Gericht

Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungsdatum

23.01.2003

Geschäftszahl

2002/16/0111

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des E T in Klagenfurt, vertreten durch Mag. Dr. Hubert Huber, Wirtschaftsprüfer in Klagenfurt, Kempfstraße 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. März 2002, GZ. RV/620-09/01, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kaufvertrag vom 16. Juni 1998 erwarb der Beschwerdeführer von seinem Sohn Georg T 11.776/30.000 Anteile an der Liegenschaft EZ 970 GB 01657 L, Gerichtsbezirk D.

Dieser Vertrag hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"II.

Herr Georg T verkauft und übergibt und Herr Ernst T, geb. 6. November 1926, im folgenden kurz Käufer, kauft und übernimmt den aus BOZ 81 ersichtlichen Anteil des Verkäufers von 11776/30000stel an der EZ 970 Grundbuch 01657 L, Gerichtsbezirk D im Rang der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung TZ 3794/97 wie diese liegen und stehen um den hiermit vereinbarten Kaufpreis von S 260.000,-- (in Worten: Schilling zweihundertsechzigtausend), wobei die die Verkäuferanteile betreffenden nach der Rangordnung gelegenen Zwischeneintragungen im Sinn des Grundbuchsgesetzes zu löschen sein werden.

Der Kaufpreis von S 260.000,-- ist durch Übernahme anteiliger Pfandforderungen der zu CLNr. 25 einverleibten Höchstbetragshypothek des Raiffeisenverbandes Kärnten registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, nunmehr Raiffeisenlandesbank Kärnten, aufzubringen, wobei sich der Verkäufer verpflichtet, die anteiligen übersteigenden Teile dieser Höchstbetragshypothek aus eigenem zu bezahlen und zu tilgen und den Käufer diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.

...

römisch IV.

Sollte der Verkäufer seiner Verpflichtung zur Bezahlung der zu CLNr. 25 einverleibten Höchstbetragshypothek zu Gunsten der Raiffeisenlandesbank Kärnten registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, soweit diese den Kaufpreis übersteigt, nicht nachkommen und seine übernommene Schad- und Klagloshaltungsverpflichtung gegenüber dem Käufer nicht bis 31. Dezember 1998 erfüllt haben, ist ungeachtet einer etwa bis dahin erfolgten Einverleibung des Eigentumsrechts des Käufers ob der kaufgegenständlichen 11776/30000-tel Anteile über Verlangen des Käufers bei gleichzeitig wiederherzustellendem Belastungs- und Veräußerungsverbot (CLNr. 26) die Auflösung dieses Kaufvertrages zu vollziehen und verpflichtet sich der Verkäufer in einem solchen Fall die gemäß Paragraph 20, Grunderwerbssteuergesetz abzugebenden Erklärungen jederzeit rechtswirksam abzugeben und entsprechende Anträge zu stellen oder mitzufertigen.

römisch fünf.

Herr Ernst T und Frau Elfriede T verzichten hiermit auf das in CLNr. 26 einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot ob der kaufgegenständlichen Eigentumsanteile und erteilen ihre ausdrückliche Zustimmung und Einwilligung dazu, dass ohne ihr weiteres Wissen und Einverständnis im Grundbuch über die EZ 970 Grundbuch 01657 L gleichzeitig mit der Verbücherung dieses Kaufvertrages auch die Löschung ihres Belastungs- und Veräußerungsverbotes durchgeführt wird. Der Verkäufer erklärt seinerseits die Annahme dieser Rechtsverzichtserklärung seiner Eltern."

Für den Erwerbsvorgang wurde Grunderwerbsteuer vorgeschrieben und entrichtet.

Mit "Dissolutionsvertrag" vom 31. August 1998 wurde der Kaufvertrag vom 16. Juni 1998 einvernehmlich wieder aufgelöst, wobei u.a. Folgendes vereinbart wurde:

"III.

Ursache für die einvernehmliche Auflösung des Kaufvertrages ist das Faktum, dass Georg T erklärt und nachgewiesen hat, die das Kaufobjekt betreffenden anteiligen Hypothekarlasten nicht erfüllen zu können und nicht zu erfüllen, weshalb der vor dem Juni 1998 bestandene Eigentumszustand wieder herzustellen ist.

Im Hinblick auf die zu TZ 3884/98-f erfolgte Erledigung im Grundbuch des Bezirksgerichtes D in Ansehung des dissolvierten Kaufvertrages und der damit verbundenen Gegenstandslosigkeit der Eigentumsübertragung erteilt hiermit Ernst T seine ausdrückliche Zustimmung und Einwilligung dazu, dass ob des Anteiles B-LNr. 81 der EZ 970 Grundbuch 01657 L, das sind 11.776/30.000-stel, ohne sein weiteres Wissen, der vordern bestandene Grundbuchszustand wiederhergestellt und das Eigentumsrecht ob der genannten 11.776/30.000-stel der EZ 970 Grundbuch 01657 L mit dem Grundstück 1178 Baufl. Gebäude, Baufl. befestigt, Grundbuch 01657 L, Gerichtsbezirk D, für Georg T wieder einverleibt wird."

Unter einem wurde die Rückerstattung der bezahlten Grunderwerbsteuer beantragt.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 21. September 2001 mit der Begründung ab, es sei weder ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Beschwerdeführers und der Elfriede Traar, noch das Eigentumsrecht des ursprünglichen Verkäufers wieder einverleibt worden, weshalb keine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges vorliege.

Dagegen berief der Beschwerdeführer.

Im Rahmen einer am 18. März 2002 vor der belangten Behörde mit dem Beschwerdeführer aufgenommenen Niederschrift gab er u.a. Folgendes an:

"Mein Sohn und ich haben die Liegenschaft 1984 erworben, mein Sohn zu 2/3, ich zu 1/3. Wir beschlossen, das Haus zu renovieren; ein "Bauherrnmodell" schien uns dafür die beste Lösung. Uno actu verkauften wird ca. 40 % an Anteilen an 25 Interessenten ab. Die S 27,000.000,-- resultieren aus der Renovierung des Hauses. Mein Sohn ist alleiniger Schuldner dieser Beträge, ich haftete als Bürge und Zahler. Mein Sohn konnte die Kredite nicht mehr bedienen und ich kümmerte mich um die Umfinanzierung. Er gelang mir, die Kreditrückzahlungen durch Verhandlungen mit Gläubigern und Banken insgesamt auf S 18,000.000,-- zu reduzieren. Dieser Betrag wurde bis dato noch nicht zurückgezahlt, sondern eben nur umgeschuldet. Für S 9,000.000,-- sind mein Sohn und ich Solidarschuldner aufgrund der vorgelegten Pfandurkunde, die weiteren S 9,000.000,-- habe ich persönlich aufgebracht, für welchen Betrag mein Sohn im Innenverhältnis in gleicher Weise schuldet.

Durch die Umschuldung wurden die Pfandrechte im Grundbuch gelöscht. Mein Sohn und ich beabsichtigen, diese Verbindlichkeiten durch den Verkauf der (nunmehr unbelasteten) Eigentumswohnungen zurückzuzahlen. Der Wohnungseigentumsvertrag wurde meines Wissens bis auf eine Unterschrift schon unterzeichnet.

Der Kaufpreis von S 260.000,-- wurde von mir nicht entrichtet, da die Verbindlichkeiten tatsächlich noch nicht bezahlt sind.

Mein Sohn ist außerbücherlicher Eigentümer der berufungsgegenständlichen Anteile. Ein Bruchteil der Anteile wurde mir mit Schenkungsvertrag vom Dezember 2001 außerbücherlich geschenkt. Hintergrund des Schenkungsvertrages waren Differenzen bei der Nutzwertfeststellung.

Ich war ca. 2 1/2 Monate 1998 Volleigentümer hinsichtlich der Anteile, seither bin ich Buchberechtigter. Ich bin deshalb seit ca. 3 1/2 Jahren Buchberechtigter - das wirtschaftliche Eigentum hat mein Sohn - damit die Gläubiger meines Sohnes nicht auf diese Anteile greifen können."

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie die Meinung vertrat, der Erwerbsvorgang sei deshalb nicht rückgängig gemacht worden, weil sich der Beschwerdeführer einerseits über eine "bemerkenswert lange Zeit" das bücherliche Eigentum zurückbehalten habe und weil andererseits die Gegenleistungen nicht rückgeführt worden seien. Der Beschwerdeführer habe zwar eine Lastenfreistellung der Liegenschaft bewirkt, Georg T hingegen diese Beträge bis dato noch nicht zurückgezahlt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Rückzahlung der Grunderwerbsteuer verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Paragraph 17, GrEStG 1987 lautet auszugsweise:

"(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausnützung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

...

  1. Absatz 4Ist in den Fällen der Absatz eins bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Absatz eins bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.

..."

Der Erwerbsvorgang, dessen Rückgängigmachung unter den weiteren in Paragraph 17, GrEStG 1987 geregelten Voraussetzungen den Anspruch auf Nichtfestsetzung bzw. Rückzahlung der Grunderwerbsteuer begründet, besteht im Erwerb des Rechtstitels für die Übereignung vergleiche dazu zB die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band römisch II GrEStG 1987 unter Rz 123 zu Paragraph eins, GrEStG referierte hg. Judikatur). Darauf, ob das Titelgeschäft in der Folge erfüllt wird und damit insbesondere auf eine bücherliche Eintragung des Eigentumserwerbes für den Erwerber kommt es hingegen nicht an (Fellner, a.a.O, Rz 126 und 127 zu Paragraph eins, GrEStG).

Dasselbe hat auch für die Rückgängigmachung dieses Erwerbsvorganges zu gelten. Es genügt in jenen Fällen, in denen der ursprüngliche Erwerbsvorgang bücherlich durchgeführt wurde, dass der ursprüngliche Veräußerer im Wege des Tatbestandes der Rückgängigmachung den obligatorischen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums mit der Wirkung erhält, dass er über das Grundstück wieder so verfügen kann, wie vor dem seinerzeitigen Erwerbsvorgang. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn - wie hier in Gestalt des Punktes römisch IV. des Dissolutionsvertrages - in der Aufhebungsvereinbarung bereits im Wege einer entsprechend formulierten Aufsandungserklärung der ursprüngliche Veräußerer wieder in die Lage versetzt wird, ohne weitere Mitwirkung des Intabulierten das Eigentum entweder wieder für sich selbst oder aber im Wege der gemäß Paragraph 22, GBG zulässigen Durchbrechung des Prinzips des bücherlichen Vormannes gleich (auf Basis eines weiteren tauglichen Erwerbstitels) für eine dritte Person eintragen zu lassen.

Bereits dadurch, dass die belangte Behörde dies verkannte und auf einer tatsächlichen Rückübertragung des bücherlichen Eigentums als Voraussetzung für die Anwendung des Paragraph 17, Absatz eins, Ziffer eins, GrEStG bestanden hat, hat sie ihren Bescheid mir Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Dazu kommt, dass die belangte Behörde auch zu Unrecht davon ausgegangen ist, die seinerzeitige Gegenleistung sei nicht zurückgestellt worden. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof (Fellner, a.a.O. Rz 14a zu Paragraph 17, GrEStG) ausgesprochen, dass die Wiederherstellung des vorigen Zustandes auch in der Rückstellung der Gegenleistung ihren Niederschlag findet. Als Gegenleistung kann im vorliegenden Fall jedoch nur die in Punkt römisch II. des ursprünglichen Kaufvertrages vorgesehene Kaufpreisentrichtung von S 260.000,-- angesehen werden. Dieser Kaufpreis wurde aber nach der von der belangten Behörde inhaltlich nicht in Frage gestellten Aussage des Beschwerdeführers gar nicht entrichtet. Somit steht auch dieser Umstand der Erfüllung des Tatbestandes der Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges nicht im Wege. Daran vermag auch das im angefochtenen Bescheid zitierte hg. Erkenntnis Zl. 95/16/0334 (das einen ganz anderen Sachverhalt betroffen hat) nichts zu ändern.

Entscheidend ist allein die Frage, ob der Sohn des Beschwerdeführers durch den Dissolutionsvertrag unter Berücksichtigung der nicht unbeträchtlichen, mit dem Objekt wirtschaftlich verbundenen Verbindlichkeiten vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer selbst niederschriftlich dargestellten "Umfinanzierung" tatsächlich jene Verfügungsmacht wieder erlangte, die er vor dem Kaufvertrag vom 16. Juni 1998 (unter Berücksichtigung des damals eingetragenen Veräußerungs- und Belastungsverbotes!) hatte vergleiche dazu die bei Fellner, a.a.O. Rz 14 zu Paragraph 17, GrEStG angeführte zahlreiche hg. Judikatur). Dies zu klären wird Aufgabe der belangten Behörde im fortzusetzenden Verfahren sein, in welchem Zusammenhang es darauf ankommt, ob der Sohn des Beschwerdeführers auf Basis der Aufsandungserklärung im Dissolutionsvertrag tatsächlich an beliebige Dritte oder nur an vom Beschwerdeführer ausgesuchte Personen weiterveräußern darf.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG aufzuheben, wobei mit Rücksicht auf die durch die hg. Judikatur klargestellte Rechtslage die Entscheidung in einem gemäß Paragraph 12, Absatz eins, Ziffer 2, VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der VO Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 501 aus 2001,.

Wien, am 23. Jänner 2003