nicht mehr zugerechnet werden. Die Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung dieser Teilfläche führen daher nicht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, sondern zu solchen aus Vermietung und Verpachtung. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 47, Absatz 4, VwGG.
Wien, am 30. März 2006